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Der Freundfeind war ein Ehrenmann

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Als Friedrich der Schöne erkennen musste, dass er sein Versprechen, das er Ludwig dem Bayern in die Hand gegeben hatte, nicht halten konnte, stellte er sich freiwillig in München seinem Gegner, um ins Gefängnis zurückzukehren.

Ein Leben lang hatte Friedrich, der zweitgeborene Sohn des Habsburgerkönigs Albrecht I. und seiner Gemahlin Elisabeth, nach dem Motto gelebt, dass das einmal gegebene Wort nicht gebrochen werden sollte, auch wenn ihm daraus stets die größten Unannehmlichkeiten erwuchsen. Er war eigentlich durch Zufall in eine Situation gekommen, die ihm zur Bürde geworden war, denn sein älterer Bruder Rudolf, der die Nachfolge seines Vaters hätte antreten sollen und als König von Böhmen schon regierte, war als junger Mann gestorben, eine Tragödie, die nur noch von der Ermordung seines Vaters im Jahre 1308 übertroffen worden war. Obwohl der 1289 geborene Friedrich schon zwei Jahre vor dem Tod seines Vaters mit der Verwaltung der habsburgischen Länder betraut worden und daher den Mächtigen im Land keineswegs ein Fremder war, brachen überall nach dem Mord an Albrecht Aufstände gegen den arrogant wirkenden jungen Mann und seinen aggressiven Bruder Leopold aus, die beide zur gesamten Hand mit den Ländern ihres Vaters belehnt worden waren. Nicht nur die Herzöge von Niederbayern bekriegten die Brüder, auch sein bis dahin bester Freund Ludwig von Oberbayern war mit von der Partie, da er fürchten musste, dass sich Friedrich genauso wie er selbst um den deutschen Königsthron bewerben würde, der nach dem Tode Heinrichs VII. 1313 vakant geworden war. Und Ludwig der Bayer sollte Recht behalten! Für beide Bewerber fanden sich überall im Reich Unterstützungsgruppen, die in Wirklichkeit wahrscheinlich nur ihr eigenes Süppchen kochen wollten. Ein unvorstellbarer Kleinkrieg begann in Deutschland, wobei die Menschen in den betroffenen Gebieten wahrscheinlich keine Ahnung hatten, weshalb ihnen so viel Leid geschah. Als besondere Kriegshetzer taten sich der Bruder Friedrichs Leopold und der Burggraf von Nürnberg hervor. Beide sollten in dem Drama, das zur Gefangennahme Friedrichs führte, eine entscheidende Rolle spielen.

Aber noch war es nicht so weit, noch konnte Friedrich sein Privatleben einigermaßen genießen, denn er hatte um die Hand der schönen Tochter des aragonesischen Königs Jayme II. durch Männer seines Vertrauens, unter denen sich auch der steirische Reimchronist Otacher ouz der Geul befand, werben lassen. Die junge Braut Isabella, die später in Österreich Elisabeth genannt wurde, war zwar zum Zeitpunkt der Brautschau ungefähr elf Jahre alt, was im 14. Jahrhundert durchaus als heiratsfähiges Alter galt. Die Vorstellung, einem echten König angetraut zu werden, begeisterte das Kind, da ihm in einem Traum geweissagt worden war, dass ein schöner König um ihre Hand anhalten würde. Und Isabella sollte wahrhaft einen Traummann bekommen, hochgewachsen und attraktiv, wenngleich Friedrich seinen Beinamen »der Schöne« erst zweihundert Jahre später erhielt. Als Isabella, die die weite Reise meist zu Pferde mit einem riesigen Gefolge zurückgelegt hatte, wobei sie ständig fürchten musste, dass sich die aragonesischen Begleiter mit den österreichischen in die Haare geraten könnten, im steirischen Judenburg ihren Einzug hielt, da stimmten alle Schaulustigen darin überein: ein schöneres Paar hatte man selten zu Gesicht bekommen!

Friedrich ehelichte kein armes Mädchen, denn Isabella brachte nicht nur einen schönen Batzen Geld mit in die Ehe, ihre Aussteuer konnte sich auch sonst sehen lassen: Allein 28 Armbänder mit wertvollsten Edelsteinen besetzt, die für die Braut eine wichtige Rolle spielten, fanden sich unter den Kostbarkeiten, genauso wie zahllose Silbergefäße, vergoldete Messer und Löffel sowie eine mit Haifischzähnen besetzte »Kredenz«, ein Gefäß, durch das man vergiftete Speisen hätte erkennen können. Ein kunstvoll verziertes Schachbrett durfte ebenfalls nicht fehlen, da zur damaligen Zeit auch die Damen sich gerne diesem Denkspiel widmeten.

Es waren kurze Tage des Glücks, die Friedrich mit seiner jungen Frau verbringen konnte, denn die Situation im Reich sollte endgültig geklärt werden. Erstarkt durch den ersten Sieg über seinen Rivalen Friedrich in der Schlacht bei Gammelsdorf setzte Ludwig alle Hebel in Bewegung, um deutscher König zu werden. Und tatsächlich erhielt er bei der Wahl im Oktober 1314 vier der sieben Kurstimmen und Friedrich nur drei. Aber selbst als Ludwig offiziell in Aachen gekrönt worden war, warf der Habsburger noch lange nicht die Flinte ins Korn, sondern ließ sich am 25. November 1314 vom Erzbischof von Köln Heinrich von Virnenburg bei Bonn auf freiem Felde die Krone aufs Haupt setzen. Nun standen sich nicht mehr zwei ehemalige Freunde gegenüber, sondern zwei gekrönte deutsche Könige!

Auch dem Papst wurde die seltsame Situation mitgeteilt, wobei sich Ludwig darauf berief, dass er als Erster gekrönt worden war und damit sein Anspruch als deutscher König legitim sein musste. Als Friedrich zusammen mit seinem Bruder Leopold, einem ungewöhnlich streitsüchtigen jungen Mann, seine vermeintlichen Rechte als deutscher König mit Waffengewalt durchsetzen wollte, kam es zum offenen Krieg, der mit aller erdenklichen Grausamkeit geführt wurde. Obwohl Ludwig über Friedrich und seinen Bruder die Reichsacht verhängt hatte, fanden beide doch nach wie vor ihre Anhänger, sodass sich die Kämpfe auf deutschem Boden jahrelang dahinzogen, wobei Leopold gegen die Schweizer, die er in seiner Großmannssucht angegriffen hatte, bei Morgarten eine schwere Schlappe einstecken musste.

Nach jahrelangem Blutvergießen kam es am 28. September 1322 endlich zur Entscheidungsschlacht zwischen Mühldorf und Ampfingen in Oberbayern, die zu einer vernichtenden Niederlage für Friedrich den Schönen wurde. Kampfeslüstern hatte er nicht mehr die Ankunft seines Bruders Leopold abgewartet, er verließ sich ganz auf die Schlagkraft seiner Leute, die er absolut überschätzte. Obwohl es zunächst so aussah, als würde der Österreicher im Vorteil sein, neigte sich das Schlachtenglück auf die Seite des Bayern, als ganz plötzlich Friedrich, der Burggraf von Nürnberg, aus einem Hinterhalt hervorbrach. Die Lage war für den Habsburger aussichtslos geworden. Ausgerechnet ein Steirer namens Rindsmaul nahm Friedrich den Schönen gefangen und lieferte ihn an Ludwig aus, der seinen Gegner auf die Festung Trausnitz an der Naab schickte.

Zweieinhalb Jahre verbrachte Friedrich in ritterlicher Haft, während Leopold alles unternahm, um für den unglücklichen Bruder die Freiheit wiederzuerlangen. Selbst die Reichskleinodien, die sich in seinem Besitz befanden, schickte er an Ludwig. Erst als Leopold wieder zu den Waffen griff, ließ sich Ludwig erweichen und bot seinem ehemaligen Gegner unter bestimmten Bedingungen die Freiheit an. Friedrich der Schöne akzeptierte den Vertrag von Trausnitz und gelobte, ins Gefängnis zurückzukehren, sollte es ihm nicht gelingen, die Vertragsbedingungen zu erfüllen. Tatsächlich konnte er sich mit seinem Bruder Leopold nicht einigen. Daher lieferte sich Friedrich in München freiwillig seinem Gegner aus, obwohl ihn Papst Johannes XXII. von seinem Versprechen entbunden hatte. König Ludwig war von der ehrenhaften Geste Friedrichs so beeindruckt, dass er ihn fürderhin wieder als Freund ansah, der nicht nur an seiner Tafel einen Platz hatte, sondern mit dem er sogar in einem Bett schlief. Als Ludwig während der vielfältigen politischen Wirren außer Landes weilte, ernannte er Friedrich zu seinem Statthalter und schließlich einigte man sich in einem Geheimvertrag 1325 sogar darauf, dass Friedrich als Mitkönig anerkannt werden sollte.

Das gute Einvernehmen zwischen beiden blieb auch bestehen, als Friedrichs Bruder Leopold erneut zu den Waffen griff. Allerdings machte ihm der Tod einen Strich durch die Rechnung, noch bevor größeres Unheil angerichtet werden konnte. Aber auch Friedrich war kein langes Leben mehr beschieden, er starb in Gutenstein in Niederösterreich im Jahre 1330.

Der goldene Apfel

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