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2 Brot und Wein
ОглавлениеAls sie aber aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach’s und gab’s den Jüngern und sprach: Nehmet, esset; das ist mein Leib.
Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach:
Trinket alle daraus;
das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.
Matthäus 26,26-28
Aus christlicher Sicht hat Jesus von Nazareth mit Brot und Wein die Abendmahlsfeier begründet, die anfänglich als echte Mahlzeit begangen wurde, bevor sie später ihre heutige ritualisierte Form erhielt. Für Jesus selbst und seine Jünger spielte ein anderer Bezug eine wichtige Rolle, der auf die jüdischen Wurzeln verweist, nämlich das traditionelle Pessachmahl mit dem Opferlamm als Hauptbestandteil. Mahlzeiten im religiösen Zusammenhang waren darüber hinaus in vielen Kulturen der Antike verbreitet. Auch im Mithraskult, der oft als eine Konkurrenzveranstaltung zum frühen Christentum gesehen wird, gab es das kultische Mal in der Gemeinschaft.
Doch Brot – das hier als Weizenbrot zu denken ist – und Wein sind nicht einfach irgendwelche Lebensmittel. Das Faszinierende am christlichen Abendmahl ist, dass Brot und Wein in der antiken Mittelmeerwelt für Nahrung schlechthin stehen. Hinzu kommt als Drittes das Öl der Olive. Die Bedeutung von Öl speziell in der jüdisch-christlichen Tradition zeigt sich etwa an der Rolle von Salböl in der Bibel; auch der Messias ist „der Gesalbte“.
Die Trias Weizen, Wein, Olive verkörpert für die Mittelmeerkulturen geradezu die zivilisierte Lebensweise, das gilt für Juden, Phönizier und Karthager ebenso wie für Griechen, Etrusker und Römer. Diese mediterrane Ökumene grenzt sich gegenüber den Barbaren des Nordens wie Kelten und Germanen ab: Dort trinkt man eher Bier oder Met statt Wein, dort isst man dunkles Gerstenbrot, und man verwendet statt Olivenöl so grausliche Substanzen wie Talg oder Butter.
Unter den Anrainern des Mittelmeeres hat Ägypten allerdings eine Sonderstellung: Es ist, bezogen auf die konsumierten Mengen, eher ein Bier- als ein Weinland, und anstelle von Olivenöl dominieren andere Öle, insbesondere aus Rettichsamen. Schon Herodot betont die Eigenheiten des Wunderlandes Ägypten, wo alles anders ist als anderswo, und er schreibt: „Ihr Brot backen die Ägypter aus Dinkel; es heißt bei ihnen Kyllestis. Bier bereiten sie aus Gerste. In Ägypten gibt es keine Weinstöcke.“ (Herodot Historien 2,77; Übers. J. Feix). Das ist allerdings nicht ganz korrekt – der Weinbau ist in Ägypten sogar älter als in Griechenland.
Solche historischen Quellen kann man mit modernen Analyseergebnissen vergleichen. In Ägypten wurden etliche antike Öllampen gefunden, die noch Spuren der Brennstoffe enthielten. Die Chemikerin Maria Colombini (Universität Pisa) und ihre Mitarbeiterinnen haben diese Reste der verwendeten Öle und Fette analysiert und dabei das Öl von Brassicaceae-Samen identifiziert, vermutlich Rettich. Auch eine andere Arbeitsgruppe fand in oberägyptischen Tonlampen pflanzliche Öle, neben Rettich- auch Ricinus- und Sesamöl, dazu tierische Fette. Diese Gruppe um Richard Evershed (Universität Bristol) hat obendrein experimentelle Archäologie betrieben, um solche Ergebnisse besser werten zu können: Verschiedene pflanzliche Öle wurden in modernen Repliken antiker Tonlampen verbrannt, um die entstehenden Brennstoffrückstände mit den Befunden an antiken Lampen zu vergleichen (Abb. 2).
Im Gegensatz zu Ägypten konnte mit den gleichen Methoden für spätrömische Öllampen aus Sagalassos (im Südwesten der Türkei) gezeigt werden, dass hier tatsächlich überwiegend Olivenöl verwendet wurde. Dieser chemisch nachweisbare Unterschied entspricht also dem, was man aufgrund anderer Quellen für die kulturell unterschiedliche Verwendung von Ölen erwartet hätte.
Später in diesem Kapitel werden wir uns mit weiteren derartigen Analysen beschäftigen, doch zuvor kommt die Frage nach dem Ursprung der Landwirtschaft: Sie ist die Grundlage der ersten Hochkulturen im Zweistromland und Ägypten, und damit auch Grundstein für alle weiteren Entwicklungen bis hin zu den Griechen und Römern. Es wird deshalb zunächst die Entstehung von Nutzpflanzen und Haustieren behandelt; im dritten Abschnitt wird schließlich gezeigt, wie auch sterbliche Überreste des Menschen selbst die kulinarischen Gewohnheiten früherer Epochen erhellen.
Abb. 2 Öllampe extra vergine – Stillleben mit modernen Repliken antiker Objekte. Die tönerne Lampe brennt mit Olivenöl (Replik einer frühchristlichen Lampe mit Taubenmotiv). Ferner sind ein Messingdupondius aus der Zeit Traians zu sehen, eine Terracottastatuette der Demeter und ein Linsenbecher, der Glasbecher aus dem römischen Syrien zum Vorbild hat. (Mehr zu Keramik, Glas und Metall in Kapitel 5.)
Das untere Teilbild zeigt, wie sich der poröse Ton bereits nach einer Stunde mit Öl voll gesogen hat. Auf diese Weise kann Keramik analysierbare Reste von Ölen und Fetten über Jahrtausende konservieren.