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Im Flugzeug

»Boarding completed.«

Es ist so weit. Jetzt oder nie. Ich starre den Senden-Button auf meinem Handydisplay an. Letzte Chance, ihn zu drücken.

So kurz vor diesem finalen Schritt, diesem winzigen Glied in der Kette von Ereignissen, die mich hierhergeführt haben, schnellt mein ohnehin bereits rasender Puls noch weiter in die Höhe.

Fast gegen meinen Willen wische ich doch noch einmal nach unten. Mein Blick huscht zum Anfang der E-Mail, an der ich schon herumfeile, seit ich das Haus verlassen habe. Und während ich den Bus genommen, die Sicherheitskontrollen passiert, das Flugzeug bestiegen, meinen Platz gefunden und mich angeschnallt habe.

Liebe Mum, lieber Dad,

bitte flippt jetzt nicht völlig aus (wahrscheinlich bringt es nichts, euch das zu schreiben, aber glaubt mir, es ist zwecklos. Wenn ihr das hier lest, bin ich längst in der Luft. Dad, du sagst doch selbst immer, wie ungefährlich Fliegen ist. Also braucht ihr euch überhaupt keine Sorgen zu machen, gerade bin ich so sicher wie noch nie).

Ich tue das, weil ich MUSS. Ich muss einfach weg. Ich habe versucht, euch klarzumachen, dass mich hier nichts mehr hält, aber ihr wolltet nicht zuhören. Tja, jetzt bleibt euch wohl nichts anderes übrig. Ich befinde mich nämlich gerade auf dem Flug BA037 von Gatwick nach Vancouver. Ihr könnt ihn sogar nachverfolgen. Ich will euch nicht anlügen oder etwas vorenthalten, deshalb teile ich euch ganz offen mit, wo ich bin. Ich musste wirklich dringend raus, also habe ich mich auf den Weg gemacht. Und wenn ihr in der letzten Zeit irgendwas mitgekriegt habt, dann wisst ihr auch, warum.

Ich rufe euch an, sobald ich gelandet bin.

Ich hab euch lieb!

P.

PS: Dad, es tut mir leid, dass ich deine Kreditkarte benutzt habe.

PPS: Ich zahle es dir zurück.

Der Pilot plaudert fröhlich über unsere voraussichtliche Flugzeit, den strahlenden Sonnenschein in Vancouver und über »ein paar kleine Ruckler«, die vermutlich über Grönland auf uns zukommen werden. Dann bittet er uns, alle elektronischen Geräte in den Flugmodus zu versetzen.

Ich schlucke. Und ergänze ein »sehr« vor lieb.

Senden.

Na bitte, es ist vollbracht. Ich stelle mein Handy auf Flugmodus, lehne mich im Sitz zurück und beobachte, wie das Terminal langsam an uns vorüberzieht, während wir zur Startbahn rollen. In ein paar Minuten bin ich wirklich da oben. England wird unter mir zurückfallen, immer kleiner und kleiner werden und in immer größere Ferne rücken, und all meine Probleme und mein Schmerz, meine Fehler und mein Bedauern gleich mit. Das nächste Mal, wenn ich diesen Boden betrete – und wer weiß, wann das passiert –, werde ich eine andere sein. Nicht direkt ein neuer Mensch, aber vielleicht die, die ich schon immer hätte sein sollen.

Jetzt haben wir die Landebahn erreicht. Die Triebwerke dröhnen, das Flugzeug nimmt Fahrt auf. Neben mir flüstert eine Frau im grünen Jumpsuit: »Es geht los!«

Ich schließe die Augen. Und endlich breitet sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus.

Los geht’s.

Die beste Zeit ist am Ende der Welt

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