Читать книгу Peak - Performance für Frauen - Stacy T. Sims - Страница 5
EINFÜHRUNG
ОглавлениеFRAUEN SIND KEINE KLEINEN MÄNNER.
HÖREN SIE AUF ZU ESSEN UND ZU TRAINIEREN, ALS WÄREN SIE EINER.
Lange bevor ich Ernährungswissenschaftlerin und Sport- und Trainingsphysiologin wurde, war ich eine Athletin. Ich war eine Läuferin. Ich bin Fahrrad gefahren. Ich habe an Triathlon-Wettkämpfen teilgenommen, unter anderem an den Ironman World Championships in Kona und den XTerra World Championships in Maui auf Hawaii. Ich wünschte, ich hätte damals schon gewusst, was ich heute weiß.
Die Sache ist nämlich die: Damals habe ich trainiert wie ein Mann und meinen Körper wie ein Mann mit Brennstoff versorgt, weil das alle so gemacht haben. Ich habe natürlich weniger Kalorien zu mir genommen, weil ich kleiner war. Aber ich habe die gleichen progressiven Trainingspläne befolgt, die gleichen Energieriegel und -gels zu mir genommen und bin genauso gelaufen wie ein Mann. Und weil ich das getan habe, habe ich gelitten. Bei einigen Wettkämpfen habe ich mich großartig gefühlt. Aber andere, vor allem diejenigen, die ungefähr in der Woche stattfanden, bevor ich meine Periode bekam, waren furchtbar. Ich kam mit der Hitze nicht klar (obwohl ich mich darauf vorbereitet hatte). Ich war dehydriert. Ich verlor Kraft und Energie. Ich hatte Magen-Darm-Probleme.
Da ich von Natur aus ein wissenschaftsgläubiger Mensch bin, machte ich mir über alle Wettkämpfe, an denen ich teilnahm, Aufzeichnungen. Ich wollte herausfinden, ob es irgendwelche Muster gab, und der Ursache für meine ungleichmäßige Leistungsfähigkeit auf den Grund gehen. Anfangs vermutete ich, dass es etwas mit meinem Trainingsplan zu tun hatte, dass ich während der Tapering-Phase etwas falsch machte oder nicht immer das richtige Fitnesslevel hatte, wenn ich an einem Wettkampf teilnahm.
Mir kam nie in den Sinn, dass es in Wahrheit meine Physiologie war, die gegen mich arbeitete. Oder genauer gesagt: Dass ich nicht richtig mit meiner Physiologie arbeitete. Meinen Tiefpunkt erlebte ich, als ich beim Ironman auf Hawaii im Sanitätszelt landete, nachdem ich angefangen hatte, unter Hyponatriämie zu leiden (einem niedrigen Natriumspiegel im Blut). Ich erinnere mich schwach, in Richtung Hawi gefahren zu sein, dem Ort, der sich auf der Hälfte der 180 Kilometer langen Fahrradstrecke befindet. Die Winde waren so heftig, dass ich sah, wie eine Frau, die ungefähr so groß war wie ich, von einer Böe erfasst und in den Graben am Straßenrand geworfen wurde. Ja, ich war kurz vorm Durchdrehen und hatte meinen Brennstoffbedarf wahrscheinlich nicht zu 100 Prozent gedeckt. Auf dem Rückweg nach Kona merkte ich, dass ich leichte Kopfschmerzen hatte und langsam anschwoll. Ich wusste, dass dies frühe Anzeichen einer Hyponatriämie waren, weshalb ich zwei Gastrolyte-Tabletten (ein Glucose-Elektrolyt-Präparat) aus meiner Tasche hervorzog und sofort einnahm. Nach wenigen Minuten musste ich pinkeln wie ein Rennpferd. Während des verbleibenden Wettkampfs fragte ich mich, ob meine Teamkolleginnen aus Neuseeland mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten, und falls ja, warum. Als der Wettkampf vorbei war, fragte ich die anderen Frauen aus Neuseeland, wie es bei ihnen gelaufen sei. Dabei stellte sich etwas unglaublich Interessantes heraus: Diejenigen von uns, die sich in der Hochhormon- bzw. Lutealphase (kurz vor dem Beginn unserer Periode) befanden, litten unter beginnenden Symptomen einer Hyponatriämie. Zwei landeten mit medizinisch bedenklich niedrigen Natriumspiegeln im Blut im Sanitätszelt am Tropf. Meine Freundinnen, die sich in der Niedrighormonphase (Tag 1 bis 14 des Menstruationszyklus, beginnend mit dem ersten Tag der Periode) befanden, hatten einen großartigen Wettkampf erlebt und keine Flüssigkeits- oder Hitzeprobleme gehabt – und das obwohl wir uns alle auf die gleiche Weise auf die Hitze vorbereitet und alle die gleichen Ernährungspläne befolgt hatten! Diese Beobachtung veranlasste mich, mein Promotionsthema zu ändern. Anstatt mich mit Höhen- und Hitzetraining zu befassen, wollte ich herausfinden, warum diejenigen von uns, die sich in der Hochhormonphase ihres Zyklus befunden hatten, solche Probleme gehabt hatten.
Zu jenem Zeitpunkt beschloss ich, eine Biohackerin zu werden – mit dem Ziel, den weiblichen Körper für Wettkämpfe zu optimieren. Ich lebte bereits in Neuseeland und studierte an der University of Otago Sport- und Umweltphysiologie und Ernährungswissenschaften. Dort hatte ich unbeschränkten Zugang zu einer Klimakammer, zur Ausrüstung für die Überwachung der Körperkerntemperatur und für Blutanalysen zur Bestimmung des Hämoglobinwerts, des Hämatokritwerts, des Flüssigkeitshaushalts und für die Bestimmung anderer Hormone, zu einem Refraktometer für Urinanalysen und zudem die volle Unterstützung der Doktorandenbetreuer (die unglaublich schlau sind!) und der Laborleiter. Außerdem war ich umgeben von einer Menge sportlich aktiver Freundinnen, Mannschaftskameradinnen und Kolleginnen. So machte ich mich daran zu erforschen, wie Hormone die Thermoregulation, die Verwertung von Makronährstoffen, die Leistungsfähigkeit und die Regeneration beeinflussen. Es war von Anfang an klar, dass der Unterschied zwischen den Geschlechtern weit über das Tragen von Pferdeschwänzen und Sport-BHs hinausgeht.
Ich entwickelte bald meine Theorie, die zu meinem neuen Mantra geworden ist: Frauen sind keine kleinen Männer. Das mag frappierend offensichtlich erscheinen, aber die Hersteller von Sportnahrung haben uns seit Ewigkeiten behandelt, als wären wir welche. Sie haben einfach Produkte auf den Markt gebracht, die weniger Kalorien enthalten, sie in hübsche Verpackungen gesteckt, vielleicht etwas zusätzliches Kalzium oder Sojaprotein hinzugegeben und sie als speziell für Frauen geeignet gekennzeichnet. Frauen haben jahrelang das ernährungspysiologische Äquivalent für »Einschrumpfen und Rosa-Färben« erhalten. Damit wurde uns ein riesiger Bärendienst erwiesen. Es ist Zeit, Frauen als die in physiologischer Hinsicht anders als Männer ausgestatteten Wesen anzuerkennen, zu behandeln und zu ernähren, die sie sind.