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Grenzwerte und Durchschnittswerte verwechseln

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Nehmen Sie an, dass Ihre Landesregierung vor Kurzem drei Brücken für insgesamt 30 Millionen Euro gebaut hat. Die Durchschnittskosten pro Brücke betragen also 10 Millionen Euro. Ein Wirtschaftswissenschaftler führt eine Studie durch und schätzt, dass die drei Brücken der einheimischen Wirtschaft einen Gesamtnutzen von 36 Millionen Euro oder durchschnittlich 12 Millionen Euro pro Brücke bringen werden.

Dann startet ein Politiker den Versuch, eine vierte Brücke zu bauen. Sein Argument lautet: Weil Brücken durchschnittlich 10 Millionen Euro kosten, aber durchschnittlich 12 Millionen Euro an Nutzen bringen, wäre es dumm, nicht noch eine weitere Brücke zu bauen. Sollten Sie ihm glauben? Denn wenn jede Brücke der Gesellschaft einen Nettogewinn von 2 Millionen Euro bringt, sollte man doch bis in alle Ewigkeit Brücken bauen.

Doch was bei dieser Entscheidung wirklich eine Rolle spielt, sind die Grenzkosten und der Grenznutzen, nicht die Durchschnittskosten. (Im Abschnitt »Die endgültige Entscheidung treffen« weiter vorn in diesem Kapitel wird der Grenznutzen näher erläutert.) Wen interessiert es, welche Kosten und welchen Nutzen alle vorangegangenen Brücken gebracht haben? Sie müssen die Kosten dieser zusätzlichen (marginalen) Brücke mit dem Nutzen dieser zusätzlichen, marginalen Brücke vergleichen. Wenn der Grenznutzen die Grenzkosten übersteigt, sollten Sie die Brücke bauen. Und wenn die Grenzkosten den Grenznutzen übersteigen, sollten Sie die Brücke nicht bauen.

Nehmen Sie an, dass eine unabhängige Bürgervereinigung einen Ingenieur damit beauftragt, die Kosten des Baus einer weiteren Brücke zu schätzen, und einen Wirtschaftswissenschaftler, um den Nutzen des Baus einer weiteren Brücke zu schätzen. Der Ingenieur stellt fest, dass die vierte Brücke viel länger sein muss, weil die drei kürzesten Wege über den Fluss bereits von den ersten drei Brücken belegt worden sind. Tatsächlich wird die zusätzliche Länge die Baukosten auf 15 Millionen Euro ansteigen lassen.

Gleichzeitig führt der Wirtschaftswissenschaftler eine Untersuchung durch und stellt fest, dass eine vierte Brücke nicht wirklich erforderlich ist. Bestenfalls wird sie pro Jahr einen Nutzen von 8 Millionen Euro bringen. Folglich sollte diese vierte Brücke nicht gebaut werden, weil ihre Grenzkosten von 15 Millionen Euro ihren Grenznutzen von 8 Millionen Euro übersteigen. Wenn die Politiker, die das Projekt unterstützen, ihren Wählern nur die durchschnittlichen Kosten und Nutzen der bereits gebauten Brücken mitteilen, führen sie sie grob in die Irre. Deshalb sollten Sie aufpassen, wenn Ihnen jemand eine Brücke verkaufen möchte.

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