Читать книгу Die HexenLust Trilogie | 3 Erotische Romane - Sharon York - Страница 10

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Von Freunden und Feinden von Sharon York

Endlich hatte sich meine Atmung wieder normalisiert.

»Wie ist das eigentlich?«, fragte ich mit dem Rücken an Bashir geschmiegt, während er duftendes Shampoo in meine Haare einmassierte. »Wie oft kannst du dich teilen?«

Er lachte auf, nahm eine dünne Zigarre, die in einem kristallenen Aschenbecher neben dem Whirlpool glühte, und paffte einen tiefen Zug.

»Teilen? Ich sage lieber spiegeln. Aber das kann ich so oft, wie ich möchte. Nun ja, solange es die Kraft zulässt.«

Ich hatte die Augen geschlossen, genoss die kräftigen Züge seiner Finger auf meiner Kopfhaut, war von der Wucht des Orgasmus noch völlig geplättet. Ich fühlte mich unendlich wohl in seinem warmen Whirlpool. Das Wasser umspielte meine Haut, während er nun wieder nur ein Mann war.

»Können deine Spiegel auch ... kommen?«, erkundigte ich mich.

Er küsste meine Schulter, seine Lippen waren so warm und seidig, dass ich den Kopf zur Seite lehnte. Kräftig massierte er die Muskeln meines Nackens.

»Es sind nur Abbilder von mir. Wenn ich komme, dann kommen auch sie. Es sind Hüllen, jedoch spüre ich alles, was auch sie spüren. Solltest du also eine Kugel in das Herz eines der Abbilder schießen, so spüre ich den Schmerz, sterbe aber nicht selbst. Die Spiegel sind ein Teil von mir, genau, wie du spürst, wenn ich dir über den Arm streiche.«

Wie zum Beweis zogen seine Fingernägel an meinem Unterarm eine rote Spur.

»Und du musst sie berühren, um sie wieder ...«, ich suchte nach dem richtigen Wort, drehte mich dabei um, blickte ihm in seine dunklen Augen.

»... um wieder eine Person zu werden?«, vervollständigte er. »Ja, so ist es. Ich kann sie nur zurückholen, wenn ich sie berühre. Ist ziemlich praktisch bei einigen meiner Kunden, dass ich nicht selber dort anwesend sein muss.«

Ich streichelte über seine langen Haare, strich sie nach hinten und glitt über sein Kinn. Herausfordernd zwinkerte er mir zu. Bevor ich mich wieder umdrehte, hauchte ich ihm einen Kuss auf die Wangen, dann lächelten wir einander an. Zärtlich spülte er mir das Shampoo aus, streichelte in kräftigen Zügen meine langen Haare.

»Es wird allerdings schwerer, je weiter sie entfernt sind. Es ist eine Frage der Konzentration, immerhin spüre ich auf einmal sechs oder sieben Empfindungen und Berührungen.«

Ich strich mir meine Haare nach hinten und kuschelte mich an seine Brust. Tatsächlich sah er etwas mitgenommen aus, jedoch hatte er nichts von seiner natürlichen Präsenz eingebüßt. Er legte seine Hand auf meine Wange, dann küsste er mich forsch. Mit einem Zwinkern nahm ich ihm die Zigarre aus der Hand und paffte genüsslich. Die Züge schmeckten nach herber Vanille.

»Eine Sache wollte ich dir noch sagen, Isabelle.« Im Unterton seiner Stimme erkannte ich die aufkommende Sorge. »Nikolai ist ein mächtiger Dämon. Vielleicht der mächtigste, mit dem der Zirkel jemals zu tun gehabt hat. Bitte sei vorsichtig und spiel nicht die Heldin, in Ordnung?«

Ich ließ mir Zeit mit meiner Antwort.

»In Ordnung«, sagte ich schließlich und sank tief in das warme Wasser, bis mein Kopf bedeckt war. Ich genoss die Stille und Sicherheit, die ich nur hier haben konnte.

***

Mit einer unglaublichen Entspannung, die sich auf alle Teile meines Körpers ausgebreitet hatte, trat ich auf die nächtliche Straße. Ich fühlte mich so frei und herrlich erholt. Sex mit Bashir war süße Folter und Wellness zugleich. Eine Mischung, die man nicht überall bekam. Ein Grund mehr, warum Bashir mir ans Herz gewachsen war.

Ein Blick auf die Uhr verriet, dass es mittlerweile ein Uhr war. Die ersten Partygänger waren bereits wieder auf dem Heimweg. Mit geföhnten Haaren trat ich den Weg zu meinem Mercedes an. Sofort beschlich mich Schuldbewusstsein. Drei Stunden hatte ich bei Bashir verbracht, drei wunderschöne Stunden, jedoch hatte ich mein neues Pflegekind völlig vergessen. Mit einem Anflug von Panik drückte ich meine Hände gegen das Fenster der Beifahrertür. Doch von dem kleinen, weißen Fellknäuel war keine Spur. Schnell öffnete ich das Auto und suchte alles ab, leider war auch das nicht von Erfolg gekrönt. Gerade als ich anfing, hysterisch zu werden und mir Vorwürfe zu machen, ertönte eine Stimme hinter mir.

»Siehst du, Lemi, sie hat einfach kein Auge mehr für uns.«

Ich wirbelte herum. Während mein Kaninchen an einem Löwenzahn kaute, hielt Maddox es milde lächelnd im Arm.

Verdammt, sah er gut aus! Das orangefarbene Licht zauberte einen schimmernden Ton auf seine dunkle Haut. Auch jetzt hatte er einen dicken Wintermantel an, darunter lugten seine Uniform und das automatische Gewehr hervor. Meine Absätze klackerten laut in der Nacht, als ich auf ihn zuschritt und das Kaninchen an mich nahm.

»Er heißt nicht Lemi!«, zischte ich genervt.

Dann glitt mein Blick zum SLK. »Du hast meinen Wagen geknackt!«

»Ich konnte ihn doch nicht einfach die ganze Zeit dort drin lassen«, entgegnete Maddox ruhig, als wäre er sich keiner Schuld bewusst. »Bei den Reapern lernen wir eine ganze Menge mehr, als Dämonen über den Haufen zu schießen.« Feixend zwinkerte er mir zu, dann fuhr er mit der Hand über das Fell des Kaninchens. »Habe ihn Lemi getauft, wegen dem Golem und den Lehmspritzern, die er auf dem Fell hatte. Ich fand den Namen irgendwie passend.«

»Woher weißt du von dem Golem?«

»Jeder im Zirkel weiß davon.« Sein Blick heftete sich auf das kleine Fellknäuel.

Ich schnaubte. Schließlich hatte ich ihm die Geschichte im Untergeschoss des Zirkels nicht verziehen und ich bezweifelte, dass ich das jemals tun würde.

»Sag mal, spionierst du mir nach?«

Mit herausforderndem Blick schenkte er mir einen unglaublichen Augenaufschlag. »Heute ist mein freier Tag und ich hatte das Gefühl, dass ich irgendwie auf dich aufpassen sollte.«

Das war kein Witz, er sagte diese Sätze mit fester Stimme, als ob er wirklich davon überzeugt wäre.

Ich schüttelte spöttisch mit dem Kopf und ging zum Wagen. »Auf mich muss niemand aufpassen. Das schaffe ich schon ganz gut allein.« Ich ließ ihn einfach stehen und wollte gerade einsteigen, als ich bemerkte, wie die Straßenlaternen zu flackern begannen. Mehrmals sah ich mich um, setzte das Tier auf dem Beifahrersitz ab. Dann schlug ich die Tür zu.

»Bist du das?«, wollte ich an Maddox gewandt wissen.

Die Augen zu Schlitzen verengt, schüttelte er dem Kopf. Dann deutete er mit einem Nicken in die Seitenstraße. »Ich glaube, das sind die da.«

Im flirrenden Licht konnte ich drei Gestalten erkennen. Ein glatzköpfiger Magier in eng anliegender, schwarzer Kleidung, der eine dunkle Kugel schwebend vor seiner Brust beschwor und mit hasserfülltem Blick vor sich hin murmelte. Dazu zwei baumlange Vampire, die bereits ihre Zähne fletschten.

Maddox lud seine Waffe durch.

»Der sieht stark aus«, flüsterte ich Maddox zu.

»Ich würde sagen: ein Großmagier. Davon gibt es nicht viele in den Vereinigten Staaten. Habt ihr in Manhattan überhaupt welche?«

»Schon Jahrzehnte nicht mehr«, antwortete ich mit starrem Blick und schritt auf das Trio los. Selbst kleine Zauberer waren in den Staaten, ja auf der ganzen Welt, selten, aber Großmagier, die es mit einer Hexe aufnehmen konnten, waren beinahe nicht mehr existent.

Als ich mit festem Schritt die Seitenstraße erreichte, explodierten die Lampen über uns. Schützend hielt ich meine Hände über die Augen und spähte in die Gasse. Unsere Angreifer hatte ich gehörig unterschätzt. Im Bruchteil einer Sekunde schleuderte der Magier die schwarze Kugel auf mich. Gerade noch rechtzeitig wich ich aus und legte mich auf den Boden. Sofort waren die Vampire da. Mit einem tiefen Grollen stürzte sich der Erste auf mich. Ich konnte ihn noch mit einer Druckwelle an die Backsteinwand schleudern, doch schon hatte mich der andere fest im Griff. In diesem Moment formte der Magier eine Faust und ich bemerkte, dass wie von Zauberhand alle meine Gliedmaßen von mir gestreckt wurden. Mein Körper spannte sich schmerzvoll und der Vampir packte sofort meine Haare. Mit einem Ruck riss er sie zurück. Ich spürte seinen stinkenden Atem, als er seinen Kopf zurückwarf, um mir seine Zähne in das Fleisch zu bohren. Seine Gesichtszüge waren einer Fratze gleich. Im Kopf murmelte ich den Gegenzauber zu dem Fixierbann, den der Großmagier ausgesprochen hatte. Doch er war stark und ich nicht wirklich fit. Keine Magie durchflutete mich. Es mussten wirklich äußerst starke Dämonen sein, so etwas hatte ich noch nie erlebt.

Gerade als seine Zähne im fahlen Licht aufblitzten, hielt er inne. Nur Sekunden später drang ein zischendes Geräusch an meine Ohren. Der Funkenschlag blitzte an der Häuserwand. Wieder und wieder schoss Maddox dünne Holzpflöcke mit seinem automatischen Gewehr in den Leib des Vampirs. Mit offenem Mund fasste dieser an die kleinen Pflöcke in seinem Körper. Langsam wurde seine Haut rissig, bis sie sich schließlich auflöste und vom Wind über die Straßen getragen wurde. Ein Blutsauger weniger.

Immer noch im Griff des Magiers, konnte ich mit ansehen, wie der andere Vampir sich auf Maddox stürzte. Der Untote verpasste ihm mit seinen messerscharfen Fingernägeln ein paar empfindliche Schläge, dann wuchtete der Vampir ihn gegen die Wand. Ich konnte nichts tun, automatisch schrie ich seinen Namen. Doch meine Sorge war unbegründet. Maddox Reaktionen waren schnell, blitzschnell. Für einige Sekunden taumelte er zurück, dann schlug er ihm das Gewehr aus der Hand. Maddox war gut in Form und sein Körper gespannt, als er dem Vampir eine Stafette von Faustschlägen entgegendonnerte. Er tänzelte dabei wie ein Boxer, nur graziler, als hätte er nie etwas anderes gemacht. Mit übermenschlicher Schnelligkeit konnte der Vampir ebenfalls ein paar Schläge setzen, doch war er der brennenden Wut Maddox nicht gewachsen. Schließlich zog Maddox einen Pflock und stach ihm diesen mit einem markigen Schrei ins Herz. Auch dieser Vampir verwandelte sich zu Staub.

Dann wurde es warm. Nein, heiß. Richtig heiß.

Mein Kopf wirbelte herum, als ich bemerkte, dass der Magier nun einen Feuerball genau in meine Richtung warf. Sollte ich durch meinen Lieblingszauber sterben? Wie ironisch.

Mit Gewalt hielt ich meine Augen offen. Versuchte, mich von dem Fixierungszauber zu lösen. Doch immer noch hielten mich unsichtbare Hände fest. Mit finsterem Ton rauschte der Feuerball heran und hinterließ in der Gasse eine rußige Schneise.

»Glaciens!«

Maddox und ich riefen den Zauber gleichzeitig.

Meine beiden Hände waren von mir gestreckt. Aus meinen Fingern schossen kleine, spitze Eissplitter, die die Bahn des herannahenden Feuerballs ablenkten und ihn schwächten, sodass er neben mir an der Wand aufschlug.

Maddox lehnte erschöpft an der Wand. Hatte er gerade wirklich meinen Zauber verstärkt? Ich hielt meinen Atem an. Noch nie hatte ich so einen mächtigen Reaper gesehen. Einige, wie Myrs, beherrschten Zauber, um Schlösser zu knacken, wenn sie viel Talent besaßen. Und wenn sie noch mehr lernten, waren sie vielleicht irgendwann imstande, Schneeflocken tanzen zu lassen. Aber ein Eisregen mit dieser Intensität – das hatte selbst ich im zweiten Jahr erst gelernt und ich war eine Hexe, verdammt!

Es hatte Maddox Kraft gekostet. Viel Kraft. Eine gut ausgebildete Hexe hätte danach ein wenig verschnaufen müssen, aber der junge Reaper lag völlig erschöpft an der Wand. Sein Körper zitterte vor Erregung.

Verdutzt blickte ihn der Magier an und vergaß für eine Sekunde, den Fixierzauber aufrechtzuerhalten. Ich fiel einen Meter zu Boden, konnte mich aber sofort fangen. Noch einmal würde ich den Glatzkopf nicht unterschätzen. Seine Augen lagen im Dunkeln, als er die Beschwörung ein zweites Mal murmelte. Jetzt war es genug!

Ich spürte, wie meine Wangenknochen mahlten, als ich auf ihn zuschritt, nur kurz in die Hocke ging, um den Boden mit den Fingerspitzen zu berühren. Mit Erdmagie hatte ich am heutigen Tage schon sehr gute Erfahrung gemacht, sodass die Erde auch dieses Mal zu beben begann und den Magier umwarf. Dann setzte ich mit einer vollendeten Handbewegung nach, doch meinen Eisregen konnte er ohne Probleme parieren. Mit dem Arm wirbelte ich herum und ließ stählerne Mülltonnen auf ihn schießen. Dies verfehlte ihre Wirkung nicht. Krachend trafen sie ihr Ziel. Der Magier wurde an die Wand gepresst, unter heftigen Schmerzen war es ihm kaum möglich, sich noch weiter zu bewegen. Doch noch war er nicht geschlagen. Mit verzerrtem Gesicht warf er ein kehliges Röcheln auf die Straße, dann zischte er Beschwörungsformeln. Aus seinen Fingern strömten zuckende Blitze auf den Asphalt. Erst leicht und doch mit dem beständigen Summen einer elektronischen Ladung wurde das Geräusch lauter. Wenn er so spielen will – gern!

Ich war wütend, brannte vor Zorn. Ich streichelte die Luft um mich herum, bis diese immer kälter wurde. Schnell wurden meine Finger von der erschaffenen Flüssigkeit benetzt. Ich wollte ihn in einer Fontäne aus Wasser ersticken, welche rauschend um mich herumwirbelte. Gerade, als ich zum finalen Schlag ausholen wollte, erklangen dumpfe Schüsse.

Sofort entluden sich die Blitze an den Händen des Magiers und versprühten Funken auf der Straße. Dann fasste er sich an die Schulter. Hastig blickte ich mich um, dabei fiel das Wasser, das ich gerade noch beschworen hatte und bereit war, losgelassen zu werden, klatschend auf den Boden. Immer noch an der Wand gelehnt, feuerte Maddox Salven auf den Mann. Nur für einen Herzschlag war ich abgelenkt, doch als ich meinen Blick wieder auf den Magier richten wollte, konnte ich nur noch einen Schatten erkennen, der vor Schmerzen gebückt um die Ecke hechtete. Gellendes Lachen erfüllte die enge Gasse.

Kurz überlegte ich, ob ich ihm folgen sollte, verwarf den Gedanken wieder und schoss auf Maddox zu. Sein Hals wies etliche blutende Bissspuren auf. Anscheinend war das Duell mit dem Vampir doch nicht so glimpflich ausgegangen, wie ich im Halbdunkeln vermutet hatte. Auch seine Handgelenke bluteten stark. Ein Rinnsal lief den Unterarm herunter und bildete im Abschluss dunkelrote Tropfen, die auf den Asphalt rannen.

»Warum hast du das gemacht? Ich hatte ihn doch bereits, hätte ihn erledigt«, fuhr ich ihn an, während ich seine Wunden mit dem Verbandszeug aus seiner Uniform versorgte. Schwer atmend, den Kopf an die Backsteine gelehnt, saß er an der Hauswand. Maddox war sichtlich erschöpft, aber anscheinend zu stolz, um es zuzugeben. Er lächelte matt.

»Habe dich gerettet, Isabelle.«

Ich hielt eine Sekunde inne.

»Ja, bei dem Feuerball. Danke«, knurrte ich.

»Nicht nur da. Was passiert denn, wenn man mit Wassermagie gegen Elektroschocks vorgeht?«

Wie vom Schlag getroffen, biss ich die Zähne aufeinander, schloss für einen Moment die Augen.

»Scheiße«, drang es wie von selbst aus mir heraus.

»Ist nicht schlimm, passiert uns allen mal.«

Ich konnte keinen überheblichen Tonfall in seiner Stimme erkennen. Es klang ehrlich.

»Aber nicht einer Hexe dritten Grades. Ich sollte es besser wissen.«

Innerlich schrien meine Sinne. Hätte ich versucht, mit einer Wasserfontäne den Großmagier zu ersticken und er hätte zeitgleich seine Blitze losgelassen, würden wir beide nun verkokelt am Boden liegen. Wütend und enttäuscht von mir selbst, zog ich die Mullbinden um seine Handgelenke etwas zu eng und bereute es im nächsten Moment, als er schmerzverzerrt zischte.

»Entschuldige«, flüsterte ich leise.

Mit seinen verträumten Augen blickte er mich an. Sie schienen so tief zu sein, dass ich mich in ihnen zu verlieren drohte. Es war mir nicht vergönnt, aus ihnen lesen zu können. Es hätten hunderte Emotionen sein können, die aus ihnen sprachen.

»Kein Problem.«

Nur mit Mühe konnte er sich wieder auf die Beine kämpfen. Dabei hielt ich seine Hand. Sie wirkte nicht wie die eines Soldaten. Die Finger und Innenflächen waren nicht von Schwielen überzogen, sondern unglaublich weich, als würde man mit den Fingern über eine Wasseroberfläche streichen.

»Mir ist kalt, kannst du mir meinen Mantel geben?«, bat er mich und deutete auf sein Kleidungsstück, das im Kampf verlorengegangen war. Ächzend zog er die Schutzweste aus und ließ sie auf den Boden fallen.

»Wie kann dir jetzt kalt sein«, amüsierte ich mich etwas zu überzogen. »Wir haben immer noch fünfundzwanzig Grad.«

Er zuckte mit den Schultern, presste die Augen zusammen und zog Luft in seine Lungen, während er sich den dicken Wintermantel überwarf.

»Keine Ahnung. Mir ist halt kalt.«

Ich legte die Stirn in Falten und meine Hand auf seine Brust. Unter dem eng anliegenden Pullover konnte ich spüren, wie seine Brustmuskeln spielten, dazu die kleine Erhebung der Ritterlilie. Maddox zuckte zusammen. Fragend schnalzte ich mit der Zunge, wartete eine Sekunde, bis er wieder zu mir gerückt war, befühlte anschließend erneut seine Brust.

»Hast dich doch mehr verletzt, als du zugeben willst, oder?«

Er winkte ab, wie Männer es in solchen Situationen taten. Falscher Stolz, zu großes Ego.

»Ist nicht schlimm.«

Auch wenn die Situation alles andere als vorteilhaft war, konnte ich nur grinsen, während ich seinen Körper abtastete. Ich gab mir größte Mühe, zärtlich zu sein und trotzdem einen professionellen Eindruck zu hinterlassen.

»Ich glaube, da sind ein paar Rippen gebrochen. Aber unsere Heilerinnen sind gut. Wir sollten schleunigst zum Zirkel.«

***

Ich ertappte mich dabei, wie ich mein Baby mit einer Wucht über die Straßen peitschte, die mich an einen Passatwind erinnerte. Hochtourig dröhnte der Motor des SLK. Im Augenwinkel konnte ich Maddox erkennen, der sich mit ausdrucklosem Gesicht seinen Bauch hielt, dabei mit den Kiefermuskeln spielte. Er musste weit mehr Schmerzen haben, als er zugab.

Endlich im Zirkel angekommen, arbeitete die medizinische Abteilung mit kühler Routine. Jeder Handgriff saß, als er zu den Heilerinnen gebracht wurde. Ihres Zeichens auch Hexen, jedoch hatten sie sich ausschließlich der weißen Magie verschrieben. Ich blickte ihm noch lange hinterher, während er auf einer Trage in den Aufzug geschoben wurde.

Ich ließ mir einige Sekunden zum Durchschnaufen. Als mein Verstand wieder zu arbeiten begann, erstattete ich Madame de la Crox Bericht. Ihr Büro lag im obersten Stockwerk, war penibel aufgeräumt und erinnerte mich eher an einen sterilen Raum, als an ein gemütliches Refugium, in dem sie den größten Teil ihrer Zeit verbrachte.

»Der Großmagier konnte flüchten?«, wollte sie schließlich mit schneidender Stimme wissen, als ich meinen Bericht abschloss.

»Ja, Madame.«

Mit überkreuzten Beinen saß sie im Ledersessel, vor ihr thronte ein ausladender Glasschreibtisch. Die Fenster waren abgedunkelt.

Das geballte Licht der Punktstrahler erhellte jede Ecke des Büros. Sie atmete tief.

»Ein Großmagier im Ostzirkel, das gefällt mir nicht.«

Ich hatte die Arme hinter dem Rücken verschränkt, stand mitten im Raum.

»Madame? Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«

Sie nickte beiläufig, den Blick hinaus in die dunkle New Yorker Nacht gerichtet. Jagende Wolken zogen über den Himmel hinweg, als würden sie ein drohendes Unheil ankündigen.

»Du darfst mir jede Frage stellen, Isabelle.«

Wir waren allein, deshalb sprach ich sie mit ihrem Vornamen an, wie ich es früher getan hatte.

»Marie, ich habe aus sicherer Quelle erfahren, dass Nikolai nicht von russischen Hexen eingeschläfert wurde.« Ich versuchte, meine Stimme fest klingen zu lassen. Doch als sich ihr Sessel zu mir drehte und sie mich mit ihrem Blick fixierte, begann sie zu flattern. »Um genau zu sein, war es nur eine Hexe, die ihn damals festnahm. Eine amerikanische Hexe. Dies ist auch der Grund, warum Nikolai seinen Rachefeldzug hier beginnt.«

Hinter ihren Augen wütete es, das konnte ich erkennen. Sie senkte den Blick und sagte: »Ich hatte mich bereits gefragt, wie lange ich es vor dir verbergen kann, Isabelle.« Sie lächelte zufrieden, fast stolz. »Ich wusste schon, warum ich dich zum Sicherheitsoffizier des gesamten Zirkels gemacht habe. Deine Fähigkeiten stechen heraus und deine Quellen haben wie immer recht.« Sie ließ die Worte einige Sekunden wirken. »Wir übergaben ihn damals nur den russischen Hexen, weil die Verbrechen auf ihrem Hoheitsgebiet stattfanden. Dabei war es eine junge Hexe des Ostzirkels der Vereinigten Staaten, die ihm mit ihrer Weiblichkeit schließlich Einhalt gebieten konnte. Schließlich sind die Mütter der vier Brüder Menschen, und Menschen haben nun mal Gefühle. Sie muss einen Moment der Schwäche Nikolais ausgenutzt haben.«

Madame de la Crox atmete tief, als müsste sie sich überwinden, weiterzusprechen. In Gedanken versunken, stützte sie ihr Kinn mit zwei Fingern ab.

»Vielleicht hast du mehr mit dieser Hexe gemein, als ich mir eingestehen will. Ich denke oft an den Tag zurück, als wir dich fanden und in den Zirkel aufnahmen.«

Etwas verwundert lachte ich auf, konnte mich selbst nur vage an den Tag erinnern. Ich war noch klein, fünf Jahre alt, als Marie mich höchstpersönlich im Heim abgeholt hatte. Alles vor dieser Zeit war grau, nicht mehr Teil meiner Erinnerung oder vergraben unter dicken Staubschichten im hintersten Winkel meiner Seele. Seit dieser Zeit lebte ich im Wohnbereich des Zirkels, ging auf eine normale Schule, machte schließlich meinen Abschluss. Alles unter der Obhut der Hexen, allen voran meiner Lehrerin, Mentorin, Ziehmutter. Es war nur die logische Konsequenz, dass ich noch in der High School, einen Tag nach meinen achtzehnten Geburtstag, den ewigen Vertrag mit meinem Blut unterschrieb, der mich für immer an den Zirkel binden sollte. Dies hier war mein Zuhause und würde es immer bleiben. Ein anderes hatte ich nicht und wollte es auch nicht haben.

»Normalerweise lassen wir unsere Hexen erst ihre schulische Ausbildung durchlaufen, bis wir sie aufnehmen«, referierte de la Crox weiter. »Doch du warst eine Ausnahme, Isabelle.«

Ein kalter Schauer lief meinen Rücken herab. Dann schüttelte sie ihren Kopf, als wollte sie sich dieses Gedankens entledigen. Für ein paar Sekunden war es still. Wir beide brauchten diese Zeit, um uns wieder an die Realität zu gewöhnen.

»Trotzdem möchte ich dich bitten, deinen Hinweisen nachzugehen. Wir haben Dutzende vermeintliche Aufenthaltsorte von Nikolai ausgemacht, dazu noch mal mindestens genauso viele von häufigen Ansammlungspunkten der Halbwesen. Leider tauchen von überall her Dämonen in der Stadt auf. Es ist wie ein verdammter Tummelplatz, ein riesiges Happening.«

Zum Beweis vollführte sie eine Handbewegung, woraufhin die großen Monitore an der Wand ansprangen. Der Plan zeigte eine digitalisierte Form der amerikanischen Ostküste. Im ganzen Gebiet leuchteten rote Punkte auf, dazwischen immer mal wieder blaue für die Einheiten der Hexen und Reaper.

»Ich würde dir gern Personal zur Unterstützung bereitstellen, aber leider ist mir das nicht möglich. In einer Stunde müssten die Heilerinnen ihren Dienst versehen haben. Du hast ja bereits bemerkt, dass der junge Maddox ein besonderer Reaper ist. Seine magischen Fähigkeiten sind sehr ausgeprägt.« Charmant zwinkerte sie mir zu. »Natürlich für einen Reaper.«

Ein Scherz unter Hexen. Es tat so unendlich gut, in ihrer Nähe zu sein. Ich hing an ihren Lippen, lauschte ruhig ihren Worten, wie damals, als sie mir die alten Geschichten des Zirkels erzählte.

»Maddox wird dir bei der Auskundschaftung deiner Vermutung assistieren.«

Einen Moment lang ruhte ihr Blick auf mir, als wollte sie etwas hinzufügen. Ein merkwürdiges Gefühl kroch in mir hoch, das ich nicht deuten konnte.

»Pass auf dich auf, mein Kind.«

Etwas Bittendes lag in ihrem Blick. Für diesen Moment war sie nicht meine Chefin, sondern meine Ziehmutter.

Dann widmete sie sich wieder ihren Unterlagen.

Die HexenLust Trilogie | 3 Erotische Romane

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