Читать книгу Warrior & Peace - Stella A. Tack - Страница 11
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Du bekommst eine Einladung zu unserer Hochzeit
Was ich jetzt dafür gegeben hätte, sprechen oder überhaupt irgendetwas tun zu können, außer im Kartoffelmodus in Virus’ Armen zu liegen und das Gefühl zu haben, die Welt stellte sich auf den Kopf. Hatte ich das richtig verstanden? Fawn und Peace waren Cousins?
Peace hatte Familie?
Die beiden musterten sich wie zwei scheue Katzen, die einander nicht über den Weg trauten. Wobei, nein, Peace sah eigentlich nur frostig aus und Fawn, als hätte man ihr auf den imaginären Katzenschwanz getreten.
»Ist nicht gerade Verwandtschaft, mit der ich mich brüsten würde«, schnaubte Virus. »Nichts, was man lange überlebt.«
»Halt die Klappe, Vi!«, schnappte Fawn. »Egal, was Peace getan hat, das, was du gerade machst, ist nicht besser. Warrior ist unschuldig.«
»Chain war es auch! Du hattest nur das Glück, einen anderen Nachnamen zu tragen. Wärst du eine Tantalos, würdest du jetzt die Radieschen von unten bewundern«, brüllte Virus so heftig, dass ich einen Stromschlag von ihm abbekam. Aber anders als bei Peace taten mir seine weh. Die fremde Elektrizität jagte durch mein Fleisch. Meine Adern leuchteten grell auf, während sich meine Muskeln krampfhaft zusammenzogen, sodass ich zuckte wie ein Fisch auf dem Trockenen.
»Warrior! Lass sie los, Virus, sie hat keine Ahnung. Ich habe sie von alledem ferngehalten. Absichtlich. Sie hat nichts mit alledem zu tun!«
»Chain hatte auch nichts damit zu tun!« Virus’ coole Fassade bröckelte endgültig. Der Boden bebte von all der göttlichen Magie, die in die Atmosphäre gepumpt wurde. Über den Himmel zischten Blitze wie Peitschenhiebe.
»Chain! War! Unschuldig!«, brüllte Virus erneut. Beinahe sah es aus, als würde er weinen, doch es waren lediglich die unheimlichen schwarzen Schlieren, die ihm aus den Augen quollen. »Chain war ein Teil deiner verfluchten Familie. Er war ein Tantalos und nur deshalb musste er sterben. Du hast ihn getötet. So wie du alle anderen getötet hast, um dort zu stehen, wo du es jetzt tust.«
Er atmete heftig, klammerte sich an mich und jagte mir damit einen hysterischen Stromstoß nach dem anderen durch den Körper. Stumm schrie ich.
»Hört auf! Alle beide!«, wimmerte Fawn. Dicke Tränen schwammen über ihre Wangen und dort, wo die Tropfen aufkamen, spross saftiges Grün aus dem Boden. »Es ist doch ohnehin niemand übrig. Alle sind tot. Aber Warrior hat es nicht verdient, wegen eurer Fehler zu sterben.«
»Oh, sie wird nicht sterben!«, säuselte Virus. Er schüttelte mich. Die Ketten rasselten. »Sie wird meine Gefährtin. Dafür werde ich sie zwar brechen müssen, aber wenn ich mit ihr fertig bin, wird sie den Namen Peace nicht einmal mehr kennen und ich werde sie ficken, während du zusiehst, Tantalos.«
Peace schleuderte einen Blitz, den ich in meinen Haaren knistern hören konnte. Er schlug in unseren Pfeiler ein. Es knackte laut, das Holz gab nach. Splitter flogen uns um die Ohren und Virus verlor das Gleichgewicht.
Wir stürzten und schlugen hart auf. Ich auf dem Gott, was nur bedingt weicher war, da ich dabei seinen Ellbogen ins Gesicht bekam. Prustend spuckte ich Blut. Neben uns grollte es animalisch.
Virus fluchte, als sich Peace wie eine Katze fallen ließ. Es grollte erneut und als ich aufsah, bemerkte ich Bloodclaw, der aus dem Schatten geschlichen kam. Seine Fänge leuchteten weiß, während sein Nackenfell drohend zu Berge stand. Der Höllenhund kauerte sich vor uns, visierte Virus an, die lilafarbenen Augen leuchtend vor Blutdurst.
»Eure Befehle, Herrin?«
Ich stöhnte. Peace indessen setzte zum Angriff an, ohne einmal innezuhalten.
Der Blitz knisterte und Virus konnte nicht mehr ausweichen. Er fuhr in seine linke Schulter ein und riss ihn hart zurück. Virus schrie und taumelte, während der Gestank nach verbranntem Fleisch samt Rußschwaden in die Luft stieg und den von Rosen und Minze ersetzte. Die Kette leuchtete in einem dumpfen Rot auf. Ich hielt die Luft an, als mich dasselbe Schicksal ereilte. Es war, als würde es mich an Ort und Stelle zerfetzen. Fleisch platzte auf wie eine überreife Frucht. Blut spritzte auf die Straße. Lautlos gurgelnd hielt ich mir die zerstörte Schulter. Bloodclaw winselte. Der Basilisk krümmte sich unruhig, war aber noch zu träge, um hervorzukommen. Blödes Schleichtier!
»Peace! Peace, hör auf! Du verletzt nur sie!« Unter einem Schleier aus Tränen sah ich, wie Fawn Peace an der soeben ausholenden Hand gepackt hatte. Sie schien Kraft zu besitzen.
Peace bleckte die Zähne wie ein Wolf, kurz bevor er seinem Opfer an die Gurgel ging. »Was, Fawn? Was soll ich deiner Meinung nach tun? Diesem Irren dabei zusehen, wie er mir meine Frau wegnimmt?« Er stieß sie wüst zurück.
Die Göttin taumelte, fing sich jedoch und warf ihm einen scharfen Blick zu. »Was willst du denn tun?«, herrschte sie ihn an. »Du kannst sie nur beschützen, wenn du …«
»Tu es doch einfach!«, unterbrach Virus die Blonde.
Mein Gefährte fixierte den grünhaarigen Idioten, der sich ächzend aufgesetzt hatte und die Blutung an seiner Schulter mit einer Hand abdrückte, doch das Blut quoll daran vorbei. Genau wie bei mir. Die Wunden schlossen sich nicht oder brauchten zumindest ungewöhnlich lange dafür. Scheißtiming, denn es tat höllisch weh.
»Was?«, fuhr Peace ihn an.
Virus grinste nur. »Töte mich!«, forderte er, ließ seine Verletzung los und zog mich hoch, bis er mich erneut im Würgeriff hatte.
»Ich sollte es tun!« Peace’ Finger schlossen sich zu knirschenden Fäusten.
»Tu es!« Virus lachte. »Baller mir den Arsch mit Blitzen voll. Nur bringst du damit auch Warrior um die Ecke, aber hey, was soll’s, du hast ja noch eine Frau als Reserve.« Er zuckte mit den Schultern. »Shame ist offiziell Muttergöttin. Du hast Warrior nie anerkannt, wenn sie stirbt …«
»Sterbe auch ich!«, fauchte Peace. »Anerkannt oder nicht, sie ist meine Gefährtin.«
Virus’ Brauen schossen nach oben. »Dein einziges Argument, warum du mir nicht sofort den Schädel abreißt? Weil du dein eigenes kleines Leben retten willst? Arme Warrior. Du musst ihr regelmäßig das Herz brechen.«
Ich zuckte zusammen. Diesmal nicht wegen der Schmerzen.
Virus’ Lächeln wurde bei meiner Reaktion breiter.
Peace bemerkte es ebenfalls. Erst jetzt schien er wirklich zu registrieren, in welch schlechter Verfassung ich dank ihm war. Und damit meinte ich nicht nur meine Schaschlikschulter.
»Keine Sorge!«, säuselte Virus und hob mich auf seine Arme. »Wenn ich die süße Warrior erst mal geknackt habe, werden wir viel Spaß miteinander haben. Du bekommst eine Einladung zu unserer Hochzeit.« Er sprang in die Luft.
Peace fluchte. Ein Blitz schoss uns hinterher. Ich hörte Bloodclaw jaulen und etwas, das nach einem Körper klang, zerriss mit einem fleischigen Schmatzen. Fawns entsetzter Schrei gellte dabei in meinen Ohren.
Was? Was war passiert? Orientierungslos schaute ich nach unten und erkannte Bloodclaws toten Körper, der rauchend in sich zusammenfiel. Hatte der Hund sich gerade töten lassen? Weshalb? Ich schauderte. Meine Haut kribbelte, als seine Partikel zu mir zurückkehrten. Jetzt konnte Bloodclaw mich begleiten, egal, wohin Virus mich verschleppte. Aha. Schlau!
Die Erleichterung hielt nur kurz an, denn in der nächsten Sekunde überrollte mich eine Welle aus gähnender Erschöpfung. Virus hielt mich trotz seiner Verletzungen fest umschlungen, als ich in seinen Armen zusammensackte. Geschmeidig landete er auf einem nahegelegenen Hausvorsprung und neigte den Kopf, sodass ich den eleganten Schwung seines Halses ausmachen konnte. »War wie immer nett mit dir, Peace«, rief er zum Abschied und stieß sich hastig ab, als ein Blitz den Vorsprung zerfetzte.
Geschickt balancierte er uns über einen Sims und stieg auf den nächsten Vorsprung eines Flachdaches. Flink rannte Virus darüber hinweg, sprang ab und setzte Augenblicke später auf dem nächsten Dach auf. Porno-Karma ließ er einfach zurück. Was der Basilisk übrig gelassen hatte, rührte sich nicht mehr. Ob sie tot war? Ich vermutete, Peace würde sich um sie kümmern, falls ja. Und damit meinte ich nicht, dass er sie gesund pflegte. Falls sie Glück hatte, ließ er sie liegen, falls nicht …
Obwohl Virus seine Bewegungen abfederte, rollte mein Kopf von einer Seite zur anderen. Kalter Schweiß brach mir aus und mein Verstand fühlte sich vernebelt an, obwohl ich mich bemühte, bei Bewusstsein zu bleiben. Ich versuchte, mich auf Virus’ markantes Gesicht zu fixieren. Der Wind riss an seinen ungewöhnlich dunkelgrünen Haaren, welches wie Rabengefieder um seinen Kopf flatterte. Ich hatte höchstens die Hälfte von dem verstanden, was eben abgelaufen war, doch eines wusste ich mit absoluter Sicherheit: Die nächsten Tage oder gar Wochen würden mich verändern. Er würde mich verändern.