Читать книгу Das geliehene Glück des Samuel Goldman - Stefan G. Rohr - Страница 8
Kapitel 5
ОглавлениеDie Nachricht, dass der Mann, der als einziger die Flugzeugkatastrophe von Durban überlebt hatte, auch bei einem Banküberfall durch einen unfassbaren Zufall mit dem Leben davon gekommen sei, und dass dieser Zufall auch noch derart spektakulär war, dass gleich beide Waffen der Bankräuber versagt hatten, verbreitete sich im Land wie ein Lauffeuer. In den Redaktionen von Zeitungen, TV-Anstalten und Radio-Sendern herrschte veritables Chaos. Diese Story war unbeschreiblich und gehörte deshalb exklusiv gerade in das eigene Programm, Primetime, auf die Titelseite. Man musste diesen Sam Goldman einfach einkassieren. Was war das für ein sensationeller Aufmacher! Serienfähig, filmreif, ja, was sagte man, das roch nach dem Medien-Oscar, dem Pulitzerpreis und – vor allem – nach Einschaltquoten, Auflage und Absatz. Kurzum: Das roch nach sehr viel Geld! Und das wollte niemand der Konkurrenz überlassen. Das musste man allein für sich haben.
Als Peter McDorman die Meldung über den fehlgeschlagenen Bankraub bemerkte, er registrierte, dass dieser Sam Goldman aus der Bank tatsächlich ja SEIN Sam Goldman war, begann er so zu schwitzen, dass er sein Hemd hätte wechseln müssen. Er hatte nur kein Zweites dabei. Er brauchte dann auch keine zwei Sekunden, um die Dimension der miteinander verknüpften Geschehnisse um Mr. Goldman zu erfassen, und stürmte in das Büro von Mary Thompson.
„Mary!“ rief er, ja, er schrie fast auf sie ein. „Mary, Du wirst es nicht glauben, was gerade passiert ist!“ Er setzte sich, ganz außer Atem, in den Stuhl vor Marys Schreibtisch. „Mr. Sam Goldman – unser Mr. Sam Goldman – hat gerade vor wenigen Stunden wieder zugeschlagen. Seine Bank wurde heute Morgen überfallen. Und – halte Dich fest – die Gangster wollten ihn erschießen, doch alle ihre Waffen funktionierten nicht. Ist das nicht sensationell? Der Mann ist unsterblich, wie es scheint. Ein Magier. Und er muss Fortuna persönlich vögeln …“
Mary hatte aufmerksam zugehört, begriff aber noch nicht komplett, was ihr Assistent damit meinte. Sie hob die Hände und forderte ihn auf, deutlicher zu werden.
„Mary, “ haspelte McDorman weiter, „Alle Zeugen des Überfalls haben ausgesagt, dass beide, ich wiederhole: beide Bankräuber versucht haben, Goldman zu erschießen. Und beide ihrer Waffen haben keinen einzigen Schuss rausgebracht. Und nun kommt´s ganz dick: Von den Cops ist durchgesickert, dass bei der Kontrolle der Waffen, einem Revolver und einer Schrotflinte, vollgeladen und entsichert, kein Fehler festgestellt werden konnte. Die Überprüfung hat ergeben, dass die Waffen eiwandfrei funktionierten. Geht Dir ein Licht auf? Merkst Du was?“
Mary wurde jetzt klar, was ihr Gegenüber meinte. Sie ließ sich nach Hinten in die Lehne ihres Sessels fallen, richtete den Kopf nach oben und schloss die Augen. Dann murmelte sie: „Wir haben es hier entweder mit einem Außerirdischen zu tun, oder mit dem Betrüger des Jahrtausends. Was von beidem ist aber auch egal, denn die Story, die darin steckt, ist so oder so fantastisch.“
Die Tür sprang auf und der mächtige Paul Wayne trat ein. Die Daumen seiner beiden Hände hatte er, jeweils links und rechts, in seine Hosenträger gehakt und er wippte nun bereits stehend auf seinen Fußspitzen unruhig auf und ab.
„Mary, “ raunzte er herrisch, „sag mir nur eins: Du bist dran an diesem Goldman.“ Er schaute Mary bohrend an.
„Noch nicht, Paul.“ Antwortete Mary ihrem Boss ruhig. „Aber sehr bald. Noch heute Abend. Einen Termin habe ich bereits mit ihm. Und Du kennst mich. Ich werde ihn ganz sicher nicht vom Haken lassen.“ Sie grinste Wayne frech an. „Ich melde mich, sobald ich seine Eier in der Hand habe.“
Paul Wayne nickte und deutete mit seinem Zeigefinger auf Mary: „Nimm sie von mir aus auch in den Mund, wenn´s sein muss. Ich will die Sache bei uns haben, Mary!“ Dann drehte er sich um und ging davon.
*
Sam hatte einen kleinen Trick angewendet, um unerkannt die Bank zu erreichen und nach Hause zu kommen. Er tauschte sein Auto für diesen Tag mit einem Mitarbeiter seiner Bank, setzte sich eine Mütze und eine Sonnenbrille auf, und fuhr ganz ohne von den vielen Reportern und Fotografen erkannt zu werden, an der wartenden Meute vorbei nach Hause. Sein Mitarbeiter hatte es dagegen nicht so angenehm. Als dieser eine knappe halbe Stunde später die Tiefgarage in Sams Auto verlassen wollte, stürmten die Wartenden in die Einfahrt, und der hilfsbereite Kollege musste fast um sein Leben fürchten, so sehr wurde er bedrängt. Er hielt die Fahrzeugtüren verschlossen und zeigte in letzter Not durch ein Fenster seinen Bankausweis, der bewies, dass er nicht Sam Goldman war. Ganz langsam wurde es friedlicher um ihn herum, und irgendwann hatte es auch der Letzte kapiert, dass Sam Goldman sie alle an der Nase herumgeführt hatte. Doch Sam war zu dieser Zeit schon sicher und unbelästigt in seinem Haus angekommen, und trank einen ersten guten Whiskey auf diesen fürchterlichen Tag.
Der Tross der Reporter hatte sich währenddessen schon wieder aufgemacht, sich erneut vor Sams Grundstück zu positionieren. Irgendwann musste der Mann ja mal den Müll rausbringen. Und die Nummer mit dem Gartenschlauch kannten sie ja nun auch bereits.
Als Mary in die Straße, in der Sams Haus stand, mit ihrem Wagen einfuhr, kannte sie die dortige Situation schon in allen Einzelheiten. Ihr Filmteam war ja ebenfalls in dieser Meute und hatte sie mit regelmäßigen Lageberichten auf dem Laufenden gehalten. Nun aber hatte Mary ihr Team abgezogen, sehr zur Freude anderer TV-Sender, die erleichtert waren, dass anscheinend ein wichtiger Konkurrent vorzeitig aufgegeben hatte. Doch Mary hatte ihre Leute lediglich drei Straßen weiter verschoben und angewiesen, sich für den Einsatz bereit zu halten und auf ihren Anruf zu warten.
Gleich hinter Marys Wagen folgten ihr drei weitere Fahrzeuge. Diese waren deutlich als Einsatzwagen einer örtlichen Sicherheitsfirma zu erkennen und mit jeweils vier Security-Leuten besetzt. Während Mary sich im Schritttempo dem Haus von Goldman näherte und dann langsam die Einfahrt auf das Grundstück nahm, gaben die Sicherheitskräfte hinter ihr kurz Gas, blockierten geschickt die Zufahrt zum Grundstück, sprangen aus den Fahrzeugen und stellten sich in einer Kette auf. Der wartenden Meute war unmittelbar klar, hier war an ein Vorbeikommen nicht mehr zu denken.
Lächelnd stieg Mary aus ihrem Wagen. Sie hatte natürlich nicht vergessen, sich kurz noch die Lippen zu übermalen, ihre Haare zu richten und einen weiteren Knopf ihrer Seidenbluse zu öffnen. Ihre Pumps klackten auf den Steinen, als sie den kurzen Weg zum Hauseingang nahm. Sie zupfte noch einmal ihren engen blauen Kostümrock zu Recht, dann hatte sie auch schon geklingelt. Es war auf den Schlag sieben Uhr.
Bevor Sam öffnete, zog er die Gardinen des Fensters neben der Eingangstür auf und vergewisserte sich, wer da draußen stand. Seit seiner Rückkehr aus Durban hatte es schon oft geklingelt. Stets waren es irgendwelche Reporter. Mary bemerkte das, setzte ihr allerschönstes Lächeln auf, winkte Sam mädchenhaft zu und deutete ihm an, dass er gefahrlos die Türe öffnen konnte.
„Mrs. Laura Porter? Bitte kommen Sie herein …“ Sam hatte nicht mit einer derart attraktiven Besucherin gerechnet. Da stand eine junge Frau in seinem Eingang, die auch auf jedem Laufsteg dieser Welt gute Chancen gehabt hätte. Mary war sich ihrer Wirkung durchaus bewusst, und das spielte sie in diesem Moment in Perfektion aus.
Sams Haus war geschmackvoll eingerichtet. Es hatte etwas Gemütliches, zugleich aber auch Modernes, übersichtlich und gut gestellt, und durch bunte Kissen und interessante Bilder mit allerlei Farbklecksern angereichert. Vor dem viktorianischen Kamin, den Sam selbst im Winter gelegentlich nutzte, waren im Zentrum des Wohnzimmers zwei große Sofas gegenüberstehend angeordnet, zwischen Ihnen prunkte ein schwerer Couchtisch aus Acrylglas, zu dessen linker Seite Sams Wiskeyglas leuchtete.
Sie nahmen beide einander gegenübersitzend Platz. Mary war das nicht unrecht, so konnten ihre schlanken, langen Beine nochmals zur Wirkung beitragen und sie hielt die Knie elegant geschlossen. Sie setzte sich ein wenig schräg in Position, so dass Sam sie in einer vollendeten Linie bewundern konnte. Sam dagegen hatte sich seines Anzugs entledigt, sich eine hellblaue Jeans aus dem Schrank gegriffen und ein sportliches Polohemd angezogen. Er sah locker und jugendlich aus, und er konnte es sich durchaus leisten, denn seine ganze Erscheinung, trotz seiner Müdigkeit und den aufreibenden Erlebnissen des heutigen Tages, strahlte er auch in diesem Moment Vitalität und Kraft aus.
So saßen die beiden nun da und es war ihnen nicht aufgefallen, dass sie beide, zunächst für eine kurze, dann aber doch deutliche Zeit, den jeweils anderen schweigend musterten und für durchaus interessant erachteten. Sam unterbrach die eingetretene Stille als Erster.
„Darf ich Ihnen etwas anbieten?“ und er stand halb auf und deutete an, ihr gerne etwas zu holen.
„Ich nehme das Gleiche wie Sie … wenn Sie erlauben.“ Mary antwortete mit einem leicht schüchternen Unterton, was ihr nochmals einen zusätzlichen Reiz verleibte.
„Bourbon.“ erklärte Sam trocken seinem Gast, und goss einen etwas kräftigeren Schluck ein, als es vielleicht ein Etikette-Coach für einen Anstandsbesuch empfohlen hätte. Er ließ noch klackernd zwei Eiswürfel hineinfallen und reichte Mary, kurz zum Prosit nickend, ihr das Glas.
„Schön. Nun sind Sie da.“ Sam bemerkte selbst, dass er ein wenig unsicher war. „Sie sagten, es gäbe Wichtiges zu besprechen. Auch wichtig für mich …“
Mary wusste, dass jetzt der Moment gekommen war, an dem sich der ´Fall Goldman` für sie entscheiden würde. Und sie hatte sich dazu ihre Eröffnung zurechtgelegt, von der sie ausging, dass sie ihn damit überzeugen würde. Ihr war klar, dass das auch anders ausgehen konnte, doch sie war sich sicher, dass ihre Chancen mit jeder Minute steigen, wenn er sie nicht unmittelbar sofort wieder rauswürfe. Und nach seinen ersten Blicken zu urteilen, Mary kannte solche Blicke nur zu gut, standen ihre Chancen nicht gerade schlecht.
„Sam … ich durfte ja schon Sam sagen …“ mit einem geschickten Augenaufschlag sah Mary auf ihr Gegenüber, „… zunächst will ich Ihnen die Wahrheit sagen, und …“ Mary machte eine kurze Handbewegung in Sams Richtung die bedeuten sollte, dass er sie gleich ausreden lassen müsse. „… Sie darüber aufklären, dass ich nicht von der Versicherungsgesellschaft der SAC-Airline bin. Mein Name ist Mary Thompson und ich bin vom Sender NCCB. Und ja, ich habe Sie bei meinem Anruf belogen, aber bevor Sie mich gleich wieder an die Luft setzten, in einem Punkt habe ich die volle Wahrheit gesagt: Dass es sehr, sehr wichtig für Sie ist, dass wir uns treffen.“ Mary unterbrach sich kurz und schaute auf Sam. Sie wollte seine spontane Reaktion abschätzen und sehen, ob er willens sein würde, ihr weiter zuzuhören. Sam verspürte zwar eine leichte Wut im Bauch, doch irgendwie fand er das Ganze, gerade in dieser Situation an seinem Couchtisch, durchaus geeignet, der attraktiven Lady noch ein wenig zuzuhören. Er blickte ihr, ein wenig lächelnd, ins Gesicht, sagte jedoch kein Wort.
In Mary stieg die Zuversicht und sie fuhr fort: „Sam, das Mediengeschäft ist ein Haifischbecken. Sie werden es sicher schon selbst bemerkt haben. Diese Meute, die sich da Draußen auf die Lauer nach Ihnen gelegt hat, kennt kein Pardon. Die jagen Sie, reißen Sie in Stücke, und wenn von Ihnen nichts mehr übrig ist, geht´s ab zur nächsten Sensation. Man wird Sie verfolgen, man wird versuchen, Sie in jeder Lebenslage, zu jedem Zeitpunkt zu erwischen und zu stellen. Und es wird ihnen gelingen, egal, was es kosten wird. Alles für ein einziges Foto oder ein Interview, eine Berichterstattung über Sie. Diese Meute dort, die auch jetzt hinter den Büschen auf Sie wartet, Sie morgen früh ebenso empfangen wird, wie es sicher heute schon der Fall war, diese Meute besteht aus Aasgeiern, die sich auf Sie stürzen und Sie bei lebendigem Leibe zerhackt. Was Sie brauchen, ist ein Profi, jemand, der nicht nur die allerbeste Berichterstattung über Sie garantiert, sondern auch einen starken Apparat mitbringt, der Sie abschirmt, schützt, Ihre Rechte verteidigt und nicht zulässt, dass Sie in dem ganzen Wirrwarr massakriert werden. Mein Sender kann das leisten. Ich kann das leisten. Ich bin dieser Profi, den Sie brauchen und wenn wir gemeinsam agieren, Sie sich mit mir und NCCB vereinen, dann wird die Meute keine Chancen mehr sehen und von alleine abziehen. Und das ist das Wichtige für Sie. Das ist es, was ich Ihnen ans Herz legen wollte und mich bei Ihnen mit einer – zugegeben nicht gerade charmanten – kleinen Lüge eingeschlichen habe. Es ist zu Ihrem Wohl und glauben Sie mir.“
Sam hatte aufmerksam zugehört und dabei sein Gegenüber nicht eine Sekunde lang aus den Augen gelassen. Mit welch einem Feuer diese Frau gesprochen, mit welch einer Eindringlichkeit sie ihn beschworen hatte, das imponierte ihm schon sehr.
Er erwiderte mit ruhiger Stimme und sehr gefasst: „Und was heißt das konkret für mich?“
Marys Herz begann innerlich zu hüpfen. Er schien anbeißen zu wollen. „Sie vereinbaren mit uns das Recht auf Exklusivberichterstattung für alle medialen Veröffentlichungen und Veranstaltungen, wie Events, Talkshows, Reportagen und so weiter. Im Gegenzuge erhalten Sie nicht nur ein, in der Höhe noch zwischen uns zu verhandelndes Honorar, Sie erhalten Rechtsbeistand, Personenschutz und – was übrigens sehr wichtig ist – ein gewisses Management Ihrer medialen Aktionen. Und Sie bewahren sich die volle Kontrolle über alles, was von Ihnen berichtet und gesendet wird. Nichts geht an die Öffentlichkeit, was zu Ihrem Schaden ist, weil wir das gemeinsam entscheiden und es von Profis der Branche gemacht wird. Und ich werde immer dabei sein, Sie bei allem begleiten. Der Deal ist also in erster Linie mit mir, ich vertrete den Sender Ihnen gegenüber. Und ich bin immer dabei.“ Und Mary Thompson fügte ihrem letzten Satz einen Augenaufschlag hinzu, der Sam unwillkürlich einen angenehmen Blitz durch seinen Körper jagte.
„Und das alles nur dafür, mich zu schützen?“ Sam hatte nicht vor, Mary Thompson das Gefühl zu geben, sie hätte mit ihren aufopfernd klingenden Fürsorgeargumenten und ihrem Wimpernklimpern bereits überzeugt. „Sie machen das natürlich alles nur, weil ich ein so netter Kerl bin.“
„Sam“, konterte Mary erst, „NCCB ist ein kommerzieller Sender. Ich bin eine Berufsjournalsitin, wir leben von guten Stories. Und Ihre Story ist sensationell. Das wissen aber nicht nur wir. Wie gesagt, da draußen sind an die hundert Leute, die für einen Happen von Ihnen ihre Großmutter erschlagen würden. Und noch einige Tausend von Solchen stehen parat, sich auf den Weg zu Ihnen zu machen. Ja, ich will mit Ihnen erfolgreich sein, auch weil ich Geld damit verdiene. Es ist mein Job, verdammt. Aber man kann diesen so, oder so machen. In Ihrem Sinne, zu Ihrem Vorteil, oder eben nicht. Denen da, in Ihrem Vorgarten, ist das nämlich scheißegal. Und vielleicht machen Sie sich die Mühe, und schauen aus dem Fenster. Sie werden dort ein halbes Dutzend Sicherheitskräfte entdecken, die Sie in Ihrem Häuschen hier absichern. Die sorgen schon einmal dafür, dass Ruhe ist und Sie niemand belästigt, Ihre Türglocke nicht alle zehn Sekunden bimmelt, Sie die Rollos an den Fenstern oben lassen können und Ihr Hausmüll nicht fortlaufend durchwühlt wird. Und wenn Sie sich jetzt fragen, woher zum Teufel die Securities auf einmal kommen, dann darf ich Ihnen mitteilen, dass ich dafür gesorgt habe, und NCCB den Spaß bezahlt.“
Mary begann zu schweigen und sah Sam an. Auch er schwieg und erwiderte ihren Blick für eine ganze Weile. Ihm gefiel durchaus ihr Engagement und er konnte sich vorstellen, dass diese junge Frau, die so heißblütig reden konnte, tatsächlich erfüllen würde, was sie versprach. Und was sie sagte, entbehrte auch nicht der Logik, war durchaus realistisch. Er hatte ja schon längst selbst erkannt, dass sich dieser ganze Medienhype um ihn nicht morgen einfach wieder in Luft auflösen würde, die überall lauernden Reporter nicht freiwillig von ihm ablassen und nach Hause fahren sollten. Aussitzen, bis das alles in Vergessenheit geraten wäre, war sicher keine wirkliche Option. Warum sollte er sich also nicht mit einem Sender, mit einer fähigen Journalistin, zusammentun? Alles wäre gebündelt, kontrolliert und er könnte dann ja immer und zu jeder Zeit wieder aussteigen, wenn´s ihm zu bunt wird oder die junge Dame vor ihm hier jetzt nicht die Wahrheit gesagt hat.
Sam begann langsam zu nicken und Mary erkannte, dass sie gewonnen hat. Sam brach das Schweigen: „Wie geht´s weiter?“
„Sie schenken uns erst einmal noch einen Whiskey ein, ich besorge eine Pizza für uns und lasse mir von meinen Assistenten meine Laptop-Tasche bringen – ok?“ Mary strahlte Sam an und bemerkte, dass er es für einen kleinen Moment ebenso tat. Mary stand kurz auf, griff ihr Handy und rief McDorman an, der nur wenige hundert Meter mit dem TV-Team im Kamerawagen wartete. Sie gab ihm leise einige kurze Anweisungen und beendete das Telefonat. Doch bevor sie sich wieder zu Sam setzte, schrieb Mary noch eine Kurznachricht auf ihrem Handy. Die Nachricht erreicht Paul Wayne nach einem Bruchteil einer Sekunde. Sie hatte sich den derzeit dicksten Fisch an Mediensensationen geangelt – und dafür hatte sie nicht einmal einen Tag gebraucht.
Mary war allerdings mit ihrem Tagwerk für sich selbst noch nicht ganz zufrieden. Es gab zum einen noch viel mit Sam zu besprechen, und fast alles davon konnte auch nicht bis morgen warten. Zum anderen musste Sie schnellstmöglich etwas für den Sender haben. Am besten gleich für die frühen Morgen-News. Mit dieser gewonnenen Zeit konnte sie dann in den nächsten Tagen tiefer und tiefer in die Goldman-Sache einsteigen und den Wunderjungen auf dem ersten Platz halten. Was zu tun war, wusste Mary Thompson genau.
Sie trank einen Schluck Bourbon und lehnte sich – man hätte glauben können: erschöpft – nach hinten in die bequeme Couch. Sie blickte offen in das Gesicht von Sam. Ja, ein gutaussehender Bursche, das hatte sie ja schon zuvor bemerkt. Und wenn er lächelt, seine Grübchen zeigt, dann …
„Sam, wir haben jetzt noch viel zu tun.“ sagte sie ernst und betont, denn sie wollte sich nicht weiter ablenken lassen. „In wenigen Minuten wird mein Assistent herkommen. Ich hoffe, dass er die Pizza mitbringt. Wir werden dann den Vertrag kurz durchgehen und dann ein erstes Kurzinterview aufnehmen. Mein Kamerateam steht ein paar Straßen weiter auf Stand-by und wird dazukommen, wenn wir so weit sind. Ist das in Ordnung für Sie, Sam?“
Das war es! Er hatte es sich insgeheim fast erhofft, dass Mary Thompson ihn nicht gleich wieder verlassen würde. Ihre Anwesenheit empfand er mehr als angenehm, ja sogar ein wenig aufregend, denn er glaubte bemerkt zu haben, wie Mary hinter ihrer Härte und spröden Sachlichkeit auch eine sehr weibliche Sanftheit verbarg. Sam entschied sich aber, derlei Gedanken nicht weiter zu verfolgen und nickte auf Marys Frage geflissentlich mit dem Kopf. „Wenn Sie es verantworten können, dass ich Ihretwegen mein heutiges Blind-Date verpasse, dann ist es ok!“
Und schon war McDorman an der Tür. Als ihm geöffnet wurde, kam er atemlos herein und übergab seiner Chefin die Laptoptasche und die geforderte Pizza. Der junge Mann stand, immer noch fast in der Türe, unsicher da und schaute mit einem hochroten Gesicht und einem leicht irre wirkenden Lächeln auf Goldman, dann wieder auf Mary, die seine Blicke bemerkte.
„Was ist noch, Peter?“ fragte sie schroff. „Hast Du Deinen Kollegen im Kamerawagen auch schon eine Pizza gebracht?“
McDorman begann aufrichtig zu lächeln: „Die fressen nur Menschenfleisch!“ Und so stand er weiter da, wie angewurzelt, und machte keine Anzeichen das zu verändern.
„Dann gehe zu ihnen, und opfere Dich“ befahl Mary noch schroffer.
„Man würde Dich wegen Beihilfe …“ versuchte ihr Assistent als letzten Versuch.
„McDorman! Raus!“ Jetzt hatte sich Mary verständlich genug gemacht. Der junge Mann drehte sich fast ruckartig zur Türe, und schon war er mit einem Satz wieder draußen.
Sam und Mary aßen ein wenig und schauten dabei, bewusst Langeweile vortäuschend, mal hierhin, dann mal dorthin. Sie schenkten sich ein kurzes Lächeln und Sam verschluckte sich zweimal hintereinander, was ihm sehr peinlich war und ihm die Röte ins Gesicht trieb. Mary Thompson zog nun einen Vertrag aus ihrer Tasche, den Sie zuvor im Büro optimistischer Weise vorbereitet hatte. Sie trug schnell die Daten von Sam ein, und dann reichte Sie ihm das Dokument.
„Sie sind Banker“, sagte sie dabei fast beiläufig, „Verträge werden nichts Neues für Sie sein. Aber wenn Sie Fragen haben ….“
Sam begann zu lesen. Er merkte gleich, dass dieses Dokument darauf abzielte, ihn mit Haut und Haaren zu schlucken. Er dachte aber auch, dass es sich ja, wie von seinem Gegenüber angekündigt, um einen Exklusivvertrag handelte und sah deswegen keinen Grund, sich etwa nicht entsprechend fest zu binden.
„Ein Feld ist nicht ausgefüllt …“ Sam zeigte auf die Stelle in dem Dokument, wo eine längere Linie aus Punkten den Platz freihielt, der für die Honorarsumme vorgesehen war. Er nahm noch ein Pizzastück, biss einen Happen ab, kaute genüsslich und schaute Mary Thompson geradewegs ins Gesicht.
„Das können wir gerne gleich jetzt besprechen.“ Mary machte ein Gesicht, dass sie besonders professionell erscheinen lassen sollte.
„Dann besprechen Sie mal …“ Sam machte das Spiel um den Coolsten im Raum gerne mit.
„Sie haben keine Vorstellung …?“ Mary versuchte es auf diesem Wege.
„Wenn ich mich recht erinnere, dann haben SIE sich doch als Profi vorgestellt. Zudem wollten Sie mich ja auch zum meinem Schutz und Wohl in allen Sachen an die Hand nehmen.“ Sam grinste sie breit an. „Was würden Sie an meiner Stelle für eine Zahl nennen?“
„Das hängt ganz davon ab, ob Sie bereit sind, bestimmten Empfehlungen meinerseits zu folgen, die – sagen wir einmal – signifikantere Veränderungen von Ihnen abverlangen.“ Mary wusste, was sie meinte.
„Die da wären …?“ Sams Spannung wuchs.
„Sam, ich will Ihnen reinen Wein einschenken, und Sie müssen mich ernst nehmen, ich mache wirklich keine Späßchen mit Ihnen.“ Fuhr Mary mit weiterhin ernster Miene fort. „Sie müssen sofort Ihren Job kündigen, gleich morgen …“
„Was!?“ Sam glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. „Meinen Job kündigen? Wozu in aller Welt ist das nötig?“ rief er ehrlich erbost.
„Das hat viele Gründe. Und zwar gute!“ begann Mary zu erklären. „Was glauben Sie wohl wird passieren, wenn Ihre Geschichte, diese unglaublichen Ereignisse, über den Sender gehen, Reportagen über Sie rauf und runter gesendet werden? Was wird das bei den Menschen im Land bewirken? Nicht bei allen, das ist klar. Aber bei ganz vielen.“ Mary machte eine kleine Pause bevor so weitermachte. „Sam, alle werden in Ihnen einen Menschen sehen, der übersinnliche Kräfte besitzt. Man wird Sie dafür nicht nur bewundern. Man wird Jagd auf Sie machen. Man wird versuchen, ein Stückchen Ihrer Kräfte, Ihres Glück, was auch immer, für sich zu ergattern. Durch Handauflegen, durch eine Berührung, durch irgendetwas, was Ihnen gehört oder durch Ihre Hand gegangen ist. Fetischjäger, Verrückte, Menschen, die an Außerirdische glauben und vielleicht überzeugt sind, dass auch Sie ein solcher sind. Es wird aber auch Neider geben. Oder Menschen, die irre sind und versuchen werden, der Welt zu beweisen, dass Sam Goldman ein stinknormaler sterblicher Mensch ist. Es könnte kranke Gehirne geben, die sich mit einem Attentat auf Sie in die Geschichtsbücher bringen wollen. Und was weiß Gott noch mehr. Das ist es, was Sie nicht weiter `normal´ arbeiten lassen wird. Oder wollen Sie, dass täglich ein paar hundert komische Typen zu Ihnen in die Bank kommen und Sie belagern? Wollen Sie jeden Ihrer Schritte nur noch mit zwei Bodyguards machen? Sam, Sie müssen alles kappen, was Sie öffentlich zugänglich mach. Das jedenfalls für eine längere Zeit – damit müssen Sie sich abfinden. Das ist der Preis.“
Sam fand das alles ziemlich krank. Er holte tief Atem und schaute zum Fenster. „Dann wäre es das Beste für mich, wenn ich erst gar nicht in der Öffentlichkeit auftrete und alles so lasse, wie es ist, Ihren Vertrag nicht unterzeichne, keine Interviews gebe und mich irgendwie durch diese ganze beschissene Sache durchmogle. Das werde ich dann wohl auch noch hinkriegen.“
„Aber Sam, begreifen Sie denn nicht, “ Mary lehnte sich über den Tisch und ergriff seine Hände, „dass es hierfür schon längst zu spät ist? Peter hat heute Recherchen angestellt, über Sie! In kürzester Zeit hatten wir eine ganze Reihe von Geschichten und Ereignissen über Sie zusammengetragen. Das werden andere doch auch schaffen. Erinnern Sie sich: die Sache mit der Eisenbahn zum Beispiel? Das Lawinenunglück. Oder was im Country-Club so über Sie berichtet wird? Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Aber schon das reicht aus, dass die Leute da draußen durchdrehen. Sie SIND bereits ein Phänomen. Sie KÖNNEN deshalb nicht mehr aus der Sache herauskommen. Es ist zu spät. Der Absturz in Durban und die heutige Geschichte in Ihrer Bank – das sind Tatsachen, die Sie unmittelbar zum Mythos gemacht haben. Sie merken davon nur noch nichts, denn der Tsunami braucht noch ein wenig Zeit bis hierher. Sicher ist nur: Er kommt. Und Sie sind dem ohne mich, ohne uns als Team, schutzlos ausgeliefert. Sie haben gar keine wirkliche Wahl mehr. Sie sollten mir vertrauen und machen, was ich Ihnen empfehle.“
Sam begann die Dimension seiner Geschichte erfasst zu haben. Es war bitter. Es kam schnell, unvorbereitet und hart. Aber dieses hübsche Köpfchen, ihm gegenüber sitzend, hatte die Situation messerscharf beschrieben. Und war es nicht sogar eine einmalige Gelegenheit den Alltagstrott verlassen zu können? Sicher, es drängte ihn bisher nichts zu einem derartigen Gedanken. Dazu war er – wie Zeit seines bisherigen Lebens – einfach zu zufrieden. Aber diese bildhübsche Journalistin vor ihm, die es so gut verstand, ihm zwischen den Zeilen auch ein neues, interessantes Leben zu prophezeien, lockte auf eine magische Weise mit Reizen, die ihm bisher nicht wichtig erschienen waren. Und warum nicht? Was hatte er denn bisher von seinem Glück gehabt? Er hatte es angenommen und mit einer Selbstverständlichkeit abgetan, als wäre es das tägliche Frühstücksei. Sein Glück jetzt auch einmal für sich zu verwerten, eine Summe in diesen Vertrag setzen zu können, hatte auf Samuel Goldman plötzlich eine magnetische Anziehungskraft. Ein Geschäft konnte er machen, ohne Wareneinsatz, ohne Kapital, ohne ein echtes Risiko. Er brauchte sich nur einen kleinen Schubs zu geben, anstatt sich wie Odysseus am eigenen Mast anzubinden, um den Sirenengesängen nicht zu erliegen.
Doch er wollte zunächst noch etwas mehr wissen. „Erst kündigen, dann sicher auch gleich aus meinem Haus ausziehen … hat Ihr Sender auch so etwas wie ein Zeugenschutzprogramm parat? Denn wenn ich Sie richtig verstehe, dann heißt es für mich, schnellstmöglich unterzutauchen, am besten mit neuer Identität und dem Verbot der Kontaktaufnahme zu allen Menschen, die mir etwas bedeuten. Bin ich da richtig?“
Mary blieb gefasst: „Nicht ganz so schlimm, lieber Sam, aber es geht schon in diese Richtung. In jedem Fall müssen wir schneller sein, als der Mob da draußen. Sie kündigen morgen. Das ist, wie gesagt schon einmal das Erste. Ja, und aus dem Haus müssen Sie auch für eine Zeitlang raus. Diese Adresse ist bekannt und jeder, der einen Computer besitzt, wird Sie in Sekunden recherchiert haben, und sich auf den Weg hierher machen können. NCCB ist nicht das FBI oder die NSA. Neue Identitäten sind nicht in unserem Instrumentenkoffer. Dafür aber haben wir Anwälte, Geld und ein großes Netzwerk. Das wird Sie ausreichend schützen.“
„Schwebt Ihnen jetzt vor, dass ich Tag für Tag das Hotel wechsele und nie an einem Ort länger als ein paar Stunden aufhalte, so wie Jassir Arafat oder Salman Rushdie?“ Sam hatte durchaus Spaß an seiner Gegenwehr. Der Betrag auf der gepunkteten Linie würde dadurch nicht geringer werden.
Mary war sich nicht sicher, ob Sam das wirklich so empfand und Bedenken hatte, oder nur pokern würde. Ihr kam aber ein Gedanke, den sie in jedem Fall für förderlich erachtete: „Ich hatte es zwar nicht geplant, aber mir fällt da gerade etwas ein.“ Mary ließ Sams Hände los und beide bemerkten, dass Sie schon einige Minuten in dieser Haltung verharrt hatten. „Ich besitze ein kleines Wochenendhaus am Lake Robinson, nordöstlich von Greenville, ungefähr eine Stunde Autofahrt entfernt. Das Haus liegt sehr abgeschieden direkt am See und hat alles, was man für einen Aufenthalt benötigt. Dort könnte ich Sie zunächst unterbringen … wenn Sie wollen.“ Marys letzter Satz kam zögerlich, ja fast ein wenig schüchtern und passte so gar nicht in ihr bisheriges Auftreten.
„Und Sie werden dann täglich nach mir sehen? Mich abholen, zurückbringen, Babysitter spielen?“ Sam musste innerlich zugeben, dass es schlechtere Gesellschaft geben würde. „Und ich koche dann jeden Abend für uns, stelle Kerzen auf den Tisch und hacke im Winter Holz für den knisternden Kamin?“ Sam grinste leicht unverschämt.
„Sie haben das vorbereitete Bad für mich vergessen, mit den Rosenblättern auf dem Wasser und dem Champagner im Kühler.“ Mary lachte offen zurück. Und sie dachte tatsächlich in diesem Moment, dass es schlechtere Ideen gäbe.
„Und Ihr Partner?“ Sam schaute gespannt auf Mary. „Wird der das tägliche Bad mit Ihnen nicht vermissen?“
Mary schmunzelte. „Mein Partner heißt NCCB. Mehr ist nicht drin.“ Sie sendete einen fast unmerklichen, kurzen Blick in Sams Richtung. „Zum Ausgleich lasse ich dafür ab und zu mein Kamerateam über mich herfallen.“ Sie sagte das so trocken, Sam hätte es fast glauben können.
Sam gefiel Marys Schlagfertigkeit außerordentlich. Er hatte aber auch bemerkt, dass ein kleiner trauriger Unterton bei ihr mitspielte. Er tat besser daran, das nicht weiter zu vertiefen. Es entstand eine winzige Pause in der beide schweigend ein paar Blicke tauschten. Sam schaute wieder auf den Vertrag. „Sie meinen also, dass ich nach all dem Gehörten nun besser in der Lage bin, das Honorarfeld mit einer Zahl zu füllen?“ Sam war wieder bei der Sache.
„Zweihundertfünfzigtausend.“ Mary reichte ihm den Kugelschreiber. „Das ist, was wir in Ihrem Fall bereit sind zu zahlen.“ Immer noch den Schreiber haltend fügte sie hinzu: „Und Sie erhalten noch die üblichen Beteiligungen an den Sie betreffenden Werbeeinnahmen des Senders. Ich bin mir sicher, dass Sie insgesamt schnell auf eine Summe kommen, die Sie lange Jahre absichert. Bitte, tragen Sie das ein und unterzeichnen dann.“
Und Sam nahm den Kugelschreiber, unterzeichnete und gab den Vertrag zurück an Mary. „Ich hätte es vielleicht auch für die Hälfte gemacht.“ Und er grinste ein wenig frech, denn der Spruch gefiel ihm.
Mary lächelte mit besonderer Anmut zurück. „Vielleicht hätte ich ja auch das Doppelte akzeptiert.“ Dann steckte sie das Dokument in ihre Laptoptasche und holte über das Handy ihr Team zu sich. Noch an diesem Abend gab Sam ein kurzes Home-Interview, wie es am nächsten Morgen hieß, nicht aber bevor Mary mit ihm an seinem Kleiderschrank war und die passenden Sachen für ihn ausgewählt und ihn hiernach mit etwas Schminke aus ihrem privaten Bestand für die Kamera zurecht gemacht hatte.
Sam erzählte über sein Erleben des Absturzes und Mary wies ihn immer mal wieder an, eine bestimmte Passage hier, ein Satz dort, zu wiederholen oder zu vertiefen. Sam folgte dem mit Gelassenheit und Ausdauer. Mary erfuhr aber auch weitere Geschichten von Sam, die er erlebt hatte. Ihm war es dabei gar nicht aufgefallen, dass Mary immer größeres Interesse auch an diesen Ereignissen entwickelte und so entging es ihm auch, dass sie sich viele Notizen machte, mitunter ihrem Kameramann kurz zunickte und diesen auch ohne Sams Kenntnis mitzeichnen ließ, und sie brachte geschickt das Gehörte als Hinweise und Appetitanreger für die Ausstrahlung am nächsten Morgen ein. Sie hatte längst begriffen, dieser Sam Goldman hatte nicht etwa nur einmal Glück, auch nicht nur zweimal. Dieser Mann war ein Phänomen, das zeigte sich immer deutlicher. Und genau das sollten auch alle Zuschauer sofort begreifen.
Er packte in dieser Nacht noch einen Koffer und machte sich für einen unbestimmten Aufenthalt im Sommerhaus von Mary Thompson bereit. Sie war geblieben und wartete mit ihm auf den günstigsten Zeitpunkt, das Haus unbemerkt verlassen zu können und mit ihrem Wagen in Richtung Lake Robinson zu verschwinden. Die Meute schlief derweil und keiner bekam mit, dass Sam Goldman gerade dabei war, ihnen für einige Zeit zu entwischen.