Читать книгу Immer Ärger mit den Männern / Mach mich glücklich - Susan Andersen - Страница 17

9

Оглавление

Vor Entsetzen wie gelähmt starrte Juliet auf das Wasser. Vom Motor der Fähre aufgewirbelter, schmutzig grüner Schaum klatschte gegen den Bug des Boots. Es gelang ihr einfach nicht, den Blick davon zu lösen, und sie hatte das sichere Gefühl, dass der aufgewühlte Strom durchaus in der Lage wäre, sie mitsamt dem Wagen anzusaugen und sie – wie es angeblich Krokodile mit ihren Opfern machten, während sie sich immer wieder um sich selber drehten – bis auf den Grund zu ziehen.

Dann schaltete jemand den Motor der Fähre ab und die Wellen nahmen ganz allmählich ab.

Hypnotisiert von dem breiten Strom, von dem sie nur noch ein paar Millimeter zu trennen schienen, nahm sie die Rufe und die eiligen Schritte, die über das Metalldeck in ihre Richtung kamen, nur am Rande wahr. Sie verfolgte, wie die Wasseroberfläche glatter wurde und dass die Sonne die oberste Wasserschicht mit einem leuchtend bräunlich grünen Licht durchdrang, bevor man wieder nichts mehr sah, hörte das Blut in ihren Ohren rauschen, spürte ihren Herzschlag unter ihren Fingerspitzen und hörte, dass Beau wie aus weiter Ferne mit ihr sprach. Zwar konnte sie die Worte nicht verstehen, doch hatte seine dunkle, leise Stimme eine eigenartig beruhigende Wirkung, als sie fragte: »Schätzchen? Hörst du mich, Juliet? Süße? Verdammt, gib mit eine Antwort.«

Die Worte prallten von den Innenseiten ihres Hirns wie ein harter Gummiball von den Innenwänden eines leeren Kleiderschrankes ab, und während sie ganz allmählich einen ungefähren Sinn ergaben, schob sich plötzlich langsam seine Hand in ihre Richtung und berührte sie am Knie.

Sie zuckte überrascht zusammen und der Kühler seines Wagens sackte dabei ein wenig tiefer.

Beau fluchte, Juliet kreischte und die Hinterräder des Fahrzeugs hoben sich noch weiter vom Deck der Fähre ab. Wie um den prekären neuen Winkel auszugleichen, in dem sie beide hingen, stützte sie sich mit ausgestreckten Armen vom Armaturenbrett des Wagens ab und hatte das Gefühl, als quöllen ihr die Augen aus den Höhlen, als der Fluss noch näher auf sie zugeschossen kam.

Dann krachte etwas auf den Kofferraum des Autos, der Kühler richtete sich langsam, aber sicher auf, und sie blickte sich eilig um.

Der größte Mann, den sie jemals gesehen hatte, lag quer über dem Kofferraum des Wagens. Er hatte lange, fetttriefende Haare, auf seine muskulösen Arme waren sich windende Schlangen und nackte Frauen tätowiert, und ein unglaublicher Bierbauch und zwei dicht behaarte Schultern wurden von dem schmutzig weißen, ärmellosen T-Shirt nur unzureichend bedeckt. Nie in ihrem Leben hatte sie etwas Schöneres gesehen.

Er lüftete seine Bayou-Tours-Baseballkappe und erklärte: »T-Ray Breaux, Ma’am, stets zu Ihren Diensten. Machen Sie sich keine Sorgen – wir hol’n Sie schneller aus der Kiste raus, als Sie Krebssuppe sagen können.« Dann drehte er sich um und brüllte über seine Schulter: »Schaff endlich den Haken her, L’Roy!«

Juliet drehte sich wieder nach vorn und löste ihren Gurt, als Beau sie an der Hand berührte und mit sorgenvoller Stimme fragte: »Ist alles okay?«

Auch wenn sie mühsam schlucken musste, nickte sie entschlossen mit dem Kopf. »Wie in aller Welt ist das passiert?«

»Die Bremsen haben nicht mehr funktioniert. Anscheinend ist der Bremsschlauch nicht mehr dicht.«

Ein erneuter Ruck brachte sie vollends zurück nach oben und ein drahtiger Rotschopf kam behände aus dem Führerhaus von einem LKW gesprungen, zerrte ein dickes Stahlseil mit einem großen Haken in Richtung des GTO, ging dort eilig in die Hocke und machte es an der Hinterachse fest. »Wow. Freut mich, dass dein dicker Hintern zu irgendetwas nutze ist, T-Ray. Das ist’n wirklich schöner Wagen.«

»Ein echter Klassiker«, stimmte ihm T-Ray fröhlich zu. »Wäre wirklich schade gewesen, ihn absaufen zu sehen.«

Einen Moment später stand der Wagen nach einem letzten Ruck wieder sicher auf dem Deck der Fähre, Beau und Juliet stiegen aus. Sobald sie mit den Füßen auf festem Boden stand, fing sie an zu zittern, schlang sich die Arme um den Körper und wandte sich, da sie sich dafür schämte, nun, da sie gerettet waren, noch die Nerven zu verlieren, von den Männern ab.

Beau jedoch drehte sie sanft wieder zu sich herum und murmelte verständnisvoll: »Hey, Juliet, das bisschen Zittern muss dir wirklich nicht peinlich sein. Das war schließlich wirklich knapp.«

Als ihr Zittern sich statt abzunehmen noch verstärkte, schlang er einen Arm um ihren Nacken, zog sie eng an seine Brust und hauchte, obwohl sie gar nichts sagte, leise: »Pst.« Sie stand stocksteif vor ihm, doch er rieb mit seiner freien Hand über ihren Rücken, wie er es, wenn er sie trösten wollte, auch bei seinen Schwestern tat. »Jetzt ist alles in Ordnung, Juliet Rose«, flüsterte er leise und wiegte sie zärtlich hin und her. »Jetzt ist alles gut.«

Die seit dem Morgen nachgewachsenen Bartstoppeln an seinem Kinn verfingen sich in ihren Haaren, als er seinen Kopf ein wenig drehte, um die beiden Männer anzusehen. Sie schmiegte ihre Wange an seinen heißen, feuchten Hals und blickte ebenfalls in Richtung ihrer Retter, während Beau erklärte: »Vielen Dank. Ich habe keine Ahnung, wo ihr hergekommen seid, aber ihr habt uns den Arsch gerettet. Und auch mein Baby hier.« Er löste seine Hand von Juliets Rücken und tätschelte liebevoll den Kotflügel des GTO.

»Wir standen in der Schlange, die auch an Bord der Fähre wollte«, erwiderte T-Ray.

Leroy nickte grinsend mit dem Kopf und kehrte dann zum Führerhaus seines LKWs zurück. »Falls ich das Schätzchen in eine Werkstatt bringen soll, muss ich mit meiner eigenen Kiste wenden.«

Unter den mondänen Gesprächen der drei Männer und Beaus begütigendem Streicheln erlangte Juliet langsam ihre Fassung zurück, machte sich ein wenig unbeholfen aus seinen Armen los und strich sich ihre Kleider glatt.

Beau sah auf sie herunter. »Jetzt alles okay?«

»Ja. Tut mir Leid.«

»Es braucht dir nichts Leid zu tun, Schätzchen. Ich würde mir wirklich Sorgen machen, wenn du nicht erschüttert wärst.« Dann kamen die Bediensteten der Fähre angelaufen, er wandte sich den Männern zu, und nachdem er hinlänglich erläutert hatte, was soeben vorgefallen war, stiegen sie alle in das Führerhaus des Lasters, in dem es glücklicherweise eine Klimaanlage gab.

T-Ray war so breit, dass Juliet sich zwischen Beau und eine der Türen quetschen musste, sein Angebot, es sich auf seinem Schoß bequem zu machen, schlug sie jedoch höflich aus.

T-Ray und Leroy fanden ihre Ablehnung offenbar zum Schießen, und Juliet beugte sich ein wenig vor und sah die beiden an. »Sind die beiden Herren zufällig aus New York?« Ihr Akzent war eine eigentümliche Mischung aus Brooklynisch und etwas anderem, was sie nicht kannte.

»Nein, Ma’am. Wir sin’ direkt von hier, aus Louisiana. T-Ray un’ ich, wir sin’ auf derselben Seite des Irish Channel aufgewachsen. Harn Sie davon schon mal etwas gehört?«

»Ja, das habe ich, aber ich glaube nicht, dass ich weiß, wo genau er liegt.«

»Über die Magazine Street kommt man vom Garden District direkt hin«, informierte sie Beau, erklärte den beiden Männern: »Dort wohnt nämlich unser wertes Fräulein Boston, wenn es die Stadt mit ihrem Aufenthalt beehrt«, und rutschte, als suche er eine halbwegs bequeme Position, auf seinem Platz herum. Dann drehte er sich plötzlich auf die Seite, hob Juliet schwungvoll in die Höhe, pflanzte sie in seinen Schoß und murmelte, bevor sie protestieren konnte: »So, jetzt kriegen wir zumindest alle Luft.«

Ohne auf Leroys und T-Rays Gelächter einzugehen, nahm sie in der Enge des Führerhauses eine möglichst würdevolle Haltung ein und starrte reglos geradeaus. Es würde eine lange Fahrt nach Hause werden, das war ihr bewusst.

Früh am nächsten Morgen fuhr Beau auf dem Weg zum Garden Crown auf dem Revier vorbei, lief, statt auf den Lift zu warten, eilig die Treppe in den zweiten Stock hinauf, riss ungestüm die Tür seiner Abteilung auf und marschierte schnurstracks auf den Schreibtisch seines Freundes zu.

Das Erste, was er sah, war Josie Lee, die sich über Lukes Schreibtisch beugte und sich angeregt mit seinem Partner unterhielt. Lautlos trat er hinter sie und bohrte ihr dort einen Finger zwischen die Rippen, wo sie besonders kitzlig war.

Kreischend schob sie einen Arm nach hinten, um seine Hand zu packen und fortzuschieben, während sie erklärte: »Lass das! Ich versuche, mich möglichst professionell zu geben, und wenn mich mein Bruder vor aller Augen kitzelt, ist das meinem Image ganz bestimmt nicht dienlich.«

»Du würdest noch wesentlich professioneller wirken, wenn du unten hinter deinem eigenen Schreibtisch sitzen würdest, statt dich hier zu amüsieren.«

»Huch, sind wir heute Morgen mal wieder gut gelaunt? Ich habe noch ganze fünf Minuten, bevor meine Arbeit anfängt, und ich bin nur hergekommen, um Luke von deinem kleinen Abenteuer gestern zu erzählen.«

»Sie behauptet, die Bremsen deines Wagens hätten urplötzlich versagt«, erklärte Luke mit ungläubiger Stimme.

»Ja. Um ein Haar wären wir über den Rand der Fähre in den Mississippi gekippt. Das heißt, die Vorderräder des Wagens hingen bereits in der Luft und wir wären sicher ganz im Fluss gelandet, wäre nicht mit einem Mal dieser riesengroße Muskelprotz wie aus dem Nichts hinter uns aufgetaucht.« Er erzählte von T-Ray und Leroy, ihren unglaublichen Rettern. »Ich sage dir, Luke, ich hatte allen Ernstes die Befürchtung, dass der GTO – ganz zu schweigen von Juliet und mir – bei den Fischen auf dem Grund des Mississippi landen würde, bevor die beiden Typen zu unserer Rettung angetreten sind.«

»Wie zum Teufel konnte das denn bloß passieren?«

»Keine Ahnung.« Beau raufte sich frustriert die Haare. »Aber ich habe die beiden Typen gebeten, die Kiste in die Polizeiwerkstatt zu fahren. Die Leute dort haben gesagt, sie rufen an, sobald sie etwas finden, aber ich habe keine Ahnung, wie beschäftigt sie augenblicklich sind, also kann das dauern.«

Das Telefon auf dem Schreibtisch seines Partners schrillte und Luke griff, während er zum Zeichen, dass Beau warten sollte, einen Finger in die Luft hob, entschieden nach dem Apparat. »Gardner. Was? Ja, der steht gerade neben mir – einen Augenblick.« Er reichte den Hörer an Beau. »Für dich«, erklärte er. »Pfeffer.«

Beau schnappte sich das Telefon und hockte sich auf die Kante von Lukes Tisch. »Dupree. Hallo, Pfeffer, was kann ich für Sie tun?«

»Stellvertretender Revierleiter Pfeffer«, verbesserte sein momentaner Chef. »Kommen Sie in mein Büro.«

»Jetzt?«

»Sofort.« Damit legte der Captain einfach wieder auf.

Beau starrte auf den Hörer, den er noch in der Hand hielt, zuckte mit den Schultern, reichte Luke den Apparat zurück und stand, wenn auch widerstrebend, wieder auf. »Bis später«, meinte er. »Der Pingelpott bittet mich um die Ehre eines Besuchs.«

»Ich komme mit nach unten.« Auch Josie Lee stieß sich vom Schreibtisch seines Partners ab und wandte sich mit einem fröhlichen »Bis später, Luke« zum Gehen.

»Ja, bis später, Kleines.« Luke blickte auf Beau. »Hau bloß nicht wieder ab, ohne mir vorher zu berichten, was jetzt schon wieder los ist.«

»Ich frage mich, was Pfeffer von dir will«, murmelte auch Josie Lee, als sie einen Augenblick später neben ihrem Bruder die Treppe hinunterging.

»Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich hat er gehört, dass ich im Haus bin, und will mir eine Predigt halten, weil ich hier bin, statt auf Juliet aufzupassen.«

»Aber deine Schicht fängt doch erst in einer viertel Stunde an, oder?«

»Schätzchen, ich habe nicht behauptet, dass der Mann, wenn es um mich geht, jemals auch nur ansatzweise rational ist.«

Als sie ihr Büro erreichten, tätschelte sie ihm aufmunternd die Wange und bat: »Versuch zu vermeiden, dass er deinetwegen einen Herzinfarkt bekommt, okay?«

»Sicher, Schätzchen.« Grinsend ließ er sie hinter sich zurück, schlenderte noch ein paar Meter weiter, bis er vor dem Büro von Captain Taylor stand, verzog angewidert das Gesicht, als er bemerkte, dass Pfeffer schon sein eigenes Namensschild dort hatte anbringen lassen, klopfte jedoch höflich an, blickte durch die offene Tür und fragte: »Sie wollten mich sehen?«

»Kommen Sie rein, Dupree, und machen Sie die Tür hinter sich zu.«

Beau tat wie ihm geheißen, warf sich auf den Besucherstuhl, lehnte sich bequem zurück, legte die Beine übereinander und blickte Pfeffer über dessen Schreibtisch hinweg an.

»Ich ziehe Sie als Leibwächter für Ms Lowell ab«, erklärte der stellvertretende Revierleiter ohne einleitende Worte.

Beau stellte beide Füße auf den Boden und beugte sich nach vorn. »Sie tun was?«

»Sie haben mich gehört. Ich bin darüber zwar nicht glücklich, aber Miss Lowell hat es ausdrücklich verlangt.«

»Wann zum Teufel hat sie das getan?«

»Vor circa einer halben Stunde. Sie hat gesagt, sie würde sich weigern, weiter das Geld der Steuerzahler wegen eines Briefes zu verschwenden, der nie hätte ernst genommen werden dürfen.«

»Tja ... gut. In Ordnung. Sie hat Recht.« Ohne darauf zu achten, dass sich sein Magen schmerzlich zusammengezogen hatte, stand Beau entschieden auf, steckte die Hände in die Hosentaschen und sah Pfeffer mit zusammengekniffenen Augen an. »Dann will ich den Fall des Höschen-Klauers wiederhaben.«

»Wie Sie wollen.« Pfeffer zuckte mit den Schultern. »Thomas Lowell wird bestimmt nicht glücklich sein, wenn er davon erfährt«, murmelte er leise. »Aber Miss Juliet ist eine erwachsene Frau, und ich nehme an, dass ich sie nicht zwingen kann, sich beschützen zu lassen.« Stirnrunzelnd blickte er auf Beau. »Sind Sie immer noch hier? Sehen Sie zu, dass Sie verschwinden, und machen Sie sich umgehend an die Arbeit.«

»Aye, aye, Sir.« Beau salutierte spöttisch und machte auf dem Absatz kehrt.

Sobald er zurück in sein eigenes Büro kam, hob Luke den Kopf und fragte: »Was hat er von dir gewollt?«

»Juliet hat darum gebeten, mich als Leibwächter abzuziehen«, wiederholte er, was ihm von Pfeffer übermittelt worden war.

»Ohne Scheiß? Tja, gratuliere, dann hast du ja erreicht, was du wolltest.« Dann sah Luke seinen Freund etwas genauer an. »Weshalb siehst du also nicht ein bisschen zufriedener aus?«

»Ich bin zufrieden. Ich bin, verdammt noch mal, begeistert.«

Luke hob beide Hände in die Höhe. »He, Kumpel, wie auch immer. War nur eine Frage.«

»Aber eine ziemlich blöde. Schließlich ist das genau das, was ich erreichen wollte.«

»Tut mir Leid – ich wollte dir bestimmt nicht auf die Füße treten.«

Beau bedachte Luke mit seinem steinernen Clint-Eastwood-Blick, bis der sich schulterzuckend über seine Arbeit beugte, und stapfte dann hinüber in Richtung eines anderen Schreibtischs, wo ein freier Computer stand. »Er wollte mir nicht auf die Füße treten, haha«, murmelte er wütend, warf sich auf den Schreibtischstuhl und drehte den Monitor zu sich herum. Es war allerhöchste Zeit, dass er endlich wieder Gelegenheit bekam, seiner eigentlichen Arbeit nachzugehen.

Er brauchte ziemlich lange, um sich darauf zu konzentrieren, doch anderthalb Stunden später, als das Telefon auf seinem Schreibtisch schrillte, war er voll und ganz in die Ermittlungen vertieft. Er riss den Hörer von der Gabel und nannte seinen Namen, war in Gedanken jedoch immer noch bei dem, was auf dem Bildschirm des Computers von ihm aufgerufen worden war.

»Hi, hier ist Harry aus der Werkstatt«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Ich habe mir eben die Bremsschläuche von Ihrem Wagen angesehen, Sergeant, und ich glaube, Sie kommen besser einmal runter.«

»Jemand hat sie durchgeschnitten?« Beau reckte den Kopf, um sich die Stelle, die der Mechaniker ihm zeigte, genauer anzusehen. Er spürte, dass Luke neben ihm sich ebenso den Hals verrenkte, um die defekte Stelle am Boden des auf einer Hebebühne stehenden Wagens zu entdecken.

»Ja. Gucken Sie, hier.« Der Mechaniker griff nach den beiden Hälften der durchtrennten Leitung und bog die Enden hoch. »Sauber wie mit einem Skalpell. Ich würde sagen, dass irgendjemand Sie nicht mag, Dupree.«

»Das ist möglich, aber, um Himmels willen, praktisch ganz Louisiana ist platt wie eine Pfanne – es war reiner Zufall, dass ich ›Brems nicht‹ gespielt habe, bis ich den einzigen Hügel in dem ganzen verdammten Staat angesteuert habe. Was für eine schwachsinnige Art ist das also, einen Unfall zu inszenieren?«

»So schwachsinnig nun auch nicht«, widersprach ihm Luke, als sie nach einem Dank an den Mechaniker die Werkstatt wieder verließen. »Es brauchte bloß jemand zu wissen, wie schnell du immer fährst. Wenn du dann im dichten Verkehr plötzlich hättest bremsen müssen, wärst du automatisch auf das nächste Fahrzeug aufgeprallt.«

»Ich schätze, du hast Recht.« Beau rammte die Fäuste in die Hosentaschen und wandte sich stirnrunzelnd an seinen Freund. »Du weißt, was das bedeutet, oder?«

»Dass die Drohung gegen Miss Lowell doch nicht ganz so harmlos ist, wie es ausgesehen hat.«

»Ja. Und ich habe die Sache verbockt.«

»Ja, okay, du hast sie vermasselt. Hast du die Gute, während du im Dienst warst, jemals aus dem Auge gelassen?«

»Natürlich nicht, aber außer mir wurde niemand zu ihrer Bewachung abgestellt, und das ist einfach nicht akzeptabel – nicht, wenn wirklich jemand denkt, dass sie in Gefahr ist. Ab jetzt muss sie wesentlich besser bewacht werden als bisher.«

»Ich dachte, du wärst von der Sache abgezogen worden.«

»Das war, bevor ich wusste, dass tatsächlich irgendwer versucht hat, ihr etwas anzutun. Aber jetzt, wo ich Bescheid weiß, sollte ich wohl besser mit dem Pingelpott reden, damit er mich wieder als Leibwächter für sie einteilt.« Er zuckte mit den Schultern. »Das dürfte nicht besonders schwierig werden. Er wird regelrecht begeistert sein, wenn er sich bei ihrem Daddy lieb Kind machen kann.«

Luke wippte auf den Fersen und sah Beau reglos an. »Und was soll aus deiner ach-so-wichtigen Suche nach dem Höschen-Klauer werden?«

Überrascht davon, wie fantastisch er sich fühlte, verzog Beau den Mund zu einem Grinsen. Er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand eine große Last von den Schultern genommen, und deshalb meinte er: »Sieht ganz so aus, als müsste mich das kleine Fräulein Juliet Rose weiter bei meinen Ermittlungen begleiten.«

In einer Hand eine dünne Tasse auf einer feinen Untertasse, in der anderen eine Broschüre kam Roxanne in Juliets Büro. »Hier ist eine Tasse Tee für Sie«, erklärte sie und stellte das Geschirr vor Juliet auf dem Schreibtisch ab. »Unser schnatzer Sergeant kommt heute aber ziemlich spät. Anscheinend steckt er in irgendeinem Stau.«

»Er kommt heute gar nicht.«

Roxanne, die sich gerade auf den leinenbezogenen Besucherstuhl hatte setzen wollen, hielt mitten in der Bewegung inne und starrte ihre Chefin an. »Wie bitte?«

»Er kommt überhaupt nicht mehr. Ich habe heute Morgen mit dem stellvertretenden Revierleiter telefoniert und ihn als Bewacher abziehen lassen.«

Roxanne plumpste auf den Stuhl. »Sagen Sie, dass das nicht wahr ist, Juliet.« Als ihre Vorgesetzte, statt ihr ins Gesicht zu sehen, eifrig das Teegeschirr auf ihrem Tisch herumschob, fragte sie entgeistert: »Warum?«

»Sie hätten mich gar nicht erst unter Bewachung stellen sollen, Rox.« Es war ein Zeichen für das Ausmaß ihres Elends, dass ihr gar nicht auffiel, wie vertraulich sie ihre Assistentin ansprach. Sie stellte ihre Tasse wieder ab. »Wir beide wissen, dass dieser Brief keine echte Bedrohung darstellt, und auf keinen Fall reicht er als Begründung dafür, dass ein hochrangiger Polizeibeamter seine Arbeit vernachlässigt, um für mich den Babysitter zu spielen! Vater hat einfach wieder einmal gemacht, was er wollte, ohne Rücksicht darauf, dass jemand anderes die Sache vielleicht anders sieht.«

»Ah. Und Dupree hat sie anders gesehen?«

Juliet entfuhr ein unglückliches Lachen. »Sagen wir es so. Beauregard empfindet nicht dieselbe Ehrfurcht vor der gesellschaftlichen Position einer Astor Lowell wie mein Vater. Und wer kann ihm das verdenken? Er hätte gestern ertrinken können, Roxanne, und um ein Haar wäre sein Wagen, den er über alles liebt, in den Fluss gestürzt. Er hat auch so bereits ziemlichen Schaden bei der Sache genommen. Und das alles, weil er auf Vaters Geheiß den edlen Ritter für mich spielen musste. Es war also allerhöchste Zeit, dass ich mich endlich durchsetze und dafür sorge, dass dieses lächerliche Spiel ein Ende nimmt.«

»Verstehe. Es würde Ihnen nicht im Traum einfallen, sich um Ihrer selbst willen gegen Ihren Vater durchzusetzen, aber für Dupree haben Sie es getan.«

Juliet blinzelte noch nicht mal. »Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen.«

»Juliet Rose, ich sehe es ganz deutlich – Ihre Nase wird bereits ein Stückchen länger. Sie wissen ganz genau, was ich damit sagen will. Sie mögen ihn.«

Oh Gott, das tat sie wirklich. Und zwar viel zu sehr. Juliet spürte, dass ihr eine heiße Röte in die Wangen stieg. Außerdem mochte sie die Aufregung, die ihr dadurch von ihm geboten worden war, dass er sie an all diese unanständigen Orte mitgenommen hatte, die ihre Großmutter, wenn sie jemals etwas davon erführe, vor Entsetzen in Ohnmacht fallen lassen würden. In ihr selbst hingegen hatten sie das herrliche Gefühl wachgerufen, wunderbar verrucht und lebendig zu sein. Als ebenso belebend hatte sie die Tatsache empfunden, dass sie von ihm ein ums andere Mal in Situationen gebracht worden war, in denen von ihr erwartet wurde, dass sie irgendeine Rolle spielte, und ...

Doch das war nicht die wahre Juliet Rose, und das war auch nicht ihr Leben. Sie richtete sich kerzengerade hinter ihrem Schreibtisch auf und streckte die Hand nach der Broschüre aus. »Lassen Sie uns das Ding mal ansehen.«

Roxannes leiser Seufzer und ihr Blick verrieten Enttäuschung. Sie war enttäuscht von ihr, erkannte Juliet und musste das Verlangen unterdrücken, den Kopf sinken zu lassen, damit ihre Assistentin die Scham, die sie empfand, nicht sah. Dann setzte Roxanne ihre professionelle Miene auf, reichte ihr den Prospekt, wies sie auf ein mögliches Problem bei der Broschüre hin, und sie fingen mit der Arbeit an.

Juliet schluckte auch den Rest des ihr verbliebenen

Kampfgeistes herunter. Egal, was sie auch tat, sie machte es offenbar nie jemandem recht. Ständig misslang es ihr, die Erwartungen, die andere in sie setzten, zu erfüllen, und Himmel, sie hatte die Nase gestrichen voll, doch sie war anscheinend in einem ewigen Kreislauf gefangen. Nun, sie konnte nur die sein, die sie wirklich war, und wenn das alle anderen enttäuschte, tat es ihr eben Leid.

Es tat ihr äußerst, tat ihr furchtbar Leid.

Aber dächte sie darüber nach, würde sie verrückt. Sie musste die Gedanken aus ihrem Hirn verdrängen und sich auf ihre Arbeit konzentrieren.

Was ihr nach kurzer Zeit derart gut gelang, dass sie beinahe einen Herzinfarkt bekam, als sie mit einem Mal Beaus Stimme aus Richtung der Tür vernahm: »He, Miss Roxanne, hallo, Rosenknospe. Können wir langsam los?«

Immer Ärger mit den Männern / Mach mich glücklich

Подняться наверх