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1.1.3 Grundannahmen des Grammatikmodells

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Das bis hierher entworfene Bild entspricht dem Modell der Rektions- und BindungstheorieRektions- und Bindungstheorie (Chomsky 1981), das als T-ModellT-Modell bezeichnet wird, weil es wie ein umgedrehtes T aussieht (vgl. (37)).


Dieser Vorstellung nach entstammen die Wörter, die Bestandteil eines Satzes sind, dem mentalen LexikonMentales Lexikon. Wörter weisen einen LexikoneintragLexikoneintrag auf, dem neben phonologischer und semantischer Information auch Informationen zur ValenzValenz, d.h. zur Argumentstruktur,Argumentstruktur zu entnehmen sind. Das heißt, von einem Verb wie kaufen wissen wir z.B., dass es zwei Argumente hat, eine NP im Nominativ und eine NP im Akkusativ. Ebenfalls wissen wir, dass die erste NP interpretatorisch ein Handelnder ist (AgensAgens) (anders als diese NP im Falle von erhalten (EmpfängerEmpfänger) (Peter erhält einen Brief.) oder profitieren (BenefizientBenefizient) (Peter profitiert von Marias Monatskarte für die Straßenbahn.)). Die NP im Akkusativ wird im Fall von kaufen als das, womit etwas gemacht wird, verstanden (ThemaThema) (im Gegensatz zur Akkusativ-NP bei benutzen (InstrumentInstrument) (Hans benutzte ein Messer.) oder erreichen (ZielZiel) (Hans erreichte das Ziel.)). Diese inhaltlichen Füllungen der Argumentstellen werden als thematische RollenThematische Rolle (θ-Rollen) bezeichnet. (38) zeigt einen Lexikoneintrag für den Verbstamm weck-.


Das Verb hat zwei Argumente im Nominativ und Akkusativ, fakultativ kann zusätzlich eine PP auftreten. Das erste Argument erhält die θ-Rolle Agens, d.h. es gibt einen Handelnden, das zweite Argument ,erleidet‘ sozusagen etwas (PatiensPatiens), indem er/sie geweckt wird. Fakultativ kann angegeben werden, aus welcher Domäne er/sie geweckt wird (Traum, Schlaf, Koma).

Die X'-TheorieX'-Theorie erzeugt entlang ihrer Prinzipien die TiefenstrukturTiefenstruktur, die SOV-WortstellungSOV aufweist. Durch BewegungBewegung, beschränkt durch die drei Operationen von TopikalisierungTopikalisierung, FinitumvoranstellungFinitumvoranstellung und ExtrapositionExtraposition, wird die OberflächenstrukturOberflächenstruktur erzeugt. Diese Prozesse haben wir in Abschnitt 1.1.2 im Detail betrachtet.

Man hat nun entlang der Positionen, in denen die bewegten Elemente zu stehen kommen, BewegungstypenBewegungstypen klassifiziert:

Ist die Zielposition eine Kopfposition, handelt es sich um KopfbewegungKopfbewegung. Dies trifft auf die Bewegung von V0 zu I0 (zu C0) zu, d.h. die Flexion und Voranstellung des finiten Verbs.

Ferner unterscheidet man A(rgument)-Argument-Bewegung und Non-A(rgument)(A')-BewegungNon-Argument-Bewegung. Eine A-Position ist eine Position, der eine θ-Rolle zugewiesen werden kann. Eine A'-Position ist entsprechend eine Position, der keine θ-Rolle zugewiesen werden kann. SpecCP ist somit eine A'-Position, weil in dieser Position kein Element basisgeneriert ist. Elemente können nur aus dem Mittelfeld dorthin vorangestellt werden (und haben dann ggf. schon ihre θ-Rolle). SpecIP (durch das Subjekt besetzt) und die Komplementposition von V0 sind A-Positionen.

Die TopikalisierungTopikalisierung bzw. w-Bewegungw-Bewegung sind demnach jeweils Fälle von A'-Bewegung. A-Bewegung, die uns in unserer Darstellung oben nicht begegnet ist, liegt beispielsweise vor, wenn ein Element in die SpecIP-Position bewegt wird (vgl. z.B. Philippi & Tewes 2010: Kapitel 6). Die A'-Bewegung tritt zudem in zwei zu unterscheidenden Varianten auf. Wenn sie innerhalb eines Satzes vorkommt (wie in (39)), spricht man von kurzer A'-BewegungKurze A'-Bewegung.

(39) a. Wen1 hat Maria t1 eingeladen?
b. [Den Dirigenten]1 hat Maria t1 eingeladen.

Sie kann aber auch über eine Nebensatzgrenze hinweg erfolgen, wie in (40). Man spricht dann von langer A'-BewegungLange A'-Bewegung.

(40) a. Wen1 meint Klara, dass Maria t1 eingeladen hat?
b. [Den Dirigenten]1 meint Klara, dass Maria t1 eingeladen hat.

Da die erzeugte Struktur auch interpretiert und produziert/wahrgenommen werden muss, muss das Grammatiksystem auch Repräsentationen erzeugen, die hierfür relevante Informationen bereitstellen. Dies sind die Ebenen der Phonetischen FormPhonetische Form (PF) und der Logischen FormLogische Form (LF). Zwischen der Oberflächenstruktur und der LF sowie zwischen der Oberflächenstruktur und der PF gibt es wiederum mögliche Umstellungen. Hierbei handelt es sich einerseits um Bewegung, die man nicht sieht. Man spricht von coverter BewegungCoverte Bewegung oder LF-BewegungLF-Bewegung. Andererseits kann Bewegung auch sichtbar sein, aber keinen interpretatorischen Effekt haben. Dann liegt eine stilistische UmstellungStilistische Bewegung vor. Man spricht auch von PF-BewegungPF-Bewegung.

w-Interrogativsätzew-Interrogativsatz sind ein Beispiel für Strukturen, bei denen sprachliche Ausdrücke an anderen Positionen interpretiert werden, als in denen sie sich auf der Oberflächenstruktur befinden. In (41) weist das erfragte Akkusativobjekt eine tiefere Basisposition auf. Im Falle der Antwort kann die erfragte Konstituente in dieser Position erscheinen.

(41) PF: Wen hat Peter getroffen?
LF: Für welches x, x ist eine Person, gilt: Peter hat x getroffen.

Im Deutschen entstehen derartige Fragen dadurch, dass eine w-Phrasew-Phrase an den linken Satzrand versetzt wird. Die Option, dass das w-Pronomen in der Basisposition verbleibt, besteht nicht. Dies ist nur unter deutlicher Akzentuierung des Pronomens in der Lesart einer Echo-FrageEcho-Frage möglich.

(42) Peter hat WEN getroffen?

Es gibt allerdings Sprachen, in denen für eine derartige Frage die w-Phrase nicht an den linken Rand bewegt wird. Im japanischen Beispiel in (43) befindet sich der w-Ausdruck in seiner Basisposition.

(43) John-wa naze kubi-ni natta no?
John-TOPIK warum wurde entlassen FRAGE
‚Warum wurde John entlassen?‘
(Jungen & Lohnstein 2007: 241)

Die Paraphrasen der LF sind allerdings entscheidenderweise die gleichen, wie wenn ein w-Element bewegt worden ist (vgl. (44)).

(44) LF: Für welches x, x ist ein Grund, gilt: John wurde wegen x entlassen.

Unabhängig der Oberflächenposition der w-Ausdrücke ist anzunehmen, dass sie sich auf der Ebene von LF an den linken Satzrand bewegt haben. Da sie sich erst nach der Erzeugung der Oberflächenstruktur dorthin bewegen, bleibt die Bewegung covertCoverte Bewegung. (45) und (46) illustrieren die stilistische BewegungStilistische Bewegung, die zwischen der Oberflächenstruktur und PF erfolgen kann.

(45) a. Maria kauft im Kaufhaus ein Kleid.
b. Maria kauft t1 ein Kleid [im Kaufhaus]1.
(46) a. weil Peter [das Haus zu bauen] versucht
b. weil Peter t1 versucht, [das Haus zu bauen]1

Die Bewegungen ins Nachfeld haben hier keinen interpretatorischen Effekt. Man sieht bzw. hört sie, aber sie bringen nicht verschiedene Interpretationen mit sich.

Mit diesen syntaktischen Hintergründen haben wir viele Aspekte bereits eingeführt, die im Rahmen der Diskussion der Phänomene in den Kapiteln 2 bis 7 vorkommen werden: Das Topologische Feldermodell leistet eine Erfassung linearer Abfolgebeschränkungen von Konstituenten. Eine wichtige Rolle spielt hierbei u.a. das Vorfeld, in dem nur eine (beliebig große) Konstituente stehen kann. Ist die Position besetzt und liegt ein selbständiger Satz vor, steht das finite Verb normalerweise in der linken Satzklammer, so dass ein Verbzweit-Satz resultiert. Die X'-Theorie generalisiert über den internen Aufbau von Phrasen. Jede Phrase besteht mindestens aus einem Kopf. Ggf. wird ein weiteres Element vom Kopf gefordert (Komplement) bzw. tritt ein weiterer Modifizierer auf (Spezifikator). Die Annahmen der X'-Theorie erlauben es auch, ganze Sätze im CP/IP-Modell als einen Typ von (komplexer) Phrasen zu analysieren. In der CP entscheidet sich bei dieser Analyse, ob man es mit einem selbständigen oder unselbständigen Satz zu tun hat sowie welcher Satztyp genau vorliegt. Innerhalb der IP erhält das finite Verb zuvor sein Flexionsmaterial und es stellt sich die Kongruenz zwischen dem Subjekt und dem finiten Verb ein. Durch drei Umstellungsoperationen (Bewegung) lassen sich die meisten Sätze des Deutschen aus der zugrundeliegenden Wortstellung Subjekt – Objekt – Verb ableiten: Durch die Finitumvoranstellung wandert das finite Verb aus der rechten in die linke Satzklammer bzw. von V0 über I0 zu C0. Durch die Topikalisierung gelangt eine Mittelfeld-Konstituente ins Vorfeld bzw. nach SpecCP. Wird die Phrase vorher w-pronominalisiert, handelt es sich um einen Fall von w-Bewegung. Wird eine Konstituente bzw. ein Nebensatz ins Nachfeld versetzt, liegt Extraposition vor. Im Normalfall ist eine solche Umstellung sichtbar und hat einen interpretatorischen Effekt. Bewegung kann aber auch covert erfolgen und dennoch interpretiert werden (LF-Bewegung) oder overt erfolgen und keinen Einfluss auf die Bedeutung des Satzes nehmen (PF-Bewegung).

Der nächste Abschnitt unternimmt eine ähnliche Einführung relevanter Konzepte im Bereich der Informationsstruktur.

Aufgaben

1. Stellen Sie die folgenden Sätze (mit Bewegung) im Topologischen Feldermodell dar. Analysieren Sie auch die auftretenden Nebensätze separat.

(i) Melanie ist krank, weil sie bereits ihre Sommerjacke trug.
(ii) Den vor dem Fernseher sitzenden Hans ärgert, dass er keine Karte für das Pokalspiel bekommen hat.
(iii) Soll Klaus das Treppenhaus putzen?

2. Stellen Sie die folgenden Phrasen mit der X'-Theorie dar.

(iv) den Fluss entlang
(v) unter der Rheinbrücke wohnen
(vi) traurig des Hundes gedenken
(vii) das Brot mit gesunden Körnern
(viii) des Sieges sicher

3. Stellen Sie die folgenden Sätze im CP/IP-Schema dar.

(ix) Hannah leidet in Spanien an Bauchweh.
(x) Wen trifft Paul im Schwimmbad?
(xi) Klaus behauptet, dass der Chef die Sekretärin entlässt.
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