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Tag 2: Erzählhaltung

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Was macht die Stimme eines Autors aus? Es ist diese Mischung aus eigenen Erlebnissen und Gefühlen, persönlichen Themen und Leidenschaften, die auf eine Geschichte treffen, für die der Autor brennt und deren Charaktere ihm am Herzen liegen. All das gepaart mit Vorlieben und Erfahrungen beim Benutzen seiner Sprache und in Form und Richtung gebracht durch eine individuelle Haltung zu den Ereignissen und Menschen in seiner Geschichte.

Klingt kompliziert? Keine Sorge, das Meiste davon ergibt sich von allein. Vorausgesetzt, Sie haben eine solche Haltung, vorausgesetzt, Sie bringen Leidenschaft mit am Erzählen und an der Sprache.

Eine Erzählhaltung können Sie nicht lernen. Aber ein Leben zu leben hilft. Dann können Sie Ihre Erzählhaltung herausarbeiten, sie trainieren und verstärken, sie optimieren und vertiefen – und Sie bei Bedarf in die Haltung Ihres fiktiven Erzählers einfließen lassen. So sehr seine von Ihrer abweichen mag, letztlich stecken doch wieder Sie dahinter.

Übung macht auch hier den Meister, denn mit ihr kommt das so wichtige Selbstvertrauen beim Erzählen und das Beschäftigen mit den oben beschriebenen Zutaten.

Was ist Ihre größte Leidenschaft, die auch Ihre Freunde und Ihre Familie kennen? Was begeistert Sie daran so? Schreiben Sie es auf – und dann geben Sie etwas von dieser Begeisterung Ihrem Erzähler ab.

Was ist Ihre größte Leidenschaft, von der Sie noch niemandem erzählt haben? Warum verheimlichen Sie sie? Was würde passieren, wenn plötzlich alle Welt davon wüsste? Wie würden Sie sich fühlen, wenn jemand dahinter käme? Jemand, der Ihnen nahesteht, oder jemand, der Sie damit verletzen oder erpressen könnte? Geben Sie Ihrem Erzähler oder dem Romancharakter, aus dessen Perspektive Sie eine Szene schildern, diese Angst vor Entdeckung mit.

Wovon ist Ihr Erzähler hundertprozentig überzeugt und steht damit ziemlich allein? Das kann eine Banalität sein wie »Socken in Sandalen sehen elegant aus«. Lassen Sie ihn diese Haltung verteidigen, lassen Sie ihn explodieren, wenn jemand das Gegenteil behauptet. Ihr Erzähler ist ein Auto, das Sie mit Treibstoff füllen müssen, damit es den Weg bis zum Ende des Romans schafft – sein Treibstoff sind starke Gefühle und Leidenschaft.

Oft ist auch die Verbundenheit mit einem Ort ein intimes Geheimnis des Protagonisten, vielleicht weil er dort immer eine heimliche Geliebte traf. Selbst seine engsten Vertrauten würden nie vermuten, dass er sich dort wohlfühlt. Gerade dadurch wird dieser Ort als Schauplatz interessant. Mehr darüber morgen.

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