Читать книгу Wendungen des Schicksals: Höher und Weiter - Sloane Kennedy, Lucy Lennox - Страница 7

Kapitel 2

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Lucky

In der einen Sekunde überlegte ich noch, Davis Teasley eine reinzuhauen, in der nächsten übernahm das jemand für mich. Das alles passierte, bevor ich dem hartnäckigen Arschloch sagen konnte, dass er sich verpissen solle und bevor ich meinen Arm befreien konnte, wie ich es gern getan hätte.

Plötzlich war da ein Durcheinander von Körpern, die mich noch stärker gegen das Auto drückten. Der Lärm von Fäusten und lautem Grunzen übertönte mein eigenes Keuchen, während ich in dem Gedränge nach Luft rang.

„Stopp!“, versuchte ich zu rufen, aber ich konnte nicht genug Atem holen, um die Wörter so laut zu schreien, wie ich es eigentlich wollte. Also griff ich stattdessen nach dem T-Shirt des Unbekannten, um ihn von Davis fortzuziehen. Ich mochte das Arschloch vielleicht nicht, aber trotzdem hatte er es nicht unbedingt verdient, am helllichten Tag von einem völlig Fremden attackiert zu werden.

Als der Mann lange genug von Davis abließ, um mich ansehen zu können, keuchte ich wieder auf. Diesmal wie ein melodramatischer Idiot. Vertraute haselnussbraune Augen blickten mich an, mit einer noch vertrauteren, funkelnden Wut darin.

Zach.

„Was zur Hölle?“, platzte ich heraus. „Zach?“ Mein Gehirn versuchte krampfhaft, die Information logisch zu verarbeiten. Was tat Jakes Bruder in Montana? Und warum verprügelte er meinen …

Ex.

Oh verdammt. Das war nicht gut.

„Stopp“, sagte ich wieder, nur das ich es diesmal eher knurrte. „Runter von ihm, verdammt noch mal, Zach.“

Wenig überraschend ließ Zach Davis nicht sofort los. Ein fast schon gewaltsames Zittern überlief mich, als Zachs unbarmherziger Blick sogar noch härter wurde. Er hielt Davis immer noch am Kragen fest. Der Mund des jüngeren Mannes blutete und er hatte einen roten Fleck seitlich im Gesicht, der höchstwahrscheinlich zu einem hässlichen Bluterguss erblühen würde. Aber es war, als wäre mein Ex verschwunden. Als gäbe es nur noch Zach und mich, während wir beide uns gegenseitig anstarrten. Es waren Momente wie dieser, die mich in der Vergangenheit so oft in Schwierigkeiten mit diesem umwerfenden Mann gebracht hatten. Zu oft hatte ich in diese Blicke etwas hineininterpretiert, was nicht da war. Diesen Fehler wollte ich nicht wieder machen.

Auf gar keinen verdammten Fall.

Zach wählte diesen Moment, um seine Augen an meinem Körper auf- und abwandern zu lassen. Mir stockte der Atem. Wieder einmal fühlte ich mich in die Nacht zurückversetzt, in der ich meine Seele einem weiteren Mann offenbart hatte, der mich nicht gewollt hatte.

„Ich liebe dich, Zach. Ich habe dich immer …“

„Nicht. Selbst wenn ich interessiert wäre: Ich mache nicht mit Kindern ’rum. Lauf ’ne Zeit lang mal jemand anderem hinterher … Ich habe es langsam satt, dass du jedes Mal direkt da bist, wenn ich hier rauskomme, um mit meinem Bruder rumzuhängen.“

Der vertraute, bittere Geschmack von Galle stieg mir in die Kehle, als sich mir der Magen umdrehte. Der Fluchtinstinkt war wieder so stark wie damals, und ich sehnte mich danach, meine Augen von Zachs Blick lösen zu können.

In diesem Moment öffnete Davis seine verdammte große Klappe, wofür ich seltsamerweise dankbar war.

„Lucky, ruf die Polizei! Ich werde ausgeraubt. Steh nicht nur einfach so da. Tu was!“

Ich verwandelte die Demütigung, die ich empfand, in etwas anderes und knallte es meinem Trottel von Ex an den Kopf. „Du wirst nicht ausgeraubt. Du bekommst eine verdammte Lektion erteilt.“ Ich wollte noch hinzufügen, dass Zach verdammt gut darin war, anderen eine Lektion zu erteilen, die man nie wieder vergaß, aber seine Augen, die meinen Blick immer noch fixierten, hielten mich hoffnungslos gefangen.

Davis befreite sich schüttelnd aus Zachs Griff und sprang zwei gigantische Schritte von dem wütenden Army Ranger weg. „Was zum Teufel? Wer bist du, verflucht noch mal? Lucky, Schätzchen, kennst du diesen Mann?“ Davis versuchte, näher an mich heran zu kommen und streckte die Hand aus, als wolle er nach mir greifen, aber Zach trat zwischen uns.

Die Bewegung schien mein Gehirn zu entsperren.

„Warum bist du hier?“, fragte ich den muskulösen Soldaten, während ich um ihn herum ging, um näher an Davis rücken. Ich hatte nicht das geringste Interesse daran, meinem Ex nahe zu sein, aber ich erkannte überfürsorgliches Verhalten, wenn es mir begegnete. Schließlich hatte ich mitansehen müssen, wie meine Väter und Onkel potentielle Kandidaten verjagt hatten, die ihrer Meinung nach nicht gut genug für mich gewesen waren. Aber die Tatsache, dass Zach dasselbe Verhalten an den Tag legte und dass ich wusste, dass er das nur aus Loyalität zu seinem Bruder und meinen Vätern tat, verlieh mir ein ungewohntes Gefühl von Mut. „Was stimmt nicht mit dir, verdammt?“, stieß ich hervor.

Zach richtete seine Aufmerksamkeit auf mich und wieder einmal glitten seine Augen wie eine gottverdammte Liebkosung über jeden einzelnen Zentimeter von mir. Ich unterdrückte ein Schaudern, denn es war mir scheißegal. Vollkommen. Ich wusste, dass er mich nicht wirklich auf diese Art ansah. Wahrscheinlich vergewisserte er sich nur, dass ich keine Verletzungen hatte – so, wie es ihm im Dienst beigebracht worden war.

„Bist du verletzt? Hat er dich verflucht noch mal angefasst?“ Sein Knurren floss über mich hinweg, während er noch einmal suchend meinen Körper scannte.

„Geht dich verdammt noch mal nichts an“, schnauzte ich ihn an, denn mein Körper reagierte sehr unpassend auf seine aufmerksamen Blicke. „Beantworte meine verfickte Frage.“

„Pass auf, was du sagst“, schoss er zurück. „Was würden deine Väter sagen, wenn sie so eine Sprache aus deinem Mund hören würden?“

Ich starrte ihn geschockt an und ignorierte, was sein Befehlston mit der unteren Hälfte meines Körpers anstellte. Ich hatte keine Ahnung, was in mich fuhr, aber ich trat näher an ihn heran und fragte mit gesenkter Stimme: „Warum? Weil ich immer noch nur ein Kind bin, richtig?“ In Zachs Augen blitzte eine unbestimmte Gefühlsregung auf, als ich spöttisch das Wort ‚Kind‘ sagte. Jetzt war er es, der den Blick abwandte. Ich hielt mich daran fest, als sei es der größte Sieg meines ganzen Lebens. Es war wieder wie damals, an Heiligabend, aber ich war nicht mehr irgendein dummes Kind, das seine unsterbliche Liebe unter irgendeinem dämlichen Mistelzweig gestand. Ich bewegte mich weiter, bis ich praktisch an Zachs Körper klebte, und flüsterte: „Vielleicht muss mir mal jemand den Hintern versohlen, damit ich meine Lektion lerne … du weißt schon, damit ich mehr Respekt vor den Älteren bekomme.“

Ich hätte schwören können, dass Zach krampfhaft versuchte, zu schlucken, aber ganz sicher war ich nicht. Ich hatte gehofft, dass die Anspielung auf sein Alter bei ihm dasselbe bewirkte wie bei mir, wenn er mich wie immer wie ein Kind zurechtwies. Aber anstatt sich von mir zu entfernen, drückte Zach seinen Körper noch dichter an meinen, bis nur noch ein winziger Hauch Abstand zwischen uns war.

Sein warmer Atem strich über meine Schläfe, als er seinen Mund näher an mein Ohr herabsenkte. Schmetterlinge tanzten in meinem Bauch und erwartungsvolle Hitze kribbelte auf meiner Haut. Ich vergaß, wo wir waren und dass dieser Mann, selbst wenn er nicht vollkommen hetero gewesen wäre, kein Interesse an mir gehabt hätte.

„Vielleicht sollte das jemand“, murmelte Zach in mein Ohr. Wie zur Erwiderung glühte jeder Nerv meines Körpers auf. Nur mit Mühe konnte ich mir ein Stöhnen verkneifen, als mein Schwanz in meiner Hose unangenehm hart wurde. Zachs Mund war genau da … wenn ich meinen Kopf nur ein bisschen bewegte, dann …

„Ähm, hallo?“, hörte ich eine bekannte Stimme rufen.

Richtig.

Davis.

Verdammt.

Mein Körper zitterte vor unerfüllter Begierde, als Zach zurücktrat und dann um mich herum ging. „Halt verdammt noch mal die Klappe, du kleiner Scheißer“, knurrte er Davis an. Der riss die Hände hoch, als Zach sich auf ihn zu bewegte. Ich griff nach Zachs Arm, um ihn aufzuhalten, denn er sah wütend genug aus, um Davis in Stücke zu reißen. Davis trainierte mit fast religiöser Hingabe in einem Fitnessstudio, um seinen Killerbody in Form zu halten, aber er war dem Berufssoldaten nicht gewachsen. Ich ignorierte die Elektrizität, die durch meinen Arm hochschoss, und stellte mich wieder zwischen Davis und Zach.

„Was macht du hier, Zach?“, fragte ich. Meine Wut hatte sich in Luft aufgelöst und ich fühlte mich nur noch müde.

„Ich bin hier wegen eines Jobs“, antwortete Zach.

„Die Rangers haben hier keine Stützpunkte“, erwiderte ich, bevor ich es mir eines Besseren überlegte. „Die einzige Militäreinrichtung ist die Malmstrom Air Force Base, und die ist in Great Falls. Es gibt ein Rekrutierungszentrum der Armee hier, aber wenn du nicht gerade mit der Frau des Generals gevögelt hast oder so, bezweifele ich, dass man dich soweit degradieren würde, Studenten der Universität zu piesacken.“

Zachs Augenbrauen waren an der Stelle mit der Frau des Generals und dem Vögeln kurz in die Höhe geschossen und ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Ich konnte nur im Stillen darum beten, dass der Mann nicht nachhakte, warum ich überhaupt so viel über die Präsenz der Armee im großen Staat Montana wusste. Aber während ich gesprochen hatte, hatte sein Ausdruck sich verändert und er sah fast … gebrochen aus.

Was zum Teufel?

„Zach“, begann ich, als er nichts entgegnete. Ich machte den Fehler, nach seiner Hand zu greifen, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Bei meiner Berührung zuckte er zurück, und für einen winzigen Moment bekamen seine Augen einen wilden Ausdruck. Er musterte die Gegend um uns herum, als wüsste er nicht, wo er war.

„Zach“, wiederholte ich leise. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was in ihm vorging, aber ich hatte ihn noch nie so aufgewühlt und verwirrt gesehen. Als er seinen Blick endlich wieder mir zuwandte, atmete er tief ein und ich sah, wie etwas von der Anspannung seines Körpers abfiel.

„’ne andere Art Job“, murmelte er nur.

Mein Gefühl sagte mit, dass er das nicht weiter ausführen würde, also erwiderte ich: „Aber was machst du hier auf dem Campus? Haben meine Väter dich darum gebeten, nach mir zu sehen?“

Seine Nichtantwort war vielsagend.

Ich stieß einen Seufzer aus. Ich liebte meine Väter mehr als alles andere auf diesem Planeten, aber ich konnte nicht anders: es verletzte mich schon etwas, dass sie jemanden geschickt hatten, um nach mir zu schauen. Ich wusste, dass das teilweise auch an mir lag, weil ich nicht so oft nach Hause gefahren war, wie während meines ersten Jahrs auf dem College. Aber ich hatte einen guten Grund dafür.

Es war nur einfach kein Grund, von dem ich ihnen erzählen konnte.

Ich hatte gehofft, dass meine Väter nach der Ankunft der Zwillinge zu beschäftigt sein würden, um so oft nach mir zu sehen, wie sie es sonst taten, aber das war offenbar nicht der Fall. Ein Teil von mir war unglaublich froh darüber, denn so sehr Xander und Bennett Reed mich in den Jahren nach meiner Adoption auch wie ihren eigenen Sohn behandelt hatten, so hatte ich doch immer noch gelegentlich die Befürchtung, dass sie mich als unzulänglich empfinden und sich am Ende doch von mir lossagen würden.

Ich hatte meine Befürchtungen einmal meinem Onkel Aiden gegenüber geäußert, aber er hatte mir versichert, dass ich ihr Kind war und immer sein würde. Er hatte mir versichert, dass ganz egal, wie weit weg das Leben mich führen würde, wenn ich älter wäre, Haven in Colorado immer mein Zuhause und meine Väter immer die Familie sein würden, die das Schicksal mir geschenkt hatte. Ich war nicht sicher gewesen, ob ich ihm glauben sollte oder nicht. Aber mein erstes Jahr hier hatte mir bewiesen, dass meine Eltern nirgendwohin verschwanden. Ich hatte beinahe täglich Anrufe und Nachrichten bekommen, und ich bezweifelte, dass irgendein anderer Student auf dem Campus mehr Pakete von zuhause bekam als ich.

Aber zugegebenermaßen hatten meine Väter die Angewohnheit, mich manchmal etwas zu sehr beschützen zu wollen und die Ankunft meines kleinen Bruders und meiner Schwester hatte das keineswegs gemindert. Deswegen war es eigentlich keine besondere Überraschung, dass sie jemanden geschickt hatten, um nach mir zu sehen. Besonders, da ich in der letzten Zeit etwas stiller gewesen war als gewöhnlich. Nachdem ich meine vergangene Beziehung zu Davis geheim gehalten hatte, in den letzten Sommern nicht nach Hause gefahren war und mich nicht dazu geäußert hatte, warum ich nicht heimgekehrt war, hätte es mich eigentlich eher überraschen sollen, dass es so lange gedauert hatte, bis sie jemanden schickten, der sich vergewisserte, dass es mir gut ging. Aber von allen ausgerechnet Zach zu schicken … Als ob ich es bräuchte, dass der ältere Mann mich noch mehr als ein Kind ansah, als er es ohnehin schon tat.

„Sag ihnen, dass es mir gut geht“, sagte ich abweisend. „Ich kann mich um mich selbst kümmern“, fügte ich über meine Schulter hinweg zu, während ich mich umdrehte, um mich mit Davis zu beschäftigen. Die letzte Nachricht war eher an Zach als an meine Väter gerichtet gewesen.

Wieder einmal suchte Davis sich den falschen Zeitpunkt aus. „Das ist ein Freund deiner Väter? Sie schicken ihre Schläger aus, um dich zu überwachen, oder was? Jesus, Lucky, wann wirst du erwachsen? Der blöde Spitzname, die kurze Leine deiner Väter … brauchst du sie auch noch, um deine Windeln zu wechseln?“, spottete er. „Hoffentlich hast du ihnen nichts von mir erzählt!“

Zach machte eine Bewegung in Davis’ Richtung. „Sonst was?“, fragte er. Die kaum gezügelte Wut in seiner Stimme ließ mich innen ganz warm und weich werden, auch wenn es eigentlich nicht so hätte sein sollen.

Davis verdrehte die Augen, aber ich kannte ihn gut genug um zu wissen, dass er gerade alles daransetzte, um sich nicht in die Hose zu machen. Er war zu sehr ein Weichei, um sich jemals gegen jemanden wie Zach behaupten zu können. Der Soldat war solide wie ein verdammter Fels und hart wie Stahl. Ich trat zwischen die beiden.

„Verschwinde einfach, Davis“, sagte ich mit einem Seufzer. „Ich habe dir gesagt, dass es aus ist und das meinte ich ernst.“

Davis’ Augen bohrten sich in meine, aber ich bemerkte es kaum, weil Zach praktisch von hinten gegen meinen Rücken gedrückt wurde. Ich konnte nicht anders, als die Mischung aus maskulinem Schweiß und aus dem holzigen Duft des Shampoos, die von Zachs Körper ausging, einzuatmen. Ich schwor mir: Wenn ich auch nur einen winzigen sehnsuchtsvollen Laut ausstieß, würde ich mich selbst grün und blau schlagen oder jemanden finden, der es im Fitnessstudio für mich tat.

„Es ist noch lange nicht vorbei, Lucky. Wir werden das wieder hinkriegen“, versprach Davis.

Seine leeren Versprechungen hatten keinen Einfluss mehr auf mich. Und dass Zach hinter mir stand, machte mir noch deutlicher, warum es eine so große Zeitverschwendung gewesen war, mit Davis rumzumachen.

„Vielleicht kriegst du das besser mit Natalie wieder hin“, schlug ich mit mehr Wut in der Stimme vor, als ich es beabsichtigt hatte. „Schließlich ist sie diejenige, die dein verdammtes Baby im Bauch hat.“

Also blieb ich vielleicht nicht so ruhig, wie ich es gehofft hatte. Das Letzte, was ich gebrauchen konnte, war, dass Zach meinen Vätern erzählte, dass ich so einen großen Fehler gemacht hatte. Aber die Worte waren raus und Zach hatte sie eindeutig gehört, denn sein ganzer Körper versteifte sich bei dem Wort „Baby“.

„Ich habe dir gesagt, dass es kein Baby gibt“, erwiderte Davis, bevor er tief Luft holte und ein reptilienartiges Lächeln aufsetzte. „Das ist alles ein großes Missverständnis. Du wirst schon sehen. Ich melde mich bei dir, Babe.“

Dieses Mal gab es keine Warnung. Zach griff nur an mir vorbei, um sich Davis zu packen, und diese Bewegung ließ den anderen Mann vor Angst nach hinten springen. Ich biss mir auf die Zunge, um ein Lachen zu unterdrücken, und streckte den Arm aus, um Zack daran zu hindern, sich meinen idiotischen Ex zu schnappen.

„Geh, Davis. Mein Arm wird müde und der Schläger meiner Väter scheint heute besonders reizbar zu sein.“

Mein dummer Ex-Freund – wenn man ihn überhaupt so nennen kann, da wir nie über die verstohlenen Handjobs und heimlichen Blowjobs hinausgekommen waren, die ich Davis besorgt hatte, wenn meine Mitbewohnerin auf der Arbeit gewesen war – stürzte zu seinem Auto, und noch mehr Erinnerungen an das letzte Mal, als ich Zach gesehen hatte, schossen mir durch den Kopf. Der kurze Vorgeschmack, den ich von ihm bekommen hatte, war heute noch genauso frisch wie damals. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht seinen Arm um meine Taille zu legen und mich an ihn zu lehnen. Ich konnte praktisch spüren, wie seine breite Brust mich bekräftigte, als ich meinen Kopf einladend nach hinten sinken ließ …

Das Kreischen von Davis’ Reifen, der mit hoher Geschwindigkeit den Universitätsparkplatz verließ, holte mich wieder in die Gegenwart zurück. Schnell trat ich einen Schritt von Zach weg und drehte mich um, um ihn anzusehen. Ich wollte ihn gerade dafür zur Rede stellen, dass er sich überhaupt eingemischt hatte, als ich eine vertraute Gestalt auf uns zukommen sah.

„Oh Scheiße“, murmelte ich, als ich die ungezügelte Wut in den Augen meiner besten Freundin sah. Min, oder Minna, wie sie von allen anderen genannt wurde, hatte eindeutig sehr viel (wenn nicht alles) von dem mitangesehen, was gerade passiert war. Ihr empörter Gesichtsausdruck sah fast so aus wie vor zwei Jahren, als ich nach meinem Aufeinandertreffen mit Zach an Heiligabend zu ihrem Haus gerannt war, um mich vor meinen Eltern und Onkeln zu verstecken. Ich fühlte mich wieder wie damals, als ich in dem überfüllten Kleiderschrank zwischen den übergroßen Hoodies und Wanderschuhen meiner besten Freundin gehockt und gejammert hatte, was für ein Idiot ich war und wie viel Pech ich mit Männern hatte.

Minna hob eine Augenbraue und betrachtete eingehend den großen Soldaten, der neben mir stand und den ich seit dieser demütigenden Nacht nicht mehr gesehen hatte.

„Wirst du mich deinem Wachhund vorstellen?“, fragte sie, während sie einen Schritt auf uns zuging. Mir war nicht ganz klar, was sie damit bezweckte, da sie ganz genau wusste, wer Zach war. Sie waren sich zwar nicht offiziell vorgestellt worden, aber sie war Weihnachten auch auf der Party gewesen. Sie hatte mir sogar dabei geholfen, meinen dämlichen Plan auszuhecken, den älteren Mann zu verführen.

„Minna Pedersen, das ist Zach Warner, Jakes Bruder“, murmelte ich. Er streckte eine Hand aus und musterte die ein Meter fünfzig kleine Brünette.

„Du siehst nicht norwegisch aus.“

Min lachte bellend. „Gut aufgepasst. Leider haben meine großen Brüder die ganzen riesigen, blonden Gene bekommen und ich die beschissenen runzeligen von irgendeinem ungarischen Abkömmling, über den niemand spricht.“ Ich konnte zusehen, wie ihr Gesichtsausdruck fast beängstigend berechnend wurde, bevor sie zum Schlag ausholte: „Aber Mann, du solltest meine Brüder mal sehen. Wunderschöne Exemplare. Zumindest sagen das alle. Und alle meine Freundinnen verfluchen die Tatsache, dass sie beide auf Jungs stehen. Aber das stört nicht jeden. Stimmt’s, Lucky?“

Ich dachte an ihre Idiotenbrüder, die noch auf der High School waren. Sie nannte sie spaßeshalber ihre großen Brüder, aber nur wegen ihrer Körpergröße; sie waren die reinsten Nervensägen und dumm wie Bohnenstroh. Die beiden zusammen genommen konnten froh sein, wenn sie es auf ein Gehirn brachten.

Aber ich spielte mit. Ich war schlau genug, ihr nicht zu widersprechen, wenn sie einen eindeutigen Plan hatte. Aber was auch immer der Plan war – er funktionierte nicht bei Zach. Ich gab ein Geräusch von mir, das nicht unbedingt zustimmend war, aber Zachs Augen verengten sich, bevor er seinen Blick wieder mir zuwandte. „Halte dich von dem Arschloch von eben fern. Ich weiß nicht, was mit ihm los, ist, aber …“

Die Art und Weise, wie er seinen Befehl gab, als würde er niemals daran zweifeln, dass ich ihn befolgen würde, ließ mich rotsehen. Ich schnitt ihm das Wort ab: „Aber es geht dich nichts an? Stimmt. Okay, danke, tschüss.“ Ich packte Mins Ellenbogen und lenkte sie zurück in Richtung Campus, in der Hoffnung, dass sie mir diese kleine Handgreiflichkeit verzeihen würde, wenn ich ihr im Drip einen Kaffee und ihren Lieblingskeks ausgab.

„Lucky, stopp.“

Min stieß ein Quieken aus, während mein Körper augenblicklich dem Befehl der tiefen Stimme gehorchte und stehen blieb. Aber ich dachte gar nicht daran, mich umzudrehen und ihn anzusehen.

„Was?“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Er trat hinter mich, und ich spürte die hauchzarte Berührung seiner Bartstoppeln an meinem Ohr. Ich kniff die Augen zusammen und betete zu jeder Erdnymphe und jedem Waldgeist, den ich jemals in der Wildnis um Schutz angefleht hatte. Bitte, lasst mich keinen Ständer bekommen. Bitte lasst mich keinen Ständer …

„Halte dich vom Ärger fern, Kleiner“, knurrte er mit einem tiefen Grollen, das mich augenblicklich steinhart werden ließ.

Arschloch.

„Ich bin kein Scheiß-Kleiner“, zischte ich zurück, aber als ich meinen Körper soweit unter Kontrolle hatte, dass ich mich umdrehen konnte, um sicherzugehen, dass er mich verstanden hatte, war er schon verschwunden.

„Gott sei Dank“, murmelte ich, obwohl meine Worte eher dazu gedacht waren, Minna davon zu überzeugen, dass es mir gut ging. Ich war nicht besonders scharf auf einen ihrer Vorträge, warum es nicht wirklich eine gute Sache ist, sich in wunderschöne, ältere und völlig unerreichbare Männer zu verlieben.

Aber in mir wiederholte sich wie in einer Dauerschleife nur ein Wort, während ich versuchte, mit der Enttäuschung fertig zu werden, dass Zach wieder einmal aus meinem Leben verschwunden war.

Verdammt.

Wendungen des Schicksals: Höher und Weiter

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