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Tanja und Andy

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Tanja war schon vorausgeeilt zur Sammelstelle, um ihren Bruder in Empfang zu nehmen. Der Bus der Behindertenwerkstätte hielt und Andy stieg aus. Fürsorglich drückte sie seine Hand und Andy sah sie erwartungsvoll an.

„Julia kommt gleich!“

Tanja wusste was er gefragt hätte. Wie kein anderer verstand sie in seinem Gesicht zu lesen und seine Gestik zu deuten. Ihr Bruder war von Geburt an geistig behindert und sprach nie. Andy war sehr gutmütig und einfachen Aufforderungen und Anleitungen konnte er folgen. Aufgeregt deutete er auf die andere Straßenseite.

Nach einem kurzen rechts-links-Blick huschte Julia über die Straße.

„He“, grüßte sie und reichte Andy die Hand. Blitzschnell griff er danach, hielt sie fest. Strahlend sah er sie an.

Julia zwang sich zu einem Lächeln.

„Was macht das Cyber-Race?“

Er hob zwei Finger.

„2. Platz? Geil!“

„Europaweit!“, fügte Tanja hinzu. Ihr gereizter Unterton ließ Julia aufhorchen.

„Is was?“

„Nö!“

Tanja musterte ihre Freundin und Andy. Julia war es unangenehm und gleichzeitig schämte sie sich für das Gefühl. Andy war schließlich ein ganz lieber Junge und zudem der Bruder ihrer besten Freundin. Sie riss sich zusammen, schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln und löste sich sanft aber bestimmt aus seinem Klammergriff.

„Na los, kotz dich aus!“, forderte sie Tanja auf, die abrupt stehen blieb.

„Na gut! Du merkst nicht mal, dass du wegen einer dämlichen Soap völlig abdrehst. Du quatscht mit dir selbst – mitten im Unterricht!“

Julia zog ihre Augenbrauen hoch und ließ sie arrogant aussehen.

„Ist es dir peinlich, dass wir befreundet sind?“

Tanjas bockiger Gesichtsausdruck gab die Antwort.

Grußlos eilte Julia weiter.

Unwillig zupfte Andy am T-Shirt seiner Schwester. T njas Miene wurde sofort weich. Fast zärtlich strich sie ihm über die Wange.

„He, nun hab‘ dich mal nicht so!“, rief sie, eilte Julia hinterher und hielt sie am Ärmel fest.

„Ich bringe dich in Verlegenheit, stimmst?“, erkundigte sich Julia lauernd. „Aber du kannst mir ja einen Text schreiben, damit ich niemanden mehr erschrecke!“

Die Szene war ausgezeichnet! Sie sprach, als wenn es Jessica gesagt hatte. Wie oft hatte sie schon vor dem Spiegel gestanden und geübt, so zu sprechen wie Jessica.

Achselzuckend wandte sich Tanja ab und zog Andy hinterher, der seiner Schwester nur widerstrebend folgte.

Ein bitteres Lächeln umspielte Julias Mund, als sie den beiden nachblickte.

„Geh, Tanja“, murmelte sie und verstummte. „Ich hab‘ einen Hänger“, schoss es ihr durch den Kopf und ihre Gedanken wanderten zu ‚Spuren im Sand‘.

Jessica hätte es bestimmt genauso gesagt. Sie konnte sich genau vorstellen, wie die Scheinwerfer sie auf Schritt und Tritt verfolgten und die Kamera ihre nachdenklichen Züge einfing.

Spuren im Sand

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