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c) Zuständiger Verhandlungspartner
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Für die Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte nach §§ 111 ff. BetrVG ist in der Regel der örtliche Betriebsrat zuständig. Etwas anderes gilt nach dem allgemeinen Grundsätzen (§§ 50 ff. BetrVG) jedoch dann, wenn die Betriebsänderung mehr als nur einen Betrieb betrifft und eine Wahrnehmung der Interessen der betroffenen Arbeitnehmer sinnvollerweise nur betriebsübergreifend getroffen werden kann. In diesem Fall, d.h. wenn ein einheitliches oder zumindest unternehmensübergreifendes Konzept besteht, ist der Gesamtbetriebsrat der zuständige Verhandlungspartner.[241] Hierfür ist die geplante Betriebsänderung maßgeblich, nicht der später tatsächlich abgeschlossene Interessenausgleich.[242]
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Zu beachten ist allerdings, dass aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die Vereinbarung eines Interessenausgleichs nicht zwingend die gesetzliche Zuständigkeit für den Abschluss eines Sozialplans folgt. Dafür ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 BetrVG gesondert zu prüfen. Ob danach ein zwingendes Bedürfnis nach einer zumindest betriebsübergreifenden Regelung besteht, bestimmt auch der Inhalt des Interessenausgleichs.[243]
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Nach § 58 Abs. 1 BetrVG ist der Konzernbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Sind die vom Unternehmen in Aussicht genommenen Betriebsänderungen auf die Ebene des Unternehmens beschränkt, ist damit eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates zunächst nicht gegeben. Eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats kommt jedoch dann in Betracht, wenn sich eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung bzw. sich die geplante Maßnahme auf mehrere Unternehmen auswirkt und deshalb zwingend einer einheitlichen Regelung bedarf. Der unternehmensübergreifende Regelungsbedarf bestimmt sich dabei nach der vom Arbeitgeber geplanten Maßnahme. Liegt ihr ein unternehmensübergreifendes einheitliches Konzept zugrunde, ist der Interessenausgleich mit dem Konzernbetriebsrat zu vereinbaren.[244] Die zeitliche Nähe der Umstrukturierungen oder den Umstand, dass in einem internationalen Konzern letztlich alle Entscheidungsstränge in der Konzernspitze zusammenlaufen, wird man hierfür aber regelmäßig nicht als ausreichend ansehen können.[245]
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Beispiele:
Der Gesamtbetriebsrat ist demzufolge z.B. in den folgenden Fällen der zuständige Verhandlungspartner:
– | Einführung eines unternehmenseinheitlichen EDV-Systems[246], sofern darin eine Betriebsänderung gem. § 111 Satz 3 Nr. 4 oder 5 BetrVG zu sehen ist, |
– | betriebsübergreifende Entlassung aller Außendienstmitarbeiter mit dem Ziel, deren Aufgaben nun (freien) Handelsvertretern zuzuweisen[247] oder aller Arbeitnehmer nach Maßgabe eines einheitlichen Kriteriums (z.B. einer Altersgrenze)[248], |
– | Stilllegung[249], Zusammenschluss[250] oder Spaltung[251] mehrerer oder aller Betriebe eines Unternehmens. Das gilt auch, wenn bei Beginn der Verhandlungen noch nicht feststeht, welche konkreten Betriebe betroffen sein werden.[252] |
Der Konzernbetriebsrat ist demgegenüber u.a. in den folgenden Situationen für die Verhandlungen zuständig:
– | Stilllegung von Konzernbetrieben oder -unternehmen mit anschließender Übernahme der vormaligen Belegschaft durch andere Konzernunternehmen, |
– | ggf. auch die Einführung eines konzernweit einheitlichen EDV-Systems, |
– | Zusammenschluss mehrerer Konzernunternehmen zu einem einheitlichen Betrieb.[253] |
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Erfassen die im Interessenausgleich vereinbarten Betriebsänderungen mehrere oder sogar sämtliche Betriebe des Unternehmens und ist die Durchführung des Interessenausgleichs abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen in dem noch abzuschließenden Sozialplan, so kann diese Aufgabe von den Betriebsräten der einzelnen Betriebe nicht mehr wahrgenommen werden; sie ist dem Gesamtbetriebsrat zugewiesen.[254]
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Der Interessenausgleich mit Namensliste ersetzt die abschließende Stellungnahme des Betriebsrats unabhängig davon, ob dieser mit dem Betriebsrat oder dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommen ist.[255]
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Verhandlungen mit dem „falschen“ Betriebsrat genügen grundsätzlich nicht, um der Sanktion des § 113 Abs. 3 BetrVG zu entgehen und die Beratungspflicht zu erfüllen. Auf ein Verschulden des Unternehmers kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist allein das objektiv betriebsverfassungswidrige Verhalten.[256]