Читать книгу Geisterhäuser - Sanne Prag - Страница 5

NACHT

Оглавление

In der Ecke war ein großer Strohhaufen aufgeschichtet. Er roch feucht und ein wenig nach Alkohol. Am Ende des Raumes an der Wand hingen Sättel und Zaumzeuge und Pferdedecken. Er nahm sich eine, breitete sie über das Stroh und kletterte zufrieden in seinen Schlafsack. Genau richtig. Falls ihn einer erwischte, demonstrierte er Bescheidenheit. Er schlief bei den Pferden, nicht anmaßend im Bett des Bewohners. „Wer hat in meinem Bettchen geschlafen? Niemand!“ Von seinem Schlafplatz konnte er das erste Haus sehen. „Sein“ Licht brannte noch, genauso wie er es verlassen hatte. Der mit der Schrottflinte konnte lange warten! Ein kurzes Gefecht zwischen Beunruhigung und Zufriedenheit, und Ezra schlief.

Im Traum kam ein „Leintuchgeist“ auf ihn zu. Ezra war sich voll bewusst, dass es sich um einen Leintuchgeist handelte. Als Kind hatte er erkannt, dass Tiere in Gruppen und Ordnungen eingereiht wurden, und er fand es daher richtig, dass man das mit den vielen Geistern auch tat. Leintuchgeister schwebten unter einem Leintuch, hatten zwei schwarze Augenlöcher, und dieser Spezielle hatte auch Füße. Die steckten in langen schmalen Schuhen, etwa einen Meter lang und schwarz mit einer schwarzen Quaste an der Spitze. Es waren Schnürschuhe und über dem rechten Knöchel hatte er eine rote Wunde. Er hatte etwas wie einen breiten Zylinder auf dem Kopf und im Arm hielt er schwarze Babies mit runden Augenlöchern. Sie erinnerten an das schwarze Baby der Madonna. Es war sehr beunruhigend. Alkoholische Hitze stieg hoch. Angst wickelte ihn ein.

Mit heiserer Stimme sagte der Leintuchgeist mit Schuhen: „Komm her zu mir“. Ezra wollte nichts wie weg. Aber seine Füße konnten sich nur ganz schwer und langsam bewegen, er kämpfte wie in zäher Masse steckend und konnte mit aller Kraft nur zentimeterweise seinen Fuß vorwärts bringen. Eine schwarze Knochenhand kroch unter dem Leintuch vor und bewegte sich auf ihn zu. Der Geist hatte drei Hände. Zwei hielten die Babies und eine langte nach ihm. Die Panik verteilte sich brennend im ganzen Körper. Da beschloss er, aufzuwachen. Er drückte fest die Augen zu und wusste, davon wurde er aus diesem furchtbaren Land hinausgeschwemmt und meist in sein Bett. Manchmal auch in ein anderes Land. Alles war besser als der Geist, der nach ihm griff. Er wachte auf, den Geruch von Pferd und Alkohol in der Nase. Es war schon hell.

Er rollte von seinem Strohhaufen und ging ans Fenster. Die Gipfel der Berge im Westen waren goldfarben. Sonst lag alles ruhig. Es war also ziemlich früh. Er sah zu dem geschnitzten Haus hinüber. Dort brannte „sein“ Licht unverändert. Das konnte doch wohl nicht sein! Er war vor einem knarrenden Balken geflüchtet.


Geisterhäuser

Подняться наверх