Читать книгу Wendungen des Schicksals: Körper & Seele - Sloane Kennedy, Lucy Lennox - Страница 5

Prolog Jake

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Das musste ein Witz sein. Ein gewaltiger Scherz. Das Universum fand es anscheinend lustig, mich zu verarschen.

Ungläubig starrte ich den auffälligen roten Jaguar an, der am Straßenrand in einer Schneewehe feststeckte. Ein Cabriolet? In den Rocky Mountains im November? Nein. Ganz sicher nicht. Was auch immer es war, es versperrte den Weg zu meiner abgelegenen Hütte. Doch mein Bedarf an sozialen Interaktionen war für heute gedeckt. Ich kam gerade von meinem wöchentlichen Einkauf in der Stadt, also wollte ich so schnell wie möglich wieder in die Abgeschiedenheit meines Zuhauses zurückkehren. So gerne hätte ich meinen Pick-up-Truck einfach um das Hindernis herumgelenkt. Doch meine Hilfsbereitschaft machte mir einen Strich durch die Rechnung. Ich nahm den Fuß vom Gaspedal und ließ den Truck langsam ausrollen, um nicht in dieselbe missliche Lage zu geraten wie der ahnungslose Fahrer vor mir.

Ein ganz und gar in Weiß gekleideter Jemand kletterte aus dem Sportwagen, als ich aus meinem eigenen Auto stieg; natürlich erst, nachdem ich wie ein vernünftiger Mensch die Räder im rechten Winkel zum Straßenrand gestellt und die Handbremse angezogen hatte. Meine abgetragenen Schneestiefel kamen mit einem dumpfen Geräusch auf dem gefrorenen Boden auf. Ich schnappte mir meinen dicken Parka vom Beifahrersitz und warf dann die Autotür zu. »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte ich unnötigerweise, während ich in meine Jacke schlüpfte und den Reißverschluss zuzog. Die Person, im ersten Moment konnte ich unmöglich sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war, quietschte, hüpfte auf mich zu und rutschte prompt auf dem glatten Asphalt aus. Ich griff rasch nach ihrem Arm und bewahrte uns beide davor, zu Boden zu fallen. Als der schlanke, warme Körper gegen meinen prallte, verlor ich ebenfalls fast das Gleichgewicht. »Huch«, murmelte die Person gedämpft gegen meine Brust. Irgendwie schaffte ich es, uns beide aufrecht zu halten, aber ich musste mich dabei enger an sie klammern, als ich wollte. »Scheiße! Verdammt! Sorry!«, stieß die Person hervor.

Unsere Blicke trafen sich. Und dann war es, als würde die Welt stehen bleiben. Zauberhaft blaue Augen funkelten in der Spätnachmittagssonne. Kalte Winterluft hatte die blasse Haut rosa gefärbt. Der frostige Wind säuselte friedlich durch die hochgewachsenen Pinien um uns herum, während wir dastanden und uns einfach nur anstarrten.

Ein Mann. Das konnte ich jetzt ganz deutlich erkennen. Er war einfach nur umwerfend. Wie ein verdammter Filmstar. Oder ein Musiker. Es war unmöglich, ihn nicht fasziniert anzustarren. Vielleicht lag es an seinen Augen? Oder …

Was zur Hölle hatte er da eigentlich an? Meine Sinne waren komplett überflutet, als ich sein langes, weiß-blondes Haar betrachtete. Er trug eine Art Strickmütze mit Pelzrand, die so weich aussah, als wäre sie aus Engelshaar gesponnen. Angora? Könnte das sein? Ich senkte den Blick, um auch den Rest von ihm zu betrachten, und erblindete fast durch all das Weiß. Er war nämlich von Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet. Komplett.

Ein dicker Wollkragenpullover rahmte sein Gesicht ein. Er trug etwas, das wie eine enge Wollhose aussah, und, Jesus Christus, waren das Ugg Boots? Bitte nicht.

»Huhuuu«, sagte der Mann, nachdem er seine Arme aus meinen Griff befreit hatte. Er wedelte mit einer handschuhlosen Hand vor meinem Gesicht herum, um meine Aufmerksamkeit zu erlangen.

Ich hob eilig den Blick wieder und schüttelte den Kopf. »Ähm, ja?«

»Ich sagte, ich brauche keine Hilfe.« Der Mann drückte den Rücken durch und schob das Kinn nach vorn. Fast hätte ich gelacht. Sowohl über seine Worte als auch über seine Haltung. »Doch, die brauchen Sie«, widersprach ich und trat einen Schritt zur Seite. Gerade, als ich auf das Cabriolet zugehen wollte, erklang ein leises Wimmern. Es kam direkt aus dem Auto. »Haben Sie da ein Baby drin?«, fragte ich. Wenn ja, tat mir das Kind wirklich leid.

Der Mann starrte mich aus seinen großen, wunderschönen, faszinierenden Augen an. »Ich? Zur Hölle, nein. Ein Baby? Nein. Einfach nur nein.«

Ich hob die Hand in einem Versuch, ihn zu beruhigen. »Okay, schon gut. Kein Baby. Was jammert denn dann so in Ihrem vollkommen ungeeigneten Auto?«

»Was stimmt denn mit meinem Auto nicht?«, fragte er verwirrt. »Es ist brandneu und laut Bewertungen sehr sicher.«

Wenn er die Frage nicht in einem so vollkommen naiven Tonfall gestellt hätte, wäre ich sicher gewesen, dass er mich verarschen wollte. Bevor ich ihm erklären konnte, wie bescheuert seine Aussage war, gruben sich Falten in die makellose, elfenbeinfarbene Haut seiner Stirn. Er hob die Hände.

»Oh, das ist Boo. Boo, Baby! Ach Gott, Boo. Es ist okay, Boo-Bär. Daddy ist ja da«, gurrte er, bahnte sich rutschend und schlitternd seinen Weg zur offenen Fahrertür seines Autos und lehnte sich ins Innere. Sein Pullover rutschte ein Stück nach oben und offenbarte einen Streifen perfekter, milchweißer Haut über seinem tief sitzenden Hosenbund.

Eine Woge Hitze erfasste mich, als mein Blick automatisch zu seinem Hintern wanderte. Wenn der Parka nicht praktischerweise meine plötzliche und sehr unpassende Erregung verborgen hätte, hätte ich ihn mir vom Leib gerissen. Ich musste dringend durchatmen.

»Können Sie das mal halten?«, hörte ich ihn fragen. Er streckte den Arm nach hinten aus und streckte mir mit langen Fingern ein Stück knallroten Stoff entgegen.

»Was?«, fragte ich verdattert. Mein Mund wurde schlagartig trocken. Wie würden diese wundervollen Hände auf meiner Haut aussehen? Nein, die wichtigere Frage war: Wie würden sie sich anfühlen?

»Können Sie das mal halten?«, wiederholte er scharf, bevor er wieder begann, mit sanfter Stimme zu jemandem im Auto zu sprechen.

Ich trat einen Schritt nach vorn und nahm ihm den Stoff ab. Es war eine Art Schal. Zumindest war er anscheinend ein bisschen zur Vernunft gekommen und hatte begriffen, dass er für dieses Wetter viel zu wenig anhatte. Ich zwang mich, die Augen von seinem wundervollen Hintern abzuwenden, als er sich über den Fahrersitz lehnte. Er griff nach irgendetwas. Ein kreischender Adler in einem Vogelkäfig vielleicht?

»Da ist ja mein kleiner Schatz. Braves Mädchen. Es ist okay, Baby, deswegen hat Daddy dir ja den Pullover angezogen, weißt du noch? Weil es in unserem neuen Zuhause kalt ist.«

Neues Zuhause? Was zur Hölle? »Wer sind Sie?«, platzte es aus mir heraus.

Er wirbelte herum, ein kleines Fellknäuel war an seine Brust gepresst. Sogar sein Haustier war weiß. Er riss mir den Schal aus den Händen und begann, ihn um seine Schultern zu schlingen. »Können Sie Boo mal für einen Moment halten?«, fragte er und drückte mir das Fellbüschel in die Hand.

Da ich mir noch immer nicht sicher war, um was für ein Tier es sich eigentlich handelte, hielt ich es vorsichtshalber so weit wie möglich von meinem Körper weg. Das Ding war nicht viel größer als eine meiner Hände und ich hätte schwören können, dass das flauschige Fell nicht echt war. Trug dieses Wesen einen Pelzmantel? Und warum machte es solche Geräusche? Versuchte es etwa, mich anzuknurren?

»Erkennen Sie mich etwa nicht?«, fragte er überrascht, während er sich noch immer den roten Stoff um den Körper schlang.

Ich legte den Kopf schief und musterte ihn. »Äh, nein. Sollte ich das? Sind wir uns schon mal begegnet?« Das war eigentlich nicht möglich. An einen so hübschen und zugleich merkwürdigen Menschen hätte ich mich erinnert. Gerade, als ich sagen wollte, dass er seinen Schal falsch um den Hals gebunden hatte, nahm er mir plötzlich sein winziges Haustier weg und platzierte das Wesen vorsichtig zwischen den Stofffalten.

»Nein«, sagte er abwesend.

Nein was? Wovon zur Hölle redete er? Ach ja, es ging darum, woher ich ihn kennen sollte. »Na ja, dann … Wahrscheinlich erkenne ich Sie nicht, weil wir uns noch nie begegnet sind«, murmelte ich, während er sein Haustier mit dem … Stoffding umwickelte. »Was ist das eigentlich für ein komischer Schal?«, fügte ich hinzu.

»Schal?«, fragte er und riss die Augen auf. »Das ist doch kein Schal. Es ist Boo-Bärs Glücksort. So kann sie direkt an meinem Herzen sein. Es beruhigt sie, wenn sie ihrem Daddy nahe ist. Sie war ganz aufgelöst, als das Auto …« Er wedelte mit der Hand in Richtung Cabriolet. »Als das da passiert ist.«

Vielleicht war er nicht ganz bei Sinnen. »Sir, haben Sie sich den Kopf angeschlagen, als sie mit dem Auto gegen die Schneewehe gefahren sind?«

»Nein, ich bin nicht dagegen gefahren. Nicht wirklich. Nun ja, ich meine, jetzt steckt das Auto in der Schneewehe, aber … Ähm. Tja. Ich wollte nur halten, ich meine, ich habe versucht, anzuhalten, um auf das Navi auf meinem Handy zu sehen. Und da ist dieser Schneehaufen einfach … aufgetaucht. Und mein Auto blieb stecken.«

Ich stieß eine Mischung aus Lachen und Schnauben aus. »Die Schneewehe ist Ihnen also in den Weg gesprungen?«

Er schob das Kinn nach vorn und zog eine Schnute. Oh Scheiße. Nein. Dieser umwerfende junge Mann durfte wirklich nicht noch schärfer aussehen. Das war das Letzte, was ich jetzt brauchte. Ich atmete tief durch.

Jake, zügele deine verdammte Libido. Denk nicht mal eine Minute daran, dass …

Der Mann seufzte. Bei dem Geräusch wurde mein Schwanz augenblicklich noch härter. »Ich suche gerade nach dem Knopf für die Winterreifen«, sagte er. »Dann sind wir gleich weg.«

»Der Knopf für die Winterreifen?«, fragte ich komplett verwirrt.

»Ja, der Verkäufer meinte, dass man auch zu Winterreifen wechseln kann. Aber ich habe vergessen, ihn zu fragen, wo der Knopf ist.«

Ich sah mich um. Das musste ein Streich sein. Xander spielte mir einen Streich. Seit er letzten Sommer zurück nach Colorado gezogen war, beschwerte er sich ständig über meine schlechte Laune. Ich sah den jungen Mann an und schüttelte den Kopf. »Sie verarschen mich, richtig?«

»Nein, gar nicht«, erwiderte er und knuddelte seinen Hund. »Sie haben genug Platz, um meinem Auto auszuweichen, oder?«

Als er zu seinem Wagen ging, griff ich vorsichtig nach seinem Arm. »Wie heißen Sie?«

»Lair…, ähm, Oz.«

»Lairähmoz?«, fragte ich. Das war der seltsamste Name, den ich je gehört hatte. Andererseits war er einzigartig wie der Mann, zu dem er gehörte.

»Nein, sorry«, seufzte er, hob den Blick und lächelte mich an.

Fuck.

Dieses Lächeln. Es war, als wäre er ein Jedi, der mich mit der Macht anzog.

»Mein Name ist Oz. Und mit wem habe ich das Vergnügen?«

»Jake«, antwortete ich.

Oz’ weißer Fellball stieß ein leises Knurren aus. »Oh, und das ist Boo.«

Ich versuchte, keine Grimasse zu schneiden. Ich war noch nie ein Fan von Hunden gewesen, die in eine Handtasche passten. Durch all die Haarbüschel, die auf dem Kopf des Tieres wuchsen, konnte ich kaum etwas erkennen. Doch der Hund versuchte eindeutig, mich mit seinem pathetischen Knurren davon zu überzeugen, dass mit ihm nicht zu spaßen war. Ich ignorierte den Hund und versuchte, mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. »Oz, du weißt schon, dass Winterreifen nicht ins Auto eingebaut sind, oder? Man muss sie extra dazukaufen und im Winter die Reifen wechseln lassen.«

Oz’ Miene fror ein. Seine Wangen liefen rot an. Die Situation hätte lustig sein können, aber er starrte mich an, als hätte ich gerade seinen merkwürdigen kleinen Hund getreten. »Nein, ähm, sorry«, stammelte er. »Das ist mein erstes Auto. Gott«, flüsterte er, dann versagte seine Stimme.

Ich erbarmte mich und fragte: »Wo willst du denn hin? Diese Straße führt nur zu einem Ort, und ich weiß, dass du dort nicht hinwillst.«

Er richtete sich wieder ein wenig auf und hob den Blick. »Ich suche nach einer Hütte. Sie gehört Xander Reed. Soweit ich weiß, führt diese Straße dorthin.«

Mein Puls begann zu rasen. »Warum suchst du nach Bennetts und Xanders Hütte?«

»Na ja, weil ich jetzt dort wohne. Zumindest für eine Weile. Warum? Weißt du, wo sie ist?«

Ja, das wusste ich. Und wenn er wirklich dort hinwollte, saß ich richtig tief in der Scheiße.

Wendungen des Schicksals: Körper & Seele

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