Читать книгу Legend (Arizona Vengeance Team Teil 3) - Sawyer Bennett - Страница 5
Kapitel 2
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Das darf einfach alles nicht wahr sein.
Ich schaue zum Krankenwagen, wo ein Sanitäter das Baby untersucht. Es weint und ich drehe gleich durch. Ich habe keine Ahnung, ob das Kind wirklich von mir ist, aber das spielt momentan keine Rolle. Das kleine Ding lag völlig einsam und schutzlos auf meiner Veranda, friert wahrscheinlich und hat Hunger und weiß Gott was alles. Himmel noch mal, hier draußen gibt es verdammte Kojoten. Die hätten sie wegschleppen können …
Nein. Daran darf ich gar nicht erst denken.
Würde Lida jetzt plötzlich meine Einfahrt entlangkommen, würde ich sie erwürgen.
Mein Blick fällt auf Pepper, die neben dem Krankenwagen steht und die Szene beobachtet. Ihre Scrabble-Party hat sich sofort aufgelöst, als der Krankenwagen ankam.
Sie kaut auf ihrer Unterlippe und runzelt die Stirn. Fuck sei Dank war sie zu Hause, denn ich weiß nicht mal, wie man ein Baby richtig hält. Mir war nicht mal in den Sinn gekommen, es hochzuheben. Ich bin einfach nur zu Pepper gerannt.
„Mr. Bay“, sagt ein Polizist und ich drehe mich zu ihm um. „Um welche Uhrzeit sind Sie nach Hause gekommen?“
Der Cop, Officer Brandis, ist einer von zweien, die gekommen sind, nachdem ich die 911 angerufen hatte. Er ist beleibt und die Knöpfe seiner Uniform werden über dem Bauch gedehnt. Ich frage mich, zu wie viel solcher Fälle von aufgefundenen Babys er im Jahr gerufen wird. Wahrscheinlich nicht so oft.
„Um etwa Viertel vor neun.“ Ich schaue wieder kurz zum Krankenwagen. Das Baby weint immer noch und zerfetzt mir die Nerven.
„Und wie lange waren Sie nicht zu Hause?“
Mein Verstand rast, und ich brauche einen Moment, um mich zu erinnern, dass es um die drei Stunden her ist, dass ich mit Dax im Stadion Sport gemacht habe. Guter Gott, das Baby könnte ganze drei Stunden hier gelegen haben.
„Und Sie wussten nicht, dass das Ihr Kind ist?“ Er macht sich Notizen auf einen Block.
„Nein“, antworte ich hoffentlich ruhig genug, denn am liebsten würde ich ihn anbrüllen, dass ich natürlich nichts davon wusste.
„Haben Sie Kontaktdaten von Miss Martin?“
„Ich habe Telefonnummer und Adresse“, antworte ich brüsk, denn diese Daten habe ich ihm bereits gegeben. „Wann kommt jemand vom Jugendamt?“
„Bald“, sagt er knapp und stellt mir weitere Fragen.
Wann haben Sie Miss Martin zum letzten Mal gesehen?
Wussten Sie, dass sie schwanger war?
Könnte es ein übler Scherz sein?
„Ein Streich?“ Ich knurre. „Wer legt ein Baby vor eine Tür als einen verfickten Streich?“
Officer Brandis blinzelt überrascht und hat den Anstand, tatsächlich zu erröten. Er hüstelt. „Entschuldigen Sie. Ich versuche nur, an alle Möglichkeiten zu denken und nichts zu vergessen. So etwas ist mir bisher noch nicht untergekommen.“
Ich atme tief aus und fahre mir mit den Fingern durch die Haare. „Entschuldigen Sie bitte, dass ich ungehalten war. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich unter Stress stehe.“
„Absolut“, sagt er mit einem dankbaren Lächeln, weil ich kein blöder Arsch sein will.
Ein Auto fährt hinter den Polizeiwagen und eine Frau steigt aus. Sie kommt direkt auf mich und den Officer zu und wirft nur einen kurzen Blick auf den Krankenwagen.
„Mr. Bay?“ Sie streckt mir ihre Hand entgegen und hat ein Notizbuch unter dem anderen Arm klemmen.
„Ja“, sage ich und wir schütteln uns die Hände.
„Ich bin Louise Mankle.“ Sie drückt kurz zu und lässt meine Hand los. Sie ist schätzungsweise eine Endfünfzigerin und ihr sachlicher Ton ist beruhigend. „Ich bin vom Jugendamt.“
„Schön, Sie kennenzulernen“, antworte ich lahm.
Louise sieht Officer Brandis an. „Wenn Sie nichts dagegen haben, hätte ich gern ein paar Informationen und würde dann gern dem Krankenwagen zur Klinik folgen. Ich bin jetzt für das Kind verantwortlich und muss dabei sein, wenn er oder sie untersucht wird.“
„Es ist ein Mädchen“, sagt Officer Brandis stolz, als ob er schon alles untersucht hätte. Er sieht auf seine Notizen. „Mr. Bay hat das Kind ungefähr um 20:45 Uhr vor seiner Tür gefunden. Es lag ein Zettel dabei, angeblich von einer Lida Martin aus Miami, Florida. Mr. Bay hat bestätigt, dass es sich um ihre Handschrift handelt.“
Louise nickt kurz und sieht mich wieder an. „Mr. Bay … gibt es einen Grund, daran zu zweifeln, dass es sich um Ihr Kind handelt?“
Ich zucke mit den Schultern. Nicht, weil es mir egal wäre, sondern weil ich total überfordert bin. „Ich weiß es nicht. Ich hatte eine intime Beziehung mit Lida. Wir hatten immer geschützten Sex, aber …“
„Das ist ja nicht narrensicher, nicht wahr?“, sagt sie freundlich.
„Nein.“ Meine Wut kommt wieder hoch. „Ich meine, was für eine Art Mensch lässt ein Baby einfach so liegen? Versteht sie nicht, dass das Kind hätte sterben können? Oder von Kojoten gefressen? Und woher hat sie überhaupt gewusst, dass ich heute nach Hause kommen werde?“
Louise sieht mich mitfühlend an und tätschelt meinen Arm. „Das ist wirklich schrecklich. Aber jetzt wird die Kleine medizinisch gut versorgt und wir werden uns um sie kümmern.“
Ich nicke und fahre mir erneut durch die Haare. Ich schaue zum Krankenwagen. Pepper beobachtet mich und in ihrem Blick liegt Sorge.
Ich seufze und wende mich Louise zu. „Was passiert als Nächstes?“
„Ich fahre mit ins Krankenhaus. Sie wird ärztlich untersucht, und wenn alles okay ist, gebe ich sie in eine Notfall-Pflegefamilie, bis die Vaterschaft bestätigt ist. Sie müssen sich einen Speichelabstrich machen lassen.“
Vaterschaft?
Jesus im Himmel, fuck, ich könnte Vater sein?
Ich schaue wieder zu Pepper. Ich weiß nicht, was sie in meinem Ausdruck liest, doch sie kommt zu mir herüber. Ich bin erstaunt, als sie meine Hand nimmt und kurz drückt. Ich habe nicht vor, mich von ihr zurückzuziehen, und erwidere den Druck. „Sie nehmen das Kind mit in die Klinik und ich muss für einen Vaterschaftstest hin.“
Sie nickt und lässt meine Hand los. „Ich fahre dich, okay?“
„Okay“, murmele ich, unfassbar dankbar, diese Frau, die mir sonst ein Dorn im Auge ist, an meiner Seite zu haben.
Mir kommt ein Gedanke und ich wende mich wieder an Louise. „Wenn sie meine Tochter ist, sollte sie dann nicht bei mir sein statt bei einer Pflegefamilie?“
Louise schenkt mir noch ein freundliches Lächeln. „Mr. Bay, wir müssen uns an die Gesetze halten, und Sie sind keine zertifizierte Pflegefamilie. Unsere Familien haben alle ein intensives Training und durchlaufen Hintergrundrecherchen. Aber ich habe schon eine Pflegefamilie angerufen, die wundervoll ist. Ein Rentnerehepaar, das dies schon seit Jahren tut. Dort ist sie in guten Händen.“
Ich nicke stumm, denn ich kann auf keinen Fall heute ein Baby aufnehmen. Ich habe weder ein Kinderbett noch Windeln oder Milch. Und habe immer noch keine Ahnung, wie man ein Baby überhaupt hält.
Ein Sanitäter kommt zu uns herüber. „Wir können jetzt fahren. Das Baby ist stabil und in guter Verfassung.“
„Wunderbar“, sagt Louise. „Wir können Sie in dem Babysitz hinten in meinem Wagen transportieren.“ Das überrascht mich, doch bevor ich Fragen stellen kann, erklärt Louise es mir. „Da die Untersuchung ergeben hat, dass sie gesund ist, ist es viel sicherer für sie, in einem Kindersitz transportiert zu werden als im Arm eines Sanitäters.“
Ich nicke. Das ergibt Sinn. Denke ich.
Louise öffnet ihr Notizbuch und holt eine Visitenkarte heraus. „Wir sehen uns in der Klinik, wo ich den Vaterschaftstest bestelle, aber falls ich es später vergesse, hier sind meine Kontaktdaten. Ich weiß, dass es nicht ideal ist, aber vor dem Ergebnis des Vaterschaftstests können wir leider nichts machen, also schlage ich vor, dass Sie einfach abwarten.“
Das kommt mir nicht wie ein angebrachter Plan vor. Wenn es mein Kind ist, sollte ich dann nicht bei ihr sein, wenn es untersucht wird? Sollte ich sie bei der Pflegefamilie nicht besuchen dürfen?
Als ob sie meine Gedanken lesen würde, fügt sie hinzu: „Mr. Bay, ich weiß, dass es Ihnen schwerfällt, aber nach dem Gesetz ist das Baby jetzt unter dem Schutz des Staates Arizona. Momentan haben Sie praktisch keine gesetzlichen Rechte. Aber möchten Sie sie noch mal sehen, bevor wir fahren?“
Ich bin gleichzeitig entsetzt und erleichtert. Ich nicke schon wieder lahm und dann nimmt Pepper meine Hand und führt mich zum Krankenwagen. Louise folgt uns. Eine junge Sanitäterin legt das kleine Mädchen Louise in die Arme, die mir vorher noch ihr Notizbuch in die Hand drückt.
Ohne zu zögern, nehme ich es ihr ab, trete näher und sehe mir das Baby genauer an. Ich habe mir noch keine Details angesehen, weil ich damit beschäftigt war, durchzudrehen. Jetzt erkenne ich dichtes dunkles Haar, das entweder von mir oder Lida vererbt worden sein könnte. Ihre Augen sind dunkelblau wie meine, aber ich weiß nicht, ob das etwas bedeutet. Sie weint jetzt nicht und starrt irgendwie blicklos hoch zu Louise. Vielleicht weil sie noch so klein ist und nicht versteht, was vor sich geht. Ich will doch schwer hoffen, dass sie es nicht versteht. Dass ihre Mutter sie verlassen und abends vor eine fremde Tür gelegt hat.
Nachdem ich eine Weile das Kind, das meins sein könnte, betrachtet habe, geht Louise zu ihrem Auto. Pepper und ich folgen ihr. Während Louise das Kind in dem Kindersitz festschnallt, fahren Polizei und Krankenwagen ab.
Louise schließt die Tür und ich sehe das Baby durch die Scheibe an. Sie nimmt mir das Notizbuch ab, doch ich wende den Blick nicht von dem Kind. Im Hintergrund höre ich, wie Louise zu Pepper sagt, dass wir durch die Notaufnahme reingehen sollen, wo sie uns treffen wird.
Erst als Louises Auto außer Sichtweite ist, spricht Pepper. „Alles in Ordnung?“
Ich sehe sie an. „Nein.“
„Kann ich mir vorstellen“, sagt sie leise. Dann nickt sie zu meinem SUV hinüber, der immer noch mit Licht dort steht. „Geh dein Auto in die Garage fahren und ich hole schnell meine Handtasche. Auf dem Weg zur Klinik halten wir irgendwo auf einen Kaffee an, okay?“
Ich kann nichts machen, außer zustimmend zu nicken. Meine Welt wurde gerade auf den Kopf gestellt, und ich weiß nicht, ob ich allein in der Lage wäre, zu fahren. Ich könnte Bishop anrufen, aber er könnte nichts anderes tun, als das, was Pepper bereits freiwillig tut.
Ich sehe ihr hinterher, wie sie zu ihrem Haus geht, das vor albernen Weihnachtslichtern strahlt, die mir gar nicht mehr so albern erscheinen.
Mir wird klar, dass es gerade Wichtigeres gibt, worüber ich mir Gedanken machen sollte.