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Mordmotiv 2: Lustige Tischrunden

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Kennen Sie den Ausdruck «nett essen gehen»? Er gehört ins Fabelreich. Wenn Sie vorhaben, nett essen zu gehen, werden Sie scheitern. Entweder ist das Essen mies, Ihr Tisch liegt direkt neben dem Durchgang zur Toilette oder in Hördistanz zur Küche, das Personal ist so unfähig wie unfreundlich – oder alles in Kombination. Im unwahrscheinlichen Fall, dass sie an einem tollen Tisch von freundlichem Personal mit hervorragendem Essen bedient werden, handelt es sich vermutlich um einen Tagtraum. Oder aber es ist Realität, doch dann lauert die grösste Gefahr von allen: Lustige Tischrunden, die in aller Regel genau dann eintreffen, wenn Sie gerade so richtig überzeugt sind, dass Sie an diesem Abend wirklich einfach mal nett essen werden. Ha!

Lustige Tischrunden sind in der Regel zwischen 8 und 20 Personen stark und sind meist besuchsweise im Ort. Vorzugsweise handelt es sich um irgendwelche Vereine, die ein Mal pro Jahr die Grenzen des eigenen Dorfes verlassen und entsprechend aufgekratzt sind. Das Sendungsbewusstsein dieser Tischrunden ist sehr gross. Sie möchten offenbar einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen in diesem Restaurant. Vom ersten Moment bis zum Verlassen des Lokals ist nur noch die lustige Tischrunde zu hören. In aller Regel sind es die Männer, die das Programm bestreiten – mit schlechten Witzen oder noch schlechteren Anekdoten aus dem eigenen Leben. Dabei scheint es ein Grundgesetz zu sein, dass eine solche Tischrunde immer einen Anführer hat, den man unschwer erkennt. Er redet unablässig, weiss alles besser, kommentiert jedes Wort eines anderen Tischrundenmitglieds umgehend und erwartet dabei ungeteilte Aufmerksamkeit. Anführer von lustigen Tischrunden sind vermutlich nicht wirklich beliebt bei der Tischrunde selbst. Es traut sich aber keiner, etwas zu sagen. Wenn der Kegelclub oder der Gesangsverein wie einst irgendwelche Barbarenhorden in fremdes Gelände einfällt, muss er das Terrain markieren. Weil das – in den meisten Fällen – glücklicherweise nicht durch das Ablassen von Urin in die Zimmerecke funktioniert, nehmen Tischrunden den Raum durch Lautstärke ein.

Was genau tun diese Tischrunden-Anführer im zivilen Leben, dann, wenn sie gerade nicht mit ihrem Verein auf Reisen sind? Schwer zu sagen. Auf ihren Besuchen in fremden Kulturkreisen offenbaren sie jedenfalls gehörige Defizite. Offensichtlich hört ihnen zuhause kein Mensch zu, niemand nimmt sie ernst. Da Tischrunden aber eine gewisse Grösse und eine gewisse Kaufkraft auf sich vereinen, müssen sie nicht damit rechnen, vom Besitzer aus dem Lokal geworfen zu werden. Und Sie selbst müssen eben einen neuen Versuch unternehmen, nett essen zu gehen.

Vorgeschlagene Mordmethode: An einen Stuhl binden und zu Tode quasseln lassen von schlechten Bauchrednern, unlustigen Komikern und Thomas Gottschalk.

66 Motive für Mord

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