Читать книгу Der Weg nach Roseworthy - Samina Haye - Страница 12
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ОглавлениеFreitag, 04. März 2011
Zoe hatte in den letzten Wochen viel Zeit gehabt, um andere wichtige Sachen zu erledigen. Sie hatte durch einen Makler Julians Wohnung verkauft und derweil das Geld auf ihr Sparbuch gelegt. Und was für Zoe auch noch sehr wichtig war: Sie hatte vor ein paar Tagen ihre letzte Therapiestunde erfolgreich beendet, nun ging es ihrer Seele schon um einiges besser.
Dennoch sind bald zwei Monate vergangen, und Zoe hatte noch immer nichts von Direktor de Mol gehört, das hieß, es hatte sich noch keine Schule gefunden. Zoe fühlte schon seit Tagen eine leichte Unruhe in sich, was wäre nur, wenn der Direktor keine Schule für sie fand? Sie stand früh auf um mit ihrer Schwester zu frühstücken, denn Lina arbeitete in einem großen Einkaufscenter in Luxemburg, das schon früh am Morgen öffnete.
Zoe ging ins Wohnzimmer, setzte sich in den Ledersessel, in der einen Hand hielt sie eine Tasse Kaffee und in der anderen einen spannenden Roman.
Ihr Kopf brummte von den vielen Gedanken, sodass sie müde wurde und vor sich hin zu dösen begann. Beinahe wäre sie eingeschlafen, doch aus irgendeinem Grund schrak sie hoch. Sie fluchte leise vor sich hin, denn sie hatte sich - und den Sessel natürlich auch - mit dem Kaffee bekleckert. Sie wollte eben in die Küche gehen und einen Lappen holen, als das Telefon klingelte.
Mit verklebten Kaffeefingern griff sie zum Hörer.
„Ja, hallo“, sagte sie gereizt. Wer wohl so früh am Morgen schon anrief?
„Guten Morgen, Zoe, hier ist Direktor de Mol. Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt?“
Ihr Herz klopfte, als sie den Namen hörte, aber sie fasste sich langsam und nickte lächelnd mit dem Kopf.
„Guten Morgen, Herr de Mol, nein ich hab nicht mehr geschlafen. Wie geht es Ihnen? Freut mich, von Ihnen zu hören.“ Neugierig setzte sie sich.
„Ja, Zoe, ich habe heute früh Neuigkeiten erhalten. Nur weiß ich nicht, ob es das Richtige für sie ist, denn es ist ziemlich weit weg von hier“, berichtete er ihr. Sie war aufgeregt und konnte es kaum erwarten, mehr zu hören, darum bat Zoe ihn, fortzufahren.
„Also, ich bekam eine Mail von Frau Emma McCain, sie leitet ebenfalls eine Grundschule mit drei verschiedenen Gruppen und würde dringend eine Lehrerin benötigen für die Fächer Deutsch und Mathematik“, erzählte er Zoe, wurde aber gleich von ihr unterbrochen.
„Oh ja, toll, das wäre doch ideal für mich, das sind meine Fächer und das mit den Gruppen ist super, da wäre sicher die richtige Gruppe für mich dabei. Doch nun sagen Sie mir bitte, wo sich denn die Schule befindet, ist es schön dort, waren Sie da schon mal?“, fragte sie aufgeregt.
Direktor de Mol hüstelte kurz. Er war gespannt auf ihre Reaktion, wenn er ihr jetzt Land und Ort nennen würde.
„Zoe, dieses Land und dieser Ort sind sicher wunderschön. Ich war leider noch nie dort, aber vielleicht würde sich das bald ändern, wenn ich Sie besuchen würde“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht. Zoe wurde immer nervöser, doch nach einer kurzen Pause fuhr er fort.
„Diese Grundschule liegt in Gawler, das ist gute 40 Kilometer von Adelaide entfernt, und das liegt in Südaustralien.
Frau McCain schrieb mir, sie würde schnell jemanden benötigen.“
Zoe war sprachlos, damit hatte sie nicht gerechnet, das war ja wirklich sehr weit weg. Doch sie musste ihm jetzt kurz eine Antwort geben, weil auch der Direktor neugierig darauf wartete.
„Ähm, wow, okay, nun weiß ich nicht, was ich sagen soll, das ist ja am anderen Ende der Welt. Da bräuchte ich bitte noch Bedenkzeit, ich muss mit meiner Familie darüber sprechen und mir selbst darüber klar werden, ob ich das möchte, soweit von zuhause wegzugehen. Darf ich Sie morgen früh anrufen und Ihnen Bescheid geben? Geht das in Ordnung?“ Sie war einfach überwältigt. Zoe wartete auf seine Reaktion.
„Sicher haben Sie Bedenkzeit, das ist doch völlig klar, melden Sie sich einfach die nächsten Tage, wenn Sie sich entschieden haben.“
Zoe bedankte sich für alles und wünschte ihm noch einen schönen Tag. Als das Gespräch beendet war, blieb sie noch sitzen, hielt inne und wusste nicht, ob sie schreien oder weinen sollte.
Stattdessen nahm sie eine kalte Dusche und rief Lina an.
Ein paar Stunden früher als sonst stürmte Lina zur Haustür herein, ganz außer Atem, lehnte sich an den Küchentisch ließ sich von der lächelnden Zoe ein Glas Wasser reichen.
„Oh, warum bin ich heute überhaupt in die Arbeit gefahren“, schnaufte sie.
„Das ist echt schlimm mit dir. Na, dann leg mal los.“
Zoe bekam ihr Lachen nicht unter Kontrolle, doch Lina gab ihr einen Klatsch aufs Hinterteil und forderte sie auf, endlich zu erzählen.
Sie setzten sich und Zoe atmete nochmal durch.
„Nimm Platz, als ich erfuhr, wohin es gehen wird, haute es mich fast vom Hocker“, plapperte Zoe munter drauflos, sodass Lina noch nervöser wurde.
„Kannst du bitte endlich zum Punkt kommen?“ Lina zwickte Zoe in den Arm.
„Aua, okay, ich leg ja schon los. Also, heute früh rief mich Direktor de Mol an und sagte mir, er hat eine Schule gefunden, wo sie dringend einen Lehrer brauchen für den Deutsch- und Mathematikunterricht.“
„Das ist doch toll, das sind genau die Fächer, die du unterrichten möchtest. Und wo ist die Schule?“
Zoe war sehr aufgeregt. Sie zitterte leicht.
„Süße, das ist der Wahnsinn, das Land ist eigentlich schon fast am anderen Ende der Welt“, erzählte sie Lina voller Freude, die nun lachte.
„Tja, Australien wird`s ja wohl nicht sein.“ Zoe erschrak bei diesen Worten, sodass sie nun zum zweiten Mal ihren Kaffee verschüttete und ganz blass im Gesicht wurde. Lina sah ihr in die Augen und fühlte, dass sie damit genau den Punkt getroffen hatte.
Es war still im Raum. Zoe holte einen Lappen. Lina fand ihre Stimme wieder.
„Nein, bitte sag nicht, dass ich damit ins Schwarze getroffen habe. Zoe, das ist viel zu weit weg, da kann ich nicht jederzeit vorbeikommen.“
„Doch Lina, ich sagte doch, dass es weit weg ist. Es ist in Südaustralien, der Ort, an dem die Schule sich befindet, heißt Gawler, und das liegt gute 40 Kilometer von Adelaide entfernt. Ich habe mich noch nicht entschieden, aber ich werde mich mit der Direktorin dort, Frau McCain, in Verbindung setzen. Sie soll mir weitere Infos und Fotos schicken, damit ich mir ein besseres Bild machen kann. Wenn es mir gefällt, werde ich mich bald auf den Weg nach Australien begeben.“ Lina wirkte plötzlich ganz traurig. Sie unterstützte ihre Schwester gerne, aber Österreich oder England würden doch reichen um auszuwandern, es musste doch nicht gleich Australien sein.
Zoe stand auf, ging zu ihrer Schwester und nahm sie in den Arm.
„Bitte sei so lieb und male nicht gleich alles schwarz. Warte doch mal ab, was mir Frau McCain schreibt, und dann sehen wir weiter“, sagte sie ruhig zu Lina, die sich etwas beruhigte. Aber der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben. Zoe ging ins Wohnzimmer, rief ihren Chef an, wegen der Kontaktdaten und schrieb eine Mail.
Hallo Frau McCain!
Herr Direktor de Mol von der Grundschule in Luxemburg hat mir Ihre Daten weitergeleitet. Herr de Mol arbeitet mit vielen Schulen in anderen Ländern zusammen und ist stets darum bemüht, qualifizierte Lehrer weitervermitteln zu können.
Er erzählte mir, dass Sie dringend einen Lehrer für den Deutsch- und Mathematikunterricht benötigen.
Deshalb kurz zu mir.
Mein Name ist Zoe Clemens, ich bin dreißig Jahre alt, komme aus Luxemburg und arbeite seit fünf Jahren für Direktor de Mol als Lehrerin an seiner Grundschule in Luxemburg.
Meine Hauptfächer sind: Deutsch, Mathematik und Englisch.
Ich habe den Wunsch, mich zu verändern und ich möchte das Land und die Schule wechseln. Deshalb interessiere ich mich sehr für Ihre Schule.
Frau McCain, ich bitte Sie um weitere genauere Informationen. Möglicherweise haben Sie auch ein paar Bilder für mich, damit ich mir meine eventuelle „neue Heimat“ etwas besser vorstellen kann.
Ich bedanke mich recht herzlich für Ihre Bemühungen!
Liebe Grüße aus Luxemburg.
Zoe Clemens
Als Zoe die Mail abschickte kam Lina ins Arbeitszimmer.
„Hast du die Mail an Frau, wie heißt sie noch mal, geschickt?“
„Emma McCain heißt sie, und ja, ich habe ihr soeben eine Mail geschickt.“
„Okay, tut mir leid, dass ich so reagiert habe, aber ich habe nun mal Angst, dich zu verlieren“, erwiderte sie traurig und fuhr gleich darauf fort.
„Aber egal, Themenwechsel. Hättest du Lust und Zeit, dass wir zur Ranch fahren und einen gemütlichen Ausritt machen? Jim würde sich sicher freuen uns mal wieder gemeinsam zu sehen.“
Zoe fand Gefallen an dem Themenwechsel und einem Ausritt, der würde ihr guttun und ihr helfen, ihre Gedanken zu sortieren.
„Oh ja, das ist eine wundervolle Idee. Was hältst du davon, wenn ich Mama anrufe und sie frage, ob wir heute Abend zum Essen kommen dürfen?“, fragte Zoe fröhlich. Lina nickte, Zoe ging auf sie zu.
„Kleine, egal in welches Land ich gehe und wie weit weg es auch ist, du wirst immer meine kleine Schwester bleiben, die ich lieb habe“, flüsterte sie in Linas Ohr, der daraufhin ein paar Tränen über die Wangen liefen.
„Ach, ich weiß doch Schwesterchen, ich hab dich auch lieb, keine Entfernung der Welt könnte etwas daran ändern. Wenn ich dich besuche, dann nicht nur für ein paar Tage, sondern gleich für ein bis zwei Monate, damit es sich auszahlt“, sagte sie dann mit einem Lächeln im Gesicht.
Sie zogen sich um und Zoe rief noch kurz ihre Mutter an, um sie wegen des Abendessens zu fragen.
Sophie war begeistert von der Idee ihrer Töchter und freute sich schon auf den Abend. Nun machten Zoe und Lina sich auf den Weg zu Jims Ranch. Es war ein wunderschönes Anwesen, mit mehr als dreißig Pferden.
Doch für seine zwei „Enkelkinder“, so nannte er die Schwestern schon von ihrer frühesten Jugend an, denn er fühlte sich wie ihr Großvater, hatte er ganz besondere Pferde. Noch heute mussten alle über eine Begebenheit lächeln, die vor über zehn Jahren geschehen ist.
Jim und Paul waren auf einer Pferdemesse gewesen, um für Zoe eine Schimmelstute zu kaufen.
Die Überraschung gelang ihnen perfekt, niemand hatte mit so etwas gerechnet und alle waren sprachlos.
Als die Stute Labell aus dem Transporter ausgeladen wurde und Zoe sie in Richtung Stall brachte, schrie der Fahrer: „Hey, Sie müssen auch bitte das zweite Pferd ausladen und mitnehmen.“
Anfangs dachten sie sich, eine Verwechslung läge vor, doch nun wurde Jim klar, warum der Preis für die Stute so hoch gewesen war. Er hatte nicht nur die Stute gekauft, sondern auch den Hengst Raco. Nun hatte er nicht nur Zoe glücklich gemacht, sondern auch Lina, denn sie nahm Raco gleich unter ihre Fittiche.
Mittlerweile hatte Jim vier wunderschöne Schimmel in seiner Pferdesammlung. Denn Labell und Raco bekamen zwei Fohlen. Den wilden Hengst Theron und die prachtvolle Stute Safira.
Die beiden Schwestern fuhren durch die große Einfahrt, die zur Ranch und den Ställen führte.
Sie verwöhnten die vier Lipizzaner, striegelten und putzten sie. Danach ritten sie mit Labell und Raco aus, in den Wald über die weiten Koppeln.
Sie genossen es, den Alltag hinter sich zu lassen, sprachen über alles Mögliche und freuten sich, so einen wunderschönen Tag gemeinsam verbringen zu können.
Nach einem fast zweistündigen Ausritt rieben sie ihre Pferde noch trocken und brachten sie zurück in ihre Boxen.
Danach verabschiedeten sie sich von Jim und seinen Stallburschen und machten sich auf den Weg zu ihrem Elternhaus. Beide waren hungrig, sie waren schon gespannt, was ihre Mutter wohl Leckeres gezaubert hatte. Ihr Vater stand schon an der Tür und wartete.
„Schön, euch hier zu haben, es gibt sogar eines eurer Lieblingsgerichte“, hieß er seine zwei Töchter willkommen und ging mit ihnen schnurstracks in die Küche.
„Och, Mum, selbst gemachte Pizza, einfach lecker“, sagte Lina.
Alle begaben sich ins Esszimmer, setzten sich und griffen zu. Als fast alles gegessen war, platzte Lina mit der Neuigkeit heraus, was Zoe nicht so recht war.
Nun musste sie ihrer Familie davon erzählen, die gespannt auf weitere Details wartete.
Sie stand auf, ging im Zimmer auf und ab und berichtete von der Schule in Australien.
Ihre Eltern fielen aus allen Wolken. Zoe hatte sich bereits gedacht, dass es nicht einfach werden würde, doch nun hatte sie Furcht vor der Reaktion ihrer Eltern. Sophie nahm es gefasster auf, deswegen brach sie das Schweigen.
„Meine Liebe, das ist ja wohl mal eine große Entfernung, aber es ist sicher ein wunderschönes Land. Wie willst du nun weiter vorgehen oder hast du dich schon entschieden?“, fragte ihre Mutter sie vorsichtig.
„Also, ich habe mich noch nicht entschieden. Heute habe ich Frau McCain eine Mail geschrieben, sie soll mir Genaueres berichten und vielleicht auch Fotos zukommen lassen, dass ich mir ein besseres Bild machen kann. Aber ich bin ehrlich mit euch, das Land hört sich toll und interessant an. Wenn mir die weiteren Infos zusagen, werde ich mich entscheiden, für ein Jahr dorthin auszuwandern“, erklärte sie liebevoll.
Paul lief auf und ab, doch auch er fasste sich nach etlichen Minuten.
„Okay, Zoe, das hört sich wirklich interessant an, und ich will dir auf keinen Fall im Wege stehen, sondern werde dich dabei unterstützen. Doch eines muss dir klar sein, Schatz, da können wir nicht alle paar Wochen auf Besuch kommen, dass ist zu weit weg“, meinte er im ruhigen Ton, aber doch sehr ernst.
„Ja, Dad, ich weiß und es ist mir auch bewusst, dass es nach Australien kein Katzensprung ist und ihr nicht jederzeit kommen könnt. Doch es ist ja nicht für immer.“
„Dann warten wir jetzt mal ab, was Frau McCain dir zurückschreibt, und reden dann in den nächsten Tagen weiter.“ So Pauls letzte Worte.
Sie verbrachten noch einen gemütlichen Abend und kurz vor Mitternacht machten sich Zoe und Lina auf den Heimweg.
Daheim angekommen, gönnten sie sich zum Abschluss dieses wundervollen Tages noch ein Glas Prosecco.
Der nächste Morgen begann für Zoe sehr gut, sie war ausgeschlafen und gut gelaunt. Sie holte sich aus dem Arbeitszimmer den Laptop, ging nach unten, stellte ihn auf den Esstisch und fuhr ihn hoch.
Bevor sie aber ihre Mails checkte, holte sie sich einen frischen Kaffee.
Nach ein paar Sekunden hatte sich der Posteingang aktualisiert und siehe da, die Rückantwort von Frau McCain war im Briefkasten! Nervös und aufgeregt öffnete Zoe die Mail.
Gespannt las sie:
Hallo Frau Clemens!
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Es hat mich sehr gefreut, von Ihnen zu erfahren und finde, Sie würden sehr gut in unsere Schule passen.
Direktor de Mol hat mir auch schon einiges über Sie geschrieben und berichtet.
Also hier einige Infos für Sie.
Adelaide gehört zu Südaustralien und ist wunderschön.
Sie können hier viele Sehenswürdigkeiten besichtigen, Shoppingtouren unternehmen und vieles mehr. Ich hole Sie persönlich am Flughafen ab, dann geht es weiter, gute 40 Kilometer nördlich von Adelaide, in die etwas kleinere Stadt Gawler.
Gawler hat ca. 20.000 Einwohner und in dieser Stadt befindet sich auch die Grundschule. Unsere Schule hat ca. 800 Schüler und ist in verschiedene Gruppen aufgebaut.
Welche Schüler Sie übernehmen und für welche Klassen Sie den Unterricht abhalten, darüber können wir hier vor Ort persönlich sprechen.
Für Sie wird auch wichtig sein zu wissen, wo Sie untergebracht sein werden. Dadurch, dass wir es hier sehr familiär haben möchten, bringen wir Sie nicht einfach in einem Hotel unter.
Wir haben eine große Getreide- und Schafranch in Roseworthy. Ihr Name ist Bungana Ranch und ist ungefähr zehn Kilometer nördlich von Gawler entfernt.
Sehr praktisch, weil man keine zehn Minuten benötigt, um zur Schule zu kommen.
Sie sind natürlich nicht in unserem Haupthaus untergebracht, weil wir es sehr schätzen, wenn jeder seine Privatsphäre hat.
Wir haben im Nebengebäude ein kleines Cottage, das wir für Sie eingerichtet haben.
Das ist natürlich nicht sehr groß, aber alles Wichtige ist vorhanden, so etwa: Eine eigene Küche, Badezimmer, Wohnzimmer und zwei Schlafräume. Das ist für uns sehr wichtig, weil der Besuch aus Luxemburg bei uns jederzeit herzlich willkommen ist.
Wir haben auch einige Pferde bei uns auf der Ranch. Wenn Sie Tiere ebenso lieben wie wir, können Sie sich eines aussuchen und so lange betreuen, wie Sie hier bei uns sind. Vielleicht wollen Sie uns in Ihrer Freizeit bei der Farmarbeit unterstützen. Aber das ist alles Ihnen überlassen. ;-)
Sie sind hier auf unserer Ranch herzlich willkommen.
Ich habe Ihnen auch Bilder beigelegt, von der Schule und Gawler, von Roseworthy, unserer Ranch und Ihrem Cottage.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe, ich habe Ihnen hiermit ein bisschen weiterhelfen können.
Ich freue mich schon, von Ihnen zu hören, und hoffe darauf, dass Sie zustimmen und zu uns nach Australien kommen.
Liebe Grüße sende ich Ihnen aus Roseworthy.
Emma McCain
Zoe saß da und las die Mail sicher schon das dritte Mal.
Sie war glücklich, das hörte sich alles einfach super an, und die Bilder waren ein Traum. Die Schule sah sympathisch aus, Roseworthy war eine kleine romantische Stadt oder eher ein Dorf und die Bungana Ranch war kaum in Worte zu fassen, fantastisch.
Diese Emma hörte sich sehr nett an. Und es gefiele ihr, bei der Rancharbeit mithelfen zu dürfen.
Sie würde nicht auf das Reiten verzichten müssen, sondern konnte dort neu anfangen und sich neu finden.
Zoe freute sich schon darauf, Lina davon zu berichten, wenn sie heute Nachmittag von der Arbeit heimkäme.
Sie stand auf, um ihre Eltern und Schwiegereltern anzurufen und sie zum Abendessen einzuladen. Als sie das erledigt hatte und alle ihr zugesagt hatten, machte sich Zoe fertig und fuhr ins Einkaufszentrum, denn sie musste noch alles einkaufen und vorbereiten für den hoffentlich gemütlichen Abend mit ihrer ganzen Familie. Die Stunden vergingen schnell und Zoe wurde nervös und freute sich darauf, es allen zu erzählen.
Lina war total begeistert von der Mail und den Fotos und unterstützte ihre Schwester tatkräftig.
Der Abend begann sehr lustig und das Essen war einfach lecker.
Als sie etwas später alle gemütlich beisammen saßen, berichtete Zoe von Australien und ließ die Fotos durchgehen. Für ihre Schwiegereltern war das noch ganz neu und sie waren anfangs überhaupt nicht begeistert und einverstanden damit, bis Lina das Wort ergriff.
„Jetzt seid doch nicht so voreingenommen und streng. Ihr denkt dabei immer nur an euch, Zoe will neu beginnen und Australien ist bestimmt ein wunderschönes Land, und besuchen können wir sie dort genauso.“
Jetzt war es mal kurze Zeit still, bis ihr Schwiegervater auf sie zuging.
„Lina hat recht. Zoe, mach das, was du für richtig hältst, ich will nur, dass du weißt, du bist immer hier zuhause und wir werden dich vermissen, aber auch sicher bald mal besuchen kommen“, sagte er zu ihr, nahm sie in den Arm und küsste sie auf die Wange. Zoe bedankte sich bei allen für die tolle Unterstützung. Dann wurde noch gefeiert, somit klang der Abend wundervoll aus.
Freitag, 18. März 2011
Die letzten Tage waren ein komplettes Durcheinander. Sie hatte Frau McCain Bescheid gegeben, wann sie genau ankommen würde, danach hatte sie alle Flüge buchen müssen.
Lina half ihr dabei, alles Wichtige zu packen und die ganzen Formalitäten zu erledigen.
Die Zeit verging im Nu und schon war der letzte Morgen angebrochen.
Nach einem ausgiebigen Frühstück bei ihren Eltern machten sich die zwei auf den Weg nach Hause.
Nun hieß es Koffer ins Auto packen, kurz nochmal die Liste durchgehen, ob auch ja nichts vergessen wurde und dann ging es ab zum Flughafen.
Der Weg nach Adelaide war weit, es würde gut eineinhalb Tage dauern, bis sie dort ankommen würde.
Nun lief sie im Haus ganz durcheinander auf und ab, als Lina sie am Arm nahm und zum Wagen führte.
Der Weg zum Flughafen war der reinste Horror für Zoe, alles Mögliche ging ihr durch den Kopf. Sollte sie es doch rückgängig machen und hier bleiben?
Vor dem Check-In-Schalter angekommen begannen alle zu weinen. Es waren alle gekommen, ihre Eltern, ihre Schwiegereltern und Freunde.
Zoe nahm Abschied, küsste alle, weinte und lachte aber auch.
Denn von jetzt an begann ein neuer Lebensabschnitt.
Lina fiel es schwer, ihre Schwester gehen zu lassen, doch sie hatte schon geplant, in einigen Wochen nach Australien zu reisen, um sie zu besuchen und die neue Familie in Zoes Leben kennen zu lernen.
Zoe ging durch den Check-In, drehte sich kurz um, winkte heftig und verschwand hinter der Tür. Kurze Zeit später stieg sie in den Flieger und machte es sich bequem.