Читать книгу Ein Trip quer durch das Chaos - Summer Alesilia - Страница 13

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Kapitel 6

Laura war hungrig und aß zügig. Ihr Teller leerte sich schneller als der von Mike.

Er musste gestehen, dass er sich extra viel Zeit ließ, denn seine Gedanken kreisten um ihre baldige Verabschiedung. Es drückte auf sein Gemüt, mehr als er bereit war, sich im Augenblick einzugestehen.

Verflucht, wieso war das so?

Mike war aufgefallen, wie sie beim Essen unschlüssig zwischen ihm und den anderen Reisenden hin- und herblickte. Er überlegte, ob er mit ihr ein Gespräch anfangen sollte, um sie noch besser kennenzulernen. Während Laura mit dem Strohhalm einen Schluck Limo trank, fasste er einen Entschluss.

»Ich fahre über die Feiertage zu meiner Familie, um mit ihnen Weihnachten zu verbringen. Besuchst du jemanden?«

Erwartungsvoll sah er sie an, pikte ein Stück Kartoffel auf seine Gabel und steckte sie sich in den Mund. Unterdessen er auf eine Antwort von ihr wartete, kaute er gemächlich.

Sie ließ sich Zeit, weil sie nichts erzählen wollte. Ihr inzwischen ausdrucksloses Gesicht, zusammen mit ihren ineinander verschränkten Fingern wirkte auf Mike gezwungen und ließ ihn seine Frage bereuen.

»Ja«, antwortete sie emotionslos. Danach kam nichts mehr.

Wie? Was? War das alles? Was war mit ihr los?

»Ich muss mir noch was kaufen. Werde schnell in den Shop gehen, iss mit Ruhe auf, ich bin gleich zurück.«

Zügig stand sie auf und ließ ihn am Tisch sitzen. Ihr Themenwechsel kam absolut überraschend, ihr Aufbruch noch plötzlicher. Er konnte ihr nur nachsehen und sich wundern.

Er beförderte mithilfe seines Messers ein Stück Fisch auf seine Gabel und führte sie zum Mund. Er aß nach und nach seinen Teller leer, diesmal zügiger, da er alleine war.

Währenddessen fragte er sich, warum sie mit einem Mal so anders war, konnte es sich nicht im Ansatz erklären. Als er wenige Minuten später mit essen fertig war und seine Begleiterin immer noch nicht zurück war, keimte leichte Sorge auf.

Mike drehte sich herum, um nach ihr zu sehen, konnte sie aber nirgends entdecken. Da er nur einen kleinen Teil des Ladens überblicken konnte, stand er auf. Eilig trank er seinen letzten Schluck Spezi und nahm ihre Limo kurzerhand mit, da sie noch zur Hälfte voll war. Er räumte beide Tabletts ab und machte sich auf die Suche nach ihr. Ihre Jacke, die ebenfalls noch über dem Stuhl hing, nahm er an sich. Dabei stieg ihm ihr Parfum in die Nase, welches ihn auf angenehme Art in der Nase kitzelte. Schließlich ging er Gang für Gang des Shops ab, konnte sie aber in keinem finden.

Unruhig und mit Sorge ging er nach draußen. Beinahe wäre er in eine ältere Frau gerannt. Er entschuldigte sich eilig und ließ seinen Blick über den Platz vor dem Gebäude schweifen. In einiger Entfernung auf einer Bank erkannte er sie endlich.

Sie saß ohne Jacke und alleine hier draußen in der Kälte herum. Erleichtert atmete er aus und erzeugte eine kleine Dampfwolke. Mike lief zügig auf sie zu. Als er vor ihr zum Stehen kam, stemmte er die Hände in seine Seiten. Träge blickte sie an ihm hoch und er erkannte ihre traurigen und ausdruckslosen Augen.

Hatte er etwas falsch gemacht? Hatte es mit seiner Frage zu tun?

»Was machst du hier? Ich habe dich im ganzen Laden gesucht und als ich dich nicht finden konnte, habe ich mir schon Sorgen gemacht.«

Ihr freudloses Lachen wirkte verzerrt.

»Schön, dass du auf mich aufpasst!«

Ihr Satz troff nur so vor Sarkasmus.

Was zum Henker war hier los?

»Entschuldige vielmals, leider kann ich mit dieser Bemerkung wenig anfangen.«

Vergeblich wartete er auf eine Antwort. Frustriert fuhr er sich mit seinen Händen durch die Haare und schnaubte.

»Laura? Kannst du mir sagen, was hier los ist?«

Er versuchte es sanft und mit möglichst viel Verständnis in der Stimme.

Sie hob ihre rechte Hand, in der sie eine kleinere Flasche hielt und trank einen großen Schluck der klaren Flüssigkeit. Kaum hatte sie ihn heruntergeschluckt, fing sie zum Husten an und verzog das Gesicht. Mike griff nach der Flasche, da sie diese aber fest umklammert hielt und nicht losließ, konnte er sie nicht greifen.

»Was trinkst du da?«, fragte er schärfer als beabsichtigt.

Sie setzte erneut an und dann erkannte er den Schriftzug Absolut Vodka darauf. Kaum hatte sie diese von ihren Lippen abgesetzt, fing sie erneut zu husten an.

Kein Wunder bei diesem Spiritus!

Noch einmal griff er nach der Flasche und zog sie mit einem Ruck aus ihrer Hand. Dann stellte er sie hinter sich auf eine kleine Mauer.

»Hey! Was soll das?«, fauchte sie und funkelte ihm böse entgegen. »Du bist nicht mein Vater!«

»Ich werde nicht zulassen, dass du dich betrinkst. Und du hast recht, der bin ich nicht. Aber ich hätte trotzdem gerne eine Antwort auf meine Frage.«

Er klang bedrohlich. So kannte er sich nicht. Für gewöhnlich war er sehr besonnen, aber etwas sagte ihm, dass er nur so eine Erklärung von ihr bekam.

»Welche Frage?«, stellte sie sich dumm. An ihrer gedehnten Sprechweise konnte er hören, dass ihre Zunge schwer war.

Wie viel hatte sie getrunken?

Er warf einen Blick auf die Flasche und musste feststellen, dass deutlich mehr als zwei Schlucke fehlten. Es war keine große Flasche, aber es fehlte sicher ein Drittel, wenn nicht sogar die Hälfte. So lange war sie nicht alleine gewesen.

»Ich wollte wissen, warum du ohne Begründung rausgegangen bist«, erklärte er nun ruhiger.

»Und ich habe gesagt, dass du nicht mein Vater bist!«

Eine Pause von mehreren Sekunden herrschte. In dieser Zeit sahen sie sich abschätzend an. Endlich fing sie zu erzählen an.

»Ständig kontrolliert er mich und will über mein Leben bestimmen. Und genau zu diesem Menschen muss ich jetzt, ich habe keinen Bock auf diese Scheiße, verstehst du!«

Sie war aufgebracht, aber ihre Stimme deutlich von Alkohol beeinflusst.

»Weißt du, er hat sein Verhalten aus dem Wehrdienst übernommen. Dort herrschte ein strenger Ton, eiserne Disziplin, das alles musste man auch Zuhause bei seiner Familie anwenden.«

Ihr Lachen war künstlich und wirkte traurig.

»Und da kam ihm so ein tollpatschiges Kind, wie ich es war, gerade recht. Ständig hat er mich angebrüllt, mich zurechtgewiesen. Und das macht er bis heute noch.«

Sie stieß einen leisen, wütenden Schrei aus und Mike sah sich nervös um. Nicht das jemand falsche Schlüsse zog.

Laura beugte sich nach vorne, stützte ihre Ellenbogen auf den Oberschenkeln ab. Einige Momente verharrte sie so, dann richtete sie sich abrupt auf und stand direkt vor ihm.

Er bemerkte ihr leichtes Schwanken. Dann fiel ihm auf, dass er immer noch ihre Jacke in der Hand hielt. Die Limo stellte er neben die Wodkaflasche und gewann Abstand zu ihr.

»Laura hier, zieh deine Jacke an. Dir muss doch kalt sein.«

Er hielt sie ihr hin, sodass sie nur noch hineinschlüpfen musste. Kurz beäugte sie diese, tat aber nichts dergleichen.

Wollte sie ihn ärgern?

Entschlossen nahm er ihre Hand und musste feststellen, dass sie eiskalt war. Da war noch etwas anderes und das konnte er nicht auf ihre kühlen Finger schieben. Es fühlte sich an, als würde er einen Elektrozaun an einer Weide berühren. Es war wie ein kleiner Stromschlag, der ihn durchzuckte. Er wollte schon reflexartig seine Hand wegziehen, konnte sich aber noch bremsen. Er musste ihr in die Jacke helfen.

Laura fühlte sich gut. Sie hatte über ihren strengen alten Herren gewettert und sich eine kleine Last von der Seele geredet, auch wenn das noch lange nicht alles war. Außerdem hatte sie ein wärmendes Gefühl im Bauch. Als sie Mikes Hand um ihre fühlte, kribbelte es verstärkt in ihrem Magen.

Da sie es mit den Dates aufgegeben hatte, war die letzte Berührung eines Mannes entsprechend lange her. Sie hatte ganz vergessen, wie gut es sich anfühlte. Als er ihre Hand in die Jacke schieben wollte, machte sie sich einen Spaß daraus, ihm nicht zu helfen. Aber um ehrlich zu sein, konnte sie ihm auch nicht behilflich sein. Ihr Körper war träge und gehorchte ihr nicht zu hundert Prozent.

Mike schob ihre rechte Hand in den Ärmel, was ihm relativ gut gelang. Er fasste um sie herum und musste ihr dadurch zwangsläufig näherkommen. Auf der anderen Seite ihres Kopfes griff er wieder an die Jacke.

Ein kurzer Blick auf sie verriet ihm, dass sie Spaß hatte. Mit einem Grinsen und dem amüsierten Ausdruck, den nur ein angeheiterter oder betrunkener Mensch haben konnte, sah sie ihn an. Er biss sich von innen auf die Wange, um nicht ebenfalls zu lachen. Bis eben war er sauer auf sie, aber jetzt hatte sich die Situation um hundertachtzig Grad gedreht. Sie wehrte sich nicht, aber hilfsbereit war sie auch nicht. Hervorragende Konstellation!

Dann nahm er ihren linken Arm, der ebenfalls eisig war und beförderte ihn umständlich in den anderen Ärmel. Während er mit ihr zugange war, spürte er plötzlich ihre rechte Hand an seiner Seite. Er versteifte sich leicht, hielt kurz in der Bewegung inne, um sicherzugehen, dass er sich nichts davon einbildete.

Ihre Hand ging weiter auf Wanderschaft, streifte nun über seinen Bauch und fuhr weiter nach oben. Da er mit dem Anziehen beschäftigt war und nicht unterbrechen wollte, versuchte er ihre Berührungen mehr oder weniger zu ignorieren und schaffte es einigermaßen.

Als beide Arme ordnungsgemäß verstaut waren, zog er vorne an ihrer Jacke, um sie abschließend zu justieren. Er hatte ihre träge Reaktion nicht bedacht und sie mit seinem abrupten Ruck ebenso wenig, denn anstatt sich entgegenzustemmen oder stehenzubleiben, prallte sie gegen ihn.

»Hoppla«, entfuhr es ihr, dann kicherte sie. Sie stützte sich mit beiden Händen an seiner Brust ab und er konnte ihre kalten Finger durch den Pullover spüren. Die Gänsehaut ließ ihn kurz erschaudern. Sie starrten sich wenige Sekunden an, es fühlte sich jedoch viel länger an. Ihre Hände wanderten unter der Jacke von seiner Brust über seine Flanken nach hinten. Sie standen sich so nah, dass höchstens ein Buch zwischen sie gepasst hätte.

Er konnte ihren wodkaangereicherten Atem überdeutlich wahrnehmen. Im nächsten Moment hatte sie ihren Kopf an sein Schlüsselbein gelehnt und hauchte zarte Küsse auf seinen Hals.

Himmlisch!

Ihre Lippen waren warm und standen im krassen Gegensatz zu ihren Händen, was ihn nun völlig aus der Fassung brachte. Diese wunderschönen, geschwungenen Lippen, die er beim Essen noch unauffällig gemustert hatte.

Mike wusste nicht, wie ihm geschah, für den Bruchteil einer Sekunde kam es ihm so vor, als wäre er der Betrunkene.

Dennoch war sie die Angesäuselte und das konnte jeder Außenstehende deutlich erkennen. Es fühlte sich unfassbar gut an. Gegen jegliche Vernunft genoss er es einen Moment und ließ es geschehen.

Das letzte Mal, als eine Frau ihn auf diese Weise berührt hatte, war geraume Zeit her. Genau konnte er sich nicht mehr erinnern, er wusste nur, dass es im Sommer war. Fazit: Verdammt lange her.

Laura nahm seinen Duft und seine Wärme wahr. In diesem Moment sehnte sie sich nach Zuneigung. Sie spürte, dass ihr Körper kalt war, nahm es durch ihren Zustand nur unterschwellig wahr. Ihr Hände folgten einem Automatismus, den sie nicht wirklich kontrollieren konnte. Aber sie wollte es auch nicht, denn es war mehr als nur angenehm.

Sie rieb nun mit ihrer Nasenspitze über die Haut an seinem Hals und Kinn, gleichzeitig hörte er, wie sie tief einatmete. Als ihm schließlich in vollem Umfang bewusst wurde, was hier geschah, drückte er sie langsam, aber bestimmend an ihren Schultern von sich. Als Laura eine Armlänge von ihm entfernt war, ließ er seine Hände sinken. Sie hob ihren Blick und darin lag etwas, dass er nicht wirklich deuten konnte.

Er schüttelte den Kopf. Für solche Aktivitäten kannte er sie zu wenig und zudem waren sie mitten auf einem Autobahnparkplatz.

Sie trat erneut auf ihn zu und zog ihn an seinem Pullover an sich. Im Fahrzeug waren sie keinen Meter voneinander entfernt und doch waren sie sich jetzt so nah wie noch nie. Ihr Körper schmiegte sich an seinen und er spürte ihre weichen Rundungen auf seiner festen Brust. Erneut war er wie erstarrt. Weder wehrte er sich, noch erwiderte er ihre Berührungen. Und dann gingen ihre Hände abermals auf Entdeckungstour. Diesmal wanderten sie allerdings in südliche Richtung und dann schellten bei ihm sämtliche Alarmglocken.

Ein Trip quer durch das Chaos

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