Читать книгу Südwärts - Die Endurance Expedition - Sir Ernest Henry Shackleton - Страница 18
DIE EXPEDITIONSSCHIFFE
ОглавлениеDie beiden Schiffe für die Expedition sind bereits ausgewählt. Die Endurance wird die Transkontinentalgruppe zum Weddellmeer bringen und anschließend eine unbekannte Küste erkunden. Sie ist ein neues Schiff, das unter der Anleitung eines Komitees von Polarforschern eigens für antarktische Verhältnisse entworfen worden ist. Sie wurde am Sandfjord bei Christensen gebaut, dem berühmten norwegischen Konstrukteur von Schiffen für die Robbenjagd. Sie ist als Barkentine4 getakelt und verfügt über eine Dreifach-Expansionsmaschine5, mit der sie unter Dampf eine Geschwindigkeit von neun bis zehn Knoten6 erreicht. Um eine größere Reichweite auf See zu ermöglichen, wird die Endurance sowohl Öl wie Kohle als Treibstoff mitführen. Sie hat eine Größe von etwa 350 Tonnen7 und ist aus ausgewähltem Pinien-, Eichen- und Grünherzholz gebaut. Dieses hervorragende Schiff hat die Expedition samt Ausrüstung 14 000 Pfund gekostet.
Die Aurora wird die andere Gruppe zum Rossmeer bringen und wurde von Dr. Mawson8 erworben. Sie gleicht in allen Belangen der Terra Nova von Captain Scotts letzter Expedition. Die Regierungsbehörden in Australien haben weitreichende Umbauten am Schiff veranlasst, um sie für Dr. Mawsons Expedition tauglich zu machen. Die Aurora liegt derzeit in Hobart in Tasmanien, wo die Rossmeergruppe im nächsten Oktober an Bord gehen wird.«
Ich hatte bereits Mitte 1913 mit den Vorbereitungen begonnen, jedoch vor dem 13. Januar 1914 keine öffentliche Ankündigung der Expedition herausgegeben. Die sechs Monate zuvor war ich mit den notwendigen Planungen beschäftigt, mühevolle Kleinarbeit, die für die Öffentlichkeit uninteressant war, aber lebensnotwendig für eine Expedition, die auf beiden Seiten des Kontinents ein Schiff liegen und eine Reise von 1800 Meilen vor sich hat, die ersten neunhundert davon zudem durch gänzlich unbekannte Landstriche.
Am 1. Januar 1914 habe ich dann nach Zusage einer finanziellen Unterstützung, die eine Ankündigung der Expedition vertretbar erscheinen ließ, die Angelegenheit öffentlich gemacht.
Sofort kam eine Flut von Bewerbungen von Leuten aus allen Schichten der Gesellschaft, die an dem Abenteuer teilnehmen wollten. Ich erhielt beinahe fünftausend Anfragen, aus denen ich sechsundfünfzig Männer auswählte.
Im März blieb zu meiner großen Enttäuschung und Sorge die zugesagte finanzielle Unterstützung aus, und ich sah mich mit der Situation konfrontiert, Verträge für Schiff und Ausrüstung unterzeichnet und eine Besatzung angeheuert zu haben, ohne über die Mittel zu verfügen, diesen Verpflichtungen nachzukommen. Sofort suchte ich neue Geldgeber und stieß überall auf großzügiges Entgegenkommen. Ich kann hier unmöglich die Namen aller nennen, die meinem Aufruf nachgekommen sind, doch will ich die Gelegenheit ergreifen, allen für ihre Beiträge zu danken, die sogar aus so weit entfernten Gegenden wie China, Japan, Neuseeland und Australien eintrafen. Besonders erwähnen möchte ich die großzügige Zuwendung von 24 000 Pfund des verstorbenen Sir James Caird und die 10 000 Pfund der britischen Regierung. Zu Dank verpflichtet bin ich auch Mr. Dudley Docker, der mir ermöglicht hat, den Kauf der Endurance abzuwickeln, und Miss Elizabeth Dawson Lambton, die seit 1901 eine zuverlässige Mäzenin der Antarktisforschung ist und auch bei dieser Gelegenheit reichlich Unterstützung gewährte. Die Royal Geographical Society spendete 1000 Pfund, und nicht zuletzt möchte ich mich ganz herzlich bei Dame Janet Stancomb Wills bedanken, deren Freigebigkeit es möglich gemacht hat, die Endurance mit allem Nötigen auszurüsten, besonders mit Booten (die uns letztlich gerettet haben), und die nicht nur zu Anfang der Expedition finanzielle Unterstützung geleistet hat, sondern auch in den schweren Zeiten, als wir vermisst wurden und Mittel erforderlich waren, um die Bedürfnisse aller an der Expedition Beteiligten zufriedenzustellen.
Das einzige Privileg, das ein Forschungsreisender als Gegenleistung bieten kann, um sich für die empfangene Hilfe erkenntlich zu zeigen, besteht darin, die entdeckten Landstriche nach jenen zu benennen, denen die Expedition ihr Zustandekommen verdankt.
Aufgrund der dringenden Erfordernisse des Kriegs hat sich die Veröffentlichung dieses Buchs lange hinausgezögert, und die genauen Karten werden in den wissenschaftlichen Monografien Platz finden. Ich habe die Ehre, in den neuen Gebieten die oben genannten Namen und die weiterer großzügiger Förderer der Expedition einzutragen. Die zweihundert Meilen der neuen Küstenlinie heißen Cairdküste. Zudem habe ich, als eine eher persönliche Geste, die drei Beiboote, in denen wir am Ende dem Griff des Eises entkamen, nach den Hauptfinanziers der Expedition benannt: die James Caird, die Stancomb Wills und die Dudley Docker. Die beiden Letztgenannten liegen noch immer auf der verlassenen sandigen Landzunge von Elephant Island, wo zweiundzwanzig meiner Kameraden in ihrem Schutz viereinhalb Monate um ihr nacktes Leben kämpften.
Die James Caird befindet sich jetzt in Liverpool. Sie wurde nach ihrer abenteuerlichen Fahrt durch antarktische Gewässer aus Südgeorgien wieder in die Heimat überführt.
Die meisten öffentlichen Schulen Englands und Schottlands haben der Expedition geholfen, die Hundegespanne zu erwerben, so habe ich nach jeder Schule einen Hund benannt. Abgesehen von diesen besonderen Spenden möchte ich erneut all den vielen anderen Menschen danken, die uns geholfen haben.
So schritten nun die Ausrüstung und die Organisation voran. Ich kaufte die Aurora von Sir Douglas Mawson und arrangierte für Mackintosh eine Reise nach Australien, um sie zu übernehmen. Wir schickten von hier Schlitten, Ausrüstung und die meisten Vorräte dorthin, wohingegen wir bei der Kohle und bestimmten anderen Notwendigkeiten ein wenig auf die Sympathie und Hilfe Australiens und Neuseelands angewiesen waren, wohl wissend, dass diese beiden Länder schon zuvor die Erforschung dessen, was man ihr Hinterland nennen könnte, stets freigebig unterstützt hatten.
Gegen Ende Juli war alles bereit, als plötzlich dunkle Kriegswolken über Europa aufzogen.
Es war vorgesehen, dass die Endurance nach Cowes segeln sollte, um von Seiner Majestät9 am Montag der Cowes Week10 inspiziert zu werden. Doch am Freitag erhielt ich die Nachricht, der König werde nicht nach Cowes kommen. Meine Leser werden sich erinnern, wie plötzlich die Kriegsgefahr heraufzog. Natürlich waren sowohl meine Kameraden als auch ich höchst beunruhigt, wie sich diese Gefahr für den Weltfrieden wohl auswirken würde.
Am Freitag, dem 1. August 1914 segelten wir von London los und gingen am Samstag bei Southend vor Anker. Am Sonntagnachmittag versetzte ich das Schiff nach Margate, und während immer schlimmere Gerüchte kursierten, nahm unsere Besorgnis stündlich zu. Montagmorgen ging ich an Land und las in der Morgenzeitung den Befehl zur Generalmobilmachung.
Sofort ging ich an Bord, ließ die gesamte Besatzung antreten und erklärte, ich wolle ein Telegramm an die Admiralität senden und darin dem Land im Falle eines Kriegsausbruchs Schiff, Ausrüstung und – wenn sie einverstanden wären – unsere Dienste anbieten. Alle stimmten ohne Zögern zu, und ich schickte ein Telegramm, mit dem ich der Admiralität alles zur Verfügung stellte. Wir baten nur darum, die Expedition im Falle einer Kriegserklärung als eine Einheit zu betrachten, um sie nicht auseinanderzureißen. Es gab unter uns genügend ausgebildete und erfahrene Leute, um einen Zerstörer zu bemannen. Binnen einer Stunde kabelte die Admiralität lakonisch zurück: »Weitermachen.« Binnen zweier Stunden kam ein längeres Telegramm von Mr. Winston Churchill, in dem er für unser Angebot dankte und mitteilte, die Behörden wünschten, dass die Expedition, die die volle Zustimmung und Unterstützung der Scientific und Geographical Societies hätte, fortgeführt werde.
Also segelte die Endurance gemäß dieser eindeutigen Anweisungen nach Plymouth. Am Dienstag bestellte mich der König zu sich und übergab mir den Union Jack für die Expedition. Noch am selben Tag brach um Mitternacht der Krieg aus. Am folgenden Samstag, dem 8. August, stach die Endurance von Plymouth aus auf direkten Befehl der Admiralität in See. Ich gehe deshalb so ausführlich auf diese Phase der Expedition ein, weil es kritische Stimmen gab, dass die Expedition zu diesem Zeitpunkt das Land verließ. In Hinblick darauf möchte ich noch hinzufügen, dass die Vorbereitungen der Expedition sich über ein ganzes Jahr hingezogen hatten und große Summen Geld ausgegeben worden waren. Wir boten an, die Expedition abzubrechen, ohne auch nur bei unseren Finanziers nachzufragen, und kaum jemand ahnte, dass der Krieg fünf Jahre lang dauern und die ganze Welt hineinziehen würde. Die Expedition begab sich nicht auf eine friedliche Kreuzfahrt zu den Südseeinseln, sondern auf eine höchst gefahrvolle, schwierige und mühselige Unternehmung, bei der fast unweigerlich mit einem gewissen Verlust an Menschenleben zu rechnen war. Und abschließend sei gesagt, dass praktisch alle Teilnehmer der Expedition, die unversehrt aus den Gefahren der Antarktis zurückgekehrt waren, ihren Platz auf dem Schlachtfeld einnahmen, und der Anteil der Gefallenen unter ihnen ist hoch.
Die Überfahrt nach Buenos Aires verlief ohne Zwischenfälle. Am 26. Oktober segelten wir von dort weiter nach Südgeorgien, den südlichsten Außenposten des britischen Empires. Hier waren wir einen Monat lang mit abschließenden Vorbereitungen beschäftigt. Vom Krieg hörten wir zum letzten Mal, als wir Buenos Aires verließen. Da rollte gerade die russische Dampfwalze heran. Viele meinten, der Krieg würde innerhalb von sechs Monaten zu Ende sein. Und so brachen wir auf, nicht ohne Bedauern, dass wir nicht dort unsere Plätze einnehmen konnten, doch in der Gewissheit, dass wir an einem entbehrungsreichen Feldzug zur Ehre unseres Landes teilnahmen.
Neben den Privatleuten und Gesellschaften möchte ich hier in großer Dankbarkeit die Unterstützung erwähnen, die seitens der Regierungen Neuseelands und Australiens zu Beginn der Rossmeer-expedition gewährt wurde. Den Menschen in Neuseeland und ihrer Regierung gebührt mein größter Dank für ihre fortwährende Hilfe, die während der dunklen Tage vor der Errettung der Rossmeergruppe von unschätzbarem Wert gewesen war.
Bei Mr. James Allen (stellvertretender Premier), dem verstorbenen Mr. McNab (Marineminister), Mr. Leonard Tripp, Mr. Mabin, Mr. Toogood und vielen anderen stehe ich in einer Schuld, die nie beglichen werden kann.
Dies ist für mich auch die Gelegenheit, der Regierung von Uruguay für ihre großzügige Unterstützung zu danken, als sie den Regierungstrawler Instituto de Pesca für den zweiten Rettungsversuch meiner Männer auf Elephant Island zur Verfügung stellte.
Schließlich war es die chilenische Regierung, die direkt für die Rettung meiner Kameraden verantwortlich war. Diese Republik im Süden zeigte sich unermüdlich in ihren Bemühungen, eine erfolgreiche Rettung durchzuführen. Ihnen gilt die Dankbarkeit unserer gesamten Expedition. Besonders erwähnen möchte ich die teilnahmsvolle Haltung von Admiral Muñoz Hurtado, dem Oberbefehlshaber der chilenischen Marine, und Kapitän Luis Pardo, den Kommandanten der Yelcho auf unserer letzten und erfolgreichen Bergungsfahrt.
Sir Daniel Gooch begleitete uns bis Südgeorgien. Ihm gebührt mein besonderer Dank für seine Hilfe mit den Hunden. Wir alle haben seine fröhliche Gesellschaft vermisst, als wir Richtung Süden segelten.
Ernest Henry Shackleton
1Meilen: Die englische Meile beträgt 1,609 km, die nautische Meile (Seemeile) 1,852 km.
2Weddellmeer: Die deutsche Schreibweise der Toponyme orientiert sich an Karten der National Geographic Society.
3Inklination: Durch die vertikale Anziehungskraft des Erdmagnetfelds verursachte Neigung der Kompassnadel, kann zu fehlerhaften Anzeigen der Himmelsrichtung führen.
4Barkentine: Dreimaster, der Merkmale von Schoner und Bark vereint (daher zuweilen auch »Schonerbark« genannt). Der Fockmast ist wie bei einer Bark rahgetakelt, die beiden hinteren Masten tragen die Schratsegel eines Schoners.
5Dreifach-Expansionsmaschine: Dampfmaschine, deren Wirkungsgrad durch die Expansion des einströmenden Dampfes erhöht wird. Bei Mehrfach-Expansionsdampfmaschinen sind mehrere Zylinder zu einer Verbunddampfmaschine hintereinander gereiht.
6Knoten: Die Geschwindigkeit von einem Knoten entspricht 1 Seemeile (1,852 km) pro Stunde.
7Tonnen: Einheit zur Bezeichnung von Schiffsgrößen, die je nach Berechnungsart unterschiedlich ausfallen kann.
8Sir Douglas Mawson, 1882–1958, australischer Geologe und Antarktisforscher. Hatte unter Shackleton an der »Nimrod«-Expedition (1907–09) teilgenommen.
9Seiner Majestät: George V., regierte von 1910–1936, pflegte eine Leidenschaft für den Segelsport, nahm selbst aktiv an Regatten – auch der Cowes Week – teil. Auf seinen Wunsch hin wurde seine Segelyacht nach seinem Tod vor der Isle of Wight von einem Kriegsschiff versenkt.
10Cowes Week: Segelregatta, die seit 1826 jährlich im August ausgetragen wird; benannt nach der Hafenstadt Cowes auf der Isle of Wight.