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1.2.2 Topik-Kommentar-Gliederung

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Eine weitere Dimension der Informationsstruktur ist die Dichotomie von TopikTopik und KommentarKommentar. (63) beispielsweise interpretiert man ganz natürlich als einen Satz über Brigitte, und was über Brigitte ausgesagt wird, ist, dass sie das Radfahren liebt.

(63) [Topik Brigitte] [Kommentar liebt das Radfahren].

Unter dem Topik eines Satzes versteht man diejenige Einheit, über die eine Aussage gemacht wird. Der Kommentar erfasst die Aussage, die über das Topik gemacht wird.

In (63) steht das Topik im VorfeldVorfeld. Dies muss aber nicht so sein. In (64) steht es im MittelfeldMittelfeld.

(64) Was gibt’s Neues über das Stadtschloss?
Laut Bürgermeister Jacobs wird man dieses furchtbare Gebäude nächstes Jahr endlich abreißen. (Fanselow 2006: 6)

In manchen Fällen kann auch allein der Kontext auflösen, welche Einheit das Topik ist. In (65) können prinzipiell Hans (vgl. (66)) oder Maria (vgl. (67)) das Topik sein.

(65) Hans hat Maria zum Tanz aufgefordert.
(66) A: Erzähl mir von Hans.
B: [Topik Hans] [Kommentar hat Maria zum Tanz aufgefordert].
(67) A: Erzähl mir von Maria.
B: [Kommentar Hans hat] [Topik Maria] [Kommentar zum Tanz aufgefordert].
(nach Erteschik-Shir 2007: 15)

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Kontexte zu konstruieren, die ein Topik als solches auszeichnen. Dazu gehört z.B. der FragetestFragetest, den wir bereits eingesetzt haben, um die Fokus-Hintergrund-GliederungFokus-Hintergrund-Gliederung (FHG) zu bestimmen. In (68) fordert die Frage Informationen zu einer Einheit, die dann entsprechend als Topik interpretiert wird. Das, was in der Frage an Information fehlt, ist der Kommentar.

(68) A: Was hat Albert gemacht?
B: [Topik Albert] [Kommentar hat Saxophon gespielt].

Das Topik kann auch über EinleitungssequenzenEinleitungssequenz wie in (69) bis (71) nahegelegt werden (vgl. Musan 2010: 28f.).

(69) Ich erzähle dir etwas über Albert.
[Topik Albert] [Kommentar lernt jetzt Harfe spielen].
(70) Es gibt etwas Neues über Albert.
[Topik Albert] [Kommentar lernt jetzt Harfe spielen].
(71) Hast du das über Albert schon gehört?
[Topik Albert] [Kommentar lernt jetzt Harfe spielen].

Auch gibt es einige spezielle Konstruktionen, die dazu verwendet werden können, das Topik eines Satzes zu kodieren. Für die Strukturen in (72) bis (74) hat man z.B. angenommen, dass sie die am linken Satzrand stehende Einheit als Topik auszeichnen.

(72) [Topik Meinen Onkel,] [Kommentar den habe ich lange nicht gesehen].
(73) [Topik Mein Onkel,] [Kommentar ich habe ihn lange nicht gesehen.]
(74) Was [Topik Miriam] betrifft, [Kommentar so weiß ich nicht, warum sie heute zu spät kommt]. (Musan 2010: 33f.)

(72) ist eine sogenannte LinksversetzungLinksversetzung, die sehr ähnliche Struktur in (73) bezeichnet man als Hängendes TopikHängendes Topik und (74) ist ein Beispiel für ein Freies ThemaFreies Thema.

Aus der Möglichkeit von Frage-Antwort-SequenzenFrage-Antwort-Sequenz wie in (68) und (71) darf nicht gefolgert werden, dass Topik und Bekanntes bzw. Kommentar und Unbekanntes immer gleichzusetzen sind. Dies wird suggeriert, da das Topik bereits in der Frage vorkommt und der Kommentar der Teil der Äußerung ist, den die Frage erfragt. Unter der Sicht, dass der Fokus mit neuer Information assoziiert wird, erfolgt die Auszeichnung von Topik und Kommentar hier parallel zur FHG.

(75) A: Was hat Albert gemacht?
B: [Topik Albert] [Kommentar hat Saxophon gespielt].
B: [Hintergrund Albert] [Fokus hat Saxophon gespielt].

Die Beispiele in (76) und (77) illustrieren, dass die Auszeichnungen nicht parallel verlaufen müssen.

(76) A: Was haben die Kunden gelesen?
B: Eine Frau hat eine Computerzeitschrift gelesen.
(77) A: Auf dem Tisch liegen so viele Bücher – die Bibel, „Harry Potter und der Halbblutprinz“, „Die Forsyte-Saga“. Was hat Eva gelesen?
B: Eva hat „Harry Potter und der Halbblutprinz“ gelesen.
(Musan 2010: 29)

In (76) wird eine Aussage über die gelesenen Dinge durch Kunden gemacht (vgl. (78a)). Bekannt ist aber nur, dass überhaupt etwas gelesen wurde, d.h. sowohl die Frau als auch die Zeitschrift können als unbekannte Information gelten (vgl. (78b)). Im Topikbereich tritt somit unbekannte Information auf.

(78) a. [Topik Eine Frau] [Kommentar hat eine Computerzeitschrift] [Topik gelesen].
b. [Fokus Eine Frau] [Fokus hat eine Computerzeitschrift] [Hintergrund gelesen].
(Musan 2010: 29)

In (77) wird Information über Evas gelesene Bücher verlangt (vgl. (79a)). Sowohl Eva als auch das Buch als auch die Tätigkeit des Lesens sind im Kontext vorerwähnt und in diesem Sinne Teil des Hintergrunds. In diesem Beispiel liegt somit bekannte Information im Kommentar vor.

(79) a. [Topik Eva hat] [Kommentar „Harry Potter und der Halbblutprinz“] [Topik gelesen].
b. [Hintergrund Eva hat] [Hintergrund „Harry Potter und der Halbblutprinz“] [Hintergrund gelesen].
(Musan 2010: 29)

Das heißt, Topikstatus kann, muss aber nicht, mit Bekanntheit und Kommentar mit Unbekanntheit korrelieren.

Diese Erkenntnis ist relevant vor dem Hintergrund, dass in der Literatur zwei verschiedene Topikdefinitionen vorgeschlagen worden sind. Die Auffassung, die wir bisher vertreten haben, nach der das Topik der Satzgegenstand ist, ist bekannt als Aboutness Topik-Definition Aboutness Topik(vgl. z.B. Reinhart 1981, Molnàr 1991). Folgt man dieser Beschreibung, kann es sich bei einem Topik um einen vorerwähnten, bekannten Referenten handeln oder um eine diskursneue Einheit. Eine andere Topikauffassung baut auf der Eigenschaft auf, dass das Topik stets eine gegebene, bereits saliente oder zumindest ableitbare Einheit ist. Man spricht in diesem Fall von einem Familiarity TopikFamiliarity Topik (vgl. z.B. Kuno 1972, Haftka 1995).

Wenn nicht anders bezeichnet, gehen wir im Folgenden weiterhin von der Aboutness-Auffassung aus, da sich herausstellen wird, dass dieses Konzept in den im weiteren Verlauf dieses Buches untersuchten Phänomenen, bei denen der Topikstatus eine Rolle spielt, das relevante sein wird. Der Satzgegenstand sollte aber natürlich identifizierbar sein und das ist er oftmals aus dem Grund, dass der Referent schon bekannt ist. Pronomen eignen sich aus diesem Grund auch gut als Topikkonstituente.

Unter diesem Topikkonzept scheint es nicht sinnvoll, anzunehmen, dass es Sätze ohne Topik gibt. Für die Beispiele in (80) und (81) stellt sich dann aber die Frage, wie das Topik hier jeweils zu benennen ist.

(80) a. Es findet ein Markt statt.
b. Es war einst ein Zauberer.
(81) a. Es regnet.
b. A: Was ist los?
B: Das TElefon klingelt. (Lambrecht 1994: 140/177/141/143)

In allen diesen Fällen bietet sich keine Interpretation an, unter der sich die Sätze in Topik und Kommentar gliedern. In (80) wird eher ein Referent eingeführt bzw. dessen Existenz festgestellt. In Folge könnten der dann etablierte Markt bzw. der Zauberer als Topik fungieren. In (81) wird jeweils ein Ereignis eingeführt. In (81a) bietet sich das ExpletivumExpletivum sehr deutlich nicht als Satzgegenstand an und auch in (81b) wird (anders als in (82)) keine Aussage über das Telefon gemacht.

(82) A: Was ist denn schon wieder mit dem Telefon los?
B: Das Telefon KLINgelt.

Sätze wie in (80) und (81) bezeichnet man als thetische SätzeThetischer Satz. Lambrecht (1994: 144) teilt diese Klasse in präsentationelle StrukturenPräsentationeller Satz wie in (80), die einen Referenten einführen, und ereignisberichtende SätzeEreignisberichtender Satz, die Ereignisse einführen (vgl. (81)).

Eine Möglichkeit ist nun, derartige Sätze als Ausnahmen anzusehen. Unter dieser Sicht handelt es sich um topiklose Strukturen. Erteschik-Shir (2007: 16f.) hingegen vertritt, dass hier Situationen als Topik auftreten. Wollte man Sätze dieser Art auf ihre Wahrheit hin untersuchen, würde man den Ort und/oder die Zeit ausmachen, auf die Bezug genommen wird, und die Aussage auf diese beziehen. Im Falle von (81a) würde man z.B. an einem bestimmten Ort nach draußen schauen, in (81b) fragt man nach der Gegebenheit an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt. Und auch in (80) würde man überprüfen, ob die genannten Entitäten zum gemeinten Zeitpunkt/am gemeinten Ort existieren. Erteschik-Shir bezeichnet derartige Topiks als implicit stage topicimplicit stage topic, das die spatio-temporalen ParameterSpatio-temporaler Parameter des Satzes aufzeigt. Da jede Konversation zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet, ist ein derartiges Topik immer verfügbar. Ein Stage-Topik ist folglich ein nicht-overt realisiertes Topik.

Ein weiterer Fall eines nicht sichtbaren Topiks lässt sich beim Phänomen des Topik-DropTopik-Drop, illustriert in (83) und (84), beobachten.

(83) A: Heute hab ich den Hans gesehen.
B: Echt? __ Ist mir ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr begegnet.
(84) A: Heute ist mir der Hans begegnet.
B: Echt? __ Hab ich ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.
(Trutkowski 2016: 3)

Auch hier ist kein Topik sichtbar, man interpretiert die Aussagen in den Beiträgen von B aber als Information (und damit Kommentar) über Hans. (Für einen Überblick über die Bedingungen des Topik-Drop und theoretische Rekonstruktionen dieses Phänomens vgl. z.B. Helmer 2016, Trutkowski 2016.)

Unter Bezug auf die Aboutness Topik-DefinitionAboutness Topik lässt sich auch erfassen, warum nicht alle sprachlichen Einheiten als Topik geeignet sind. Eine Voraussetzung für den Topikstatus ist plausiblerweise, dass der Ausdruck referieren kann (vgl. Reinhart 1981: 65ff., Frey 2004a: 174), d.h. sich auf eine außersprachliche Entität beziehen kann, über die eine Aussage gemacht wird. Angenommen, die LinksversetzungLinksversetzung (LV) zeichnet die Konstituente am linken Satzrand als Topik aus, kann diese Struktur als Testboden dienen. Einheiten, die sich schlecht als Topik eignen, sollten nicht gut auftreten können. Dies scheint tatsächlich der Fall zu sein: Während eine definite NPDefinite Nominalphrase (vgl. (85a)) gut in einer LV stehen kann, gilt dies nicht gleichermaßen für die quantifizierten PhrasenQuantifizierte Nominalphrase in (85b) bis (85d), die Aussagen über Mengen machen und hier nicht eindeutig die Einheiten identifizieren, auf die die Aussage zutreffen soll.

(85) a. Der Student aus Bielefeld, der hat die Klausur bestanden.
b. ??Irgendjemand, der hat die Klausur bestanden.
c. *Keiner, der hat die Klausur bestanden.
d. *Mehr als drei Studenten, die haben die Klausur bestanden.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass quantifizierte Phrasen generell keine Topiks bilden können. Die Sätze in (86) sind wesentlich akzeptabler als die Beispiele in (85b) bis (d).

(86) a. ?Drei Studenten, die sind durchgefallen.
b. ?Alle Studenten, die möchten den Kurs bestehen.

Dies ist darauf zurückzuführen, dass in (86) die Mengen klarer identifiziert werden können und somit über diese bzw. ihre Mitglieder etwas ausgesagt werden kann.

Wenngleich Topiks typischerweise über (NP-)Argumente realisiert werden, können auch adverbiale Bestimmungen diese Rolle übernehmen. In (87a) realisiert eine PP, die die Funktion eines lokalen AdverbialsLokales Adverbial hat, das Topik, in (87b) ein temporales AdverbialTemporales Adverbial in Form eines Adverbs.

(87) a. Im Zug, da träume ich vor mich hin.
b. Morgen, da fahren wir nach Pfullingen.

Die Ausdrücke im Zug und morgen referieren ohne Zweifel auf einen Ort bzw. einen Zeitpunkt. Wenn den Ausdrücken derartige referenzielle Kraft nicht zuzuschreiben ist, eignen sie sich auch nicht als Topik. Dies gilt z.B. für das Adverbial der Art und WeiseAdverbial der Art und Weise in (88a) sowie das unspezifische lokale Adverbial in (88b).

(88) a. *Schön, so hat Stefan Klavier gespielt.
b. ??Irgendwo, da habe ich einen Pfau gesehen.

Auch SatzadverbialeSatzadverbial wie leider oder wahrscheinlich, die eine Bewertung des ausgedrückten Sachverhalts durch den Sprecher vornehmen – die aber allein aus syntaktischen Gründen nicht in LVen vorkommen können, weil es keine geeigneten Pronomen für ihren Aufgriff gibt – bieten sich nicht als Topiks an. In (89) handelt es sich nicht um Aussagen über leider oder wahrscheinlich.

(89) a. Leider wird der FC absteigen.
b. Wahrscheinlich komme ich am Dienstag zur Probe.

Das Topik eines Satzes ist unserer Definition nach die Einheit, über die der Satz eine Aussage macht (Aboutness TopikAboutness Topik). Topiks können sich aber auf die folgende Weise weiter voneinander unterscheiden:

(90) 1758 hat [Topik Carl von Linné, der ernstzunehmende Systematiker,] [Kommentar die nahe Verwandtschaft von Menschen, Affen und Menschenaffen offiziell anerkannt]. [Topik Er] [Kommentar fasste alle drei zur Ordnung der Primaten (Herrentiere) zusammen und hob damit ihre hohe Stellung im Tierreich hervor].
(Musan 2010: 28)

In (90) z.B. bleibt das Topik (Carl von Linné) in beiden Sätzen beibehalten. Nur der Kommentar ändert sich. In der Literatur wird ein solches Topik als Continued TopikContinued Topik bezeichnet.

In (91) hingegen sind ganz verschiedene Referenten Topik, die in diesem Abschnitt immer wieder wechseln. Man spricht von Switch TopiksSwitch Topik oder Shifting TopiksShifting Topik.

(91) Dann schliefen [Topik1 sie] ein, und am andern Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren, mit acht weißen Pferden bespannt, [Topik2 die] hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Königs, das war der treue Heinrich. [Topik3 Der treue Heinrich] hatte sich so betrübt, als sein Herr war in einen Frosch verwandelt worden, daß er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge. [Topik4 Der Wagen] aber sollte den jungen König in sein Reich abholen; [Topik5=Topik3 der treue Heinrich] hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung.
(Märchen der Brüder Grimm, Der Froschkönig)
(Breindl 2011: 37)

In (92) wiederum tritt ein sogenanntes KontrasttopikKontrasttopik auf.


Das Kontrasttopik vereint in gewissem Sinne die Kategorien Topik und Fokus: Das TopikTopik ist beteiligt, da es den Rahmen vorgibt, innerhalb dessen die folgende Information verankert werden soll (die Nachbarn). FokusFokus ist beteiligt, weil aus diesem komplexen Topik jeweils Möglichkeiten ausgewählt werden, die in diesem Beispiel als Alternativen auch schon vorerwähnt sind.

Die IntonationIntonation ist ein entscheidender Faktor bei diesem Typ von Topik. Man sieht in (92), dass der Tonhöhenverlauf steigt, konstant bleibt und wieder fällt. Man spricht aufgrund dieser Form von der HutHutkontur- oder BrückenkonturBrückenkonturHutkontur.

Wir haben in diesem Abschnitt bisher angenommen, dass das Topik die Einheit ist, über die ein Satz eine Aussage macht. Genau genommen haben wir damit bisher das SatztopikSatztopik (ST) charakterisiert. Es ist aber auch möglich, über das zu reden, wovon ein Textabschnitt oder der größere Diskurs handelt. Der Bereich, über den man redet, wird somit vergrößert. In diesem Fall spricht man von einem DiskurstopikDiskurstopik (DT). In (93) z.B. ist das ST in den Sätzen jeweils ein anderes. Im ersten Satz ist es Paula, im zweiten Satz Paulas Gemüsesuppe und im dritten Satz die ganze Familie. Das DT ist hingegen dasselbe, etwa Paulas Kochkünste.

(93) Paula ist eine tolle Köchin. Ihre Gemüsesuppe ist eine Delikatesse. Die ganze Familie lässt sich gerne bekochen.

Die Bestimmung des DTs lässt in der Regel etwas mehr Spielraum als die Festlegung des STs.

Wir haben in diesem Abschnitt mit der Fokus-HintergrundFokus-Hintergrund-Gliederung- und der Topik-Kommentar-GliederungTopik-Kommentar-Gliederung zwei informationsstrukturelle DomänenInformationsstrukturelle Dimension kennengelernt. Die Funktionen des Fokus, die wir in Abschnitt 1.2.1 ausgemacht haben, wie die Antwort auf eine Frage zu geben, eine Aussage zu bestätigen oder zu korrigieren bzw. Dinge zu kontrastieren, kann man als pragmatischePragmatik Funktionen auffassen, denn sie dienen der gelungenen Kommunikation im Diskurs. Die Fokussierung dieser Elemente nimmt keinen Einfluss auf die WahrheitsbedingungenWahrheitsbedingung der Sätze. Fokussiert ein Sprecher eine andere Phrase, gibt er beispielsweise immer noch eine Antwort auf die Frage (die dann ggf. unpassend ist). Letzteres ändert aber nichts an der prinzipiellen Fokusfunktion in diesem Kontext. Wie wir zu Beginn dieses Abschnitts zur Informationsstruktur gesehen haben, liegt das Augenmerk der InformationsstrukturInformationsstruktur nicht auf dem ausgedrückten, sondern auf dem vermittelten Inhalt. Es geht um die Verwendung von Äußerungen im Zuge der Diskursorganisation. Korrigieren, bestätigen, informieren etc. sind hier bestimmte Operationen im Verlauf einer Konversation. Im gleichen Sinne leistet auch die Topik-Kommentar-GliederungTopik-Kommentar-Gliederung einen Beitrag zur Diskursorganisation, indem sie eine Äußerung in den Satzgegenstand und die Aussage über diesen unterteilt. Aus der Perspektive, dass alle angeführten Mittel dem Zweck dienen, die Verwendung von Äußerungen im Diskurs anzuzeigen oder zu beeinflussen, fällt die Informationsstruktur in den Teilbereich der linguistischen PragmatikPragmatik, der sich mit der Verwendung von Äußerungen im Kontext beschäftigt. Diese Zuordnung ergibt sich ebenfalls aus dem Blickwinkel, dass die Informationsstruktur keinen Beitrag zu den Wahrheitsbedingungen eines Satzes leistet (s.o.) und in diesem Sinne nicht an der wörtlichen Bedeutung von Sätzen teilhat. Pragmatische Phänomene vereint gerade, dass die Natur ihrer Bedeutung nicht-wörtlich ist bzw. über die wörtliche Bedeutung hinausgeht.

Aufgaben

1. Wie lässt sich die Markiertheit von (i) im Vergleich zu (ii) erklären?

(i) #Ein Zauberer war einst sehr weise, reich und mit einer wunderschönen Hexe verheiratet.
(ii) Es war einst ein Zauberer, der sehr weise und reich war.
(nach Lambrecht 1994: 178/180)

2. Erläutern Sie den Unterschied zwischen (iii) und (iv) hinsichtlich der Topik-Kommentar-Gliederung. Überlegen Sie dazu, in welchen Kontexten die beiden Sätze geäußert werden könnten. Das heißt, welche Art von Frage könnte jeweils vorweg gehen?

(iii) Mein BAUCH tut weh.
(iv) Mein Bauch tut WEH. (nach Lambrecht 1994: 137)

3. Bestimmen Sie die Fokusdomänen der folgenden Sätze. Was fällt auf hinsichtlich möglicher Fokusprojektionen?

(v) Der Verband hat die BUNdestrainerin entlassen.
(vi) Der VerBAND hat die Bundestrainerin entlassen.
(vii) Der Verband hat die Bundestrainerin nach dem TurNIER entlassen.

Wie wir gesehen haben, beschäftigt sich die Informationsstruktur mit der Gliederung von Sätzen, die dem Zweck dient, auf Verhältnisse in der Kommunikationssituation aufmerksam zu machen bzw. zu reagieren. Ein angrenzender Untersuchungsbereich im Rahmen des größeren Themas der Diskursorganisation ist, in welchem Verhältnis Äußerungen im Diskurs zueinander stehen, d.h. letztlich, wie ein Diskurs durch einzelne Äußerungen strukturiert wird. Da dieses Feld bei der Diskussion mancher Phänomene in den Kapiteln 2 bis 7 ebenfalls eine Rolle spielen wird, wollen wir auch zu diesem Themenbereich abschließend einige Aspekte einführen.

Die Syntax-Pragmatik-Schnittstelle

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