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5 Ein Auftrag für eine Hure
ОглавлениеDie Zelte waren schnell aufgebaut und die ersten Männer standen bereits in einiger Entfernung und warteten darauf, dass die Liebesdamen sich freigaben. Der Marsch hatte drei Tage gedauert und viele waren einfach nur froh, endlich angekommen zu sein.
Es war das erste Mal für Jamie, dass sie für ein Heerlager gebucht worden war. Bisher waren ihre Freier immer zu ihr gekommen. Nun, sie taten es auch jetzt, doch die Frauen waren mit den Männern gereist und nur für sie abgestellt. Der General bezahlte sie für alle Grundleistungen.
Es gab wohl auch einige Sonderbehandlungen für höhergestellte Männer. Jáne hatte veranlasst, dass diese Männer kleine Perlen bekamen, die sie den Frauen gaben, um anzuzeigen, dass sie eine Sonderbehandlung bekommen durften. Diese Perlen gaben die Frauen dann an Jáne weiter und die wiederum, holte den Lohn für die Dienste beim Kommandanten ab.
Auch wenn Jamie Jánes beste Frau war, hatte sie bei den Männern hier nun weniger Auswahl und würde auch auf welche zurückgreifen müssen, die ihr nicht gänzlich zusagten. Zumindest, wenn sie mehr verdienen wollte.
Die Sonne neigte sich dem Horizont zu und Jáne ließ ihre Frauen die Zelte öffnen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis fast alle zu tun hatten. Jamie hielt sich noch im Hauptzelt auf, ließ den Blick schweifen und wartete auf einen, der ihr gefiel.
Einige drängten um sie herum und machten ihr Angebote, doch sie waren allesamt nicht das, was sie wollte. Sie wusste, sie konnte es sich leisten, nein zu sagen, und sie wusste, sie war damit nicht die Beliebteste bei den anderen. Die hatten weniger Freiheiten und damit weniger Freude.
Es gab nur zwei Mädchen neben Jáne, die Jamie wirklich wohlgesonnen waren, Ráya und Levi. Diese beiden und sie selbst waren mit 25, 20 und 21 Jahren, die drei die Jüngsten unter Jánes Hand. Ráya, die als Elfenfrau exotisch war und Levi, die die Naive vom Lande mimte und die Männer dann doch ausnahm, hatten als einzige kein Problem mit Jamie, die als einziges Kind des Erzmagiers von Helven, statt der Magie, die Hurerei als Beruf gewählt hatte.
Jamie hatte nie ein Händchen für die Zauberei gehabt und zum Schluss nicht mal mehr jemanden, der es ihr hätte beibringen können. Also war sie eben eine Dame der Liebe geworden, denn damit verdiente man wenigstens Geld. Zumindest, wenn man es richtig anstellte.
Das erste Jahr war teilweise wirklich schlimm gewesen, denn Jamie hatte keine Erfahrung gehabt und die Männer hatten sie nur als Mädchen gesehen, das man benutzen konnte. Mittlerweile wusste sie aber, wie man es anstellen musste, und hatte so unter Jáne schon die zweite Anstellung als bessere Hure bekommen.
Jetzt gerade langweilte sie sich aber, denn noch immer kamen keine Männer, die ihrer Dienste wert gewesen wären.
„Mädchen“, sprach sie einer an und streckte eine Hand aus. Seine Finger fühlten sich rau an, als er ihr über die Wange strich. „Ich habe Geld dabei. Komm mit mir.“
Sie musterte ihn kurz und fragte dann mit einem koketten Lächeln: „Wir werden bezahlt, aber nicht von dir. Wofür also das Geld, mein Guter?“
„Ich habe gehört, für ein paar extra Münzen macht ihr es mit dem Mund.“
„Was du alles so hörst“, säuselte sie.
„Wie steht’s?“, wollte er wissen und grinste. Einer seiner Schneidezähne war abgebrochen und alle anderen standen krumm und schief. Jamie packte fest in seinen Schritt. Sein Lächeln verschwand und sein Mund öffnete sich.
„Mmm. Also im Moment steht nichts, würde ich sagen.“ Sie ließ ihn los und sein Grinsen kam zurück.
„Du kannst das sicher ändern. Komm schon.“
„Ich bedauere, dich enttäuschen zu müssen“, ließ sie ihn wissen und stand auf. „Aber ich bin leider schon anderweitig beschäftigt.“ Damit wandte sie sich ab und verließ das Zelt. Sie würde einen Spaziergang machen. Bei der Gelegenheit konnten die Männer sie sehen und Jamie konnte ausmachen, ob es hier überhaupt etwas Besseres für sie gab.
Die Truppe unter Dawer hatte ihre Zelte am Rand des Heerlagers aufgeschlagen und ein Feuer entfacht um das herum nun alle auf Baumstämmen saßen. Lys hatte gefühlt nur drei Worte gesprochen, seit sie aufgebrochen waren, und er schwieg noch immer, was Thrace mehr und mehr Sorgen machte. Der Junge würde im Kampf keinen vollen Einsatz bringen und wenn er das nicht tat, war er eine Gefahr für sich und alle anderen.
„Dawer“, sprach Thrace den großen Mann gegenüber an.
Der hob nur fragend den Blick.
„Was willst du tun?“, fragte Thrace und nickte Richtung Lysján.
„Nichts“, war Dawers schlichte Antwort.
„Es wird gefährlich werden“, gab Thrace zu bedenken, doch der Anführer zuckte nur mit den Schultern.
„Bevor es so weit kommt, schlage ich ihm den Kopf eigenhändig ab.“ Er grinste, weil es nicht mehr als eine leere Drohung war, doch Lys schaute auf und wurde kreidebleich. Noch bevor Thrace etwas dazu sagen konnte, wurde ihm selbst anders. Allerdings auf eine angenehme Weise. Aus dem Dunkel hinter Dawer tauchte eine Frau auf, deren Augen belustigt funkelten.
„Werter Herr Vollidiot“, kam es Jamie über die Lippen, als sie ihn entdeckte. Sie grinste, als sie abbog und von hinten auf ihn zu trat. „Na schau mal einer an.“
Dawer wandte sich ihr zu und ein überraschtes aber breites Lächeln stellte sich auf seinen Zügen ein. „Neyla!“ Er streckte den Arm aus, als sie nah genug war, packte sie um die Mitte und zog sie auf seinen Schoß. „Welche Freude, Milady.“
Sie lachte und ließ den Kuss auf ihren Hals zu. „Milord, ich bitte Euch. Wir sind nicht allein.“
Er lachte ebenfalls, ließ locker, hielt sie aber auf seinem Schoß fest. „Du bist eine willkommene Überraschung.“
„Gibt es denn auch Unwillkommene?“
„Durchaus. Hinterhaltangriffe und derart.“
„Ahh. Stimmt. Die sind wirklich nicht schön.“
„Da spricht jemand aus Erfahrung“, meinte einer der anderen Männer und grinste ihr zu.
Sie schaute zu ihm und erkannte einen alten Elfen in ihm. Weißgraue Augen, die sehr viel Lebenserfahrung zeigten, lächelten sie freundlich an. Mit geübtem Blick - und damit unauffällig - musterte sie ihn. Groß, schlank aber nicht hager. Etwas längere, dunkle Haare, die schon viele graue Strähnen aufwiesen und zu einem Zopf gebunden waren. Sein genaues Alter konnte Jamie nicht ausmachen. Sie wusste, dass Elfen anders alterten, weshalb sie länger jung aussahen, obwohl sie schon steinalt sein konnten. Er hier war definitiv schon älter, wirkte aber sympathisch und Jamies Bauchgefühl mochte ihn.
„Hinterhalte gibt es überall. Es kommt auf die Situation an“, gab sie ihm zurück, als wüsste sie genau, welche Art Hinterhalt ein Söldner erfahren musste.
Der Elf lachte. „Ich wäre erfreut, in einen von deinen zu geraten.“
Jamies Blick fiel zurück auf Dawer. „Hast du mich etwa verraten?“
„Das würde mir nie in den Sinn kommen. Ich müsste dich vielleicht teilen.“
„Sein Blick war’s“, teilte ihr wieder ein anderer mit. Ein Jüngerer mit ebenfalls spitzen Ohren. Für einen Moment hing Jamies Blick an ihm, er war ebenfalls ein Elf und etwas an seinem Wesen, zog sie an. Er sah wirklich gut aus. Eine jüngere Ausgabe des alten Elfen. Dunkle, aber kurze Haare und er war ebenfalls nicht fett. Seine Augen hatten ein fast leuchtendes Grün.
Dawer holte ihre Aufmerksamkeit zurück, indem er sie kitzelte. „Hier spielt die Musik, junge Dame.“
Sie lachte und wehrte ihn ab. „Die Musik spielt, wo ich will, werter Herr Vollidiot.“
„Für deine Frechheit sollte ich dir den Hintern versohlen, weißt du das? Mich vor meinen Männern bloßzustellen.“ Er schüttelte missbilligend den Kopf, doch seine Mundwinkel zuckten.
„Was habe ich denn getan?“, empörte sie sich gespielt und tat entsetzt.
„Mein Name ist Dawer.“
„Und manchmal Arsch und manchmal Vollidiot“, wiederholte sie seine Worte von ihrer gemeinsamen Nacht.
Er kniff die Lippen zusammen, meinte dann aber. „Na ja. Besser Idiot als Arsch, was?“
Sie grinste. „Du hast dich so vorgestellt. Selbst schuld.“
Er reckte sich ein Stück und küsste ihr Ohr. „Sei froh, dass du so bist, wie du bist. Sonst hätte deine Frechheit Konsequenzen“, raunte er und sein Atem strich sanft über ihren Nacken.
„Kommt auf die Konsequenzen an“, gab sie ihm kokett zurück. Jemand am Feuer erhob sich und verschwand in der Dunkelheit. Jamie schaute auf und ihm nach, dann seufzte Dawer.
„Ich werde mal manierlich sein und meine Leute vorstellen. Ich will ja nicht, dass man mir noch nachsagt, ich wäre wirklich ein Arsch.“ Er grinste wieder. „Also der Welpe, der gerade weggelaufen ist, heißt Lysján.“ Er hob eine Hand und deutete dann einzeln auf die verbliebenen Männer um das Feuer herum. „Der gute Mann dort ist Raekwon, meine rechte Hand. Neben ihm sitzt Deaglán, unser hinterhalterprobter, dienstältester Elf. Der Kleine neben ihm, der meint, mein Blick wäre verräterisch, ist sein Schützling Océan und der Trampel da drüben ist Thrace. Ihn kennst du vielleicht, auch wenn er das letzte Mal mehr Dreck im Gesicht hatte.“ Dawer machte eine Geste vor seinem Gesicht, als verschmiere er etwas. „Er hat sich gewaschen, heute mal.“
Ein Brummen war von dem dritten, ebenfalls dunkelhaarigen Elf zu hören, doch die anderen schienen freundlicher zu sein. Sie lächelten und nickten Jamie zu oder hoben kurz eine Hand zum Gruß.
„Und diese hinreißende junge Dame, meine Freunde, ist ganz allein für mich bestimmt“, fügte Dawer an und beanspruchte sie, statt ihren Namen zu verraten.
Sie schlug ihm auf die Brust und stieß ein tztztz aus. „Wie war das, werter Herr Arsch? Wirst du mich wohl deinen überaus attraktiven Freunden richtig vorstellen?“ Sie waren es tatsächlich und Jamie hatte sofort ein besseres Gefühl, was ihre Einnahmen anging. Ausnahmslos alle waren gut gebaut und entsprachen auch optisch ihrem Männergeschmack. Bis auf den blonden Lysján, der sehr jung aussah und leider auch so wirkte.
„Überaus attraktiv? Sind deine Augen durch die Dunkelheit geschwächt?“, fragte Dawer ein klein wenig empört.
„Ich habe Adleraugen. In meinem Beruf von Vorteil.“
Er verdrehte seine. „Also werde ich dich nicht nur für mich haben, was?“
„Kommt ganz drauf an.“ Sie ließ den Blick durch die Runde gehen und warf den Männern ein eindeutiges Lächeln zu. Dawer stöhnte und Jamie lachte. An seinem Ohr hauchte sie dann: „Das klang letztens aber besser.“
„Mmm“, kam es in einem von hoch nach tief abfallendem Ton von ihm, dann lagen seine Lippen wieder an ihrem Hals. „Bist du frei?“
„Bin ich“, antwortete sie und stieß gleich darauf einen kleinen Schreckensschrei aus.
Dawer hatte sich mit ihr auf den Armen erhoben und nickte der Runde zu. „Männer, ich empfehle mich“, sagte er, verließ mit ihr in den Armen das Feuer und trug sie in eines der Zelte.