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Mordmotiv 1: Kindernamen-Verewiger

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Es gibt keinen einzigen haltbaren Grund, auf dem Heck des Autos die Namen der Kinder, die man gezeugt hat, festzuhalten. Es macht keinen Sinn, es ist unnötig, und es nervt. Dennoch brausen da draussen Millionen von Leuten herum, die uns mitteilen, dass Kevin an Bord ist, Melissa auch noch mitfährt, Jonas gerade die Rückbank vollkotzt und Jennifer-Ann schreiend nach ihrem Stofftier verlangt, das sie kurz zuvor dem Vater am Steuer an den Kopf geworfen hat.

Warum? Wozu? Weshalb? Will irgendeiner wissen, wie die Kinder eines wildfremden Autolenkers heissen, der einfach für einen kurzen Moment ein paar Meter Strasse mit einem teilt? Besitzerstolz kann es kaum sein. Kinder zu zeugen ist so einfach, dass es jeder Trottel schafft – die Supernanny kann ein Lied davon singen. Oder will uns die Familie in ihrem Siebensitzer einfach mitteilen, wie kreativ sie bei der Namenswahl war? Dann müsste sie konsequenterweise auch den Familiennamen auf dem Heck preisgeben. Denn Jeremy, Joshua und Shoshanna klingen mit einem Mal ganz anders, wenn sie von Breitenmoser, Rüdisüli, Hundsberger oder Müller-Kraushaar gefolgt werden. Nach wie vor warte ich jedenfalls vergeblich darauf, dass mich einer der Hecknamen genügend überzeugt, um eigens dafür ein zusätzliches Kind zu produzieren.

Spricht man einen der Heck-Benamser auf diese Unart an, erhält man als Antwort oft, es handle sich um eine Sicherheitsmassnahme. Der besorgte Familienvater will seiner Umwelt ganz einfach mitteilen, dass sich Kinder im Wagen befinden – man möge also entsprechend vorsichtig fahren. Ich bitte um Erklärung: Sind diese Leute der Ansicht, ich pflege anderen Autos mit Vollgas ins Heck zu fahren, solange keine Kinder an Bord sind? In aller Regel bemühe ich mich durchaus, den Strassenverkehr zu bewältigen, ohne meine Versicherung zu beanspruchen. In Wahrheit ist das Gegenteil der Fall: Nichts animiert mich mehr, dem Vordermann in den Hintern zu brettern, als diese Namenskleber.

In gewissen Fällen mögen die Aufkleber ja durchaus nützlich sein. Wird das Kind am Lichtsignal gekidnappt, wissen die Gangster gleich, was im Erpresserbrief stehen muss. Steht am Heck «Annefleur» oder «Elfen», wird ein Kidnapping allerdings ausbleiben: Niemand will Lösegeldverhandlungen mit Eltern austragen, die ihren Kindern solche Namen geben, das verspricht mehr Ärger als Profit.

Übrigens kann jeder von uns etwas gegen diese schleichende Seuche unternehmen – indem wir die mitteilungsbedürftigen Eltern mit ihren eigenen Waffen schlagen. Einfach Aufkleber produzieren lassen mit putzigen Kindergesichtlein und frei erfundenen Namen von nicht existierenden Kindern, am besten in auffälligen Kombinationen. Beispiele: «Tick, Trick & Track», «Adolf, Joseph & Hermann» (in altdeutscher Frakturschrift geschrieben) oder «Che, Fidel & Mao». Dazu am besten noch einen dieser beliebten unnötigen Apostrophe ins Ganze einbauen (siehe Fall 49), also beispielsweise «an B’ord»– das unterstreicht den Stand der Allgemeinbildung, die im Wageninnern herrscht.

Vorgeschlagene Mordmethode: Den nackten Körper des Übeltäters flächendeckend mit so witzigen Klebern wie «Ich bremse auch für Orks» oder «I love Kampfschach» und ähnlichen bepflastern, bis die Haut nicht mehr atmen kann.



66 Motive für Mord

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