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I. Zur Einführung

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Überblick

Das „habsburgische Jahrhundert“, verbunden mit Maximilian I. (1459–1519) und Karl V. (1500–1558), bezeichnet eine Epoche, in der sich die Geschicke Europas und der Welt im Fluss befanden. Die außergewöhnlich erfolgreiche Heiratspolitik der Habsburger zog zwar die weite Strecken der Neuzeit bestimmende Feindschaft Frankreichs nach sich, doch drückten deren Folgen dem traditionell als „Zeitenwende“ charakterisierten Zeitraum ihren Stempel auf: Beide Kaiser sind die Protagonisten dieses Zeitraumes, dessen Grundzüge Europa bis weit über deren Tod hinaus prägten, aber bislang vor allem (mehrfach) getrennt voneinander betrachtet wurden. Die vorliegende Darstellung nimmt daher die Dynastie als „Klammer“ an, die gleichzeitig verbindend und trennend wirken konnte, und strebt nach einer transnationalen und vor allem zusammenführenden Rekonstruktion der nach wie vor vorwiegend räumlich beziehungsweise thematisch getrennten Darstellungen der Jahrzehnte „um 1500“.

Das „habsburgische Jahrhundert“
1452 Kaiserkrönung Friedrichs III. (1415–1493) in Rom
1477 Maximilian I., Herzog von Burgund
1486 Königswahl Maximilians I.
1493 Tod Friedrichs III.; Maximilian I. Herr der Erblande
1508 Kaiser Maximilian I.
1519 Tod Maximilians I.; Kaiserwahl Karls V.
1526 Schlacht bei Mohács
1530 Kaiserkrönung Karls V. in Bologna
1546/47 Schmalkaldischer Krieg
1555 Augsburger Religionsfriede
1556 Abdankung Karls V. im Heiligen Römischen Reich
1558 Tod Karls V.; Teilung der Habsburger-Dynastie
1564 Tod Ferdinands I. (1503–1564); Teilung der Erblande

Zeitenwende

Der hier behandelte Zeitraum findet sich traditionell mit der Bezeichnung „Zeitenwende“ versehen, gleich, ob es sich dabei um jeweils zeitgenössische Zuschreibungen wie „Neuzeit“ oder „Renaissance“ handelt oder diese den späteren wissenschaftlichen Diskursen entstammen. Seit der Aufklärung und der beginnenden Institutionalisierung der historischen Forschung im Verlauf des 19. Jahrhunderts werden eine Reihe von bedeutenden Ereignissen und deren Protagonisten – beispielsweise Johannes Gutenberg (um 1400–1468), Christoph Kolumbus (um 1451–1506) oder Martin Luther (1483–1546) – als Beleg für deren epochalen „Wendecharakter“ angeführt. Ein zweiter, eng damit verbundener Deutungsansatz strebt danach, die Vergangenheit in Großräume, Epochen und Jahrhunderte zu pressen und so die einzelnen Ereignisse und Entwicklungen zu systematisieren.

Annäherung

Die vorliegende Darstellung nähert sich dem Gegenstand, der Zeitspanne von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum Tod Karls V., aus einem veränderten Blickwinkel an: Diese findet sich als „habsburgisches Jahrhundert“ konzipiert, wobei vorrangig die Voraussetzungen der außergewöhnlich erfolgreichen wie weitgehend zufällig erzielten Erfolge, die die sprichwörtliche „glückliche Heiratspolitik“ zeitigte, berücksichtigt und deren Auswirkungen diskutiert werden. Hierbei wird von der These ausgegangen, dass die in der Person Karls V. kulminierende habsburgische Machtfülle vorrangig aus dem Übergangscharakter des „Herbsts des Mittelalters“ (Johan Huizinga), den Umständen der durch die Reformationen und „Entdeckungen“ in Übersee ins Wanken geratenen christlich-mediterran geprägten Weltordnung sowie einer gehörigen Portion Zufall resultierte.

Haus Österreich

Gewiss dürfen auch die handelnden Akteure, allen voran die Angehörigen des Hauses Österreich, nicht außen vor bleiben: Der Dynastie und den Aktivitäten ihrer Protagonisten ist hierbei besondere Bedeutung zuzumessen. Die habsburgischen Herrscher sind am besten als „Klammern“ (durchaus auch im mathematischen Sinne) aufzufassen, die die so vielen und diversen Besitzungen sowohl in ihre Einzelteile gleichsam „zerlegen“, zu größeren Gruppierungen oder eben deren Gesamtheit vereinen als auch deren einzelne Bestandteile voneinander trennen konnten. Ähnliches mag auch für die in der Forschungsliteratur sehr häufig anzutreffenden relativ eindeutigen Periodisierungsmodelle gelten: Eine oder gar „die“ Habsburgermonarchie entstand nicht zu diesem oder jenem Zeitpunkt und ebenso wenig lassen sich die einzelnen territorialen Zusammenhänge exklusiv, klar und exakt voneinander trennen. Derartige Verortungen von Raum und Zeit ergeben sich immer nur aus der Rückschau und eine zu starre Handhabung derselben vergrößert die Gefahr anachronistischer Zuschreibungen. Zwar ist auch die hier vorgenommene Periodisierung eines „habsburgischen Jahrhunderts“ kaum minder willkürlich, doch bietet diese den Vorteil, die üblicherweise nach Ereignissen (etwa 1492 oder 1517) beziehungsweise Personen geordneten Darstellungen zu erweitern und Blicke auf die gleichsam „dahinter“ stehenden Strukturen zu werfen.

Stichwort

Haus Österreich – Maison d’Autriche – Casa de Austria

Die Übernahme der territorialen Bezeichnung der Erblande (Österreich) auf die herrschende Dynastie stammt aus dem 14. Jahrhundert. Diese ist auch in vielen anderen Sprachen belegt, z.B. Maison d’Autriche oder Casa de Austria. Analog dazu findet sich in der iberischen Überlieferung auch die entsprechende Bezeichnung „los Austrias“ („die Österreicher“) für die habsburgischen Könige. Im deutschen Sprachgebrauch existiert zudem die Bezeichnung des „Erzhauses“ für die Dynastie, die auf das von Rudolf IV. (1339–1365) gefälschte „Privilegium maius“ zurückgeht, das durch Kaiser Friedrich III. 1442/53 bestätigt wurde.

Europas habsburgisches Jahrhundert

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