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Die Tochter des Kaisers wurde zur Ehe überlistet

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Kunigunde, die einzige überlebende Tochter des habsburgischen Kaisers Friedrich III., war schon in die Jahre gekommen und immer noch hatte der ständig von Feinden umringte Vater keinen passenden Ehemann für die Prinzessin gefunden.

Wahrscheinlich hatte Friedrich III. jahrelang ganz andere Sorgen, als sich um die Angelegenheiten seiner Tochter zu kümmern, obwohl der Kaiser Kunigunde auf eine ganz besondere Weise liebte. Und das hieß viel bei dem spröden, beinah unzugänglichen Herrscher, der ständig nörgelnd und mit verdrießlicher Miene eine schlechte Stimmung verbreitete. Kunigunde war erst zwei Jahre alt, als die Mutter Eleonore, die von ihren beiden Kindern heiß geliebt worden war, starb. Der Kaiser suchte nach dem Tod seiner Gemahlin selber den Hofstaat und die Lehrer für seine Tochter aus, die am 16. März 1465 in Wiener Neustadt das Licht der Welt erblickt hatte. Kunigunde sollte nicht nur lesen und schreiben, sticken und häkeln lernen, auch in die Kunst des Reitens und Jagens wurde sie eingeführt, daneben sollte ihr Interesse für Astronomie und Mathematik geweckt werden, etwas Ungewöhnliches für ein Mädchen in dieser Zeit, wo man nichts mehr fürchtete als wissenschaftlich gebildete Frauen. Kaiser Friedrich III. setzte sich in jeder Hinsicht über die Volksmeinung und althergebrachte Traditionen hinweg. Daher hatte er es auch nicht eilig, seine einzige Tochter möglichst gewinnbringend zu verheiraten, sodass sich das keineswegs unattraktive Mädchen, das sehr viel Ähnlichkeit mit seiner portugiesischen Mutter hatte, schon beinah dem Matronenalter näherte und noch war kein Bräutigam weit und breit in Sicht! Aber wahrscheinlich sah der misstrauische Friedrich in jedem, der sich um seine Tochter bemühte, einen Mitgiftjäger, obwohl allgemein bekannt war, dass der Kaiser finanziell nicht auf Rosen gebettet war. Wenn auch bei Kunigunde nicht das große Geld zu erwarten war, so galt die Tochter des Kaisers und die Schwester des zukünftigen Königs landauf, landab als hervorragende Partie.

Heiratspläne lagen freilich einige auf dem Tisch, wobei Friedrich III. in seiner ständigen Bedrängnis angeblich sogar darüber spekuliert haben soll, seine einzige Tochter mit dem türkischen Sultan Mehmed II. zu vermählen. Kunigunde sollte als Christenmädchen den osmanischen Heiden im Bett bekehren. Auch eine Ehe mit dem immerwährenden Feind Matthias Corvinus, der Friedrich schließlich aus Wien verdrängt hatte, hatte der Kaiser vorübergehend ins Kalkül gezogen, aber nach reiflicher Abwägung aller Wenn und Aber davon Abstand genommen.

Das erste öffentliche Auftreten der jungen Kunigunde als erste Dame des Reiches an der Seite ihres kaiserlichen Vaters fand überraschenderweise in Wien statt, wo Friedrich seinerzeit die größte Schmach als Herrscher erlebt hatte. Aber längst hatte sich die Stimmung der Wiener geändert, sodass der Kaiser den Bayernherzog Georg in die Stadt an der Donau geladen hatte, um ihn in einer großartigen Zeremonie, bei der Friedrich III. seinen legendären edelsteinbesetzten Damastmantel trug, der einen Wert von 500 000 Gulden hatte, zu belehnen. Gleichzeitig hatte der Herzog die Ehre, die fünfzehnjährige Kaisertochter zum Tanze zu führen. Niemand konnte damals ahnen, welche Schicksalsrolle die bayerischen Verwandten Herzog Georgs dereinst im Leben Kunigundes spielen sollten.

Nach den abwechslungsreichen Tagen in Wien hieß es für Kunigunde Abschied vom prunkvollen Leben zu nehmen, denn in der Grazer Burg, wohin sie zu ihrer eigenen Sicherheit gebracht wurde, hatte sie nur wie üblich ihre Hofdamen um sich. Dabei ahnte der Vater nicht, in welcher Gefahr seine geliebte Tochter schwebte, da Feinde des Kaisers ihre Entführung geplant hatten. In letzter Minute wurde das Komplott aufgedeckt und die Verschwörer hingerichtet. Auch die Stadt an der Mur schien kein sicherer Ort mehr für Kunigunde zu sein!

Bedroht von allen Seiten konnte Friedrich nur eines tun, um sich selber, aber auch seine Tochter in Sicherheit zu bringen: Er übersiedelte mit Sack und Pack nach Linz, wo er fortan lebte, während er Kunigunde nach Innsbruck zu seinem ehemaligen Mündel, zu Herzog Sigismund, der den Beinamen der Münzreiche trug, schickte. In Innsbruck tat sich für Kunigunde eine staunenswerte neue Welt auf. Sigismund war das genaue Gegenteil des Kaisers, ein lustiger, weltoffener und vor allem ungewöhnlich freigiebiger Mann. Die Feste, die er feierte, kosteten Unsummen von Geld, das er sich von überall zusammenborgte oder dafür weite Ländereien verpfändete. Jeder, der eine offene Hand hatte, war in Innsbruck willkommen, auch Männer, die das tolle Treiben des Herzogs für ihre politischen Ziele ausnützten, wie Herzog Albrecht IV. von Bayern. Und als er obendrein erfuhr, dass die einzige Tochter des Kaisers in Innsbruck zu Gast war, gab es für Albrecht nur noch ein Ziel: Er wollte um die Hand Kunigundes anhalten. Der um 18 Jahre ältere Albrecht war ein bekannter Charmeur, der wusste, wie er Kunigunde den Kopf verdrehen konnte. Zwar zog der Kaiser im letzten Moment die Heiratserlaubnis zurück, nachdem er von dubiosen politischen Machenschaften Albrechts erfahren hatte, die darin gipfelten, dass der Herzog die freie Reichsstadt Regensburg in Besitz genommen hatte. Albrecht und Sigismund, der mit ihm im Bunde war, wussten sich zu helfen, indem sie ganz einfach eine gefälschte Erlaubnis aus der Tasche zogen, von der die Braut keine Ahnung hatte. Albrecht hatte es eilig. Am 2. Januar 1487 fand die kirchliche Trauung in der Schlosskapelle statt, danach bestieg er sofort mit seiner jungen Frau das Brautbett. Jeder allfällige Einspruch des Schwiegervaters wider Willen war damit zwecklos.

Kaiser Friedrich III. war nicht nur auf den mit allen Wassern gewaschenen Schwiegersohn wütend, auch die Tochter war bei ihm in Ungnade gefallen, obwohl Kunigunde in flehentlichen Briefen versuchte, den Vater zu versöhnen. Schon hatte der Kaiser ein Heer gegen den unbotmäßigen Schwiegersohn aufgestellt, ein Kampf schien unausweichlich. Im letzten Moment gelang es Maximilian, den seine Schwester händeringend gebeten hatte, zu vermitteln, das Schlimmste zu verhindern. Die folgende Aussprache zwischen Friedrich und Albrecht in Linz endete allerdings in einem Schreiduell, sodass sich der Kaiser dahingehend äußerte, dass der Stolz des Fürsten in Bayern gedemütigt werden müsste.

Das Verhältnis der Ehegatten wurde natürlich durch den Zwiespalt, in dem sich Kunigunde befand, getrübt. Dazu kam, dass die Herzogin zunächst nur Mädchen das Leben schenkte, wodurch alle Anstrengungen ihres Gemahls, Bayern durch Intrigen, Morde und Erbschaften zu einer Großmacht werden zu lassen, eigentlich sinnlos gewesen wären. Aber gerade die drei reizenden Mädchen waren es, die zu einer Versöhnung zwischen Vater und Tochter führten. Kunigunde war mit den Kindern nach Linz gereist, wo der alte, schon gebrechliche Kaiser vom Liebreiz der Kleinen so hingerissen war, dass er auch seine Tochter endlich wieder in die Arme nahm und mit Albrecht Frieden schloss.

Auch die Beziehung zu ihrem Ehemann besserte sich schlagartig, als Kunigunde drei Söhne zur Welt brachte, wodurch die Erbfrage wieder aktuell wurde. Nach reiflicher Überlegung war Herzog Albrecht IV. zu dem Schluss gekommen, dass nach den Regeln der Primogenitur der älteste Sohn den gesamten Besitz erhalten sollte. Die jüngeren Brüder sollten als Grafen mit einer jährlichen Apanage abgefunden werden. Diese Regelung war alles andere als in Kunigundes Sinn, da sie nach dem Tode Albrechts am 18. März 1508 einen Bruderkrieg heraufziehen sah. Durch ihr ausgleichendes Wesen und intensive Verhandlungen mit ihren Söhnen gelang es ihr mit viel Mühe, einen ernsthaften Zwist zu vermeiden und die Teilung Bayerns zu verhindern. Vom Püttrich-Frauenkloster in München aus, wohin sie sich nach Albrechts Tod zurückgezogen hatte, kümmerte sie sich weiterhin um die Geschicke der Familie mit ungebrochener Energie.

Als Kunigunde mit 55 Jahren am 5. August 1520 starb, trug man eine Frau zu Grabe, die durch ihre Tatkraft und politische Weitsicht die Tür zu einer neuen Zeit in Bayern aufgestoßen hatte.

Der goldene Apfel

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