Читать книгу Wendungen des Schicksals: Höher und Weiter - Sloane Kennedy, Lucy Lennox - Страница 8
Kapitel 3
ОглавлениеZach
„Ihm geht’s gut, Jake“, sagte ich müde, während ich an meine Stirn griff und den Punkt massierte, der schon den ganzen Nachmittag über höllisch pochte. In den vergangenen sechs Monaten hatte ich mich an die Kopfschmerzen gewöhnt, aber ich wusste immer noch nicht, wie ich sie davon abhalten konnte, sich zu einer ausgewachsenen Migräne zu entwickeln. Die Ärzte, die die Kopfschmerzen zu einer Begleiterscheinung der Kopfverletzung, die ich erlitten hatte erklärten, hatten mir alle möglichen Ratschläge gegeben. Zum Beispiel, dass man den Stress abbauen und genug schlafen müsse, um den Schmerz in den Griff zu bekommen, aber das war für mich einfach nur aufgeblasenes Psychogeschwätz. Ich hatte unzählige Mitglieder meiner Einheit weitaus schlimmere Verletzungen erleiden sehen, mit denen sie jeden einzelnen Tag weiterleben mussten.
Ein paar läppische Kopfschmerzen waren nichts im Vergleich zu dem, was viele der Männer, mit denen ich gedient hatte und die das Blutvergießen ebenfalls überlebt hatten, erleiden mussten.
„Geht’s ihm genau so gut wie dir?“, fragte mein Bruder sanft.
Ich seufzte leise. Es hätte mich nicht überraschen sollen, dass mein Bruder mir gegenüber argwöhnisch war. Es hätte mich ebenfalls nicht überraschen sollen, dass Jake sich nicht mit meiner simplen Aussage, dass es Lucky gut ginge, zufriedengeben würde.
Ich haderte mit mir, was genau ich Jake antworten sollte, als ich an meinen Zusammenstoß mit Lucky und seinem Freund dachte. Automatisch krampften sich meine Finger zusammen, als ich an das Bild des größeren Mannes dachte, der Lucky gegen das Auto gedrückt hatte. Diese Erinnerung führte unwillkürlich zu anderen, die fast genauso verstörend waren.
Zum Beispiel daran, wie gut Lucky sich gegen mich gedrückt angefühlt hatte.
Oder die Bilder, die mir durch den Kopf schossen, als er die Bemerkung gemacht hatte, dass ihm mal jemand den Hintern versohlen müsse.
Sofort reagierte mein Körper. „Hör mal, ich habe gemacht, worum du mich gebeten hast und nach ihm gesehen. Er scheint okay zu sein. Scheint viele Freunde zu haben und er sieht …“
„Sieht was?“ Ich hörte Jakes Worte, aber meine Zunge war schwer wie Blei, als ich daran dachte, wie fit Luckys Körper sich unter seiner Kleidung angefühlt hatte und wie lebendig und leidenschaftlich seine Augen gestrahlt hatten, als er mir direkt gegenübergestanden hatte.
Wunderschön aus.
„Gesund aus“, platzte ich heraus.
„Gesund?“, fragte Jake verwirrt.
Am liebsten hätte ich meinen Kopf auf das Armaturenbrett geschlagen. „Ja, ähm, er sieht aus, als würde er genug zu essen bekommen“, fügte ich lahm hinzu.
Halt den Mund, Zach. Halt. Einfach. Den. Mund.
„Das ist gut“, antwortete Jake unbeholfen. „Aber ich glaube, seine Väter machen sich eher um ein paar andere Dinge Sorgen.“
„Welche Dinge?“, fragte ich. Ich schloss die Augen und versuchte leise, ein paar Mal tief einzuatmen, denn meine Kopfschmerzen wurden schlimmer. Warum nur war ich nicht einfach ins Hotel zurückgegangen, wie ich es Tag gesagt hatte? Mein Freund hatte mich nicht dazu gedrängt, noch etwas trinken zu gehen, wie wir es ursprünglich geplant hatten, wofür ich dankbar gewesen war. Aber anstatt Schluss zu machen und mich ins Bett zu legen, bis meine Kopfschmerzen verschwunden waren, befand ich mich genau dort, wo ich nicht hätte sein sollen.
Direkt vor Luckys gottverdammtem Appartement.
„Er ist einfach … distanziert gewesen“, sagte Jake vorsichtig.
„Er ist im Grundstudium am College. Ich schätze, es ist Teil seiner Jobbeschreibung, distanziert zu sein.“
Ich wartete darauf, dass mein Bruder mir eine neunmalkluge Antwort um die Ohren haute, aber er blieb still.
„Was?“, fragte ich. „Was verschweigst du mir?“
Als er nicht reagierte, forderte ich ihn ein weiteres Mal auf: „Jake.“
„Du warst nicht da und hast es nicht gesehen, Zach, aber Lucky hat diese Ängste …“
„Welche Ängste?“, erkundigte ich mich. Den Schmerz vorübergehend vergessend, lehnte ich mich in meinem Sitz nach vorne und legte meine freie Hand um das Lenkrad des Trucks.
„Am Anfang, als er zu seinen Vätern gekommen ist, hatte er ständig Angst, dass er zu seiner Mutter zurückmuss. Erst hat er gedacht, Xander und Bennett würden diejenigen sein, die ihre Meinung wegen der Adoption ändern. Dann – nachdem er sich bei ihnen eingelebt hatte – hatte er Albträume, dass er an seine Mutter und ihren damaligen beschissenen Freund oder Zuhälter zurückgegeben werden würde. Eine Zeit lang ging es ihm besser, aber dann ist etwas passiert, kurz nachdem er achtzehn wurde – vielleicht hat er geglaubt, dass volljährig zu sein bedeutete, dass seine Väter hin rausschmeißen würden oder so, ich weiß es nicht – auf jeden Fall hat er eine harte Zeit hinter sich. Im ersten Jahr ist er ganz oft nach Hause gekommen, aber die letzten beiden Sommer hat er damit verbracht, im Yellowstone zu arbeiten und ist nur in den großen Ferien nach Hause gefahren. Diesen Sommer wird er auch nicht kommen. Xander und Bennett machen sich Sorgen, dass durch die Ankunft der Zwillinge Luckys Ängste, verlassen zu werden, wieder zurückkommen.“
Meine Finger hatten sich längst krampfhaft um das Lenkrad des Trucks geklammert. Aber als mein Bruder andeutete, dass kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag etwas mit Lucky geschehen war, fühlte es sich so an, als stieße mir jemand kleine Messer in die Schläfen.
Was, wenn ich es gewesen war, was, beziehungsweise der Lucky zugestoßen war? Da mein Bruder mich nicht mit dem konfrontierte, was an Heiligabend zwischen Lucky und mir passiert war, vermutete ich, dass der Teenager es niemandem erzählt hatte. Aber was, wenn meine Zurückweisung schmerzhafte Erinnerungen an seine Vergangenheit wieder belebt hatte?
Der Schmerz in meinem Kopf wurde so übermächtig stark, dass sich mein Magen drehte.
„Sieh mal, Jake. Er schien okay zu sein. Wirklich. Wenn ich das Gefühl hätte, du müsstest dir wegen irgendetwas Sorgen machen, würde ich es dir sagen.“ Meine Worte entsprachen der Wahrheit. Obwohl ihn der Zwischenfall mit seinem Ex eindeutig aufgebracht hatte, hatte Lucky eher wütend und genervt gewirkt als alles andere. Und er war todsicher nicht verzweifelt gewesen, als er sich mir gegenüber behauptet hatte.
„Ja, Schatz, Zach ist dran“, hörte ich meinen Bruder sagen. Es entstand eine Pause und dann meldete Jake sich wieder zu Wort: „Zach, bleib mal dran, Oz möchte dir Hallo sagen.“
Bevor ich protestieren konnte, ging der Anruf in einen Video Chat über und ich hatte keine andere Wahl, als ihn anzunehmen. Ich holte tief Luft und versuchte, meinen Gesichtsausdruck zu kontrollieren. Das Letzte, was ich brauchte war, dass mein Arztbruder merkte, dass es mir im Moment überhaupt nicht gut ging.
Zögernd drückte ich den Knopf und nahm das Gespräch an. Das Gesicht meines Schwagers füllte den Bildschirm. Normalerweise stand ich nicht auf „hübsche“ Männer, aber es war nicht zu leugnen, dass Jake in dem ehemaligen Model, das jetzt ein Modedesigner war, ein wunderschönes Exemplar Mann gefunden hatte. Aber so umwerfend Oz auch rein äußerlich war – sein physisches Aussehen war nicht im Vergleich zu seiner inneren Schönheit. Mein Bruder war auf pures Gold gestoßen, als er den temperamentvollen jungen Mann am Wegesrand einer schneebedeckten Bergstraße getroffen hatte.
„Zachary, Sweetie, ich liebe dich wie die Frühjahrskollektion von Dolce, aber Boo und ich haben noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen.“ Bevor ich etwas erwidern konnte, schob sich ein Gesicht mit Glubschaugen und einem Köpfchen, das mit schneeweißen Fellbüscheln bedeckt war, ins Bild. Die Visage des hässlichen kleinen Hundes ließ mich für einen Moment lang meinen Schmerz vergessen.
„Hey, Oz“, sagte ich. „Was auch immer ich getan habe, es tut mir leid. Aber könnten wir die Nahaufnahmen von deinem Mädchen vermeiden? Ihre einzigartige Schönheit lässt sich aus der Ferne viel besser bewundern.“
Die Kamera schwenkte zurück zu Oz. Er schüttelte den Kopf. „Boo wird dich dafür bezahlen lassen, wenn du das nächste Mal zu Besuch kommst. Und ich werde dich für die vielen schlaflosen Nächte bezahlen lassen, die du meinem Mann bescherst … und damit meine ich nicht die gute Art schlafloser Nächte.“
Bei Oz’ Worten durchfuhren mich Schuldgefühle. Ich hörte, dass mein Bruder den Namen seines Mannes sagte. Das Bild des Telefons wechselte zu einer Aufnahme des Fußbodens, und ich nutzte den Moment, um mich wieder in den Griff zu bekommen. Als das Telefon wieder hochgehalten wurde, hielt Jake es in der Hand und saß mit seinem Mann eng an sich gedrückt auf der Couch. Boo lag zusammengerollt in Jakes Schoß.
„Sorry, Zach“, murmelte Oz und sah mich traurig an. Ich fühlte mich noch mehr wie ein Mistkerl, als mein Bruder sich zu ihm lehnte, um ihm einen Kuss auf die Schläfe zu geben. Nur selten sah mein Schwager so niedergeschlagen aus. Mein Blick wanderte zu Jake und ich erkannte sofort, wovon Oz gesprochen hatte. Mein Bruder sah beschissen aus. Er hatte dunkle Ränder unter den Augen und war dünn geworden. Ich hatte selbst so ausgesehen, als ich vor Jahren vom Verschwinden meines Bruders während seines Medizinstudiums erfahren hatte.
„Schon gut“, brachte ich mühsam, so gut ich konnte, hervor. „Ich … ich werde mit Tag darüber reden, ob ich mir am vierten Juli herum freinehmen kann, okay? Von Colorado aus ist die Fahrt nicht so weit.“
Jake lächelte. „Das würde uns freuen, Zach.“
„Boo, ich bringe dir was Schönes mit, okay?“, bot ich an. Ich sah, wie Oz lächelte, auch wenn der hässliche Hund im Glitzerpulli mich ignorierte.
„Sie hat gerade eine Pastell-Phase“, klärte Oz mich auf. „Keine Blumen, auch wenn das dieses Jahr der absolut letzte Schrei ist. Unser Mädchen setzt gern neue Trends.“
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. „Kapiert.“
„Ich schätze, ich sollte wieder an die Arbeit gehen.“ Oz streckte sich, um meinem Bruder einen Kuss auf den Mund zu geben. Ich musste mich räuspern, als es mir zwischen den beiden zu heiß wurde. Oz errötete, während Jake mir einen verärgerten Blick zuwarf. Gerne hätte ich ihn daran erinnert, dass sie schließlich mich angerufen hatten. Oz beugte sich vor, um meinem Bruder etwas zuzuflüstern, bevor er sich von der Couch erhob … und sich vor Jake hinkniete.
„Ähm, Jungs“, begann ich. Obwohl mir der öffentliche Austausch von Zärtlichkeiten zwischen meinem Bruder und seinem Mann nicht neu war, musste ich irgendwo eine Grenze ziehen.
„Du musst nicht sofort an Schweinskram denken, kleiner Bruder“, sagte Jake, während er die Kamera nach unten richtete.
Ich lachte laut auf, als ich sah, welche „Arbeit“ Oz verrichtete. Er hockte über einem Paar glitzernder Stiefel an den Füßen meines Bruders.
Frauenstiefel.
„Ich glaube, die Absätze sind eine Spur zu hoch für dich, Jake.“ Ich beäugte die fast zehn Zentimeter hohen Stiletto-Absätze der Stiefel.
„Leck mich“, knurrte Jake.
„Tatsächlich habe ich versucht, deinen Bruder zu überreden, ein paar meiner neuen Models zu zeigen, wie man darin läuft“, mischte Oz sich ein. „Sein Laufsteg-Gang ist einfach umwerfend. Obwohl er das bisher nur nachts für mich gemacht hat, nachdem wir …“
Die Hand meines Bruders erschien im Bild und legte sich sanft über Oz’ Mund. Diesmal war es Jake, der Oz etwas zuflüsterte, was den hübschen jungen Mann bis zu den Haarwurzeln erröten ließ.
„Okay, das ist mein Stichwort“, sagte ich schnell, denn die Funken, die zwischen den beiden Männern flogen, waren nicht zu übersehen. Ich verabschiedete mich, aber ich war mir nicht mal ganz sicher, ob die beiden mich hörten, denn sie waren zu sehr damit beschäftigt darüber zu streiten, wer später im Schlafzimmer die Stiefel tragen würde.
Ich warf das Handy in meinen Becherhalter und lehnte mich im Sitz zurück, während ich versuchte, mich zu entspannen. Mein Kopf schrie mich an, mich endlich an einen dunklen, stillen Ort zurückzuziehen. Ich warf noch einen Blick auf die Tür von Luckys Haus und griff dann nach den Schlüsseln im Zündschloss. So sehr ich auch Luckys Wohnung im Auge behalten wollte, um sicherzugehen, dass sein Ex nicht hier auftauchte, wusste ich doch, dass ich schon bald nicht mehr in der Lage sein würde zu fahren – nicht, wenn ich in diesem Tempo weiter abbaute. Gerade wollte ich den Motor anlassen, als die Wohnungstür aufging und Luckys vertraute Gestalt im Türrahmen erschien. Er telefonierte.
Automatisch scannte ich unsere Umgebung um sicherzugehen, dass niemand im Halbdunkel auf Lucky wartete. Seit über einer Stunde saß ich mittlerweile vor seiner Wohnung und hatte in der Zeit nur wenige Fußgänger hier gesehen. Beiläufig fragte ich mich, ob es mir gelingen würde, Lucky zu folgen, wohin auch immer er gehen mochte … natürlich nur so lange, bis er sein Ziel erreicht hatte. Dann würde ich mich für die Nacht ins Bett hauen.
Mit aller Macht bändigte ich den Schmerz in meinem Kopf und beobachtete Lucky, der zu seinem Auto ging, das an der Straßenseite gegenüber von mir geparkt war. Von meinem Platz aus konnte ich die Fahrerseite nicht sehen, aber Lucky hielt unmissverständlich am Auto inne, dann ging er herum und stellte sich vor die Front. Das Auto war unter einer Straßenlaterne geparkt, also konnte ich seinen Gesichtsausdruck sehen, als er auf die Front starrte. Er sah … verwirrt aus. Seine Augen weiteten sich kurz, dann schien sein ganzer Körper sich zu versteifen. Ich sah zu, wie er näher an die Windschutzscheibe heranging, aber ich konnte nicht erkennen, was er sich ansah. Während die Sekunden vergingen, begann sich meine Besorgnis zu regen. Was, wenn Davis irgendwie ins Auto gelangt war und vielleicht gerade jetzt eine Waffe auf Lucky gerichtet hielt oder ähnliches?
Ich behielt das Fahrzeug im Auge und griff nach meiner Waffe, die auf dem Beifahrersitz lag. Eine Sekunde später war ich aus meinem Wagen heraus. Ich rannte praktisch um Luckys Auto herum, in der Hoffnung, jemanden im Inneren auszumachen. Aber ich konnte niemanden sehen.
„Wo ist er?“, bellte ich Lucky an, der wie erstarrt an der Fahrerseite des Wagens stand. „Lucky, wo ist er?“, rief ich noch einmal.
Diesmal zuckte Lucky zusammen.
„Zach“, flüsterte er. Er sah völlig geschockt aus. Sein Blick fiel auf die Waffe in meiner Hand.
„Wo ist er?“, fragte ich noch einmal, diesmal mit gesenkter Stimme, und trat näher an ihn heran.
„Wo ist Davis?“
Er schüttelte den Kopf. „Weiß nicht.“
Ich konnte mir aus Luckys Reaktion keinen Reim machen. Er war eindeutig durcheinander, aber da war keine Spur von Wut oder Angst. Ich öffnete den Mund, um ihn zu fragen, was los war, als ein Farbklecks meine Aufmerksamkeit erregte. Ich blickte nach rechts und spürte, wie mir der Atem stockte: leuchtendes Rot hob sich von dem nüchternen Grau des Autolacks ab.
Ich ging um Lucky herum und zur Vorderseite des Wagens, um einen besseren Blick darauf zu werfen. Dabei konnte ich erkennen, dass das Rot Sprühfarbe sein musste, aber es dauerte einen Moment, bis ich kapierte, was ich da sah.
Dann war ich derjenige, der buchstäblich rotsah. „Lucky, wer hat das getan?“, fragte ich und ignorierte den Schmerz, der in meinem Kopf zu explodieren begann, während mein Blutdruck in die Höhe schoss.
Lucky stand da, eingefroren.
„Lucky!“, schrie ich ihn an und packte seinen Arm.
„Ich – ich weiß nicht!“, antwortete er. Seine Stimme sank. „Es waren … es waren vorher nur ein paar Zettel. Ich habe gedacht, dass sich jemand einen Spaß mit mir erlaubt.“
Ich blickte zurück auf das Auto und stellte fest, dass nicht nur das hässliche Wort auf die Motorhaube gesprüht worden war, sondern dass auch beide Scheinwerfer zerstört waren.
„Was für Zettel?“, fragte ich, obwohl meine Sicht schwächer wurde. „Welche Zettel, Lucky?“
Mehr brachte ich nicht heraus, bevor mich die Übelkeit schnell und heftig traf. Ich schloss die Augen, aber es war zu spät. Hinter meinen Augenlidern blitzten Lichter auf und ich verlor das Gleichgewicht.
„Zach?“
Luckys panische Stimme war schrecklich anzuhören. Ich versuchte ihm zu sagen, dass es mir gut ging, aber ich konnte die Galle, die mir im Hals aufstieg, nicht mehr zurückhalten. Die Erniedrigung und die quälenden Schmerzen in meinem Kopf zerrissen mich fast, während ich direkt vor Luckys Auto zu würgen begann.
„Zach, halte durch, ich rufe den Notarzt an!“, rief Lucky. Ich konnte spüren, wie seine warme Hand sich auf meinen Nacken legte. Ich schaffte es, den Kopf zu schütteln.
„Migräne“, brachte ich hervor. „Tabletten … Tabletten in meinem Truck.“ Ich dachte nicht mal dran, diese Schmerzen ohne die Medikamente zu ertragen. Sie waren wie Krücken, auf die ich mich in diesem Stadium bereitwillig stützte.
„Ich hole sie“, murmelte Lucky schnell. Ich stützte mich mit den Händen an der Vorderseite seines Autos ab, um mich gerade zu halten, doch als ich das Wort sah, das auf die Motorhaube gekritzelt war, blieb mir nichts anderes übrig, als meine Augen wieder zu schließen. Aber dieses eine Wort, mit dem irgendein Arschloch es gewagt hatte, den jungen Mann zu beschimpfen, lief in meinem Kopf in einer Endlosschleife, und bei jeder Wiederholung fühlte sich der Schmerz in meinem ganzen Körper an, als würde jemand mit einem heißen Schürhaken auf mich einstechen.
Dieb.
Dieb.
Dieb.
Es schien stundenlang zu dauern, bis Lucky wieder zu mir zurückkehrte. Ich schaffte es, meine Augen gerade lang genug zu öffnen, um zu sehen, wie er mit dem Deckel des verschreibungspflichtigen Medikaments kämpfte. Ich versuchte, meine Hand über seine zu legen, um ihn zu beruhigen, aber das bekam ich nicht hin. Also tat ich das Einzige, was ich konnte und gab ihm ein Versprechen, das ich halten konnte.
„Ich werde ihn finden, Lucky. Ich werde … werde nicht zulassen, dass er dich verletzt. Ich werde nicht zulassen, dass irgendjemand …“ Ich musste aufhören zu sprechen, als ich schwankte und meine Knie nachgaben. Aber mein Körper schlug nicht auf die Straße auf, wie ich es erwartet hatte. Lucky hatte es irgendwie geschafft, mich aufzufangen, und obwohl er kleiner war, hielt er mich aufrecht. Ich ließ meinen Kopf gegen seine Schulter sinken.
„Halte durch, Zach. Du schaffst das“, wiederholte Lucky ein paar Mal. Ich konnte die Angst in seiner Stimme hören und das erinnerte mich an das Versprechen, das ich ihm hatte geben wollen.
„Werde nicht zulassen, dass dir jemand wehtut … jemals weh tut“, konnte ich noch von mir geben, dann gab ich auf und überließ mich der Dunkelheit.