Читать книгу Mehr als Freundschaft? - Сандра Грауэр - Страница 9
ОглавлениеEmilia
Ich wusste nicht, wann ich das letzte Mal so viel Spaß gehabt hatte. Leon war zwar, wie ich schon befürchtet hatte, im Vergleich zu Pitt ein ziemlich miserabler Tänzer, aber das hielt ihn an diesem Abend nicht davon ab, nach kurzer Eingewöhnungsphase mit uns die Tanzfläche unsicher zu machen. Die Leute um uns herum warfen uns schon komische Blicke zu, aber das störte mich nicht und Leon offenbar auch nicht. Na ja, und Pitt konnte sowieso nichts und niemand aus der Ruhe bringen. So was wie Schamgefühl kannte er nicht, was es nur noch lustiger machte, mit ihm wegzugehen.
»Ich brauch unbedingt was zu trinken«, meinte Leon irgendwann. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, und er wischte ihn sich grinsend mit dem nackten Arm weg.
»Ich bin dabei«, sagte ich, obwohl ich noch ewig so hätte weiter tanzen können. Aber so würden wir nie 'ne Freundin für Leon finden, und deshalb waren wir ja eigentlich hier.
Also bahnten wir uns einen Weg zur vollen Bar. Während sich Leon eine Cola bestellte, tranken Pitt und ich Bier mit Limettengeschmack.
»Mal probieren?«, fragte ich und hielt Leon meine Flasche hin.
Er überlegte einen Moment, aber als ich ihm einen leichten Schubs in die Seite gab und ihm aufmunternd zunickte, nahm er schulterzuckend einen Schluck.
»Und?«
»Nicht schlecht«, meinte er und gab mir die Flasche zurück. »Irgendwie süffig.«
»Das trifft's ziemlich genau«, sagte ich lachend und warf einen Blick auf die volle Tanzfläche. Ganz in unserer Nähe tanzte eine Gruppe hübscher Mädels. »Und, hast du dir schon eine ausgesucht?«
Leons Miene verfinsterte sich sofort ein wenig. »Nicht wirklich. Können wir nicht einfach Spaß haben?«
»Was meinst du, was du erst für Spaß haben wirst, wenn du dir 'ne hübsche Schnecke angelacht hast«, meinte Pitt augenzwinkernd.
»Versuch's doch einfach mal«, sagte ich nun wieder und zog 'ne Schnute. Das half meistens. »Bitte, tu's für mich, Leon.«
Der sah mich einen Moment an, rollte die Augen und lachte dann. »Also schön, weil du es bist.« Er sah sich um, und sein Blick blieb ebenfalls bei der Mädchengruppe in unserer Nähe hängen.
»Gute Wahl«, fand Pitt.
Leon lachte. »Du weißt doch gar nicht, welche ich ins Auge gefasst hab.«
»Ich tippe auf die Rechte, aber so oder so, die sehen alle heiß aus.«
»Die Rechte also«, sagte ich, ohne auf Leons Bestätigung zu warten. Ich kannte ja sein Beuteschema, und das Mädel passte genau da rein. »Die sieht nett aus und ein bisschen schüchtern. Wenn du sie irgendwie von den anderen weglocken kannst, könnte das funktionieren.«
»Und wie soll ich das bitteschön anstellen?«
Ich zuckte die Schultern. »Keine Ahnung, lass dir was einfallen. Du bist doch sonst auch immer so schlau.«
»Na super, ihr seid mir ja 'ne tolle Hilfe.«
»Tanz sie an«, meinte Pitt.
»Antanzen? Ich kann nicht tanzen.«
»Da muss ich dir leider recht geben, aber was nicht ist, kann ja noch werden.« Ich griff nach Leons Hand und zog ihn mitten ins Getümmel. Pitt folgte uns.
Leon lachte. »Ich glaub kaum, dass du so schnell einen akzeptablen Tänzer aus mir machst.«
»Halt die Klappe und lern«, erwiderte ich. »Pitt, zeig ihm, wie's geht.«
Das ließ sich Pitt nicht zweimal sagen. Gekonnt machte er sich an mich ran. Fast hätte ich ihm seinen Flirtversuch wirklich abgekauft und mitgemacht. »Siehst du, so macht man das. Jetzt du.«
Leon zögerte, aber genau in diesem Moment wummerte das unverkennbare Intro von Nirvanas Smells like Teen Spirit aus den großen Lautsprechern: »Dam da dam, da da da dam dam dam.« Das Lied und die Tatsache, dass alle um uns herum ausflippten, schienen ihm Mut zu machen, denn er begann tatsächlich mich anzutanzen. Und das gar nicht mal so schlecht, wie ich zugeben musste. Während wir vorher die ganze Zeit über bloß nebeneinander getanzt hatten, drängte er sich jetzt immer wieder eng an mich, so wie Pitt es vorher getan hatte. Ich fand es erst etwas komisch, das passte so gar nicht zu Leon. Und auch er schien von sich selbst überrascht zu sein. Aber dann ließen wir uns beide völlig gehen. Pitt gesellte sich irgendwann zu uns, und irgendwie verloren wir unser Vorhaben total aus den Augen. Wäre da nicht Patrick gewesen, der plötzlich hinter mir stand und mich so hart am Arm packte und zu sich herumwirbelte, dass ich fast das Gleichgewicht verloren hätte. »Hey, was soll das denn?«, beschwerte ich mich, ehe ich ihn erkannte. »Patrick? Was machst du denn hier?« »Dasselbe könnte ich dich fragen. Was soll das werden?« »Wonach sieht's denn aus? So was nennt sich tanzen«, erklärte Pitt. Patrick funkelte Pitt wütend an und machte einen Schritt auf ihn zu, doch ich drückte meine Hand gegen seinen Bauch und schob ihn von der Tanzfläche. »Jetzt krieg dich mal wieder ein, ja? Ich bin mit Freunden in der Disco, das hab ich dir doch geschrieben.« »Dann hast du wohl vergessen zu erwähnen, dass die beiden scharf auf dich sind.« Es war nicht unbedingt hilfreich, um die Lage zu entschärfen, aber ich musste einfach grinsen. »Hey, du bist ja eifersüchtig. Das ist so süß.« Patrick beruhigte sich wieder ein wenig. »Ich mag's halt nicht, wenn irgendwelche anderen Kerle an meiner Freundin rumfummeln.« Er zog mich an sich, küsste mich stürmisch und fasste an meinen Hintern. Ach ja, er konnte wirklich gut küssen. »Im Übrigen fummelt niemand an mir herum außer dir«, meinte ich, als ich wieder zu Luft kam. »Das sah aber grad ganz anders aus.« Bisher hatte ich Patrick nichts davon erzählt, dass wir Leon hier genau genommen Flirt-Unterricht gaben, aber jetzt hielt ich es für den passenden Zeitpunkt das nachzuholen. »Okay, pass auf. Leon hat halt gewisse Probleme mit den Mädels …« »Was du nicht sagst.« Ich ignorierte den Kommentar und redete einfach weiter. »Und Pitt und ich wollten da ein bisschen nachhelfen. In neutraler Umgebung, verstehst du? Und deshalb störst du hier auch.« »Und warum grabscht der Arsch dann dich an?« Ich stöhnte. »Mensch, Patrick. Pitt und ich haben ihm nur gezeigt, wie er sich an die hübsche Brünette da vorne ranmachen kann.« »Verstehe, und stattdessen hat er sich dann an dich rangemacht?« Ich stieß Patrick von mir. »Das wird mir langsam echt zu blöd. Was soll das denn? Vertraust du mir etwa nicht? Du glaubst doch nicht im Ernst, ich würde was mit Leon anfangen! Er ist ein guter Freund, genau wie Pitt. Mehr nicht.« Patrick verschränkte die Arme vor der Brust. »Dafür lässt du die Zwei aber ganz schön ran, muss ich sagen. Ich versteh nur nicht, warum du zu mir immer so abweisend bist, wo du doch anscheinend alles andere als wählerisch bist.« Einen Moment starrte ich ihn ungläubig an. »Du mieser Arsch«, brüllte ich ihn an und drehte mich um, aber Patrick war schneller. Er griff nach meinem Arm und zog mich wieder nah an sich. Sein Atem schlug mir ins Gesicht, er roch nach einer Mischung aus Bier und Zigarettenrauch. Wütend sah er mich an, doch dann ließ er mich wieder los. »Tut mir leid, Mia. Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist.« Er trat einen Schritt auf mich zu, doch ich wich zurück. Er seufzte. »Ich hab dich einfach schon den ganzen Abend so vermisst, dann diese WhatsApp-Nachricht, und ich konnte dich einfach nicht mehr auf dem Handy erreichen. Und dann komm ich her und muss zusehen, wie du erst mit Pitt, dann mit dem Spasti und dann sogar mit beiden rummachst.« »Okay, zum letzten Mal: Wir haben nicht rumgemacht. Und die Sache mit der Nachricht ist nicht auf meinem Mist gewachsen. Pitt hat sie geschrieben und mir danach das Handy weggenommen. Mir war gleich klar, dass dir das nicht passen wird, aber was sollte ich machen?« Patrick nickte, und wir sahen uns schweigend an. »Sag mal, hast du das eben ernst gemeint?«, fragte ich leise und musste es noch mal wiederholen, weil es um uns herum einfach zu laut war. »Was meinst du?«, fragte Patrick. »Du weißt schon, was ich meine«, sagte ich. »Du bist doch nicht nur mit mir zusammen, um mich ins Bett zu kriegen, oder?« »Wie kommst du denn auf so'n Quatsch? Ich war bloß sauer, da sagt man solche Sachen.« Er machte eine kurze Pause und sah mich auf einmal grinsend an. »Aber wenn ich ehrlich bin, ich hätt nichts dagegen. Du bist verdammt scharf, weißt du?« Ich lächelte verlegen und ließ mich von Patrick in den Arm nehmen. »Alles wieder gut?«, fragte er, und ich nickte. »Also dann. Kann ich euch irgendwie helfen? Ich bin gut im Anmachen.« Das war er, daran bestand kein Zweifel. Trotzdem überlegte ich einen Moment. Ich selbst hätte ihn gerne hier behalten, wo er schon einmal da war. Aber ich kannte Leons Einstellung zu ihm. »Ich weiß nicht so recht. Ehrlich gesagt glaub ich nicht, dass Leon sich dann noch trauen würde. Er stellt sich so schon ziemlich an.« »Dann überlass ihn doch einfach Pitt und komm mit mir. Ich wüsste da schon ein paar schöne Sachen, mit denen wir uns den Abend vertreiben können.« Patrick knabberte an der besonderen Stelle hinter meinem rechten Ohr, und einen kurzen Augenblick hätte ich fast zugestimmt. Ich seufzte. »Tut mir echt leid, aber das geht nicht. Mein Vater holt uns nachher hier ab. Du bist doch nicht böse?« Patrick schüttelte den Kopf. »Auf dich kann man doch gar nicht böse sein. Aber du lässt mich schon ganz schön zappeln. Gehört das etwa zu deiner Taktik?« »Ich hab keine Taktik«, erwiderte ich und gab ihm einen Kuss. »Und morgen bin ich nur für dich da, versprochen.« »Na schön, aber nur, wenn ich noch 'nen Tanz krieg.« Ich nickte und zog ihn auf die Tanzfläche.
Bei einem Tanz blieb es nicht, und schließlich blieb Patrick doch bei uns. Mir war es nur recht, allerdings war es alles andere als leicht, Leon noch dazu zu kriegen, sich an die Brünette ranzumachen.
»Na komm, jetzt versuch's doch wenigstens«, animierte ich ihn. »Was soll denn schon passieren? Im schlimmsten Fall hat sie kein Interesse, und du musst sie nie wiedersehen.«
»Ja, und am Montag lacht die ganze Schule über mich«, knurrte Leon leise, aber ich verstand ihn trotzdem.
»Ist doch gar nicht wahr. Wer sollte denn über dich lachen?«
Leon antwortete nicht, warf Patrick aber einen vielsagenden Blick zu. Der hob abwehrend die Hände.
»Ach komm schon, denkst du das etwa echt?«, fragte ich.
»Ehrlich gesagt, ja. Die lachen sich so schon alle scheckig, wenn sie hören, dass ich Nachhilfe in Sachen Mädels brauch, und wenn ich mich dann noch blamier …«
»Also jetzt übertreibst du aber«, meinte ich.
»Wisst ihr was? Wir kürzen das Ganze einfach ab«, mischte sich Patrick nun ein und marschierte geradewegs auf die Mädchengruppe zu.
»Jetzt bin ich aber mal gespannt«, sagte Pitt. Er verschränkte die Arme vor der Brust und sah amüsiert zu Patrick und den Mädels hinüber.
Nur Leon wirkte alles andere als begeistert. Die Mädels kicherten, während Patrick mit ihnen redete, und sahen immer wieder zu uns. Schließlich kam Patrick zurück und rief Leon zu:
»Also zum Ficken haste keine Chance, bei keiner der Schnecken. Aber du«, wandte er sich an Pitt. »Die Blonde ist ganz scharf auf dich.«
Die Mädels sahen immer noch zu uns herüber und kicherten, und auch den anderen Leuten um uns herum war die Szene nicht entgangen.
»Super, auf Ficken hatte ich eh keine Lust. Ich geh dann mal nach Hause«, meinte Leon und verschwand.
Ich hielt ihn am Arm fest, nachdem ich ihn endlich eingeholt hatte. »Hey, jetzt wart doch mal.«
»Warum denn noch? Nachdem Patrick mich ja schon blamiert hat, muss ich das doch nicht mehr selbst übernehmen.«
»Patrick hat das sicher nicht böse gemeint, Leon.«
»Wenn du das sagst, Mia.«
»Na komm schon. Du musst auch keine mehr anflirten, versprochen. Lass uns einfach wie vorher ein bisschen Spaß haben.«
»Mir ist der Spaß vergangen, ich würd jetzt wirklich lieber nach Hause gehen.«
»Aber mein Vater kommt erst in einer Stunde«, meinte ich, nachdem ich auf meine Armbanduhr gesehen hatte.
Leon zuckte die Schultern. »Ich kann mir ein Taxi nehmen.«
»Ach Leon.«
»Ist okay, wirklich. Geh und hab Spaß, ich komm schon klar.« Und damit drehte Leon sich um und bahnte sich einen Weg durch die Menge.
»Ich ruf dich morgen an, versprochen«, rief ich ihm noch hinterher. Ob er es hörte, konnte ich nicht sagen.
»Hey Leon, jetzt wart doch mal«, schrie Pitt, der auf einmal neben mir stand, doch Leon drehte sich nicht einmal mehr zu uns um. »Was ist denn mit dem los?«, fragte Pitt und sah mich an.
»Ich glaub, der ist beleidigt. Er meint, Patrick hätte ihn absichtlich blamiert.«
»Hat er ja auch.« Ich wollte protestieren, doch Pitt ließ mich nicht zu Wort kommen. »Aber wenn er beleidigt abdampft, macht er's nur noch schlimmer.«
»Tja, jetzt ist's eh zu spät.«
»Eben«, meinte Pitt und legte einen Arm um meine Schultern. »Also lass uns das Beste draus machen. Du gehst zu deinem Schatzi, und ich schnapp mir Blondie.«