Читать книгу Von GOETZEN bis LIEMBA - Sarah Paulus - Страница 7
ОглавлениеEs war einmal …
Berlin. Ein Nachmittag im August 2010. Ich las einen letzten Satz und schlug das Buch zu. Fertig. Ausgelesen. Ab in den Bücherschrank. Erledigt? Nein. Die Geschichte hatte mich so gefesselt, dass ich unbedingt jemandem davon erzählen musste. Allein zu Haus. Also telefonieren. Wen anrufen? Rolf.
Ich plapperte munter drauflos, dann referierte Rolf Schlaumeier. Die Goetzen. 1913 auf Kaisers Befehl in Papenburg gebaut. Benannt nach, na, wie hieß er doch gleich, Gustav Adolf Graf von Götzen, dem ehemaligen Gouverneur von Deutsch-Ostafrika. Ein Dampfschiff, das der kolonialen Präsenz am Tanganjikasee Ansehen und Stärke verleihen sollte. Noch heute schippert es da irgendwo herum. Wie bitte? »Eine Frage der Zeit«, das Buch, das ich gerade gelesen hatte, ist mehr als ein Produkt reiner Fantasie? Ja doch, ein historischer Roman vor echter Kulisse. Jetzt war ich völlig vom Hocker.
Wer schreibt, sucht Geschichten. Alex Capus hatte sie vor uns gefunden. Eine Reihe anderer Autoren, Journalisten, Künstler und Dokumentarfilmer wiederum vor und nach ihm. Nun stand ich selbst im Bann der Liemba, wie das Schiff heute heißt, einem verbeult-rostigen Kahn mit hundertjähriger Geschichte. Im Verlauf des restlichen Tages lief der Draht heiß. Bis feststand, dass wir uns der Liemba vor Ort nähern und unbedingt mit ihr reisen müssten. Feierlich beschlossen wir den Plan.
Wir? Pardon, ich vergaß, uns vorzustellen. Rolf G. Wackenberg, auf das G. legt er Wert. Und Sarah Paulus. Während ich mich als freie Autorin verdinge, fuchtelt Rolf ständig mit seinem Fotokram herum. Wir arbeiten oft zusammen, beschreiben und porträtieren Menschen wie Situationen aus allen Teilen des Universums. Lifestyle, Szene und Kultur kommen uns dabei ebenso häufig in die Quere wie Reisen durch Afrika, den Nahen und Mittleren Osten. Unsere Reportagen wurden u. a. in der Welt, Welt am Sonntag, der Süddeutschen Zeitung, der FAZ, im Tagesspiegel, bei Spiegel Online sowie in diversen Magazinen und Unternehmensbroschüren veröffentlicht. Gemeinsam sind wir ein unschlagbares Team.
Wir reisen immer mit bescheidenen Ansprüchen und kleinem Gepäck, wobei Rolfs Fotoausrüstung den größten Brocken darstellt. Das muss halt so sein. Wo sonst kämen die vielen Bilder her? Die anderen Posten des Reisepackzettels sind genauestens abgezählt und limitiert. Nur bei Schwimmwesten habe ich dieses Mal lange überlegt. Dazu später mehr.
Es heißt, die Fahrt mit einem Schiff ist wie eine Pilgerreise, man kommt als anderer Mensch zurück. Dem stimmen wir uneingeschränkt zu. Zweimal haben wir mit der Liemba den Tanganjikasee durchmessen. An- und Weiterreise glichen einem Vagabundendasein. In greisen Bahnen und klapprigen Bussen, die anderswo längst aussortiert worden wären. Über holprige Schienenbetten, durch tiefe Schlaglöcher und dichten, roten Staub. Entlang des afrikanischen Alltags mit viel Armut und unbeschreiblichem Lebensmut. Wir lieben Afrika für all seine Unwägbarkeiten jenseits von Luxussafaris und Palmenstränden.
Sie halten nun ein Buch in der Hand, das unsere Reisen mit der Liemba beschreibt. Wir haben erlebt, gefühlt und gelitten. Gefeiert, gesoffen und überlebt. Auf den folgenden Seiten wird bewusst subjektiv erzählt. Eingeflochten haben wir die schier unglaubliche Geschichte der ehemaligen Goetzen und ihrer Wegbegleiter, samt Mythen und Märchen, die sich seit Jahrzehnten um das Schiff ranken, sowie Informationen über die jüngsten politisch-diplomatischen Bemühungen rund um eine dringend notwendige Generalüberholung. Wir sind keine Historiker, dieses Buch ist kein historisches Sachbuch. Dennoch glauben wir, alle wesentlichen Fakten zusammengetragen zu haben.
Die alte Dame Liemba haben wir tief in unser Herz geschlossen. Dieses Buch wurde somit zu einer echten Herzensangelegenheit.
Sarah Paulus und Rolf G. Wackenberg
Juni 2013