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LERNFLOW STATT LERNFRUST

In der frühen Kindheit lernen wir wie von selbst, freiwillig und so schnell wie niemals später: unsere Muttersprache, unzählige Bewegungsabläufe, soziale Prozesse und weitaus mehr. Und wir lernen vieles davon ohne Lehrer und in den meisten Fällen hochmotiviert. Während der Schulzeit sieht das mit dem Lernen dagegen leider oft ganz anders aus: Frust statt Lust, Fremdbestimmung statt Freiwilligkeit, Versagensangst statt Begeisterung.

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) stellte schon 2014 auf seinem 20. Kongresses mit dem Titel »Macht Schule krank?!?« eine steigende Zahl an Depressionen, Angst-, Schlaf- und psychosomatischen Störungen unter den Schülerinnen und Schülern fest und forderte menschlichere Schulen.

Drei Jahre später ergab die umfangreiche Studie »Präventionsradar« der DAK-Gesundheit, dass 43 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Alter von 10 bis 18 Jahren häufig Stress haben – eine erschreckend hohe Anzahl und ein trauriges Ergebnis, wie ich finde. Denn Notendruck belastet durch Vorwürfe, ein schlechtes Gewissen, enttäuschte Erwartungen und Tränen nicht nur die Kinder, sondern liefert auch immer wieder Anlass für Streit und belastet so massiv die gesamte Familiensituation.

Trotz allem sollte man sich von solchen negativen Schlagzeilen nicht entmutigen lassen. Die Haltung der Mütter oder der Väter und natürlich auch der Lehrerinnen und Lehrer ist entscheidend und prägend für Kinder und Jugendliche. Jeder kann dazu beitragen, dass sie (wieder) mehr Lust aufs Lernen haben und Lernen mehr Spaß macht.



In den Lernflow kommen

Den Begriff »Lernlust« findet man in Fachbüchern zwar nicht, sehr wohl aber den des »Lernflows«: Wenn wir einen sogenannten Lernflow erleben, lernen wir am leichtesten – mühelos, wie von selbst und äußerst ausdauernd. Doch was ist dieser Flow?

Flow (englisch: fließen, strömen) bezeichnet das beglückende Gefühl eines mentalen Zustandes völliger Vertiefung (Konzentration) und restlosen Aufgehens in einer Tätigkeit. Wenn wir im Flow sind, erledigen sich Aufgaben wie von selbst. Wir merken nicht, wie die Zeit vergeht, und verspüren keine Anstrengung. Im Grunde könnte man statt Flow also auch das gute alte Wort Schaffensrausch verwenden.

Als Schöpfer der Flow-Theorie gilt der Psychologe Mihály Csíkszentmihályi. Er beschreibt den Flow als eine Tätigkeit, bei der man so in eine Sache vertieft ist, dass nichts anderes eine Rolle zu spielen scheint.

Auch beim Lernen kann man in einen wunderbaren Flow geraten – das sollte sogar das Ziel sein. Die gute Nachricht ist, dass der Lernflow quasi von allein entsteht, wenn ein Kind genügend motiviert ist (siehe > ff.) und die Anforderungen, die an es gestellt werden, als angemessen erlebt. Das bedeutet: Die beziehungsweise der Lernende dürfen weder überfordert noch unterfordert sein.


Der Flow-Bereich (grün) befindet sich zwischen Überforderung (rot) und Unterforderung (blau). Stress, Angst und Überforderung liegen über der roten Linie, Langeweile und Routine unter der blauen. Steigen Fähigkeiten und Anforderungen gemeinsam an, wird auch der Bereich des Flows größer.

Jedes Kind kann Schule

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