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dd) Rechtfertigung der Beschränkung

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Die für die Niederlassungsfreiheit anwendbare ausdrückliche Schranke des Art. 52 AEUV umfasst bereits nach ihrem Wortlaut nur Regelungen, die nach der Staatsangehörigkeit bzw. dem Sitz differenzieren. Deshalb lassen sich unterschiedslos geltende Maßnahmen wie das Genehmigungserfordernis nach § 34a Abs. 1 GewO nicht nach dieser Vorschrift rechtfertigen[55]. Auch für die Niederlassungsfreiheit ist allerdings die ungeschriebene Schranke der „zwingenden Erfordernisse“ im Sinne der Cassis-Formel anerkannt[56], in deren Rahmen der EuGH den Mitgliedstaaten im Übrigen im Wege des a fortiori-Schlusses auch bei unterschiedslos geltenden Maßnahmen u.a. die Berufung auf die in Art. 52 AEUV genannten Belange gestattet[57].

Für die Rechtfertigung ist zwischen einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen und einem Genehmigungserfordernis als solchem zu unterscheiden. Hier wendet sich die MS Ltd. nicht gegen bestimmte Genehmigungsvoraussetzungen oder deren Anwendung auf sie, sondern die Erlaubnisbedürftigkeit als solche. Erlaubnisvorbehalte lassen sich als verhältnismäßige Schranke rechtfertigen, da sich ein Selbstständiger mit der (Zweig-)Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat integriert und insoweit keine Besserstellung gegenüber den Inländern beanspruchen kann[58]. Dies gilt auch für das Erlaubnisverfahren für das Sicherheitsgewerbe, das dem Schutz der Allgemeinheit vor unqualifizierten Gewerbetreibenden dient[59].

Nach alledem liegt in der Genehmigungsbedürftigkeit des Bewachungsgewerbes kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit.

Folglich ist auch der Tatbestand des § 15 Abs. 2 S. 1 GewO verwirklicht.

Exkurs:

Für normative Erlaubnisvoraussetzungen wird man dies durchaus differenziert sehen müssen. Für das Sicherheitsgewerbe kann sich insbesondere das Gebot, die Tätigkeit nur in Form einer juristischen Person auszuüben, als unverhältnismäßige Beschränkung darstellen, weil sie die Gründung von Zweigstellen in einem anderen Mitgliedstaat erschwert[60]. Auch das Gebot, sowohl ein bestimmtes Gesellschaftskapital zu besitzen als auch eine Sicherheit im Aufnahmestaat zu hinterlegen ohne die Möglichkeit einer Anrechnung, ist nach Ansicht des EuGH nicht durch zwingende Erfordernisse gedeckt[61]. Gewerbezulassungsschranken wie Qualifikationsanforderungen für die Ausübung bestimmter Berufe lassen sich aber durch den Schutz der Bevölkerung vor unqualifizierten Gewerbetreibenden rechtfertigen[62]. Die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen hat aber insoweit auch für das Sicherheitsgewerbe Erleichterungen gebracht, als sie die Berücksichtigung des in einem anderen Mitgliedstaat erlangten Sachkundenachweises des Gewerbetreibenden[63] iSd § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GewO oder eines Unterrichtungsnachweises für das Bewachungspersonal iSd § 34a Abs. 1a S. 1 Nr. 2 GewO gebietet[64]. Der deutsche Gesetzgeber hat die richtlinienrechtlichen Gebote nunmehr übergreifend in § 13c GewO geregelt.

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