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Opfer ihrer Zeit

Ahnenwochenende, das heißt: mediale Ahnenaufstellung.

Dieses Mal kannte ich so gut wie keine der angemeldeten Personen. Als Jana vor mir stand, ahnte ich nicht, dass ich durch sie eine der berührendsten Geschichten meiner Arbeit erleben durfte.

Sie wirkte nervös, irgendwie völlig fehl am Platze. Ihr langes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, die Augen huschten unruhig hin und her, bis sie sich für einen Stuhl im Raum entschieden hatte. Ich ging auf sie zu, um sie zu begrüßen, streckte ihr meine Hand entgegen und war erstaunt: Ihr Händedruck war fest, viel fester, als ich es erwartet hätte. Sie mustere mich kritisch, und ich wusste nicht, ob ich diese Prüfung bestanden hatte. Ich verkniff mir die Frage, ob sie freiwillig hier war, und machte sie mit der restlichen Gruppe bekannt. Doch sie zog sofort eine nicht sichtbare Grenze, und ihre Miene ließ nicht zu, dass irgendwer diese Linie überschritt.

Als es losging, war sie gleich die erste Freiwillige, die aufstellen wollte. Ihr trockener Kommentar: „Ich möchte es schnell hinter mich bringen“, ließ mich schlucken. Jana entschied sich blitzschnell für die männliche Ahnenreihe. Also suchte sie sich die Stellvertreter für ihre Ahnenreihe aus.

Nach meiner Methode geht es hauptsächlich darum, die Liebe durch diese Ahnenreihe wieder fließen zu lassen und die Schwere aufzulösen, die eine Ahnenreihe so mit sich bringt. Ich erinnere mich nicht mehr, was in den hinteren Ahnenreihen los war, denn der Wendepunkt zeigte sich bei ihrem Großvater. Er sah sich als Außenseiter in dieser Ahnenreihe, interessierte sich weder für die Ahnen vor ihm, noch für die Ahnen hinter ihm. Jana würdigte er keines Blickes. Er war nicht fähig, die Liebe in dieser Ahnenreihe weiterzugeben.

Instinktiv stellte ich eine Person als Großmutter dazu. Beide fingen haltlos an zu weinen und klammerten sich aneinander fest. Jana schien das kalt zu lassen. Ich sagte laut: „Jana, die beiden haben sich im Krieg verloren und nicht wiedergefunden. Die waren so verbunden, deine Oma hat das nie verkraftet, weil sie keine Chance hatte, sich zu verabschieden.“

Wir holten das Verabschiedungsritual nach, und siehe da, er gliederte sich wieder in die Ahnenreihe ein. Nun geschah etwas Merkwürdiges: Jana entfuhr ein Schrei, und sie hielt sich ihren Herzbereich. Dann begann sie bitterlich zu weinen und sackte zusammen, ich konnte sie gerade noch auffangen. In ihrem Energiefeld nahm ich einen jungen Mann wahr, der bei einem Motorradunfall ums Leben kam, und begriff schlagartig: Jana hatte auch ihre große Liebe verloren und sich nicht verabschieden können.

Es war der richtige Moment, um Jana aufzufangen und sie in ihren Heilungsprozess zu geben, womit ich mich an dieser Stelle nicht aufhalten will, da dies für den Verlauf dieser Geschichte nicht wirklich eine Rolle spielt.

Nachdem wir Janas Ahnen aufgeräumt hatten und Jenseitskontakte einfließen ließen, sagte Jana etwas, was mich sehr belastete. Hatten doch bisher nach all meinen zahlreichen Ahnenaufstellungen sich viele die Mühe gemacht, meine getroffenen Aussagen zu kontrollieren. Noch nie war mir folgender Satz um die Ohren gehauen worden:

„Silke, du musst dich irren. Ich habe meinen Großvater väterlicherseits noch gekannt.“

Das war ein herber Schlag für mich. Die einzige Antwort kam von dem verstorbenen Großvater, und wir konnten alle damit nichts anfangen. Er sagte nämlich nur: FLIEGENDE FJORDE!

Die Sichtweise von Jana, die Briefe und die Geschichte darf ich veröffentlichen, mit freundlicher Genehmigung von Jana Haselmeyer. 1000 Dank, liebe Jana!

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Ahnentango

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