Читать книгу Warrior & Peace - Stella A. Tack - Страница 16

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Sieben


Slasher-Film-Szenario

Die Hölle hatte blaue Haare, eisgraue Augen und sprengte mit seinem Blitz die halbe Straße.

Magie sirrte durch meine Adern, als ich Peace auf uns zuschießen sah. Hinter ihm kamen Raised, Honor und Charming näher. Die geballte Magie der Götter ließ die Luft beinahe zu dick zum Atmen werden. Gebäude rissen unter ihrer Wucht und wankten. Der Himmel grollte laut. Ich starrte auf Virus’ Lippenbewegungen, die an ein Gebet erinnerten. Zitternd packte ich die Dolche in meiner Schulter und zog. Erst den rechten, der sich schmatzend löste, dann den linken. Virus rappelte sich auf, schaute sich gehetzt um, während die Götter uns bereits erreichten.

Honor landete hinter Virus. Obwohl Honor der Gott des Krieges war, hatte ich ihn bisher nie beim Kämpfen erlebt. Zumindest bis jetzt nicht.

Seine mächtigen Muskeln spannten sich an, als er die Arme über den Kopf hob. In seinen Händen lag der Griff einer schwarzen Sense. Das scharfe Blatt wirkte transparent. Das gebogene Ende der Speerspitze schimmerte, während das Sensenblatt hinabfuhr.

Virus wirbelte gerade noch rechtzeitig herum. Eine Sekunde später und seine Organe wären ihm aus dem Bauch gepurzelt. Sein erschrockener Schrei hallte laut in der Straße wider. Er landete hart, rollte sich zur Seite. Ein Körper sprang nach vorn und schnitt ihm den Weg ab. Rotes Haar leuchtete auf. Es flatterte wie Flammen um ihn herum, verband sich mit einer Magie, die sich anfühlte wie ein hungriges Tier, das brüllend von der Leine gelassen wurde. Mein ganzer Körper reagierte auf Honor den Kriegsgott mit nackter, purer Angst. Honors Macht war mit nichts vergleichbar, was ich zuvor gefühlt hatte. Sie wirkte auf mich beinahe ursprünglich. Wild wie ein Löwe und fast genauso hungrig. Honors Magie wollte nicht in die kalte, moderne Intelligenz hineinpassen, die die Elite normalerweise umgab. Sie war gleichzeitig wunderschön und absolut grauenhaft. Mein Magen ballte sich zusammen. Galle schoss nach oben. Schweiß tropfte mir den Nacken hinab und ich wurde starr vor Angst. Virus keuchte. Getroffen von der unbändigen Magie zitterten seine Muskeln, als er versuchte davonzukriechen, doch da trat ihm Honor bereits auf den Brustkorb und fixierte ihn, sodass die Knochen knirschten. Virus’ Gesicht verzerrte sich zu einer Maske aus reinem Entsetzen, als Honor ausholte und ihm mit einer einzigen fließenden Bewegung den Kopf vom Hals schlug.

Ich erstarrte ungläubig.

Honor hatte Virus geköpft. In wenigen Sekunden. Ich hörte das Schmatzen. Sah Virus zusammenbrechen. Sein Kopf rollte neben ihn, während silbernes Blut die Straßen tränkte. Mir schwindelte. Links und rechts von mir landeten Raised und Charming. Letzterer blass um die Nase. Was auch an dem grellen Blitz liegen konnte, der die Straße zerriss, als Peace genau vor mir landete.

»Warrior!« Er hauchte meinen Namen nur. Im nächsten Moment lag ich in seinen Armen. Wir schwankten.

»Peace …«

Unsere Blicke hakten sich ineinander, während sich unsere Energie wie zu einem flüchtigen Kuss verband. Die Elektrizität summte. Sein Geruch nach Schnee und Ozon stieg mir in die Nase und als sich seine Magie wie ein Mantel um mich schlang, brachen die grauenhaften Geschichten über ihn aus meinen Erinnerungen hervor.

Ich wich vor seiner Berührung zurück. Unaufhörlich hallte Chains Stimme in meinem Kopf. In Peace’ grauen Augen lag der Schatten all der Toten, die er verschuldet hatte. All der gesichtslosen Götter, die seine Familie gewesen waren. Die Hälse gebrochen, die Augen stumpf, während Peace mit kaltem Gesichtsausdruck über ihre Leichen stieg.

Emotionen brandeten auf. So intensiv, dass sie in hellen Strahlen aus mir herausquollen.

Peace selbst presste mich wie ein Ertrinkender eine Rettungsleine an sich presst. Sein ganzer Körper zitterte, als wäre er ein Junkie auf Entzug, während er seine Finger in meinem kurzen Haar vergrub. »Ich habe dich. Ich habe dich«, flüsterte er mir rau ins Ohr. »Du bist in Sicherheit!« Er schmiegte seine Stirn an meine.

Diese liebevolle Geste ließ mich aufschluchzen. Meine Gefühle waren wirr und konfus.

Endlich schien er zu merken, dass ich in seinen Armen zu einer Steinskulptur mutiert war, denn er rückte ein Stück von mir ab und musterte mich besorgt. Schließlich registrierte er meine abgehackte Hand, die zerfetzten Flügel und die sich langsam schließenden Wunden. Sie reichten bis hin zu meinem kinnlangen Haar, das nach Pulver und Rauch stank. Sein Blick verhärtete sich. Die Regenbogenhaut strahlte grau wie Stein. Seine Finger verkrampften sich um meine Oberarme. »Was haben sie dir getan?«, fragte er mich ausdruckslos.

Meine Lippen klebten aneinander. Ich öffnete sie mühsam, starrte ihm voller Grauen ins Gesicht. »Nicht sie, was hast du getan?« Mein Hals fühlte sich an, als hätte jemand ihn mit Schmirgelpapier bearbeitet.

Peace’ Pupillen zogen sich zusammen. Die einzige Reaktion. Und die sagte mir, dass er sofort wusste, was ich meinte. Wusste, dass ich es wusste. Ich wankte, obwohl er mich weiterhin festhielt. Fast verzweifelt.

Doch ich schlug seine Hände von mir, schüttelte den Kopf und wich zurück. »Warum?«, murmelte ich. Tränen sammelten sich heiß in meinen Augenwinkeln. »Warum, Peace?«

Die ganze Welt schien den Atem anzuhalten. Es gab nur uns zwei und die gigantische Kluft, die sich dazwischen auftat. Mein Herz ächzte. Schrie. Jammerte.

»Ich hatte keine andere Wahl«, sagte er schließlich.

»Doch …«, stotterte ich. »Du hättest dich selbst töten können.«

Sein Kiefer spannte sich an. »Das hätte ich und das werde ich noch, wenn das alles vorbei ist. Zumindest lautete so mein Plan, bevor du in mein Leben gestolpert bist«, stimmte er leise zu.

Ich starrte ihn so lange an, bis er erneut den Mund aufmachte.

»Wenn ich fühlen könnte, würde ich mich selbst hassen. Ich hätte mich am liebsten sofort getötet, Warrior. Aber der Fluch wäre damit auf Chain übergegangen und das wäre schlimmer gewesen als alles, was ich jemals getan habe. Ich habe die Sache schnell und schmerzlos beendet. Er hingegen hätte es nicht verkraftet. Er besaß im Gegensatz zu mir eine Seele, der Fluch hätte ihn wahnsinnig gemacht und leiden lassen.«

»Chain? Warum?« Die Worte ergaben irgendwie keinen Sinn. Chain war also ein Tantalos gewesen? Und Brave betraf dieser Fluch nicht? Vielleicht nicht. Brave war nur sein Halbbruder und der Fluch schien sich auf den Namen Tantalos zu fixieren.

Peace’ Zähne kamen zum Vorschein, als er knurrte. »Ich habe es nicht gern getan, aber es musste sein. Zum Schutz aller.«

»Du hast ihn getötet«, murmelte ich.

»Es war ein Segen für alle. Wäre ich schwächer gewesen, hätte ich mein Leiden von Beginn an beendet, aber damit hätte der gesamte Tartaros geblutet. Jemand musste die Bürde des Fluchs auf sich nehmen und ich habe es getan, auch wenn ich damit große Schuld auf mich geladen habe. Ich wollte das Richtige tun.«

»Aber … aber Chain!« Mehr brachte ich nicht heraus.

Peace schluckte. »Ich konnte es nicht aufhalten. Der Fluch zwang mich dazu. Machte selbst mich wahnsinnig und mürbe, über viele Jahrzehnte hinweg. Ich musste es beenden, sonst hätte er uns alle zerstört.«

Ich sagte nichts. Stand lediglich wie vom Donner gerührt neben ihm und fühlte mich apathisch. Mein Blick zuckte zu dem geköpften Virus. Der Kopf lag mit dem Gesicht abgewandt. Sein Brustkorb hob und senkte sich unter den Atemzügen, die er eigentlich gar nicht mehr tun dürfte. Er lebte, denn er war unsterblich. Zum ersten Mal kam es mir wie ein Fluch vor. Er und Chain würden niemals sterben, außer Peace zerfetzte ihn. Hier und jetzt. Endgültig.

Peace schien das Gleiche zu denken, denn er presste entschlossen die Lippen aufeinander. »Du kannst mich dafür hassen, Warrior. Ich verdiene deine Liebe sowieso nicht. Aber ich muss diese Sache beenden. Wir müssen die Götter stürzen und danach werde ich Abbitte leisten. Das verspreche ich«, sagte er ernst und ging auf Virus zu.

Ich blieb stehen. Sollte ich etwas tun? Aber was?

Peace trat in die schimmernde Blutlache von Virus. Spiegelte sich darin, als er in die Hocke ging. Um seine Hände leckte die Elektrizität. Seine Lippen bewegten sich. Er sprach mit Virus. Ich verstand nichts, aber die Finger des geköpften Körpers zuckten. Peace’ Elektrizität leuchtete auf. Blitze zischten und summten, während sie sich zu einem langen Speer formten, den er fest umklammerte. Die Spannung schwängerte alles mit dem Geruch nach Ozon. Die Härchen auf meinen Unterarmen stellten sich auf. Ich wollte nicht hinsehen, konnte aber den Blick nicht abwenden. Peace nahm das leere Ende der Kette. Deutlich sichtbar reagierte sie auf ihn. Sie straffte sich und schlang sich wie von selbst um sein Handgelenk. Der Fluch tropfte als zäher Schleim hinab und verdammte Virus mit seinem unweigerlichen Schicksal. Ich roch verbranntes Fleisch. Und plötzlich hörte ich das Auftreffen von heißen Blutstropfen auf Beton. Peace keuchte. Ich erstarrte. Beide blickten wir ungläubig auf den Dolch, der sich in sein Herz gebohrt hatte. Die eiserne Spitze lugte dabei aus seinem Brustbein hervor. Was …?

Peace spuckte Blut und stürzte. Hinter ihm stand schwer atmend Charming. Bleich wie der Tod wischte er sich herabfallende Tropfen vom Kinn.

Er hatte zugestochen.

Ich sah ein weiteres Aufblitzen und schrie gellend. »Charming! Nein!«

Er hörte nicht auf mich. Wie im Wahn stieß der Gott auch mit dem zweiten Dolch zu. Die scharfe Schneide schnitt tief in Peace’ Brustkorb.

Raised und Honor standen ähnlich fassungslos wie ich da. Sekunden, die der blonde Gott ausnutzte, indem er nach vorn rannte, sich Virus’ Körper und Kopf unter den Arm klemmte und davonlief. Die Kette wickelte sich von Peace getroffener Hand ab und schleifte klirrend über den Boden. Am Rande nahm ich einen Schatten wahr, der sich von der Straße hinter mir löste. Im nächsten Augenblick spürte ich zwei feste Hände, die sich um meine Oberarme schlossen. Ein Tritt traf mich. Meine Beine knickten ein, als Ash und Sailor mich mit sich zerrten.

»Peace!«, brüllte ich und stemmte die Beine in den Grund.

Peace sah besorgt auf und zog sich mit einer fließenden Bewegung die Klingen aus den Händen. Blut spritzte auf die Straße, als er einen Blitz schleuderte, der so knapp an uns vorbeizog, dass die Zwillinge strauchelten, während die Entladung gewaltsam den Grund teilte.

Sailor hob seinerseits die Hand und schoss. Die Kugeln sirrten aus dem Lauf und trafen Peace zielsicher an der Schulter. Er stöhnte, während Ash ebenfalls eine Salve abfeuerte und dabei Raised und Honor genau zwischen den Augen erwischte. Es platschte nass, als ihre Köpfe aufschlugen. Ich wollte das nicht sehen. Auf keinen Fall. Doch ein verrückter Teil von mir starrte trotzdem auf die beiden Götter hinab und schrie: »Euer Hirn klebt auf der Straße! Denkt an die Fünf-Sekunden-Regel, Jungs!«

Als Antwort bekam ich ein Stöhnen von Honor. Meine Augen zuckten von einem Slasher-Film-Szenario zum nächsten. Schließlich hängte sich mein Blick an Charming auf, der mit versteinerter Miene vorwärtspreschte. Einer Person entgegen, die eine schnelle Bewegung mit dem Handgelenk ausführte. Age.

Sein schwarzer Haarschopf war genauso dunkel wie das schwarze Loch, das er mit seiner Magie auftat. Wind peitschte, zerrte an meinen kurzen Haaren. Das schwarze Loch war so groß wie ein Gullideckel, drehte sich wie ein Wasserstrudel und sog den Wind wie eine Windhose in sich ein.

Charming zögerte nicht. Er sprang samt Virus’ Körper und Kopf in den Abgrund und Ash und Sailor zerrten mich genauso zielstrebig hinterher.

Ich schlug ziellos mit meiner Magie aus, da schubste mich Age bereits in das Loch hinab.

Ich strauchelte, fiel fluchend hinunter. Das Letzte, was ich sah, war Peace’ fassungsloser Blick und Raised, der sich angepisst ein wenig Hirn in das Loch in seiner Stirn zurückstopfte.

Warrior & Peace

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