Читать книгу Ein verborgenes Leben (Steidl Pocket) - Sebastian Barry - Страница 12

SECHSTES KAPITEL

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Ja, wie genau ich mich an den Tag erinnern kann, an dem mein Vater aus dem Friedhofsdienst entlassen wurde, ein lebendiger Mann, aus dem Reich der Toten verbannt.

Auch das war ein kleiner Mord.

Mein Vater liebte die Welt und seine Mitmenschen ohne größere Vorbehalte, ging als guter Presbyterianer davon aus, dass alle Seelen gleichermaßen angefochten sind, und hörte aus dem rauen Gelächter eines Straßenjungen eine Art Wesenserklärung des Lebens und der ihm innewohnenden Erlösung heraus. In der Tat glaubte er, dass, da Gott alles erschaffen hat, seine gesamte Schöpfung gutgeheißen werden muss, und ebenso, dass die Tragödie des Teufels darin besteht, dass er der Urheber von gar nichts und der Architekt leerer Räume ist. Aus alledem ergab sich, dass mein Vater seine gute Meinung von sich auf seine Arbeit gründete, darauf, dass er als An gehöriger eines ungewöhnlichen Religionsbekenntnisses dennoch mit der Aufgabe betraut worden war, die Katholiken Sligos zu beerdigen, wenn die Zeit einen nach dem anderen von ihnen abberief.

»Welcher Stolz, welcher Stolz!«, pflegte er zu sagen, wenn wir abends in Vorbereitung auf den Heimweg gemeinsam die Eisentore abschlossen und sein Blick durch die Gitterstäbe hindurch auf die sich verdunkelnden Grab reihen fiel, auf die undeutlicher werdenden Grabsteine in seiner Obhut. Ich nehme an, er sprach mit sich selbst oder mit den Gräbern, vermutlich nicht mit mir, und nicht einen Augenblick lang wird er geglaubt haben, dass ich ihn verstand. Mag sein, dass ich ihn damals tatsächlich nicht verstanden habe, jetzt aber wohl schon.

Die Wahrheit war, mein Vater liebte sein Land, er liebte seine Vorstellung von Irland. Wäre er als Jamaikaner auf die Welt gekommen, hätte er Jamaika vielleicht ebenso sehr geliebt. Aber er war es nicht. Seine Vorfahren hatten die kleinen Pfründen innegehabt, die ihresgleichen in irischen Ortschaften offenstanden, sie waren Bauinspektoren und dergleichen gewesen, und sein Vater hatte es sogar zu Predigerwürden gebracht. Er war in einem kleinen Pfarrhaus in Collooney zur Welt gekommen, sein kindliches Herz liebte Collooney, und sein erwachsen gewordenes Herz weitete jene Liebe auf die gesamte Insel aus. Da sein Vater einer jener radikalen Denker war, die Pamphlete über die Geschichte des Protestantismus in Irland geschrieben oder zumindest Predigten darüber gehalten hatten – denn Pamphlete haben sich keine erhalten, allerdings glaube ich mich zu erinnern, dass mein Vater ein oder zwei davon erwähnt hatte –, vertrat mein Vater Ansichten, die ihm nicht immer zum Vorteil gereichten. Will sagen, er sah im protestantischen Bekenntnis ein federweiches Instrument, das durch das alte Glaubenssystem in einen Hammer verwandelt und dazu benutzt worden war, die Köpfe jener zu zerschmettern, die sich abgeschunden hatten, um in Irland zu überleben, die meisten von ihnen von Haus aus Katholiken. Der Vater meines Vaters liebte den Presbyterianismus, er selbst auch, aber er war zu Tode betrübt, nein, er war zu Tode erzürnt über den Gebrauch, der in Irland vom Presbyterianismus ebenso wie von den Konfessionen der Anglikaner, der Baptisten und so weiter gemacht worden war.

Woher ich das weiß? Weil er an jedem Abend, an wirklich jedem Abend meiner Kindheit als Letztes immer in mein schmales Bett gekrochen kam, mich mit seinen breiten Hüften beiseite schubste, sodass ich, den Kopf dicht an seinem schnurrbärtigen Gesicht, halb auf ihm lag, und redete, redete, redete, während meine Mutter sich im anderen Zimmer schlafen legte. Wenn er ihre leisen Schnarchgeräusche hörte, verließ er mich und gesellte sich zu ihr, doch in jener halben Stunde im Dunkeln, wenn er ihr erlaubte, allein in den Schlaf zu finden, wenn der Mond zunächst auf der hinteren Mauer hockte, um dann, wie es sich für einen Mond gehört, dunkel und hell zugleich in den Himmel der (wie ich wohl weiß) unerreichbaren Sterne aufzuschweben, da trug er mir all die Ahnungen, Befürchtungen und Geschichten seines Herzens vor, sorgte sich vielleicht nicht einmal darum, dass ich womöglich nichts davon verstand, sondern bot sie mir dar wie eine Musik, die ihn und darum auch mich ebenso betörte wie die Werke von Balfe und Sullivan, seiner Meinung nach zwei der bedeutendsten Iren, die je gelebt hatten.

Und auf dem Friedhof zu arbeiten, sozusagen unter der Schirmherrschaft von Father Gaunt, war für ihn ein gewissermaßen erfülltes, ein gelungenes Leben. Eine Art Gebet, das er an den eigenen Vater richtete. Es war die Art, wie er gelernt hatte, in Irland zu leben, jenem zufälligen Geburtsland, das er so liebte.

Und mit dem Arbeitsplatz verlor er auf außergewöhnliche Weise sich selbst.

Nun wurde es heikler, mit ihm zusammenzusein. Es war schwierig für ihn, mich auf Rattenfang mitzunehmen, weil es eine so schmutzige, knifflige und gefahrvolle Tätigkeit war.

Da er ein gründlicher Mann war, machte er bald das kleine Buch ausfindig, das ihm helfen würde: Eine vollständige Darstellung der Rattenfängerei, verfasst von einem Autor mit dem Pseudonym Rattus Rattus. Dieses Bändchen berichtete von den Abenteuern eines Rattenfängers in den Fabriken von Manchester, einer Stadt, in der sich die Fabriken, die den Ratten unendlich viele Verstecke zum Leben boten, nur so häuften. Mein Vater lernte daraus, wie er bei seiner Arbeit vorzugehen hatte, alles wurde thematisiert, sogar die Aufmerksamkeit, die man den Pfoten von Frettchen widmen musste; in ihren feuchten Käfigen waren sie offenbar sehr anfällig für Fußfäule. Doch die Würde, Frettchen zu halten, blieb meinem Vater verwehrt. Die Stadtverwaltung von Sligo war weniger ehrgeizig. Man gab ihm einen Jack Russell namens Bob.

So begann die seltsamste Periode meiner Kindheit. Ich nehme an, dass ich allmählich weniger Kind als Mädchen war, weniger Mädchen als Frau. Während der Rattenfängerjahre meines Vaters senkte sich eine ernste Stimmung ganz eigener Art auf mich herab. Dinge, die mich als Kind entzückt und erfreut hatten, entzückten und erfreuten mich nicht länger. Es war, als sei mir von den Bildern und Klängen der Welt etwas genommen worden, als sei der größte Besitz eines Kindes unbefangene Freude. Sodass ich mich wie in einem Wartezustand fühlte, dem Warten auf etwas Unbekanntes, das die Anmut des Jungseins ersetzen würde. Natürlich war ich jung, sehr jung sogar, aber meiner Erinnerung nach ist niemand so alt wie ein fünfzehnjähriges Mädchen.

Die Menschen fahren mit dem, was wir normales Leben nennen, unbeirrt fort, da es keine andere Art von Leben gibt. Bei der Morgenrasur sang mein Vater weiterhin Roses of Picardy, wobei Worte und Zeilen unvollständig blieben, weil er, während er die Klinge über sein markantes Gesicht führte, hier und da gern mal eine Stelle übersprang. Wenn ich unten die Augen schloss und lauschte, sah ich ihn im Kopf in einer Art mysteriösem Kino vor mir. Heldenhaft hielt er durch, ging mit seinem Hund und seinen Fallen aus dem Haus und lernte, dies zu seiner »ganz alltäglichen Aufgabe« zu machen. Wenn er von der Arbeit zurückkam, dann nicht immer zu den alten, geregelten Zeiten, jedoch bemühte er sich nach wie vor, mit dem Sligo Champion unter dem Arm hereinzukommen und sein neues Leben ins Reich der Normalität zu zwingen.

Aber zu jener Zeit konnte es durchaus vorkommen, dass er Artikel in der Zeitung las, die auf merkwürdige Weise mit ihm zu tun hatten, zumindest weiß ich von einem Fall, denn einmal hörte ich einen leisen Schreckenslaut und sah zu ihm, der ganz in die Zeitung vertieft war, auf. Mr Roddy war der Besitzer des Champion und ein Mann der sogenannten neuen Regierung. Daher wurde über alles, was den Bürgerkrieg betraf, mit nackten, schlichten Worten berichtet, mit Worten, die darum bemüht waren, Normalität und Stabilität zu suggerieren.

»Lieber Himmel«, sagte mein Vater, »sie haben die Burschen erschossen, die damals auf dem Friedhof waren.«

»Welche Burschen?«, fragte ich.

»Diese wilden jungen Kerle, die ihren ermordeten Freund angeschleppt hatten.«

»Einer von ihnen war sein Bruder«, sagte ich.

»Ja, Roseanne, sein Bruder. Hier stehen die Namen. Er hieß Lavelle, ist das nicht seltsam? William. Und der Bruder hieß John. Aber der ist entkommen, steht hier. Geflohen.«

»Ja«, sagte ich leicht beklommen, zugleich aber unerwartet froh. Es war, als höre man von Jesse James oder dergleichen. Man würde einem Vogelfreien nicht begegnen wollen, aber wenn er entkommt, gefällt es einem doch. John Lavelle waren wir natürlich begegnet.

»Er kommt von Inishkea. Einer der Inseln. The Mullet. Eine ganz abgelegene Gegend. Tiefstes Mayo. Kann sein, dass er da sicher ist, bei seinen Leuten.«

»Ich hoffe es.«

»Es ist ihnen bestimmt schwergefallen, solche Männer zu erschießen.«

Mein Vater sprach ohne Ironie. Voller Aufrichtigkeit. Es muss ihnen in der Tat sehr schwergefallen sein. Diese Burschen alle auf einmal abzuknallen oder sich vielleicht auch einen nach dem anderen vorzunehmen, wer wusste schon, wie diese Dinge vor sich gingen, und sie, wie man so sagt, ins Jenseits zu befördern. Wer weiß, was auf dem Berg geschehen war? In der Dunkelheit? Und nun waren sie selbst tot, zusammen mit Willie Lavelle von den Inishkeas.

Mein Vater sprach kein weiteres Wort. Wir blickten einan der auch nicht an, sondern starrten auf dieselbe Stelle im Kamin, wo sich ein kleiner Kohlenhügel ab mühte.

Aber das Schweigen, das auf meiner Mutter lag, war das abgründigste von allen. Sie hätte ebenso gut ein Unterwasserwesen sein können, oder genauer gesagt, wir beide hätten, wenn ich bei ihr war, Unterwasserwesen sein können, denn sie sprach nie, sondern bewegte sich nur langsam und grüblerisch wie eine schwimmende Kreatur.

Mein Vater versuchte unablässig, sie aufzumuntern, und erwies ihr so viel Aufmerksamkeit, wie er konnte. Sein Lohn für die neue Arbeit war gering, aber so gering er auch war, mein Vater hoffte, dass er ausreichte, besonders in diesen schweren, düsteren Jahren, als der Bürgerkrieg zu Ende war und das Land sich abstrampelte, um wieder auf die Beine zu kommen. Aber ich glaube, dass damals die ganze Welt von Katastrophen gepeinigt wurde, das große Rad der Geschichte drehte sich, doch nicht von Menschenhand, sondern von der Hand irgendeiner unerklärlichen Macht. Mein Vater gab seiner Frau, was er verdiente, in der Hoffnung, sie könne mit den paar Pfund wirtschaften und sie so einteilen, dass wir damit auskamen. Doch irgendetwas ebenso Unerklärliches wie die gewaltigen Mächte der Geschichte, aber von winzigen Ausmaßen, da es nur uns betraf, schien überhand zu nehmen, und oft hatten wir fast nichts Essbares im Haus. Zur Abendbrotzeit polterte meine Mutter in der Spülküche herum, als sei sie dabei, eine Mahlzeit vorzubereiten, kam dann aber wieder in unser kleines Wohnzimmer und setzte sich einfach hin. Mein Vater, nach der Arbeit geschrubbt und wieder einsatzbereit, eine ganze Nacht vor sich – denn Ratten werden am besten nachts aufgestöbert –, mein Vater und ich, wir schauten sie an, und langsam dämmerte uns die Erkenntnis, dass nichts auf den Tisch kommen würde. Dann schüttelte mein Vater langsam den Kopf und schnallte im Geist vielleicht seinen Gürtel enger, wagte aber kaum zu fragen, woran es denn fehle. Im Angesicht ihrer Nöte begannen wir zu verhungern!

Doch nichts konnte ihr Schweigen brechen. Weihnachten nahte, und mein Vater und ich schmiedeten ein Komplott, um etwas aufzutreiben, das ihr Freude machen würde. Ihm war ein Tuch aufgefallen, das in einem kleinen Laden nahe dem Café Cairo im Schaufenster lag, und jede Woche hielt er einen Halfpenny oder so zurück, um die erforderliche Summe zusammenzusparen, wie eine Maus, die Getreidekörner hortet. Sie dürfen nicht vergessen, dass meine Mutter sehr schön war, wenn vielleicht auch nicht mehr ganz so schön, nun da ihr Schweigen in dem düsteren dünnen Stoff, den sie sich über die Gesichtshaut gezogen zu haben schien, ein Echo gefunden hatte. Sie war wie ein Gemälde, dessen Firnis sich verdunkelt und die Schönheit des Werkes verbirgt. Als das Licht ihrer herrlichen grünen Augen erlosch, verschwand auch ein wesentlicher Teil ihrer selbst. Und doch glaube ich, dass ein Künstler mit ihrer Silhouette zufrieden gewesen wäre, falls sich in Sligo ein Künstler gefunden hätte, was ich bezweifle, wenn man mal von denen absieht, die die Porträts der Jacksons, der Middletons und der Pollexfens malten, der besseren Leute in der Stadt.

Am Heiligabend brauchte mein Vater nicht zu arbeiten, und voller Freude gingen wir zum Gottesdienst, den der Pfarrer, Mr Ellis, in seiner gepflegten alten Kirche abhielt. Meine Mutter begleitete uns stumm, in ihrem schäbigen Mantel schmal wie ein Mönch. Ich habe die Szene noch gut in Erinnerung, die kleine, von Kerzen beleuchtete Kirche und die dort versammelten protestantischen Gemeindemitglieder, arm, nicht ganz so arm und einigermaßen reich, die Männer in ihren dunklen Gabardinemänteln, die Frauen, wenn das Geld reichte, mit einem Hauch von Pelz um den Hals, größtenteils aber die düsteren grünen Farbtöne der damaligen Zeit. Das Licht der Kerzen drang überallhin, in die Gesichtsfalten meines Vaters, der neben mir saß, in die Steine der Kirche, in die Stimme des Pfarrers, der seine Worte im geheimnisvollen und aufwühlenden Englisch der Bibel sprach, durch mein Brustbein hindurch in mein junges Herz, wo es mich so heftig durchbohrte, dass ich aufschreien, etwas herausschreien wollte, das ich nicht sagen konnte. Ein Aufschrei gegen das Schicksal meines Vaters, gegen das Schweigen meiner Mutter, aber auch ein Aufschrei zum Lobpreis von etwas, nämlich der Schönheit meiner Mutter, die sich verflüchtigte, jedoch immer noch vorhanden war. Mir war, als wären meine Mutter und mein Vater meiner Obhut anvertraut und könnten einzig durch mein Handeln gerettet werden. Aus irgendeinem Grund erfüllte mich dieser Gedanke mit jäher Freude, was damals sehr selten vorkam, sodass mich, als die Gemeindemitglieder irgendeinen vergessenen Choral anstimmten, ein geradezu unheimliches Glücksgefühl durchflutete und ich in dem schimmernden Dunkel heftig zu weinen begann, dicke, heiße Tränen trügerischer Erleichterung.

Also weinte ich, und genutzt hat es vermutlich keinem. Um mich her der Geruch feuchter Kleidung, das Gehuste der Kirchgänger. Was gäbe ich darum, wenn ich sie wieder in jene Kirche, in jene Weihnachtszeit zurückversetzen könnte, alles wieder zurückholen könnte, was die Zeit, wie’s nun mal ihre Art ist, bald darauf mit sich riss: die Shilling-Münzen wieder zurück in die Taschen der Leute, die Körper wieder zurück in lange Unterhosen und Fäustlinge, alles, alles wieder zurück an seinen Platz, sodass wir in schönster Eintracht dort auf dem Mahagoniholz knien oder sitzen könnten, wenn schon nicht auf ewig, so doch wenigstens für diese kurzen Augenblicke, diesen einen Stoffzipfel der Zeit, in dem die Falten meines Vaters das schimmernde Licht aufnahmen, sein Gesicht sich langsam, ganz langsam meiner Mutter und mir zuwandte und voll gelassener, ganz gewöhnlicher Güte lächelte, lächelte.

Am folgenden Morgen überreichte mir mein Vater ein wunderschönes Schmuckstück, das, wie ich später erfuhr, Modeschmuck genannt wurde. Alle Mädchen, die in Sligo ausgingen, trugen gern ein bisschen »Elsternglanz« zur Schau. Wie andere Mädchen träumte auch ich von dem sagenhaften Elsternnest, in dem Broschen, Armspangen und Ohrringe zu finden waren, ein Nest voll herrlicher Beute. Ich nahm das Geschenk meines Vater an mich, öffnete die silberfarbene Nadel und befestigte es an meiner Strickjacke, führte es stolz dem Klavier und dem Motorrad vor.

Danach überreichte mein Vater meiner Mutter das große Etwas, eingehüllt in gutes Ladenpapier, das sie früher aufgehoben, gefaltet und in eine Schublade gelegt hätte. Ruhig öffnete sie das Päckchen, betrachtete das darin eingewickelte getüpfelte Tuch, hob das Gesicht und fragte:

»Warum, Joe?«

Mein Vater hatte nicht die geringste Ahnung, worauf sie hinauswollte. War es das verkehrte Muster? Hatte er bei der Aufgabe, ein Tuch zu erstehen, auf ihm unbewusste Weise versagt – denn wer würde ihm, dem Rattenfänger, Frauenmoden erklären?

»Warum? Ich weiß nicht, Cissy. Ich weiß es nicht«, sagte er tapfer. Dann fügte er plötzlich, einer Eingebung folgend, hinzu: »Es ist ein Tuch.«

»Was hast du gesagt, Joe?«, fragte sie, als sei sie einer rätselhaften Taubheit verfallen.

»Für deinen Kopf, für deinen Hals, ganz wie du möchtest«, sagte er. Schon wühlte in ihm, das wurde mir deutlich, jenes verzweifelte Gefühl, das im Bauch desjenigen rumort, der nicht das richtige Geschenk gemacht hat. Er musste das Naheliegende erklären, stets eine unangenehme Aufgabe.

»Oh«, machte sie und starrte auf das Geschenk in ihrem Schoß. »Oh.«

»Ich hoffe, es gefällt dir«, sagte er, womit er seinen Nacken vermutlich dem Henkerbeil darbot.

»Oh«, machte sie. »Oh.« Aber was für ein Oh es war oder was es bedeutete, wusste keiner von uns.

Ein verborgenes Leben (Steidl Pocket)

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