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Unsere chronisch kranke Welt

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Heute werden in der Europäischen Union

84 Menschen bei einem Autounfall zu Tode kommen,

90 Menschen an einer Infektionskrankheit sterben,

151 Menschen Selbstmord begehen und

3.594 Menschen an ernährungsbedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben.1,2,3

Heute ist ein guter Tag, um Leben zu retten. Mit diesem Satz ist Dr. Shepherd aus Grey’s Anatomy berühmt geworden. Er gilt aber nicht erst im OP-Saal. Nicht erst dann, wenn es fast zu spät ist. Jeder Mensch auf dieser Welt kann sich selbst retten, und zwar dreimal täglich, ganz einfach mit Messer und Gabel.

Jedes Jahr sterben 41 Millionen Menschen an den Folgen chronischer Krankheiten, das sind über siebzig Prozent aller Todesfälle weltweit.2,4 Und die allermeisten dieser Todesfälle gehen auf das Konto falscher Ernährung.5 Es ist fast, als würde jährlich ein ganzes Land in der Größenordnung von Österreich an Herz-Kreislauf-Versagen, Schlaganfällen oder Krebs aussterben.

In einem Bericht warnte die Weltgesundheitsorganisation WHO bereits 2004 vor einer globalen Katastrophe: »Aufgrund veränderter Ernährungs- und Lebensgewohnheiten sind ernährungsbedingte Krankheiten – einschließlich Adipositas, Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Schlaganfall sowie verschiedene Formen von Krebs – sowohl in Entwicklungsals auch in Schwellenländern zunehmend bedeutende Ursachen für gesundheitliche Einschränkung im Alltag, Krankschreibungen und vorzeitigen Tod. (…) Wenn keine geeigneten gesundheitspolitischen Maßnahmen ergriffen werden, wird sich die Problematik wahrscheinlich auch auf zukünftige Generationen übertragen.«6

Die Welt ist chronisch krank. Es ist die größte internationale Epidemie seit dem Zweiten Weltkrieg. Die meisten Lebensjahre verlieren wir durch Krebs, Schlaganfälle, Herz-Kreislauf- und Verdauungserkrankungen.7 »Ohne konsequente Maßnahmen werden die Krebsfälle bis 2035 schätzungsweise um fast 25 Prozent ansteigen und damit zur häufigsten Todesursache in der EU werden«, warnte die Europäische Kommission in einer Pressemitteilung Anfang 2021.

Die meisten Darmkrebserkrankungen sind nicht genetisch bedingt. neunzig Prozent entstehen durch den individuellen Lebensstil und durch Risikofaktoren, die wir im Laufe unseres Lebens anhäufen. »Das sind die Gene«, heißt es oft, aber das trifft nur auf höchstens zehn bis dreißig Prozent aller Krebsfälle zu. Zu dem Schluss kam eine 2016 im führenden Wissenschaftsjournal Nature veröffentlichte Studie. Sie bestätigt die Beobachtungen aus zahlreichen Bevölkerungsstudien der letzten Jahre.8 »Darmkrebs gilt als einer der deutlichsten Marker für den epidemiologischen und ernährungsbedingten Wandel, wobei die Inzidenzraten – zusammen mit anderen Krebsarten, die mit dem westlichen Lebensstil in Verbindung stehen – zunehmen«, so auch der World Cancer Research Fund (WCRF).9

Im Westen freuen wir uns, dass sich Darmkrebs bei den über Fünfzigjährigen trotz weltweiten Höchststandes stabil eingependelt hat und zumindest nicht ansteigt. Aber es zeichnet sich seit

kurzer Zeit leider ein anderer bedenklicher Aufwärtstrend ab, den keiner hat kommen sehen: Die Diagnose Darmkrebs bekommen heutzutage deutlich mehr junge, unter fünfzigjährige Menschen.

Die Prognosen sind bedenklich. Wissenschaftler gehen von einer Verdopplung der Darmkrebsfälle bei 20- bis 34-Jährigen bis zum Jahr 2030 aus.10 Das ist ungewöhnlich. Eine völlig neue Entwicklung.

Studien versuchen seit Kurzem, diesem Trend auf die Spur zu kommen, und haben bisher bereits einige Kandidaten identifiziert, die das Risiko für Darmkrebs schon in jungen Jahren nahezu verdoppeln können. Dazu zählen eine tägliche Ration zuckersüßer Getränke, Übergewicht und die ernährungsbedingte Stoffwechselerkrankung Typ-2-Diabetes.11,12

Schon 2017 hatte die Vereinigte Europäische Gastroenterologie (UEG) daher in einer Pressemitteilung die europäische Gesundheitspolitik dazu aufgerufen, die Darmkrebs-Früherkennung bereits ab 45 Jahren zum Standard zu machen.13 Die neue Entwicklung scheinen die Krankenkassen nicht mitbekommen zu haben: Noch immer bezahlen sie erst für Menschen ab fünfzig alle zehn Jahre eine Darmspiegelung. Die jüngeren Patienten fallen durch das Raster und laufen Gefahr, dass der Krebs bei ihnen zu spät entdeckt wird. Was ihre Überlebenschance leider deutlich verschlechtert.

Das Mikrobiom-Komplott

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