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STIPENDIEN
ОглавлениеHier lassen sich zwei Großgruppen unterscheiden: die 13 Begabtenförderungswerke, die aus den Mitteln des Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Auswärtigen Amts (AA) schöpfen, und freie Stipendiengeber, die sich teils an die Vorgaben des BMBF halten, teils nicht. Einen ersten Überblick über die Vielfalt möglicher Stipendien und dahinter stehender Institutionen können Sie sich auf der Seite »stipendienlotse« des Bildungsministeriums verschaffen (www.stipendienlotse.de). Da sich die Förderbedingungen bei den fast 200 freien Stipendiengebern (von »Airbus Operations GmbH« bis »ZONTA Club München II«) naturgemäß erheblich unterscheiden, kann ich hier keine speziellen Tipps geben. Schauen Sie einfach im Netz, welche Institution zu Ihnen und Ihrem Promotionsthema passen könnte.
Die 13 Begabtenförderungswerke arbeiten – anders als die freien Stipendiengeber – unter einheitlichen Vorgaben des BMBF, weshalb hier einige strukturelle Hinweise zu diesen Promotionsstipendien gegeben werden können.
Die Idee der Begabtenförderungswerke stammt aus der Weimarer Republik. Zum einen handelt es sich da um die von Friedrich Ebert angeregte (und nach seinem Tod 1925 gegründete) Stiftung, die proletarischen sozialistischen Studenten bei der Finanzierung des Studiums unter die Arme greifen sollte, und zum anderen um die Studienstiftung des deutschen Volkes, die aus dem Dachverband der studentischen Selbsthilfevereine, der »Wirtschaftshilfe der Deutschen Studentenschaft« hervorging, ebenfalls 1925. Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde im Nationalsozialismus verboten, die Studienstiftung gleichgeschaltet – doch wurde Letztere bereits vor der Verkündigung des Grundgesetzes der Bundesrepublik wieder neu gegründet, die Umwandlung der nach dem Krieg ebenfalls neugegründeten Friedrich-Ebert-Stiftung in einen gemeinnützigen Verein folgte 1954.
Der Gedanke, die Vergabe von Stipendien für begabte Nachwuchswissenschaftlerinnen nicht einer einzigen zentralen Institution zu überlassen, sondern die Auswahl und Betreuung der Stipendiatinnen auf mehrere Institutionen zu verteilen, die jeweils eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe repräsentieren, führte in der Bundesrepublik zu einer wachsenden Zahl von Begabtenförderungswerken: konfessionsgebundenen, parteinahen, gewerkschafts- und wirtschaftsnahen Stiftungen, meist in der Rechtsform des »eingetragenen Vereins«. Ich liste die 13 Förderwerke nach dem Jahr ihrer Aufnahme in die öffentliche Förderung auf:
•1948: Studienstiftung des deutschen Volkes – www.studienstiftung.de
•1948: Evangelisches Studienwerk Villigst – www.evstudienwerk.de
•1954: Friedrich-Ebert-Stiftung – parteinahe Stiftung (SPD) – www.fes.de
•1955: Konrad-Adenauer-Stiftung – parteinahe Stiftung (CDU) – www.kas.de
•1956: Cusanuswerk (Förderwerk der katholischen Kirche) – www.cusanuswerk.de
•1958: Friedrich-Naumann-Stiftung – parteinahe Stiftung (FDP) – www.freiheit.org
•1966: Hanns-Seidel-Stiftung – parteinahe Stiftung (CSU) – www.hss.de
•1977: Hans-Böckler-Stiftung – gewerkschaftsnahe Stiftung – www.boeckler.de
•1990: Rosa-Luxemburg-Stiftung – parteinahe Stiftung (Die Linke) – www.rosalux.de
•1994: Stiftung der Deutschen Wirtschaft – www.sdw.org
•1996: Heinrich-Böll-Stiftung – parteinahe Stiftung (Bündnis 90/Die Grünen) – www.boell.de
•2009: Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk (ELES) – Förderwerk der jüdischen Gemeinschaft – eles-studienwerk.de
•2013: Avicenna-Studienwerk – Förderwerk für muslimische Studierende und Promovierende – www.avicenna-studienwerk.de
Laut Auskunft der Bundesregierung wurden im Jahr 2017 von allen 13 Werken zusammen 4.001 Doktorandinnen gefördert. Davon waren 2.065 Frauen (= 51 %), 856 Doktorandinnen mit Migrationshintergrund (= 21 %) und eine nicht genannte Zahl Promovierender aus »bildungsfernen Haushalten« beziehungsweise »Erstakademikerinnen«. Naturgemäß ist die statistische Erfassung des Bildungshintergrunds schwieriger als die der Staatsangehörigkeit der Eltern oder des Geschlechts – der Schulabschluss Ihrer Eltern steht halt nicht im Pass. Daher verweist die Bundesregierung auf eine Umfrage der Studienstiftung bei den von ihr geförderten Promotionstipendiatinnen der Abschlussjahrgänge 2003 bis 2012, nach der 30 Prozent aus einem nichtakademischen Elternhaus stammen. (Weiteres zum Bildungshintergrund der in Deutschland Promovierenden finden Sie weiter unten, S. 133.)
Im selben Jahr – 2017 – wurden an allen deutschen Hochschulen (laut Statistischem Bundesamt) 28.404 Menschen promoviert, was circa 1 % der in diesem Jahr eingeschriebenen Studierenden (2.844.978) entspricht. Dagegen ist die Quote der Promotionsförderungen durch die 13 Förderwerke gar nicht so schlecht: 4.001 gegen 28.404, das sind 14 Prozent. Sie sollten also keinesfalls die Option eines Promotionsstipendiums in den Wind schlagen, weil Sie etwa glauben, dass Ihre persönlichen Chancen zu gering seien. Sehen Sie es mal so: Wenn Sie sich zur Promotion entschlossen haben, ist die Wahrscheinlichkeit, ein Promotionsstipendium zu bekommen, 14-mal höher als die Wahrscheinlichkeit zu Beginn des Studiums, Ihr Studium überhaupt mit einer Promotion abzuschließen …
Wenn Sie sich also »weltanschaulich« mit einem der 13 Begabtenförderungswerke anfreunden können, sollten Sie die Gelegenheit nutzen und sich die erforderlichen Bewerbungsinformationen beschaffen (online!). Beachten Sie aber schon im Vorfeld folgende Aspekte:
•Sie können sich für ein Promotionsstipendium auch dann bewerben, wenn sie während Ihres Studiums noch nicht von einem der Begabtenförderungswerke unterstützt wurden. Sie sollten sich allerdings möglichst früh bewerben, am besten gleich, nachdem Sie die Zulassung zur Promotion erhalten haben, und nicht erst, wenn Sie bereits zwei oder drei Jahre im Promotionsprozess stecken.
•Bei der finanziellen Förderung einer Promotion kommt es nicht darauf an, dass Sie nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz BAföG-berechtigt sind; das heißt, das Elterneinkommen spielt keine Rolle.
•Eine Förderung durch eine parteinahe Stiftung setzt nicht die Mitgliedschaft in der Partei voraus, derer sich die entsprechende Stiftung »nahe« fühlt. Doch sollten Sie sich zumindest vorstellen können, diese Partei zu wählen. Das heißt, Sie sollten über eine argumentativ gestützte politische Meinung verfügen, die den gesellschaftspolitischen Idealen der jeweiligen Stiftung einigermaßen entspricht. Sollten Sie beispielsweise dem Anarchosyndikalismus zugetan sein, empfiehlt sich eine Bewerbung bei der Hanns-Seidel-Stiftung nicht. Und wenn Sie von sich selbst behaupten, ein »eher unpolitischer« Mensch zu sein, empfiehlt sich eine Bewerbung bei den parteinahen Stiftungen generell nicht.
•Für eine Förderung durch eine konfessionelle Stiftung gilt natürlich dasselbe. Sich als Katholikin beim Evangelischen Studienwerk zu bewerben, wäre abwegig.
•Gleichwohl sind Mehrfachbewerbungen möglich – also die gleichzeitige (oder fast gleichzeitige) Bewerbung bei unterschiedlichen Förderwerken. Die Förderwerke wollen das dann allerdings auch von Ihnen wissen. Das heßt, Sie sollten bei Mehrfachbewerbungen unbedingt mit offenen Karten spielen (die Förderwerke sind vernetzt und wissen voneinander). Auch hier gilt natürlich das Gebot der weltanschaulichen Nähe. Sich gleichzeitig bei der Hanns-Seidel-Stiftung und der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu bewerben, wird sich mit ziemlicher Sicherheit zu Ihren Ungunsten auswirken (»Politisch nicht gefestigt!«). Gleichzeitig bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Heinrich-Böll-Stiftung, der Böckler-Stiftung und dem Evangelischen Studienwerk geht theoretisch, wirkt aber immer noch etwas beliebig. Gleichzeitig bei Rosalux und Böckler dürfte kein Problem sein.
•Alle Förderwerke verlangen den Nachweis eines »gesellschaftspolitischen Engagements«. Das kann vom ehrenamtlichen Deutschunterricht für Geflüchtete bis zur Mitgliedschaft im Festkomittee eines Schützenvereins so ziemlich alles sein, was von Ihnen (a) nicht aus finanziellen Gründen gemacht wird und (b) in irgendeiner Form gemeinschaftsdienlich ist. Wenn Sie nie ehrenamtlich gearbeitet haben, brauchen Sie sich bei den Begabtenförderungswerken nicht zu bewerben. Es spielt aber auch keine ausschlaggebende Rolle, wenn Sie auf keine jahrelange ehrenamtliche Betätigung zurückblicken können. Hauptsache, Sie können in Ihrer Bewerbung auf ein ehrenamtliches Engagement verweisen, das sie nicht erst kurz vor dem Zeitpunkt der Bewerbung aufgenommen haben.
•Die 13 Förderinstitutionen nennen sich nicht zum Spaß »Begabtenförderungswerke«. Wenn Sie Ihren Master mit Ach und Krach geschafft haben sollten, wenn Sie den Plan zu promovieren nur gefasst haben sollten, weil Ihnen nichts Besseres eingefallen ist, wenn Sie tief im Inneren der Ansicht sind, überhaupt nicht der Typ für wissenschaftliches Arbeiten zu sein – dann sind Ihre Aussichten, von einem Begabtenförderungswerk aufgenommen zu werden, gering. (Das widerspricht dem zuvor Gesagten von der 14-prozentigen Chance nur scheinbar: Denn schon die bloße Tatsache, dass Sie ein Buch mit dem Titel »Der Weg zur Promotion« in der Hand halten, spricht ja eher dafür, dass Sie durchaus ein zumindest rudimentäres Interesse an wissenschaftlichem Arbeiten haben. Reden Sie sich also bitte nicht ein, zu wenig »begabt« zu sein!) Abschlussnoten unter 2,0 sind kein Ausschlusskriterium, sie bedürfen dann nur eines höheren Begründungsbedarfes seitens Ihrer Gutachterinnen.
•Die Begabtenförderungswerke zahlen Ihnen (Stand 2020) einen monatlichen Betrag von 1.350 Euro + 100 Euro Forschungskostenpauschale (Promovierende mit Kind erhalten zusätzlich eine Familienzulage) – für zwei, maximal drei Jahre. Neben der finanziellen Unterstützung (die Sie übrigens, anders als das BAföG, nicht zurückzahlen müssen) bieten sie alle eine sogenannte »ideelle Förderung«. Dabei handelt es sich um Seminare, Tagungen und weitere Veranstaltungen, auf denen Sie sich mit Gleichgesinnten vernetzen, Kontakte zu Fachleuten außerhalb Ihrer eigenen Hochschule herstellen, sich beruflich oder politisch weiterbilden können. Die Teilnahme an diesen Veranstaltungen ist – bis auf wenige Ausnahmen – freiwillig. Falls Sie skeptisch sind, kann ich Sie beruhigen: Die ideelle Förderung der Begabtenförderungswerke hat nichts von »Kaderschmieden«.
•Die Förderwerke haben nichts zu verschenken. Sie müssen sich gegenüber ihrem »Zuwendungsgeber« (Amtsdeutsch!) rechtfertigen, weshalb gerade Sie die Zusage für ein Stipendium erhalten, Ihre Kommilitonin nebenan aber nicht. Natürlich wird nicht jede Stipendienvergabe einzeln überprüft – stattdessen haben sich bürokratische Routinen entwickelt, die das Qualitätsniveau der Begabtenförderungswerke insgesamt sichern sollen. Entsprechend hoch sind der Verwaltungsaufwand und die Dokumentendichte, die Sie schon beim Bewerbungsverfahren beibringen müssen, damit die Förderwerke genug Anhaltspunkte finden, um Ihre persönliche »Förderwürdigkeit« belegen zu können: Neben formalen Dokumenten – wie der Zulassungsbescheid zum Promotionsstudium oder das Sprachzeugnis und der Aufenthaltsstatus (für ausländische Doktorandinnen) – sind dies auch inhaltlich aufschlussreiche Schriftstücke: Ein ausführliches Exposé ihres Promotionsprojektes (inklusive Zeitplan) wird ebenso für die Bewerbung verlangt wie zwei (!) Fachgutachten: ein »Empfehlungsschreiben« Ihrer Betreuerin und ein weiteres von einer zweiten Hochschullehrerin. Besprechen Sie sich deshalb unbedingt vorab schon mit Ihrer Betreuerin und bitten Sie sie um das benötigte Fachgutachten – bevor sie die Online-Bewerbung starten! Denn ab der Aufforderung, die Bewerbungsdokumente einzureichen, haben Sie eine Frist von drei Wochen – bis dahin müssen Ihre Unterlagen eingegangen sein. Ungünstig, wenn Ihre Betreuerin erst in dieser Zeit erfährt, dass sie Ihnen ein Fachgutachten ausstellen soll …
•Ungeachtet des Termin- und Organisationsdrucks, den das Bewerbungsverfahren Ihnen auferlegt, ist der Bewerbungsprozess eine langwierige Angelegenheit und kann von Förderwerk zu Förderwerk etwas unterschiedlich sein. Ihre Bewerbung erfolgt in der Regel zunächst online. Dann werden Sie aufgefordert, Ihre Unterlagen einzureichen. Falls ihre Bewerbungsdokumente den formalen Kriterien genügen (also vollständig und fristgerecht eingesandt wurden), werden Sie in das »engere« Bewerbungsverfahren aufgenommen: Sie bekommen irgendwann eine Mitteilung über den Termin zu einem Bewerbungsgespräch bei einer »Vertrauensdozentin« (VD) des potenziellen Stipendiengebers. Sollten Sie bei diesem Gespräch einen guten Eindruck machen, das heißt, sollten Sie sich als weltanschaulich informiert, gesellschaftspolitisch engagiert und wissenschaftlich begabt darstellen können, dann steigen ihre Chancen, zu einem weiteren Gespräch mit einem Mitglied des Auswahlausschusses eingeladen zu werden. Hinterlassen Sie auch dort einen positiven Eindruck, ist es wahrscheinlich, dass Sie bei einer der mehrmals im Jahr stattfindenden Sitzungen des Auswahlausschusses auf die Liste der »Zusagen« kommen.
•Beachten Sie, dass zwischen der Bewerbung, der Zusage und schließlich der Auszahlung des ersten monatlichen Stipendiengeldes viele Monate vergehen! Ein Dreivierteljahr ist nicht unrealistisch, also kalkulieren Sie diese »Finanzierungslücke« unbedingt in ihren Promotionsfinanzierungsplan mit ein!
Trotz all dieser Bedenken möchte ich Sie hier noch einmal ausdrücklich dazu ermutigen, sich bei einem der Begabtenförderungswerke um ein Promotionsstipendium zu bewerben! Die Chancen, eines zu bekommen, sind – wie oben schon gesagt – gar nicht so gering. Die meisten erfolglosen Bewerbungsversuche scheitern übrigens in der allerersten Phase des Auswahlverfahrens an »formaler Unzulässigkeit«, das heißt, die Unterlagen sind nicht vollständig oder nicht fristgerecht eingereicht worden. Machen Sie sich bitte klar, dass die allermeisten Bewerbungen um ein Stipendium an diesen rein formalen Hürden scheitern!
Zum Schluss möchte ich noch einmal die wichtigsten Schritte aufzählen, die am Anfang eines Promotionsprojektes beachtet werden sollten:
•Gründe für oder gegen die Entscheidung für eine Promotion abwägen
•Themen und mögliche Betreuerinnen ausfindig machen
•Einen Finanzplan erstellen
•Gesprächstermine vereinbaren
•Exposé schreiben und Zeitplan erstellen
•Vier-Augen-Gespräch mit Betreuerin führen; optimales Ergebnis: Unterzeichnung einer »Betreuungsvereinbarung«; suboptimales Ergebnis: Gespräch mit anderer Betreuerin suchen
•Promotionsordnung besorgen und die »Zulassung zur Promotion« beantragen
•Um ein Promotionsstipendium bewerben