Читать книгу Arbeitsrecht in der Umstrukturierung - Stefan Schwab - Страница 92

bb) Inhalt, Form und Umfang der Unterrichtung

Оглавление

123

Die Unterrichtung des Betriebsrats nach § 111 Satz 1 BetrVG kann grundsätzlich auch mündlich erfolgen.[221] Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. In der Praxis empfiehlt es sich aber schon allein aus Gründen der besseren Nachweisbarkeit, die Unterrichtung schriftlich (z.B. durch einen Ausdruck der Präsentationsunterlagen, alternativ auch durch ein entsprechendes Schreiben) vorzunehmen.[222] Soweit Massenentlassungen i.S.d. § 17 KSchG anstehen, ergibt sich eine Pflicht zur schriftlichen Unterrichtung aus § 17 Abs. 2 KSchG. Für den Arbeitgeber empfiehlt sich daher regelmäßig eine parallele Vorbereitung der entsprechenden Unterlagen, wenn die Betriebsänderung mit einer Personalreduktion verbunden ist. Schließlich sind auch im Rahmen des Konsultationsverfahrens die Gründe für die Entlassungen, die Zahl der zu entlassenden Arbeitnehmer etc. anzugeben (vgl. zu Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG nachstehend unter Rn. 306). Auch eine Verbindung der Verfahren, d.h. des Konsultationsverfahrens und der entsprechenden Unterrichtungspflicht mit den Interessenausgleichsverhandlungen, ist zulässig; es verstößt nach Ansicht des BAG nicht gegen unionsrechtliche Vorgaben, wenn der Arbeitgeber sein Pflichten nach § 17 Abs. 2 und 3 KSchG durch die Angaben im Interessenausgleich erfüllen will (vgl. dazu ausführlich Rn. 306).[223]

124

Die Unterrichtung nach § 111 Satz 1 BetrVG verfolgt allerdings andere Zwecke als das im Konsultationsverfahren an den Betriebsrat und die Agentur für Arbeit zu übermittelnde Schreiben. Sie muss grundsätzlich umfassend sein und soll den Betriebsrat in die Lage versetzen, sich ein vollständiges Bild von der geplanten Maßnahme und deren Auswirkungen zu machen.[224] Der Unternehmer muss die Gründe, die aus seiner Sicht für die geplante Betriebsänderung sprechen, ebenso darlegen wie den Inhalt der geplanten Maßnahmen und die Auswirkungen auf die betroffenen Arbeitnehmer.[225] Die bei Personalabbaumaßnahmen erforderlichen Informationen nach § 17 Abs. 2 KSchG reichen hierfür regelmäßig nicht aus. Es ist vielmehr auch mitzuteilen, aus welchen Gründen der Unternehmer sich gegen andere Alternativen entschieden hat. Dies ist zumindest dann anzunehmen, wenn der Unternehmer mehrere Alternativen geprüft und zwischen diesen gewählt hat.[226] Über Alternativen, die er selbst nicht in Betracht gezogen hat, muss der Unternehmer nicht unterrichten.[227]

125

Es kann dementsprechend auch nicht verlangt werden, dass der Unternehmer auf Wunsch des Betriebsrats vor der Umsetzung der geplanten Maßnahmen neue Analysen und Prüfungen vornimmt bzw. vornehmen lässt. Aus § 80 Abs. 2 BetrVG folgt zwar, dass dem Betriebsrat in der Regel neben der Darstellung des Arbeitgebers auch weitere Unterlagen zur Verfügung zu stellen sind, die er auswerten kann. Hierzu zählen etwa Gutachten von Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüferberichte und Bilanzen.[228] Auch hier gilt aber, dass der Unternehmer nur solche Unterlagen zur Verfügung stellen muss, über die er selbst verfügt.[229] Neue Unterlagen und Analysen muss er entgegen einer in der Praxis häufig anzutreffenden Vorstellung nicht herstellen lassen, wenn der Betriebsrat dies wünscht.[230]

126

Darauf, dass sich aus den vorzulegenden Unterlagen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ergeben, kann sich der Unternehmer anders als nach § 106 Abs. 2 BetrVG nicht berufen; die Unterrichtungspflicht wird allein hierdurch nicht eingeschränkt.[231] Grenzen ergeben sich allerdings daraus, dass der Unternehmer über die nach seiner Auffassung maßgeblichen und für die Betriebsänderung relevanten Umstände zu unterrichten hat. Die Vorlage von Unterlagen, die weder zum Verständnis der Planungen, noch zu Zwecke der Beratung erforderlich sind, kann nicht verlangt werden.[232] Auch eine Unterrichtungs- und Vorlagepflicht, die wahllos alle in den vergangenen Jahren erstellten Prüfberichte, Gutachten und Bilanzen betrifft, besteht nicht.[233]

127

Die erforderliche Geheimhaltung etwaiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse lässt sich in der Praxis zum einen durch einen ausdrücklichen Hinweis[234] auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit sicherstellen, zum anderen empfiehlt es sich, die entsprechenden schriftlichen Unterlagen als streng vertraulich zu kennzeichnen und die jeweiligen Exemplare zu personalisieren. Ein etwaiger Geheimnisverrat kann dann eher nachvollzogen werden.

128

Die Informationspflicht gegenüber dem Betriebsrat besteht unabhängig davon, ob der Unternehmer den Wirtschaftsausschuss bereits unterrichtet hat, wird hierdurch also nicht eingeschränkt.[235]

129

Der Betriebsrat ist auch über die Folgen der geplanten Betriebsänderung zu unterrichten. Neben den die Betriebsänderung selbst betreffenden Informationen sind dem Betriebsrat insbesondere auch die Informationen zu erteilen, die dieser benötigt, um eigene Vorstellungen hinsichtlich des Inhalts eines abzuschließenden Sozialplans zu entwickeln.[236] Zur wirksamen Ausübung seines Mitbestimmungsrechts genügt es jedoch, dass er bei Durchführung der Betriebsänderung imstande ist, einigermaßen fundiert abzuschätzen, auf welche Regelungen eines künftigen Sozialplans die Betroffenen sich einzustellen haben. Detaillierte Informationen über die für den Sozialplan maßgeblichen Zahlen sind damit nicht zwingend erforderlich.[237]

Arbeitsrecht in der Umstrukturierung

Подняться наверх