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THEMEN- UND BETREUERINNENWAHL

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Ist die Entscheidung gefallen, sollten Sie als erstes eine doppelte Überlegung anstellen: Über welches Thema wollen Sie arbeiten? Und: An welcher Universität beziehungsweise bei wem würden Sie am liebsten promovieren? Wenn Ihr Entschluss zu promovieren primär aus dem Interesse an einem bestimmten Forschungsproblem entstanden sein sollte, zum Beispiel wenn sie darüber nachdenken, das Thema Ihrer Masterarbeit zu vertiefen, ist die Themenwahl zunächst einmal keine langwierige Angelegenheit. Und wenn der Plan aus Ihrer Bindung an ein Institut heraus gewachsen ist, dürfte auch die Frage, wo und bei wem sie promovieren wollen, leicht zu beantworten sein. Komplizierter wird die Sache, wenn sie von vornherein eine »externe« Promotion planen, also an einem Institut oder Seminar Ihre Arbeit schreiben möchten, das Sie noch gar nicht kennen.

Die Themen- und Betreuerinnenwahl sollten Sie nicht getrennt voneinander angehen. Da es keine Universalgelehrten mehr gibt, und da redlicherweise nicht einmal die »Koryphäen« eines Faches mehr behaupten können, Expertise zu sämtlichen Facetten ihrer Disziplin zu besitzen, sollten die Untersuchungsgebiete der zukünftigen Betreuerin schon einigermaßen nahe an dem sein, was Sie als Ihr Dissertationsthema anpeilen. Dabei muss es sich nicht um eine hundertprozentige Deckung handeln – schlecht wäre es aber, wenn Ihre zukünftige Betreuerin vom Thema, von der einschlägigen Fachliteratur und von den anzuwendenden Methoden überhaupt keine Ahnung hätte. Sammeln Sie also als erstes eine Namensliste derjenigen Wissenschaftlerinnen, die zu Ihrem Wunschthema affine Literatur publiziert haben. Auf den Personalseiten der Webauftritte der Forschungsinstitute beziehungsweise Fakultäten finden Sie eigentlich immer auch entsprechende Publikationslisten.

Es spielt letztlich keine Rolle, ob Sie die Auswahl Ihres Themas von der Entscheidung, bei Betreuerin X zu promovieren, abhängig machen, oder ob Sie mögliche geeignete Betreuerinnen nach der Entscheidung für ein bestimmtes Thema auswählen: Wichtig ist lediglich, dass Betreuerin und Thema zueinander passen.

Bei der Begutachtung der Liste der grundsätzlich für Sie in Frage kommenden Betreuerinnen gibt es mehrere Kriterien, nach denen Sie eine engere Auswahl treffen können:

Das Renommee: Bei berühmten Persönlichkeiten zu promovieren kann natürlich förderlich sein für Ihr eigenes Standing innerhalb der Scientific Community. Bedenken Sie jedoch, dass sich berühmte Professorinnen ihre wissenschaftliche Reputation in der Regel nicht aufgrund ihrer herausragenden Lehrfähigkeiten erworben haben, sondern aufgrund ihrer Fähigkeiten, die eigenen Forschungsprojekte zu bewerben, zu finanzieren und in den akademischen Diskursen up to date zu halten. Für besonders gute Betreuungsleistungen hat noch niemand den Nobelpreis bekommen! Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Berühmtheit generiert in der Regel Neid bei den Minderberühmten. Wenn Sie sich entscheiden, bei einem wissenschaftlichen Superstar zu promovieren, müssen sie später eher mit Gegenwind rechnen, als wenn Sie bei einer in der akademischen Welt eher unauffälligen Betreuerin promovieren.

Die Anzahl der betreuten Promotionen: Professorinnen, die jedes Jahr viele Promotionen betreuen, stehen unter Studentinnen im Ruf, dass es bei ihnen leichter zu promovieren sei als bei jenen Professorinnen, die nur ganz wenige Doktorandinnen haben. Das mag gelegentlich sogar zutreffen, nur sollten Sie sich selbst die Frage stellen, ob »Leichtigkeit« hier das richtige Kriterium ist. Jemand, der 20 und mehr laufende Promotionen betreut beziehungsweise von seinen Mitarbeiterinnen betreuen lässt, wird mit Sicherheit weniger Zeit für jedes einzelne Projekt haben und generell seltener ansprechbar sein als jemand, der nur ein oder zwei laufende Promotionen betreut. Ob Sie sich für eine Betreuerin entscheiden, bei der viele oder nur sehr wenige Promotionsverfahren angängig sind, hängt auch von Ihrer eigenen Persönlichkeit ab und dem, was sie sich wissenschaftlich zutrauen: Gehören Sie selbst zu den eher selbstbewussten Menschen, die sich nicht gerne allzu viel in ihre Projekte hineinreden lassen wollen, dann wählen Sie eine Betreuerin, die ohnehin wenig Zeit für Beratungsgespräche hat. Gehören Sie aber zu den eher anleitungsbedürftigen Menschen, suchen Sie sich eine Betreuerin, die sich dafür viel Zeit nehmen kann.

Die Vernetztheit: Eine inner- und außeruniversitär gut vernetzte Professorin kann Ihnen viel leichter Zugänge zu Kongressen, Fachtagungen, Publikationsmöglichkeiten verschaffen als eine Professorin, die kaum jemand kennt. Gleichzeitig steigt bei zunehmender Vernetztheit Ihrer Betreuerin natürlich die Gefahr, dass Sie vor lauter Anfragen, am Workshop X, der Fachtagung Y oder dem Publikationsband Z teilzunehmen, gar nicht mehr die Zeit für Ihre eigene Dissertation finden – dass Sie zur Fliege im Netz Ihrer Professorin werden.

Das Image des Faches beziehungsweise der Fakultät an der in Betracht kommenden Universität: Es ist in Deutschland dank der föderalen Bildungslandschaft glücklicherweise (noch) nicht so, dass sie an einer »Eliteuniversiät« promovieren müssten, um sich einen akademischen Namen zu machen oder um später beruflichen Erfolg zu haben. Trotz der mannigfachen Bemühungen vieler Universitäten, hohe Positionierungen in Rankings zu besetzen und Drittmittel aus den immer wieder neu aufgelegten Elitenförderungsprogrammen einzuwerben, haben wir in Deutschland (bisher) weder so etwas wie die amerikanischen »Big Five« oder das englische Oxford/Cambridge-Duopol noch die französischen Grandes Écoles. Trotzdem gibt es auch in Deutschland Fächer oder Institute, die an der Universität X einen besseren Ruf haben als an der Universität Y. Welche das jeweils sind, kann ich Ihnen hier natürlich nicht verraten. Das müssen Sie selbst herausfinden. Nur soviel: Ein öffentlich publiziertes Universitätsranking ist nicht hilfreich dabei, das wissenschaftliche Ansehen eines Instituts zu ermitteln. Ihr Fach wird möglicherweise an der Eliteuniversität X viel schlechter repräsentiert als an der »Normalouniversität« Y.

Die Bereitschaft, Ihre Promotion auch dann zu betreuen, wenn Sie sich von vornherein nicht für eine akademische Karriere, sondern für außerakademische Berufsoptionen qualifizieren möchten. Idealerweise sollte Ihre Betreuerin in diesem Fall eine Expertise oder ein Netzwerk besitzen, die die Anschlussfähigkeit Ihrer Promotion in Wirtschaft oder Verwaltung sicherstellen kann. Wenn Sie kumulativ promovieren, sollte Ihre Betreuerin sich mit den Publikationsbedingungen der einschlägigen Journale auskennen, ebenso sollte eine entsprechende Expertise vorhanden sein, falls Sie Ihre Arbeit auf Englisch verfassen wollen (oder müssen).

Die Attraktivität des Hochschulstandortes: Vorausgesetzt, Sie wollen Ihren Lebensmittelpunkt an den Hochschulstandort verlegen, an dem die von Ihnen favorisierte Betreuerin lehrt, ist die Attraktivität der Stadt in die Überlegungen einzubeziehen. Denn selbst ein ideales Betreuungsverhältnis wird Ihnen mittelfristig kaum darüber hinweghelfen können, wenn Sie sich mit dem Leben in Ihrer Universitätsstadt nicht arrangieren können oder wollen. Ein Beispiel: Eine Promotionsstipendiatin, die aus einem afrikanischen Land kommt, hat mir berichtet, dass Professorin X an der Universität Y für Ihr Fach eigentlich die am besten geeignete Person gewesen sei. Die Stipendiatin hat dann aber die Berichterstattung über regelmäßig stattfindende rassistische Kundgebungen in der entsprechenden Stadt zur Kenntnis nehmen müssen und sich aufgrund dessen nach einer Alternative umgesehen.

Der politische Wertekanon der Betreuerin beziehungsweise des Instituts. Insbesondere wenn Sie selbst ein politisch engagierter Mensch sind, sollten Sie sich zumindest grob über das politische Mindset der von Ihnen favorisierten Betreuerin informieren. (zum Beispiel durch Artikel in der Tagespresse oder Informationen vom AStA.) Es hat nämlich nur geringe Erfolgsaussichten, wenn Sie selbst etwa betont progressiv-ökologische Ansichten vertreten sollten und gleichzeitig versuchen würden, bei einer bekannten erzkonservativen Professorin zu promovieren. Natürlich sind mathematisch-naturwissenschaftlich-technische Fächer von dieser Problematik der inkompatiblen politischen Mindsets seltener betroffen als geistes- und sozialwissenschaftliche Fächer, doch auch hier kann es zu großen Problemen kommen, wenn Sie zu spät merken sollten, dass der von Ihrer Betreuerin oder Ihrer Fakultät vertretene Wertekanon dem Ihrigen diametral entgegengesetzt ist.

Die Frage, wie die Persönlichkeiten, das wissenschaftliche Renommee, der Vernetzungsgrad und die allgemeine Betriebsamkeit der infrage kommenden Betreuerinnen einzuschätzen sind, wird uns übrigens weiter unten (im Abschnitt »Professorinnentypen« ab S. 106) erneut beschäftigen.

Der Weg zur Promotion

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