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Mobbing-Mythos 3: Mobbing-Opfer haben zu wenig Selbstbewusstsein

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Eine schnelle Internetrecherche ergibt: Mobbing-Opfer haben angeblich meist ein schwaches Selbstbewusstsein. Nahezu jeder Bekannte weiß auch gleich das raffinierte Heilmittel gegen Mobbing: „Du brauchst mehr Selbstbewusstsein!“

Selbstbewusstsein, das ist heutzutage schon beinahe etwas Magisches. Selbstbewusstsein ist die Kernkompetenz im Leben des heutigen Menschen. Können oder Charakter sind nicht so wichtig, in der Hauptsache, man findet sich super. Manche Leute sind im Selbstbewusstsein so gut, dass sie sogar, wenn sie falsch liegen, noch Recht haben.

Vor allem Vorgesetzte, Vermittlungsinstanzen und die Leute aus dem privaten Umfeld reden dem Opfer ein, dass sein zu geringes Selbstbewusstsein an der Lage schuld sei. Das geringe Selbstbewusstsein verleite die anderen einfach zum Mobbing, es verführe sie geradezu. Die stumme Grundaussage des Ganzen: „Du bist ganz allein dran schuld!“ Und das Mobbing-Opfer glaubt ihnen.

Es soll selbstbewusster werden, rät man ihm, erst dann wäre es ein vollgültiger Mensch. Aber wie soll man selbstbewusst werden, wie soll man ein positives Bild von sich bekommen, wenn man kein Selbstbewusstsein hat? Von innen heraus kann es nicht wachsen, weil das Opfer ständig mit Schadensbegrenzung bemüht ist und sich anhören muss, es sei unzureichend – also müsste das Selbstbewusstsein von außen kommen, von der Umwelt, die ihm signalisiert: „Gut gemacht, weiter so!“. Von außen kommt aber nichts, sondern es wird nur beanstandet, dass das nicht existente Selbstbewusstsein nicht existiert. Es ist ein Teufelskreis: Das Mobbing-Opfer hört ständig, es sei nicht gut genug, verhält sich dementsprechend unsicher, und wird anschließend gerügt, weil es so unsicher ist.

Auch über Selbstbewusstsein kursieren viele Mythen. Aber Selbstbewusstsein entsteht nicht, indem man sich selber für das Beste hält, was je auf dieser Erde umhergewatschelt ist. (Auch wenn viele Selbstbewusste im Übereifer genau diese Meinung haben.) Selbstbewusstsein ist das Erkennen, das Bewusst-Werden, der eigenen Stärken und Schwächen. Es ist nicht die Selbstliebe, die sich zu eingebildeter Unfehlbarkeit auswächst. Selbstbewusst ist der, der weiß, dass er auch seine Unzulänglichkeiten hat. Nur wer seine Schwächen erkennt, kann sie verbessern.

Mit dem Erkennen der eigenen Schwächen haben Mobbing-Opfer keine Probleme. Meist haben ihnen die ständigen Attacken der Mobber zudem noch den Blick auf die eigenen Stärken geraubt.

Tatsächlich hat die Wissenschaft noch keine eindeutige Antwort, ob Menschen ohne Selbstbewusstsein häufiger Mobbing-Opfer werden. Hier sind nämlich Ursache und Wirkung nicht strikt zu trennen: Mobbing schädigt das Selbstbewusstsein des Opfers, sodass auch das Mobbing die Ursache für das schwache Selbstbewusstsein sein könnte und nicht andersherum! Es ist die gleiche Frage wie beim Huhn und beim Ei: Was war zuerst da?

Ein weiteres interessantes Stück Information zu diesem Thema wird meist ignoriert: Auch Mobbern wird ein geringes Selbstbewusstsein nachgesagt. Das ändert die Lage in beträchtlichem Ausmaß. Wenn, laut Aussage von Vorgesetzten und Küchenpsychologen, das fehlende Selbstbewusstsein des Opfers schuld ist – dann ist das fehlende Selbstbewusstsein des Mobbers auch schuld! Dann sollte auch der Mobber an seinem Selbstbewusstsein arbeiten, nicht nur das Opfer! Zumal es noch einen gravierenden Unterschied gibt zwischen beiden: Nur der Mobber mobbt.

Mobbing-Opfer sind nicht schuld

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