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Kapitel 5

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Der darauffolgende Samstag startete den Vormittag mit bedecktem Himmel über Berlin. Die Wettervorhersage hatte für den Nachmittag ein Aufklaren versprochen.

Marion hatte eine langweilige Woche im Büro hinter sich. Vordrucke, Anrufe, genervte Gesichter von Kollegen und lustlose Kommentare von ihrem Chef Herrn Wessel - alias ‚die Schnecke‘ – hatten sie geschlaucht.

Sie arbeitete halbtags, von Acht bis Eins. Die Arbeitszeiten passten in ihren Alltag. Wenn Joshua aus der Schule kam hatte sie meistens das Essen schon fertig. Es sei denn, sie hatte sich was Aufwendiges vorgenommen, wie etwa selbstgemachte Rindsrouladen mit ebenfalls selbstgemachten Klößen und richtig fetter Soße. Joshuas Leibgericht. Wenn sie Glück hatte, konnte sie ihm noch Gemüse unterjubeln.

Joshua lag noch im Bett und Harald hatte es vorgezogen, auch diese Nacht im Wald zu verbringen. Sie hatte ihren schwarzen, mit Kimono-Motiven bedruckten Satin-Morgenmantel über ihr Nachthemd gezogen, sich in die Küche gesetzt und gefrühstückt. Alleine. Zwei Toast, eins mit Erdbeer-Marmelade, eins mit Nutella, dazu ein hartgekochtes Ei, in Scheiben geschnitten und mit einer Messerspitze Senf bestrichen. Danach gab es einen gewürfelten Apfel in Mager-Joghurt. Ihren Kaffee hatte sie frisch aufgebrüht. Ganz herkömmlich. Von Pads oder sonstigen Kaffeefinessen hielt sie nichts.

Nach dem Frühstück räumte sie alles weg und wischte mit einem feuchten Tuch den Tisch sauber. Sie stellte sich ans Wohnzimmerfenster und starrte in den Garten. Üppige Grünflächen, dank intensiver Pflege – ihrer Pflege! - kein Unkraut, an den Seitenflächen Sträucher und Bäume aller Art, die in ihrem Gesamtarrangement nicht ausgewogener hätten sein können.

Der siebenhundertundfünfzig Quadratmeter Garten war ihr ganzer Stolz. Es steckten Stunden harter körperlicher Arbeit darin.

Und da waren sie wieder. Die Wildgänse.

Sie waren Marion schon seit ein paar Tagen aufgefallen. Als Gruppe von vielleicht zehn Tieren - sie hatte sie nicht gezählt und weigerte sich auch, das jemals zu tun - kamen sie alle paar Tage in ihren Garten. Marion fragte sich, ob es sich bei dieser Art um sogenannte Kanadagänse handelte. Und wenn das so war, sollten diese dann nicht ausschließlich in Kanada unterwegs sein? Womöglich hatte sie es hier mit einer der dämlichsten Gruppen von Kanadagänsen zu tun, die sich auf ihren Vogelzügen rund um den Globus um einen kompletten Kontinent geirrt hatten. Ver-flogen, sozusagen.

Aber warum um alles in der Welt suchten sie sich ausgerechnet immer ihren Garten aus, um ihr Unwesen zu treiben? Was gab ihnen das Recht, sich ihren Garten anzueignen und sich hier wie die Axt im Walde zu benehmen?

Die Vögel holten zum Landeanflug in einem großen Bogen aus, ließen sich mit lautem Geschnatter nieder, putzten sich ausgiebig und schüttelten ihr Gefieder. Danach gab es für sie nichts Schöneres, als wie die Hühner im Grün zu picken. Und das mit Hingabe.

Marion hasste das. Nicht nur, dass das Rumgeknabber ihrem Rasen, den Beeten und den Grünpflanzen ganz und gar nicht zuträglich war. Sondern auch, dass die alte Weisheit: ‚Was oben reinkommt, muss auch unten wieder raus‘ auch auf den Verdauungsapparat von Wildgänsen zutraf.

Kurzum: ihr Garten wurde Stück für Stück abgeknabbert und gleichzeitig mehr und mehr zugeschissen. Wenn das so weiterging, waren all die Stunden von harter Arbeit für die Katz. Es musste doch eine Möglichkeit geben, diese Viecher wieder loszuwerden. Legal oder illegal.

Marion ging zur Verandatür hinüber, riss diese mit einem Schwung auf.

„Haut ab, haut bloß ab! Sucht euch einen anderen Garten!“ Sie versuchte, mit so großen Schritten wie irgend möglich auf die Tiere zuzumarschieren. Dabei schwang sie ihre Arme mit kreisenden Bewegungen. „Lasst euch hier nie wieder blicken!“ Sie hoffte nur, dass keiner der Nachbarn zusah.

Die Gänse drehten ihre Köpfe geschlossen in ihre Richtung, schnatterten laut umher. Keins der Gänse machte jedoch Anstalten, sich von ihr fortzubewegen oder zu flüchten. Für einen Augenblick befürchtete Marion, dass die Tiere die Unerschrockenheit besaßen, sich ihr zu widersetzen oder – Schluck! – sie sogar zu attackieren. Aus der Nähe erst fiel ihr auf, dass das einzelne Exemplar einer solchen Gans größer und schwerer war als etwa der Rauhaardackel von ihren Nachbarn, den Schultes.

Doch dann, wie durch ein für den Außenstehenden unsichtbares Kommando, trippelten sämtliche Gänse ein paar Schritte über den Rasen, von ihr weg, spreizten ihre Flügel aus und erhoben sich mit lautem Geschnatter in die Luft. Was für ein belohnender Anblick! Über ihrem Rasen war ein einziges Durcheinander an auf- und abschwingenden Gänseflügeln und Marion fragte sich, ob Alfred Hitchcock ein ähnliches Erlebnis gehabt hatte, bevor er auf die Idee zu seinem Film ‘Die Vögel‘ kam. Sekunden später war nichts mehr von den Gänsen zu sehen.

Beim Hineingehen hörte Marion das durch eine Fensterscheibe gedämpfte Kläffen von Schultes Rauhaardackel. Stand Mutter Schulte etwa am Fenster und hatte das Schauspiel mit einem süffisanten Grinsen verfolgt? Na wenn schon, nächstes Mal sitzen die Viecher hoffentlich in ihrem Garten.

Als sie die Verandatür schloss, klingelte das Telefon. Sie eilte zum Handgerät und las auf dem Display: ‚MUTTER‘. Sie ließ es noch einmal mehr klingeln, dann noch einmal, holte tief Luft.

„Hallo Mama.“

„Hallo meine Liebe. Wie geht es dir?“

„Gut, Mama. Und dir?“

„Ach ... weißt ja. Muss ja.“

„Ja. Natürlich.“

Marion konnte sich nicht daran erinnern, jemals eine andere Antwort von ihrer Mutter bekommen zu haben. Einmal hatte sie sie gefragt, was es mit dem ‚muss ja‘ denn auf sich hatte. Ihre Mutter hatte aber offensichtlich keine Ahnung, was ihre Tochter meinte und Marion wollte das Thema nicht weiter vertiefen. Es war es nicht wert, wegen einer solchen Belanglosigkeit eine Endlos-Diskussion mit ihrer Mutter zu riskieren und sie sprach sie nie wieder darauf an.

„Aber nun sag doch mal: Harald ist doch wieder aus dem Krieg zurück, oder?“

„Ja Mama. Ist er. Er ist zurück von seinem Einsatz in einem Krisengebiet. So nennt man das heutzutage.“

„Jaja, schon klar. Und?“

„Wie ... und?“

„Na ... hat er dir was Nettes mitgebracht?“

Marion kannte das allzu gut. Ihre Mutter hielt nicht viel von Harald. Wahrscheinlich war es einzig und allein die Tatsache, dass er ihr Schwiegersohn war. Genau konnte man das bei ihrer Mutter sowieso nicht wissen. Und irgendwie wollte man es auch nicht wissen.

Darüber hinaus beruhte die Abneigung gegenüber ihrem Schwiegersohn auf Gegenseitigkeit. Harald sagte zwar nichts, aber Marion spürte sein Unbehagen, wenn sie da war. Und, ehrlich gesagt, sie selbst hielt auch nicht viel von ihrer Mutter.

Marion war zwölf gewesen, als die Scheidung ihrer Eltern ihr den Boden unter den Füßen wegriss. Eines Abends machten sie mit ihren andauernden Streitereien selbst vor ihrem Kinderzimmer nicht mehr halt. Wie Schuljungs, die sich nicht einig werden konnten, wer beim Murmeln gewonnen hatte, prügelten sie sich auf Marions Bett. Mit Fäusten und Tritten und Worten, die richtig wehtaten.

Marion war zusammen mit ihrem Bruder ins Badezimmer geflüchtet. Sie konnte nicht mehr aufhören zu heulen. Justus und sie hockten mit dem Rücken an die Badewanne gelehnt. Er hielt sie fest umarmt, strich liebkosend über ihre Haare.

Jahre später beichtete ihr ihre Mutter, dass sie mehr als nur ein Verhältnis während ihrer Ehe gehabt habe. Irgendwann habe es sie gepackt, sagte sie achselzuckend, sie konnte einfach nicht mehr aufhören mit dem Fremdgehen.

Annemarie, so der Name ihrer Mutter, hatte fünf Männer in den letzten zwei Jahren ihrer Ehe. Sie verzehrte sich danach, bewundert zu werden, Männer mit ihrer sexuellen Ausstrahlung wahnsinnig zu machen. Sie brauchte das, konnte nicht anders. Marions Vater Rüdiger war irgendwann dahintergekommen, hatte Eins und Eins zusammengezählt und nicht lange mit der Scheidung gefackelt.

Annemarie hatte nie wieder geheiratet. Sie kam ursprünglich aus Wuppertal. Dort hatte es sie nach der Scheidung auch wieder hingezogen. Ihre rheinländische Frohnatur und ihre Art von Humor konnten oder wollten die Menschen im Süden Bayerns nicht akzeptieren.

Seitdem sie mit Harald verheiratet war, hatte Marion sich oft gefragt, ob und wie sehr diese ganze Sache mit ihrer Mutter und deren Männern sie selbst geprägt hatte. Auch sie war kein Kind von Traurigkeit gewesen, nachdem sich Thorsten aus dem Staub gemacht hatte.

Marion war nach Thorsten ständig auf der Suche, sie liebte die Abwechslung und den Spaß, hatte flüchtige Beziehungen, die in der Regel nicht länger als drei Monate hielten. One-Night-Stands mit Männern, deren Namen sie zwei Tage später schon nicht mehr kannte. Im Urlaub auf Ibiza, zusammen mit ihren beiden damaligen Freundinnen, wechselten sie ihre Strand- und Barbekanntschaften des Nachts durch und am Abend vor dem Heimflug trieben sie es alle gemeinsam in einem der Hotelzimmer. Es war eine wilde Zeit.

Dann kam die Schwangerschaft mit Joshua und damit die Erkenntnis, dass sie etwas ändern wollte. Ändern musste. Sie wollte nicht mehr so sein wie der Schatten ihrer Mutter, sie wollte sie selbst sein, mit eigenen Idealen. Vor allem wollte sie eine funktionierende Beziehung. Eine langjährige Beziehung, eine, die auf Gefühlen basierte. Sie sehnte sich nach Kontinuität, nach einer Schulter zum Anlehnen, nach einer eigenen Familie, mit Kind und Haus und einem schönen Garten dahinter. Vor allem sehnte sie sich nach Ehrlichkeit.

„Was Nettes mitgebracht? Aus Afghanistan? Was soll er mir denn von da mitbringen?“

„Na irgendetwas wird es dort schon geben, was man seiner treuen, wartenden Ehefrau mitbringen kann“, sagte Annemarie. „Also hast du nichts gekriegt ...“

„Mama, ich bin doch schon froh, wenn er gesund aus so einem Einsatz zurückkommt. Das ist ja alles nicht ganz ungefährlich da unten, verstehst du?“

Marion ging mit dem Telefon in der Hand in die Küche. Auf dem Esstisch stand der Laptop, aufgeklappt und angeschaltet. Mit einem Blick auf den Bildschirm sah sie, dass sie eine Nachricht auf Facebook erhalten hatte.

„Naja, ist ja schon gut“, sagte ihre Mutter. „Dann war die Wiedersehensfreude doch sicher riesig, oder? Wenn nach so langer Zeit der Mann wieder nach Hause kommt ... oh lala! Mir kannst du doch da nichts vormachen, meine Liebe. Ich weiß doch Bescheid! Also, wenn dein Vater mal längere Zeit auf Montage war und dann wieder nach Hause kam ...“

„Mama, warte mal kurz!“ sagte Marion. Sie setzte sich an den Esstisch, starrte auf den Bildschirm. +Hallo Marion. Bist du da?+ Sie deckte das Handgerät mit ihrer freien Hand ab. Thorsten.

Sie hielt kurz inne, nahm die Hand wieder vom Mikrofon weg und runzelte erschreckt die Stirn. Warum zum Teufel hatte sie das Mikrofon mit ihrer Hand abgedeckt? Was ein Quatsch! Mit einem Kopfschütteln hielt sie den Hörer erneut ans Ohr. „Mama, bist du da?“

„Ja klar bin ich da, mein Kind. Ich war die ganze Zeit da. Was ist los?“

„Ach, nichts. Wolltest du denn was Besonderes?“

Es entstand eine kurze Pause. „Versteh‘ schon ... Wieso? Bist du im Stress?“

„Naja, irgendwie schon ... Ich habe noch was zu tun.“

„Soso. Na dann ... will ich mal nicht weiter stören. Hast du denn mal etwas von deinem Vater gehört?“

Diese Frage kam immer zum Schluss. Muttern würde sich nie ändern, nicht mehr in diesem Leben. Marion wollte ihr schon so oft sagen, dass sie ihn doch selbst anrufen sollte, wenn sie sich noch für ihn interessierte.

„Nein, ich habe nichts von Papa gehört“, sagte Marion. „Also dann, Mama ... wenn sonst nichts mehr ist ...“

„Moment! Wann kommst du denn mal wieder bei mir vorbei? Ich könnte den leckeren Apfelkuchen backen, den Joshua so gerne mag.“

„Ja ... mal sehen, Mama. Vielleicht bald. Ich muss mal mit Harald reden.“

„Sehr gut, meine Liebe! Das würde mich sehr freuen. Wir könnten vielleicht mit der Schwebebahn fahren und den Zoo besuchen. Ich habe Joshua doch so lange schon nicht mehr gesehen ...“

„Mama, du hast deinen Enkel erst vor drei Wochen gesehen, als du unerwartet übers Wochenende nach Berlin gekommen bist.“

„Ja richtig, mein Überraschungsbesuch. Der Junge hat sich sehr gefreut, als die Oma plötzlich vor der Tür stand. Nicht wahr?“

„Ja sicher. Joshua hat sich gefreut. Also dann, Mama, mach’s gut erstmal.“

„Ja meine Liebe. Ich merk‘ schon, du bist im Stress. Grüß mir den kleinen Helden von mir, hörst du?“

„Ja mach‘ ich. Servus Mama.“

„Tschö, meine Liebe.“

Marion legte auf. Mit einer schnellen Handbewegung rückte sie den Laptop zurecht.

+Hallo Marion. Bist du da?+

*Ja*. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar.

+Wir waren bei deiner Ehe stehen geblieben.+

Was? Bei meiner Ehe?

*Warum waren wir bei meiner Ehe stehen geblieben?*

+Ja, waren wir. Aber wenn du willst, dann unterhalten wir uns vorerst übers Wetter.+

Vorerst ... der war lustig. *Darf ich dich mal was fragen?*

+Frag.+

*Was machst du da so auf dieser Insel da drüben im fernen Kanada?*

+Ich betreibe hier ein Bed & Breakfast. Eine schnuckelige Pension mit insgesamt zweiundzwanzig Betten.+

*Aha, interessant. Und was macht deine Frau?*

+Die arbeitet mit mir zusammen in dem B&B. Teamwork.+

*Wow. Hört sich gut an.*

+Und dein Mann, immer noch beim Bund?+

*Ja.*

+Und?+

*Wie und?*

+Nur so und ... ich dachte, du wolltest noch was dazu sagen. Also schreiben.+

*Nein, wollte ich nicht. Was sollte ich noch schreiben dazu?*

+Weiß nicht. Ich hatte da so ein Gefühl bei deinem schlichten JA. Das kam mir so einsam vor. Aber okay ... wie kommst du so klar?+

Wie ich so klar komme, will er wissen? Prima, danke der Nachfrage! Mein Mann kommt nach Monaten im Auslandseinsatz nach Hause, hat irgendwie verlernt, wie man mit seiner Frau schläft und nichts Besseres zu tun, als gleich in den Wald zu rennen und Wild zu erlegen. Mein Garten wird heimgesucht von hungrigen, kanadischen Wildgänsen und dann meldet sich wie aus dem Nichts völlig überraschend der Vater meines Kindes aus eben diesem Land, wo zufälligerweise auch die Gänse herkommen. Nee danke, es geht mir blendend!

*Och, ganz gut so. Und du? Wann kommst du denn mal nach Deutschland?*

+Keine Ahnung. Ich habe hier gut zu tun, habe gar keine Zeit für einen Besuch in der alten Heimat. Sage mal: deine Facebook-Seite gibt aber nicht viel her, wenn ich das mal anmerken darf.+

*Wieso denn das?*

‚Na, nur ein Foto. Keine Angaben zu deinen Interessen, deiner Familie, deinem Leben.+

Marion blickte auf. Einmal mehr fuhr sie sich mit der Hand durchs Haar.

*Ich bin ja noch nicht so lange bei Facebook. Das kommt alles noch. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.*

+Das Foto allerdings gefällt mir. Hast dich kaum verändert. Gut so.+

*Danke.*

+Was macht Jochen, mein alter Rivale?+

Marion zuckte zusammen. Was sollte das denn jetzt?

*Wieso Rivale? Irgendwie habe ich das anders in Erinnerung mit dem Jochen und deinem Fräulein wie-hies-sie-doch-gleich?!*

+Susanne.+

Susanne! Ja, Susanne hieß diese ... diese Person! Wie konnte sie nur diesen Namen vergessen haben? Wie hatte sie diese Schickse gehasst! Marion schossen die Tränen in die Augen.

*Genau! Susanne! Genau die meine ich! Die kam doch wohl eher. Bevor ich mich mit Jochen trösten musste.*

+Hatten wir nicht schon bei unserem Wiedersehen beim Klassentreffen vor ein paar Jahren über Susanne gesprochen?+

*Nein, hatten wir nicht! Also ich muss schon sagen: der Herr Thorsten Mager lässt es sehr am Erinnerungsvermögen mangeln. Beim Klassentreffen haben wir beide uns nicht wirklich viel unterhalten, falls du dich noch erinnerst.*

+War doch gemütlich in meinem grünen Volvo. Oder etwa nicht?+

Marion spürte eine ungewöhnliche Trockenheit in ihrem Mund. Sie stand auf, eilte zur Spüle und schenkte sich ein Glas Wasser ein.

*Also hier ist es jetzt elf Uhr morgens. Und um diese Zeit am Tag rede ich sicher nicht mit jemandem in Kanada über einen grünen Volvo, in den ich vor Jahren mal eingestiegen bin. Wie spät ist es eigentlich bei dir jetzt?*

+Mitten in der Nacht. Ich bin immer neun Stunden hinter dir. Aber wir wollten ja eigentlich auch noch übers Wetter reden.+

Marion musste schmunzeln, konnte nicht anders. *Wie auch immer: ich muss jetzt Schluss machen.*

+Warte!+

*Auf was soll ich warten?*

+Wie hast du jetzt die Haare?+

Ihr Mund klappte auf. *Nichts Besonderes. Weißt du doch: wie immer ... blond und schulterlang.*

+Ja, weiß ich. Habe ich nicht vergessen. Schön, dass du sie noch so hast.+

*Na dann. Mach’s erstmal gut.*

+Siehst gut aus auf dem Foto.+

*Das sagtest du bereits.*

+Tatsächlich?+

*Ja, tatsächlich.*

+Na dann ... bis demnächst.+

*Gerne.*

Marion klappte den Laptop zu. Vielleicht sollte sie ihre Haare wieder ein wenig länger wachsen lassen. Männer liebten lange Haare.


75 B und Minze frisch

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