Читать книгу Wenn Licht die Nacht durchdringt - Sandra Andrea Huber - Страница 7

VIER

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„Du weißt, was du zu tun hast?“

„Ich bin nicht auf den Kopf gefallen, Marah“, entgegnete Jonathan mit einem Hauch Ärger in der Stimme. Schlimm genug, dass sie ihn in diese Sache hineinzog, obwohl sie genau wusste, dass er nichts mit solchen Angelegenheiten zu tun haben wollte, nein, sie tat auch schon wieder so, als wäre er ein kompletter Vollidiot. „Wie oft sind wir unseren Plan nun schon durchgegangen? Bestimmt an die hundert Mal. Also, ich weiß ganz genau, was ich zu tun habe. Sag lieber, wie es bei dir aussieht?“

„Mein Part ist nicht weltbewegend schwer“, gab sie stöhnend zurück. „Sobald ihr da seid, trete ich aufs Pedal und weg sind wir.“

„Lass den Motor laufen. Das letzte, was wir brauchen können, ist, dass die Kiste nicht anspringt und man uns noch am Parkplatz in die Mangel nimmt. Ich habe absolut keinen Bedarf in einer Gefängniszelle zu landen und dort zu versauern.“ Er kniff die Augen zusammen. „Allerdings dürfte dir das recht egal sein … in Anbetracht dessen, dass du diejenige bist, die mich hergeschleift hat.“

„Könntest du vielleicht endlich mal damit aufhören, dich wie ein totaler Arsch zu benehmen? Ich weiß, dass du nicht hier sein willst – allerdings bist du genau das. Du bist ein großer Junge, der fähig ist, Entscheidungen zu treffen und du hast dich dazu entschieden, hier zu sein und mir zu helfen. Also spar dir dein Selbstmitleid und deine anklagenden Worte und konzentrier dich lieber auf das, was wir vorhaben!“

„Charmant, wirklich Marah. Falls du dich fragst, warum du Single bist: genau aus diesem Grund“, sagte er zynisch, öffnete die Beifahrertür des Vans und sprang nach draußen. „Und nebenbei, ich bin derjenige, der sich in einen weißen Krankenhausfummel zwängen musste, um unbemerkt das Krankenhaus zu stürmen und jemanden zu kidnappen – nicht du.“

„Ich dachte, ich sei Single, weil ich eine Hexe bin?“, gab sie schnippisch zurück.

Jonathan überging ihre Spitze. „Ich sage es noch mal: Lass den Motor laufen. In spätestens fünfzehn Minuten bin ich zurück – mit unserer lädierten Ware.“

Marah gab ein abschätziges Geräusch von sich. „Du musst keine Rekordzeit abliefern, Jo. Sorg lieber dafür, dass du sie heil aus ihrem Zimmer bringst, ohne dass jemand Verdacht schöpft und dich auffliegen lässt. Außerdem …“, sie hielt mit einem besorgten Stirnrunzeln inne, „könnte der ein oder andere Sensat da sein, falls sie das Krankenhaus nicht allein aufgesucht hat. Sollte das der Fall sein und einer von ihnen fasst dich ins Auge, musst du eventuell improvisieren. Kriegst du das hin?“

Er presste die Zähne aufeinander. „Wie du schon gesagt hast, ich bin ein großer Junge und kann auf mich aufpassen.“

Mit einem kräftigen Schubser schlug er die Tür zu und stampfte Richtung Eingang. Ja, verdammt, er konnte auf sich aufpassen. Zumindest das bekam er wunderbar hin.

* * *

Jonathan durchquerte die Eingangshalle und sah sich so beiläufig wie möglich die Ausschilderungen für die einzelnen Stationen an. Immerhin sollte er sich gemäß seiner Aufmachung auskennen und nicht fehl am Platz wirken. Ohne Frage würde es wesentlich schneller gehen, wenn er einfach an der Anmeldung nach der Frau fragen konnte, doch das war zu riskant. Wenn wirklich ein Sensat in der Nähe war, würde er sich damit verraten. Und später, wenn man schließlich feststellte, dass eine Patientin verschwunden war, würde man alle verdächtigen Personen der letzten Stunde prüfen. Gewiss könnte sich die Frau an der Anmeldung an sein Gesicht erinnern und schon gäbe es eine Porträtzeichnung von ihm, die zur Fahndung aushing. Nein, er musste sie allein finden.

Marah vermutete, dass man die Frau in der Unfallchirurgie untergebracht hatte. Laut Aushang befand sich die entsprechende Station im fünften Stock.

Er nahm also einen der geräumigen Personenaufzüge und verfolgte leicht nervös das Aufblinken der Fahrstuhlknöpfe. In der dritten Etage stiegen einige Besucher und eine Schwester oder Pflegerin ein, die ihm ein kurzes Lächeln zuwarf. Er erwiderte es, den Gedanken, sie würde sich möglicherweise an ihn erinnern, im Kopf zerpflückend. Einen Moment später begann sie unleugbar mit ihm zu flirten und er wünschte sich, er hätte irgendeine Akte oder dergleichen parat, in die er seine Nase vergraben konnte.

Endlich machte der Aufzug im fünften Stock halt, er stieg aus, die flirtende Krankenhausangestellte glücklicherweise nicht.

Während er den Flur entlangschlenderte, sah er sich möglichst unauffällig um. Nachdem er der Abzweigung zur linken, erst mal weg vom Stationsbüro, ein paar Schritte gefolgt war, fiel ihm ins Auge, was er gesucht hatte. Er prüfte kurz, ob jemand in der Nähe war und in seine Richtung sah, dann ging er mit gezielten und selbstbewussten Schritten auf den Rollstuhl zu und schob ihn vor sich her, als wäre es seine Aufgabe. Jetzt hieß es: Daumen drücken.

Mit selbstsicherer Miene rollte er den Stuhl durch den Flur, klopfte an die erste Zimmertür und trat ein. Eindeutig nicht die Frau, die er suchte. Er entschuldigte sich und versuchte es im nächsten Zimmer.

Zu alt. Männlich. Zu alt. Eindeutig nicht die Frau, die er suchte.

Immer wieder murmelte er ein entschuldigendes „falsches Zimmer“ und verdrückte sich hastig wieder nach draußen, ehe ihn jemand fragen konnte, zu wem er eigentlich wollte.

Nach vierzehn Fehltritten und einem inzwischen extrem angespannten Nervenkostüm, erreichte er ein Zimmer, in dem eine junge Frau lag, die schlief. Über ihre Wange spannte sich ein großes, weißes Pflaster.

Er verspürte den Impuls sich dem Fuß des Bettes zu nähern und die Krankenakte aus der Halterung zu ziehen. Langsam und leise gab er diesem Impuls nach und überflog den kurzen Bericht.

Name: unbekannt.

Alter: unbekannt; geschätzt zwischen 22 und 26.

Anamnese: Unterkühlung, Schnittwunden auf Körper und Wange, Prellungen, blaue Flecken, Kopfverletzung.

Diagnose: Gedächtnisverlust (möglicherweise aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas); Schock?; Posttraumatische Belastungsstörung?.

Jackpot, ging es ihm durch den Kopf.

Er steckte die Akte leise zurück und besah sich die Frau genauer. Wie sie so dalag, wirkte sie sehr zerbrechlich. Sie kam ihm etwas jünger vor, als er selbst war, etwa so alt wie Marah. Ihr Haar war hellbraun und reichte ihr glatt bis über die Schultern.

Jonathans Augen folgten dem Schlauch, der aus ihrem rechten Unterarm in einen Infusionsbeutel führte. Wunderbar, dachte er verdrießlich. Er würde sie davon losmachen müssen. Bei dieser Vorstellung überkam ihn ein unbehagliches Schütteln. Nein, er wollte nicht daran herumfummeln. Außerdem, womöglich war die Infusion wichtig. Er würde den Beutel einfach mitnehmen.

Nachdem er nochmals einen tiefen Atemzug getan hatte, räusperte er sich vernehmlich.

* * *

Gwen zuckte zusammen, schlug die Augen auf und sah einen blondhaarigen, leicht lockigen Mann vor sich. Unwillkürlich sog sie nach Luft – dann erkannte sie, dass er die weiße Krankenhauskluft trug. Nur ein Mitarbeiter, formte sich der beruhigende Gedanke in ihrem Kopf.

„Alles in Ordnung. Ich bin hier, um Sie für eine Untersuchung abzuholen.“

Sie stutzte, der Anflug von Skepsis stieg in ihr auf. „Eine Untersuchung? Was für eine Untersuchung? Geht das nicht auch hier im Zimmer?“

„Nein, wir … ich bringe Sie zum Röntgen. Wie Sie sehen“, ihr Gegenüber machte eine lächelnde Geste mit den Armen, „ist hier kein Gerät, mit dem ich Sie röntgen könnte – wenn ich Sie röntgen würde, das macht natürlich … ihr Arzt. Er hat einen, ähm … Scan vorgeschlagen, da Sie sich doch an nichts erinnern können.“

Gwen biss sich auf die Unterlippe. Sie war nicht vollständig von der Wahrheit seiner Worte überzeugt. Irgendetwas an diesem Pfleger kam ihr seltsam vor.

Er griff nach dem Infusionsbeutel, löste ihn aus der Halterung und reichte ihn ihr. „Hier, halten Sie den bitte. Können Sie sich aufsetzen? Und aufstehen? Oder soll ich Sie in den Stuhl heben?“

Immer noch hatte sie ein merkwürdiges Gefühl. „Warum soll ich den Beutel halten? Warum rollen Sie nicht einfach den Ständer neben dem Stuhl her?“

Der Blondhaarige sah aus, als würde er mit Mühe etwas herunterschlucken. „Ja, da haben Sie recht.“ Er griff den Beutel und mühte sich ab, ihn wieder in die Halterung zu bekommen. „In Ordnung, soll ich Ihnen jetzt helfen oder nicht?“

„Ich glaube, ich schaffe es alleine“, erwiderte sie gedehnt. Langsam setzte sie sich auf und legte die Beine über die Bettkante. Ihr ganzer Körper fühlte sich ungemein schwer und ungelenk an.

Der Pfleger schob den Stuhl näher an sie heran. „Hier.“

Sie stand auf und schwankte leicht unter der Last ihres Gewichts, doch der Mann griff ihr unter die Arme und half ihr in den Rollstuhl. „Danke“, hauchte sie.

„Kein Thema.“

Sie hob den Kopf, die Zimmertür im Blickfeld – und fasste Nikolaj ins Auge. Er stand im Türrahmen, die Hände vor der Brust verschränkt und immer noch diesen verschlossenen, abweisenden und harten Ausdruck im Gesicht tragend. Auf Haar und Mantel glänzten kleine Wasserperlen.

Reflexartig nahm sie einen tiefen Atemzug. Wieso war er noch immer hier? Wollte er sie mit sich nehmen, sobald man sie entließ? Was ging in ihm vor?

„Was machen Sie da?“ Nikolajs Stimme drang dunkel durch den Raum. Eine herausfordernde Frage – an den Pfleger gerichtet.

Gwen konnte das Gesicht des Krankenhausangestellten nicht sehen, doch ruhte Nikolajs Blick nun nicht mehr auf ihr, sondern auf dem Mann hinter hier. Keiner der beiden sagte etwas. Sie vermutete, dass sie sich musterten. Nur warum sie das taten, derart ausgiebig und mit dieser merkwürdigen Stimmung in der Luft, war ihr nicht klar.

„Ich fahre diese Patientin zu einer Untersuchung“, kam es schließlich aus ihrem Rücken.

Nikolaj musterte den Pfleger abermals durchdringend. Skepsis lag auf seinen Zügen, ebenso wie Abneigung. „Warum?“

„Warum was?“, patzte der Pfleger zurück.

„Was für eine Untersuchung soll das sein? Wo ist ihr Arzt?“

„Geht Sie das etwas an?“ Seine Worte klangen immer härter. Schließlich setzte sich der Rollstuhl in Bewegung. „Entweder Sie gehen jetzt aus dem Weg oder ich rufe den Sicherheitsdienst. Wollen Sie das?“

Ihr Herz pochte schneller, je näher sie Nikolaj kam. Mit einer Hand umklammerte sie die Armstütze des Rollstuhls, die andere hatte sie fest um den Stab des Infusionshalters geschlossen. Leichte Übelkeit stieg in ihr auf. Seine Anwesenheit löste Lawinen in ihr aus, die sie gleichsam erschütterten und unter sich zu begraben drohten.

„Das war mein ernst“, kam es wiederholt aus ihrem Rücken. „Soll ich den Sicherheitsdienst rufen?“ Diesmal lag unüberhörbar eine Drohung in der Stimme des Pflegers. Es klang, als würde er die Aufgabe des Sicherheitsdienstes am liebsten direkt selbst übernehmen.

Nikolaj bewegte sich nicht und erwiderte nichts. Abermals herrschte ein paar Sekunden lag diese merkwürdige und spannungsgeladene Energie in der Luft. Dann trat er tatsächlich zur Seite. Wortlos. Jedoch nicht, ohne den Mann hinter ihr mit einem funkelnden Blick zu durchbohren. Seine Iris war ein Mischmasch aus Blau und Schwarz, das seltsamerweise aussah, als wäre es … in Bewegung. In unruhiger, aufgewühlter Bewegung.

Eine Erinnerung stob an die Oberfläche. Dunkelheit – und ein blauschwarzes Augenpaar, das daraus hervorstach, wie der Mond und die Sterne es am Nachthimmel taten. Doch weder Mond noch Sterne waren bedrohlich, bedeuteten Gefahr, waren tückisch oder falsch. Beide erhellten den Weg, schenkten Licht und Führung. Nikolaj hatte sie durch das Portal zurück in die Menschenwelt gestoßen, sie vom Spielplatz aufgelesen und in dieses Krankenhaus gebracht. Er hatte sie gerettet –aus der Situation samt Folgen, in die er sie gebracht hatte. Wie viel Gewichtung und Wert verdiente diese Tat also? Nach allem, was passiert war? Sie wusste nicht, was er von ihr wollte, warum er noch hier war, wusste nicht, was sie ihm gegenüber empfand. Der Strudel von Gefühlen, Gedanken und Fragen war zu übermächtig, um ihn zu deuten oder zu entwirren.

In schnellem Schritt, jedoch ohne zu laufen, bewegten sie sich den Gang entlang. Der Halter ihrer Infusion klapperte neben ihnen her. Sie fühlte sich seltsam erleichtert, je weiter sie von Nikolaj wegkam. Der Ansatz eines schlechten Gefühls keimte in ihr auf, doch zeitgleich empfand sie diese Reaktion mehr als gerechtfertigt und angebracht.

Erst, als sie aus dem Fahrstuhl herausrollten und in der Eingangshallte landeten, kehrte ihre Skepsis dem Pfleger gegenüber zurück. „Ist die Untersuchung im Erdgeschoss?“

„Ähm, nein … aber Ihr Arzt meinte, dass Ihnen etwas Frischluft nicht schaden könnte. Wir drehen eine Runde und dann fahre ich Sie zu Ihrer Untersuchung. Keine Sorge, es ist alles in Ordnung. Sie sind jetzt in Sicherheit.“

Gwen drehte den Kopf seitlich über ihre Schulter. „Sicherheit?“ Was ging hier vor? Wer war dieser Mann? Wieso sprach er von Sicherheit? Warum hatte er sich zuvor, als er Nikolaj gesehen hatte, so verspannt und war derart bissig geworden? Wusste er, wer Nikolaj war? Was er war? War er wegen ihr hier? Aber sie kannte ihn nicht – woher sollte er sie kennen? Woher sollte er wissen, dass sie sich hier in diesem Krankenhaus aufhielt? Wie konnte sie überhaupt noch irgendwem vertrauen? Wenn sie nicht mal dem Menschen vertrauen konnte, den sie … der ihr … Sie konnte den Gedanken nicht zu Ende denken.

Sie wurden schneller. Allmählich registrierte sie, wohin sie sich bewegten. „Sie schieben mich auf den Parkplatz?!“ Ihre Stimme klang leicht ansteigend.

„Es ist alles in Ordnung!“, beteuerte der Mann abermals und verfiel in noch größere und schnellere Schritte.

„Nein, was … Wer sind Sie? Ich … Was soll das?“ Es war, als würde eine lähmende Wolke in ihr aufgehen und die ohnehin spärlich vorhandene Kraft aufsaugen.

„Hey!!“ Ein Ruf gellte durch die Luft. Es war Nikolajs Stimme. Ganz sicher. Er war ihnen auf den Fersen. Nur, warum? Wer stand in diesem Moment für Sicherheit und wer für Bedrohung? Wer wollte ihr Bestes? Wer würde sie – abermals – verletzen? Früher wäre diese Frage einfach zu beantworten gewesen, doch heute, nach allem, was passiert war …

Rollstuhl und Halter holperten über den unebenen Asphaltweg auf einen alten VW-Bus zu. Kaum angekommen riss der Pfleger die Schiebetür auf, den Beutel aus der Halterung und schrie: „Los, rein da, schnell!“

Gwen zögerte, sah sich um, keuchte, sah den blonden Mann an, zögerte, versuchte klar zu denken und diese Situation zu entschlüsseln.

„Schnell! Er ist gleich da!!“ Er packte ihre Arme, schob sie nach oben in den Van hinein und sprang hinterher. Der Rollstuhl schlitterte seitlich und warf den leeren Halter um, der klirrend zu Boden kippte.

„Gib Gas, Marah! Mach schon!!“

Die Frau in der Fahrerkabine ließ den Motor aufheulen und steuerte zwischen den parkenden Autos hindurch Richtung Straße. „Wer ist das, der uns da hinterher rennt?“, schrie sie nach hinten. „Ist das…“

„Ja, einer von der Sorte, bei denen ich improvisieren sollte.“

Gwens Herz pochte rasend schnell und verbrauchte in null Komma nichts all ihre Energie. Sie ließ ihren Kopf gegen die Lehne ihres Sitzes sinken und schloss die Augen. Sie war so unsagbar müde. Warum konnte nicht endlich alles aufhören sich zu drehen, sie mit sich zu reißen und in sich aufzuzehren?

* * *

Keuchend sah Nikolaj dem schwarzen Van hinterher und prägte sich das Nummernschild ein. Sein Gefühl hatte ihn nicht getäuscht. Dieser Kerl gehörte nicht zum Krankenhauspersonal. Ein Sensat war er nicht, doch wer genau er war, wusste er trotzdem nicht zu sagen.

Nicht selten arbeiteten Menschen mit den Sensaten zusammen, wickelten Geschäfte ab, übten sich in gemeinsamen Interessen, doch dieser blonde Kerl hatte nicht wie jemand dieses Typs ausgesehen. „Diese Art von Typ“ hatte andere Augen. Listige, egoistische, bedrohliche, verräterische, kalte. Im Blick des Blonden waren Hass und Ekel zu sehen gewesen. Er hatte gewusst, wer – was – er war und hatte sich bemüht, sich seine Abscheu nicht anmerken zu lassen. Er musste also irgendwann mit einem Sensaten zu tun gehabt haben – woher sonst sollte er von ihnen wissen, ihn erkannt haben als das, was er war?

Aber was hatten der Blondschopf und der Fahrer des Vans mit Gwen zu tun? Woher hatten sie gewusst, dass sie hier war? Niemand außer ihm konnte das wissen!

Gwen hatte nicht ausgesehen, als würde sie den Kerl kennen oder wäre eingeweiht in irgendeine Art von Fluchtplan. Unentschlossen hatte sie gezögert als die Tür des Wagens offenstand und der Kerl sie angeschrien hatte, in das Auto zu steigen.

Nikolaj krümmte sich leicht und presste die Hand auf seine Brust, um dem inneren Druck entgegenzuwirken. Gwen hatte keine Ahnung gehabt, wer dieser Kerl und sein Kumpane waren, was sie von ihr wollten, mit ihr vorhatten – und doch war sie letzten Endes bereit, eher dazu geneigt gewesen, mit ihnen zu kommen, statt sich zu wehren. Statt hier bei ihm zu bleiben. Ihm …

Wenn Licht die Nacht durchdringt

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