Читать книгу Klausurenkurs im Öffentlichen Wirtschaftsrecht - Stefan Storr - Страница 159
3. Materielle Rechtmäßigkeit a) Tatbestandliche Voraussetzungen
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Nach § 15 Abs. 2 S. 1 GewO kann die Fortsetzung des Betriebs verhindert werden, wenn ein Gewerbe ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben wird. Fraglich ist deshalb, ob der Betrieb des Bewachungsgewerbes erlaubnisbedürftig ist. Die Erlaubnisbedürftigkeit könnte sich aus § 34a GewO ergeben. Nach § 34a Abs. 1 S. 1 GewO bedarf der Erlaubnis, wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will.
Vorausgesetzter Gegenstand der Bewachung ist ua das fremde Eigentum. Maßgeblich hierfür sind nicht die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse[31]. Selbst wenn in den Juwelier- und Handygeschäften Waren angeboten werden, die nicht im Eigentum des Ladeninhabers stehen, liegt folglich fremdes Eigentum als Bewachungsgegenstand vor.
Fraglich ist hingegen, ob die Tätigkeit der Mitarbeiter der MS Ltd. die Kriterien der Bewachung erfüllt. Bewachung ist die auf den Schutz fremden Eigentums gerichtete aktive personale Obhutstätigkeit[32]. Nach dem Sachverhalt beobachten die Mitarbeiter der MS Ltd. aktiv das Verhalten der Kundschaft in den Geschäften und beschränken sich nicht auf passive Tätigkeiten zB eines „Haushüters“[33]. Fraglich könnte aber – in Abgrenzung zu Detekteien iSv § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GewO – die Schutzintention dieser Tätigkeit sein, denn nach dem Sachverhalt schreiten die Mitarbeiter erst dann ein, sobald ein Ladendieb mit der weggenommenen Ware die Kassenzone passiert hat. Allerdings führt diese „Gewahrsamslockerung“ bezogen auf den Eigentumsschutz nicht zu einer Ablehnung des Merkmals der Bewachung. Das Abwarten der Mitarbeiter vor dem Zugriff dient vor allem Beweiszwecken. Es ist nicht gleichzusetzen mit der Ermittlungstätigkeit von Detektiven und rechnet noch der präventiven Bewachung zu[34].
Schließlich setzt die Erlaubnispflicht die Gewerbsmäßigkeit der Bewachung fremden Eigentums voraus. Dies erfordert eine selbstständige, auf Dauer angelegte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht. Die MS Ltd. übernimmt die Bewachung selbstständig und fungiert nicht etwa als angestellter „Werkschutz“. Sie ist auch dauerhaft mit Gewinnerzielungsabsicht tätig. Folglich liegen die Voraussetzungen der Erlaubnisbedürftigkeit nach § 34a Abs. 1 GewO vor.
Hinweis:
In Anbetracht dahingehender vereinzelter Stimmen in Judikatur und Schrifttum[35] wäre es vertretbar, die Erlaubnispflicht nach § 34a Abs. 1 GewO mangels Bewachungstätigkeit abzulehnen. In diesem Fall würde sich die Frage der Vereinbarkeit der Genehmigungspflicht mit dem unionalen Primärrecht nicht mehr stellen. Da die Bearbeiter/innen aber zu einer erschöpfenden Diskussion der aufgeworfenen Rechtsfragen angehalten sind, sind auch in diesem Fall Ausführungen zur Vereinbarkeit mit Europarecht zu erwarten.