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Liebe und Tod: die Triebe

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Die Frage, was den Menschen antreibt, ist so alt wie die Menschheit selbst, und die Zahl der Antworten ist Legion. Und natürlich ist diese Frage auch eines der Hauptthemen vieler psychologischer Theorien. Um nur ein Beispiel zu nennen: Der schottische Psychologe William McDougall (1871-1938) zählte mindestens ein Dutzend verschiedene Triebe, angefangen vom Selbsterhaltungstrieb über den Schlaf- und Essenstrieb bis hin zum Nestbautrieb; R. S. Woodworth9 sprach sogar von 110 Instinkten.

Freud war bescheidener und prägnanter. Zunächst sprach er von zwei Trieben: dem Sexualtrieb und dem Selbsterhaltungstrieb, den er indes bald unter den Sexualtrieb subsumierte. Beeindruckt und erschüttert vom Ausmaß der Zerstörung im Ersten Weltkrieg und weil er mit seiner Erforschung von Sadismus10 und Masochismus11 nur aus dem Sexualtrieb heraus nicht recht vorwärtskam, revidierte12 er seine Triebtheorie. Neben den Sexualtrieb (Eros) stellte er den Aggressions- oder Destruktionstrieb13.

Triebe – so definierte er – sind die Kräfte, die hinter unseren Bedürfnissen stehen. „Sie repräsentieren die körperlichen Anforderungen an das Seelenleben“, rufen Erregung oder Spannung hervor und treiben damit den Menschen zur Aktivität, deren Ziel das Ende der Spannung, die Befriedigung ist.

Das Ziel des Aggressionstriebes ist, nach Freuds Meinung, Auflösung, Zerstörung, Rückkehr zum früheren Zustand des Nichtseins. Indessen konnten oder wollten ihm da selbst orthodoxe Analytiker14 nicht immer folgen. So nimmt man heute eher an, dass ein Übermaß destruktiver Aggression eine Reaktion auf Versagung und starke Frustration ist. Und man betonte zunehmend, dass Aggression ja nicht nur zerstörend, sondern auch konstruktiv sein kann.

Wenden wir uns dem Sexualtrieb zu. Seine „Triebkraft“, also die Energie, über die er verfügt, nannte Freud Libido (lat. Drang, Begierde), Zentralbegriff der Theorie, die er über die menschliche Sexualität und vor allem die Allgegenwart sexueller Impulse formulierte: der Libidotheorie. Sie war der wohl revolutionärste Teil seiner Anschauungen und löste – ausgangs des 19. Jahrhunderts – heftigste Anfeindungen aus. Denn er stellte die These auf (und bewies sie), dass die Sexualität nicht erst in der Pubertät erwache, sondern dass jeder Mensch von Geburt an sexuelle Empfindungen habe. Allerdings fasst Freud den Begriff „sexuell“ sehr weit: Sexuell ist danach alles, was Lust bereitet, also auch Daumenlutschen oder im Schlamm spielen. Das im rein geschlechtlichen Sinne Sexuelle nannte Freud genital.

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