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Das GNTM-Casting

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Beim einzigen offenen Casting zur vierten Staffel von Germany’s Next Topmodel ging es zu wie in einem Bienenstock. Links und rechts schoben sich überall Mädchen in knallengen Kleidern und auf High Heels an mir vorbei, eine hübscher als die andere. Wie das Bellen von Wachhunden schallten ständig „Die Nächste, die Nächste!“ und „Hier lang!“ durch den Backstage-Bereich der Düsseldorfer Messe. Hier zog sich jemand den Eyeliner nach, dort wurde der walk noch mal geprobt. Es herrschte ein totales Chaos. Gut für mich. Denn so kriegte erst mal niemand mit, dass ich mich zusammen mit einer Handvoll anderer Teilnehmerinnen in eine dunkle Ecke verzogen hatte.

Es waren Leidensgenossinnen, die, wie ich, viel zu eingeschüchtert waren, um als Erste auf die Stufen einer meterlangen Rolltreppe zu gleiten und zum dröhnenden Sound der Popmusik Stufe für Stufe nach unten zu schreiten. So cool wie möglich, versteht sich. Denn unten warteten ja schon die Schiedsrichter der Show: Heidi Klum, Peyman Amin und Rolf Scheider. Sekundenschnell entschieden sie, ob man in die nächste Runde kam oder wieder nach Hause fuhr. Für die Kandidatinnen um mich herum schien das alles überhaupt kein Problem zu sein. Mit entschlossenem Gang steuerten sie auf die Rolltreppe zu und liefen mit müheloser Eleganz zur Bühne hinunter. Für mich fühlte es sich an, als müsste ich gleich an die Tafel vor meiner Schulklasse treten. Wobei: Ich stellte mir nur vor, dass es sich so anfühlen muss. Ich habe mich erst gar nicht auf das Laufband gewagt. Stattdessen kauerte ich in einer Ecke und suchte panisch nach dem nächsten Notausgang.

Langsam dämmerte es mir: Es gab keinen Plan B. Ich würde der Casting-Hölle nicht entkommen. Laut Drehbuch sollte ich gleich zu Beginn die Rolltreppe hinunterlaufen. Das galt für alle Kandidatinnen, die sich über ihre Bewerbung vorab qualifiziert hatten. Stattdessen klammerte ich mich in meiner Ecke an einer kleinen Wasserflasche fest, bis die Aufzeichnung fast vorbei war. Frei nach dem Motto eines Resteverkaufs hieß es irgendwann dann aber: „Alles muss raus!“

Die Zeit lief ab, und so wurden wir ohne großen Umweg über die Rolltreppe im Stakkato unsanft auf die Bühne geschoben, als wäre dies eine Militärübung. Das Gute: Ich war dermaßen überrumpelt, dass ich keinen Augenblick mehr für irgendeinen Restzweifel hatte. Sonst wäre ich wohl für immer eine Requisite in dieser Folge gewesen.

Nun aber lief ich einfach los. Nicht in High Heels, sondern in Kitten-Heels. Statt meine blonde Mähne wie wild zu schütteln, wie ich es zu Hause stundenlang vor dem Spiegel geprobt hatte, versteckte ich sie unter einem Strick-Beanie. Dafür knipste ich mein schönstes Lächeln an, als ich vor der Jury stand. Zumindest dachte ich in dem Moment, es sei das schönste Lächeln. Auf dem kleinen Handyvideo, das meine Familie vom Publikum aus gemacht hatte, sah ich später eine mädchenhaft schüchterne Schülerin, die wirkte, als stünde sie vor einem Fotografen, der ruft: „Und jetzt alle cheeeese!

Bis heute kann ich mir nicht erklären, warum ausgerechnet ich ausgewählt wurde. Und dann auch noch von der Chefin der Jury: Heidi Klum. Aber tatsächlich war ich jetzt offiziell eine Runde weiter und meinem Traum schon ein ganz kleines Stückchen näher gekommen.

Curvy

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