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Mit einem Mal war es Nacht geworden. Über den See kroch kalte Luft den Hügel hinauf. Pepe warf einen letzten Blick in Richtung der Häuseransammlung, von der nur ein schwacher Lichtschimmer die Finsternis zu durchdringen suchte. Dann drehte er sich um und lief den Weg zum Zeltplatz zurück. Im Wald konnte er buchstäblich seine Hand nicht vor Augen sehen. Rechts und links des kaum als helleren Streifen auf dem Boden zu erkennenden Pfades raschelte es. Zweige knickten um, Äste schlugen gegeneinander, trockene Blätter knisterten, als sich etwas durch sie hindurchbewegte. Der Wind rauschte in den Bäumen, ließen sie knarzen und ächzen.

Folgte ihm jemand? Pepe blieb abrupt stehen, schloss die Augen, schärfte sein Gehör. Unwillkürlich hatte er nach dem Hammer gegriffen. Wie so oft in den letzten Tagen, wünschte er sich, seine Dienstpistole dabeizuhaben. Oder wenigstens ein Taschenmesser. Da! Pepe schnellte herum. War das ein Schatten hinter ihm? Hatte sich jemand blitzartig zu Boden geworfen? Wieso hatte er denn nur keine Taschenlampe dabei, oder wenigstens eine Panzerfaust. Ein Windstoß ließ Pepe frösteln. Nicht nur deswegen stellten sich plötzlich seine Nackenhaare auf. Er hob den Hammer, bereit, wie Thor einen Angriff abzuwehren. Etwas kam rasend schnell auf ihn zu! Im letzten Moment konnte er sich wegducken, als ein großer Vogel, mindestens genauso erschrocken einen Protestschrei ausstoßend, über ihn hinwegrauschte und das Weite suchte. Erst jetzt atmete Pepe erleichtert aus.

»Verdammtes Mistvieh!«, schimpfte er dem Raben hinterher und ging mit schnellen Schritten weiter. Bis zum Zeltplatz war es nicht mehr weit. Das Gefühl, verfolgt zu werden, blieb. Beständig blickte er über seine Schulter. Schon nach wenigen Schritten blieb Pepe erneut stehen. Vor ihm flackerte ein Lichtschimmer, als ob jemand eine Laterne schwenkte. Er ging in die Knie und lauschte. Hinter ihm schrie ein Käuzchen. Dann hörte er fröhliche Stimmen, von einer Windböe herübergeweht. Verdammt, war er paranoid geworden? Dort hinten feierte jemand am Seeufer eine Party. Über sich selbst den Kopf schüttelnd stand Pepe auf und lief vorwärts. Als er sich dem Ufer näherte, standen die Bäume weiter auseinander. Ließen mehr Restlicht durch. Am Bootssteg kurz vor dem Eingang zum Campingplatz, angestrahlt von einer im Wind schwankenden Lampe, hatte sich eine kleine Gruppe versammelt. Pawel, der Maschinengewehrschütze in der SS-Uniform, stach nicht nur durch seine Körpergröße heraus. Er hatte die Jacke ausgezogen, sodass sich seine bleiche Haut vor dem dunklen Seewasser deutlich abzeichnete. Sein ausgelassenes Lachen hallte weit. Immer wieder streckte er seine Hand nach einer Frau aus. Dieser schien das nicht zu gefallen. Sie schlug seinen Arm beiseite, versuchte auszuweichen, doch Pawels Kriegsspielkameraden hatten einen engen Kreis um sie gebildet und stießen sie Mal für Mal feixend zurück auf den Großen zu.

»Lasst mich in Ruhe, ihr Säue!«, brüllte sie.

Pepe erkannte die Stimme der jungen Frau vom Spielplatz, wenn auch etwas verzerrt. Wie hieß sie nur gleich? Ingrid? Ingeborg? Isabella! Isa!

»Lasst sie in Ruhe, ihr Wichser! Ich reiße euch den Arsch auf!«

Wo kam der denn her? Wie ein Kugelblitz schoss plötzlich Isas Sohn aus dem Gebüsch. Er rannte zwischen den Männern hindurch und stürmte direkt auf Pawel zu. Er prallte von ihm ab, als wäre er gegen eine Litfaßsäule gelaufen, fing sich aber schnell. Nachdem er sich kurz geschüttelt hatte, trommelten seine kleinen Fäuste pausenlos auf den Oberschenkel des Großen ein.

»Hau ab, du Zwerg!«, schnauzte der unwirsch und verpasste dem Kleinen eine gewaltige Ohrfeige, sodass der sich einmal um sich selbst drehte und vom Bootssteg ins Wasser stürzte.

In drei Schritten war Pepe bei ihm und zerrte ihn ans Ufer. Über ihm brüllte Isa wie ein Tier und sprang auf Pawels Rücken. Sie klammerte sich mit ihren Schenkeln fest und kratzte und schlug ihm von hinten ins Gesicht.

»Du Schwanzlutscher! Du miese, verdreckte Kackbratze! Ich kratz dir die Augen aus, du dämlicher Polacke!«

Was war nur mit der freundlichen Isabella vom Nachmittag geschehen? Wie konnte sie sich in so kurzer Zeit von einer liebevollen Mutter in eine fluchende Furie verwandeln? Selbst bei dem schwachen Licht sah Pepe, dass sie sich auch äußerlich verändert hatte. Die Grübchen waren verschwunden, genau wie der Zopf. Stattdessen hingen ihr die Haare strähnig im Gesicht, verdeckten zornig zusammengekniffene Augen und gefletschte Zähne.

»Alles klar bei dir, Kleiner?«, fragte Pepe.

»Meine Wange tut weh. Und die Daumen«, antwortete Isas Sohn.

»Zeig mal.«

Pepe nahm die Finger des Kleinen in seine Hände, strich sanft darüber und bewegte jeden einzelnen.

»Tut das weh?«, fragte er.

»Es geht.«

Anscheinend war nichts gebrochen.

»Du darfst die Daumen nicht in die Faust stecken, wenn du zuschlägst.«

»Warum denn nicht?«

»Na weil du dir die dann brechen kannst.«

»Warum denn?«

»Erklär ich dir später. Ich werde mal besser nach deiner Mutter sehen.«

Über ihnen drehte sich Pawel wie ein rumänischer Zirkusbär und versuchte, Isa von seinem Rücken zu schleudern. Dabei schlug er mit beiden Händen hinter sich, doch Isabella blieb unbeeindruckt. Die anderen Männer standen um das Paar herum und krümmten sich vor Lachen.

»Holt sie endlich mal von mir runter, ihr Affen!«, rief Pawel und schlug Isa erneut mit der flachen Hand hinter sich ins Gesicht.

Viel Wucht war allerdings nicht dahinter, sodass die junge Frau weiter festhielt und ihm einen tiefen, blutenden Kratzer quer über die Wange verpasste.

Pepe war jetzt um den Steg herum und lief auf die Gruppe zu. Zwei von Pawels Kumpanen stellten sich ihm sofort in den Weg. Einer von ihnen war der mit dem lockeren Zahn.

»Das ist eine Privatparty«, empfing der ihn und deutete mit seinem Zeigefinger auf Pepe. Dabei zeigte sein Daumen nach oben, so wie Kinder mit ihren Händen eine Pistole nachahmen. Pepe schnappte sich blitzschnell den hochstehenden Daumen. Seine rechte Hand war vom vielen Motorradfahren außergewöhnlich kräftig. So schlossen sich seine Finger wie ein Schraubstock um den gegnerischen Pistolendaumen. Ein kräftiger Ruck und der fleischige Daumen wurde aus der Gelenkpfanne gehoben. Dann kurz und heftig gegen die natürliche Bewegungsrichtung biegen und fertig. Ausgekugelt.

Der Mann schrie auf, als hätte ihm Pepe den Daumen abgerissen. Er versuchte, Pepes Finger mit seiner freien Hand zu lösen, doch der hielt eisern fest und erhöhte den Druck. Die Augen des Mannes wurden immer größer, seine Schreie lauter. Und als er glaubte, es könnte nicht schlimmer werden, legte Pepe prompt eine Schippe drauf. Das folgende Schmerzensgeheul ließ sogar Pawel kurz innehalten und auch Isa schaute von seinem Rücken interessiert herüber. Nun machte der zweite Anstalten, einzugreifen und seinem Kumpel aus der Not zu helfen. Als Pepe kurz den Kopf schüttelte und seinen Gegner erneut aufschreien ließ, hob der jedoch entschuldigend die Hände und drückte sich auf dem schmalen Steg schnell an beiden vorbei. Seine polternden, rennenden Schritte hallten lange nach.

Pepe hatte derweil den Daumen weiterhin fest im Griff und führte den dazugehörigen, auf Zehenspitzen tänzelnden Mann bis an den Rand der Anlegebrücke. Er ließ den Finger zurück ins Gelenk schnappen. Die Bänder waren wahrscheinlich überdehnt und würden sich eventuell entzünden. Mit etwas Glück war die Kapsel heil geblieben. Sofort klappte der Mann vornüber und presste sich beide Hände wimmernd zwischen die Schenkel. Pepe tippte ihm mit dem Zeigefinger gegen die Stirn und stieß ihn rückwärts ins Wasser. Jetzt waren noch Pawel mit Isa auf dem Rücken und zwei Hobby-Soldaten übrig. Alle vier starrten Pepe verdutzt an. Isabella war als Erste wieder bei sich. Sie ließ sich von Pawel heruntergleiten und lief rückwärts zu Pepe hinüber.

»So ihr Fotzen, jetzt versohlen wir euch den Arsch!«, brüllte sie und ballte ihre Fäuste.

Pepe sah sie von der Seite an. Was war denn mit der los? Sie schien eine komplett andere Person als heute Nachmittag zu sein. Auf jeden Fall hatte ihre Ansage die anderen ebenfalls aus ihrer Starre gerissen. Pawel schlug seinen Kumpanen auf deren Rücken und schob sie auf Pepe und Isa zu.

»Greift sie euch!«, stachelte er sie an, während er sich mit dem Handrücken Blut aus dem Gesicht wischte.

Die Männer waren nicht durchtrainiert, aber anscheinend war das hier nicht ihre erste Prügelei. Ein Straßenkampf unterschied sich grundlegend von einer zigfach durchgespielten Verteidigungs- oder Kampfsportübung. Erstens hielt sich niemand an irgendwelche Regeln und zweitens war unter keinen Umständen vorherzusehen, was im nächsten Augenblick passieren würde. Eine Sache war jedoch bei beidem gleich: Wer den Kampf eröffnete, war im ersten Moment im Vorteil. Also nahm Pepe die Fäuste hoch und fuchtelte wie ein Schattenboxer vor den Gesichtern seiner Gegner herum. Die schienen nicht zu wissen, was sie davon halten sollten und folgten Pepes Bewegungen wie die Zuschauer bei einem Tennismatch. Die Köpfe drehten sich nach links, nach rechts und wieder zurück und keiner der beiden achtete auf Pepes Füße. Er trug zwar keine Kampfstiefel, dafür hatten seine Motorradschuhe einen verstärkten Zehenbereich. Der traf mit voller Wucht das Schienbein des linken Burschen. Pepe war sich nicht sicher, ob er ein Knacken gehört hatte, konnte sich allerdings gut vorstellen, dass zumindest das Schienbein gebrochen war. Erst klappte der Unterkiefer des Mannes nach unten und er riss seine Augen so weit auf, dass zu befürchten stand, sie würden aus ihren Höhlen kullern. Dann schnellte sein verletztes Bein nach oben. Er umklammerte es mit beiden Händen und begann auf dem anderen zu hüpfen wie ein Storch zur Balz.

»Da hast du es!«, brüllte Isa, sprang nach vorn, griff sich beide Ohren des Hobby-Soldaten und warf sich zu Boden. Dabei riss sie den Mann mit sich. Er knallte mit dem Kiefer voran auf den Bootssteg, verdrehte die Augen und blieb bewusstlos liegen. Sofort hockte sich Isa auf seinen Rücken und drosch auf ihn ein wie ihr Sohn nur Minuten vorher auf Pawel. Das Ganze war so schnell geschehen, dass der Partner des Storches eine Schrecksekunde brauchte, um zu realisieren, was geschehen war. Die reichte Pepe aus. Er landete einen perfekten Lebertreffer. Neben dem Schmerz, den ein Leberhaken auslöste, war das plötzliche Abfallen des Blutdruckes ein gewünschter Nebeneffekt. Es funktionierte. Der Hobby-Soldat fing an zu taumeln und kippte anschließend urplötzlich vom Steg, als hätte ihm jemand für einen Seemannsköpfer ein kleines Vermögen geboten. Nur dass unter ihm kein Wasser war. Somit blieb nur Pawel, der Große, übrig.

»Isa!«, rief Pepe.

Doch die hörte nicht. Wie von Sinnen schlug sie unentwegt auf den Rücken des Schienbeinverletzten ein, obwohl der noch immer bewusstlos war. Pepes Unterbewusstsein registrierte, dass auch sie ihre Daumen in den Fäusten hatte.

»Isabella!«, wiederholte Pepe. »Verschwinde hier!«

»Was?«

Isa starrte ihn mit blutunterlaufenen Augen an. Ihre Lippen hatten sich von den Zähnen zurückgezogen und wie sie so über ihrem Opfer hockte, sah sie aus wie ein Vampir, bereit zum tödlichen Biss.

»Verschwinde! Kümmer dich um Mark! Sofort!«

Sie stutzte. Ihre Gesichtszüge wurden plötzlich weicher und sie schaute erschrocken auf den unter ihr liegenden Mann. Dann blickte sie zu Pepe.

»Was ist los?«, fragte sie und war jetzt wieder die Frau vom Spielplatz.

»Du sollst abhauen! Dein Sohn braucht dich!«

»Mark!«, schrie sie auf. »Wo ist er?«

»Hier, Mama, ich bin hier!«

»Ich komme!«

Pepe atmete erleichtert auf, als er die beiden den Weg in Richtung Campingplatz entlangrennen sah.

»Jetzt sind nur noch wir zwei übrig.« Pawel grinste hämisch und zückte ein Bajonett, das länger war als Pepes Unterarm.

Warum waren heutzutage nur alle so verrückt auf Messer?

»Du hättest dich besser mit den anderen verpissen sollen«, blaffte Pawel und strich sich mit der Klinge über seinen Unterarm. Dabei rasierte er ein gutes Büschel Haare von seinem Handrücken.

Wahrscheinlich hatte er damit recht. Aber nun war es zu spät. Pepe lockerte seine Nackenmuskeln und zog den Klauenhammer aus dem Gürtel. Pawels Bajonett war ein Seitengewehr 42, in Suhl für die deutsche Wehrmacht entwickelt. Die Klinge war knapp achtzehn Zentimeter lang und lief in einer tödlichen Spitze aus. War es darüber hinaus richtig geschärft, wovon Pepe nach der Handrasur ausging, konnte es einem sehr hässliche Verletzungen zufügen, wenn der Angreifer im Umgang damit geübt war. Unglücklicherweise würde Pepe gleich herausfinden, ob das auf Pawel zutraf. Er war in seinem Leben schon mehrfach mit Messern angegriffen worden und hatte jedes Mal nur mit Mühe das Schlimmste verhindern können. Ein Motorradrocker hatte ihn fast aufgespießt und eine Chinesin hatte ihm beinahe die Kehle durchgeschnitten. Heute hatte er wenigstens einen Hammer zur Verteidigung dabei.

Die Lampe über ihnen hing an einer Eisenkette und fing bei einem heftigen Windstoß an zu zittern. Pepe ließ sich kurz davon ablenken und Pawel stach wie ein Degenfechter zu. Der Angriff kam zu ungestüm, nicht zielgenau, trotzdem ritzte die Klinge Pepes Unterarm auf. Blut quoll hervor. Das war der Weckruf, den er gebraucht hatte. Jetzt war er voll da. Adrenalin schoss durch Pepes System und schärfte alle seine Sinne. Wieder griff Pawel an, diesmal von der Seite, als wollte er Pepe mittig in zwei Hälften zerteilen. Das Messer zischte durch die Luft. Pepe riss seine Hüfte nach hinten wie der Vortänzer beim Aqua-Zumba. Die Hände samt Hammer flogen hoch in die Luft. Die Klinge zerfetzte sein T-Shirt auf Bauchnabelhöhe. Pawel wurde von seinem eigenen Schwung mitgerissen, machte einen Schritt zur Seite, nahe an den Rand des Steges heran. Sofort schlug Pepe mit dem Hammer zu, mit der Klaue voran, die eigentlich zum Herausziehen von Nägeln gedacht war. Doch Pawel war trotz seiner Größe schnell. Er packte den Laternenmast und schwang sich wie eine exotische Poledancerin um ihn herum, sodass er hinter Pepes Rücken auf dem Steg zu stehen kam. Die Holzkonstruktion schwankte bedenklich, als er schwer auf beiden Füßen landete. Pepe verlor kurz das Gleichgewicht, was ihm das Leben rettete. Seitwärts taumelnd ging Pawels Stoß ins Leere. Sein vorgestreckter Arm verpasste Pepes Niere haarscharf. Wieder holte der mit dem Hammer aus. Er traf Pawels Messerhand voll mit dem Hammerkopf. Ein Erste-Hilfe-Ausbilder hatte einmal mit Fachwissen glänzen wollen und die vielen kleinen Knochen aufgezählt, die sich rund um die Finger versammelten. Pepe war sich sicher, dass er mindestens die Hälfte davon zertrümmert hatte. Pawel grunzte schwer und ließ das Messer fallen. Dadurch ließ sich Pepe ablenken und übersah so den anfliegenden, linken Ellenbogen des Polen. Er hörte seine Nase brechen, wurde von den Füßen gerissen und stürzte rückwärts vom Bootssteg. Auch Pepe verpasste das Wasser, krachte mitten in ein Ruderboot. Das Sitzbrett zerbrach unter ihm. Der harte Aufprall drückte ihm die Luft aus den Lungen. Aus der gebrochenen Nase lief ununterbrochen Blut. Panisch rang Pepe nach Atem, versuchte sich aufzurappeln, als Pawel zu ihm ins Boot sprang. Er hatte sein Bajonett wieder, jetzt in der unverletzten, linken Hand. Pepe schob sich mit den Füßen nach hinten, während er mit beiden Händen nach dem Hammer tastete. War der mit ins Boot gefallen? Der große Pole stand breitbeinig direkt über ihm und warf, angestrahlt von der einsamen Laterne, einen langen Schatten. Trotzdem konnte Pepe sein hässliches Grinsen erkennen, das ihm schon bei ihrer ersten Begegnung unangenehm aufgefallen war. Das Ruderboot schwankte, Pepe versuchte, auf die Beine zu kommen. Doch Pawel stieß ihn mit seinem schweren Kampfstiefel grob zurück. Dann hob er das Messer wie Michael Myers in Halloween und fiel plötzlich vornüber. Sein massiger Körper begrub Pepe unter sich, das Bajonett schnitt tief in Pepes rechtes Ohr und blieb im Bootsholz stecken.

»Das war knapp. Das war wirklich knapp.«

Pepe konnte die Worte kaum verstehen. Pawel lag wie ein Alb auf ihm. Nur unter allergrößter Anstrengung gelang es ihm, den schweren Polen zur Seite zu schieben und sich unter ihm hervorzurobben. Endlich bekam er ausreichend Luft und atmete tief durch. Eine Schmerzwelle traf ihn wie ein Tsunami. Es gab praktisch keine Stelle seines Körpers, die nicht wehtat.

»Der hat Sie ja ganz schön zugerichtet. Ganz schön zugerichtet hat der Sie.«

Wer sprach denn da? Pepe blinzelte gegen das Licht der Laterne. Auf dem Steg stand Käpt’n Iglu auf eine Harpune gestützt und sah auf ihn herunter. Jedenfalls sah der Mann der Werbefigur aus dem Fernsehen verblüffend ähnlich.

»Da bin ich gerade rechtzeitig gekommen. Wirklich, da bin ich gerade rechtzeitig gekommen.«

Pepe wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht, zuckte jedoch sofort zusammen, als er seine gebrochene Nase berührte.

»Sie sollten mal zügig aussteigen. Sie sollten jetzt wirklich zügig aussteigen. Ich habe ihn zwar gut getroffen, mit dem Ruder habe ich ihn gut getroffen, aber er wird wohl bald wieder zu sich kommen.«

Während der Alte sprach, strich er sich über seinen grauen Vollbart und warf das Ruder, das Pepe für eine Harpune gehalten hatte, zu ihm ins Boot. Es traf Pawel am Rücken, worauf der aufstöhnte, aber liegen blieb.

»Nun kommen Sie schon. Wirklich, kommen Sie schon. Wir werden Sie verarzten.«

Mit diesen Worten reichte er Pepe die Hand. Der griff zu und ließ sich auf den Steg helfen.

»Unser Wohnmobil ist gleich dahinten. Gleich dahinten steht unser Wohnmobil.«

»Einen Moment bitte«, sagte Pepe.

Er blieb kurz stehen, streckte den Rücken durch und hörte in seinen Körper hinein. Bis auf die gebrochene Nase und das verletzte Ohr schien er so weit okay zu sein. Von den blauen Flecken und Prellungen auf seinem Rücken mal abgesehen. Vorsichtig tastete er sein Gesicht ab und fühlte Blut an den Fingern.

»Ich mach mich nur ein bisschen sauber«, merkte Pepe an, stieg über den am Ufer liegenden Kopfspringer und stapfte bis zur Hüfte in den See. Das kalte Wasser tat gut. Er tauchte einmal komplett unter und kehrte dann zu seinem Retter zurück.

Pepe S. Fuchs - Schatzjäger

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