Читать книгу Immer Ärger mit den Männern / Mach mich glücklich - Susan Andersen - Страница 18
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Оглавление»Wohin? Ich fahre nirgendwo mit Ihnen hin.« Sie richtete sich derart plötzlich in ihrem Sessel auf, dass es das reinste Wunder war, dass sie sich nichts verknackste. »Was machen Sie überhaupt hier?« Ihr Herz begann zu rasen, ihr Gesicht fing an zu glühen, und sie war ehrlich überrascht, dass sie nicht mit bloßem Auge den Weg erkennen konnte, den das wild rauschende Blut durch ihre Adern nahm.
»Nun, Schätzchen, ich melde mich wie jeden Tag zum Dienst. Ich weiß, ich bin ein bisschen spät, aber ich habe eine wirklich gute Entschuldigung.« Das Lächeln, mit dem er sich vom Türrahmen abstieß und in den Raum geschlendert kam, war so ansteckend und fröhlich, dass es ihm im Umgang mit Frauen bestimmt schon in einigen Situationen von großem Nutzen gewesen war.
»Sie sollten überhaupt nicht hier sein«, erklärte sie verwirrt, legte den Kopf zurück und blickte, als er vor ihren Schreibtisch trat, mit strenger Miene zu ihm auf. »Ich habe Sie von Ihrem Posten als Bewacher abziehen lassen.«
»Und ich habe dafür gesorgt, dass man mich wieder einsetzt.« Sein Lächeln rief den Gedanken an den bösen Wolf aus dem Märchen in ihr wach. Er wirkte unerträglich amüsiert, als er seine langen Hände auf die Platte ihres Schreibtischs legte, sich nach vorne beugte und sie lässig fragte: »Du hast dir doch wohl nicht ernsthaft eingebildet, dass du mich so einfach wieder loswirst, oder?«
»Loswerden!«
Passend zu Juliets ungläubiger Empörung rang Roxanne erstickt nach Luft, und als sie versuchte, ihr Keuchen hinter einem gekünstelten Husten zu verbergen, wandte sich Beau ihr zu und meinte: »Sie dürfen gehen, Süße.«
Ehe Juliet gegen diese Anmaßung protestieren konnte, war Roxanne bereits in den Korridor hinausgeglitten, hatte leise die Tür hinter sich ins Schloss gezogen, während ihre Vorgesetzte vor lauter Entrüstung beinahe erstickt wäre. Sie atmete mehrmals tief ein, um ihre Fassung wiederzuerlangen, und lenkte ihren Blick von der geschlossenen Tür zornig zurück auf ihr Gegenüber.
»Anders als Sie aufgrund Ihrer paranoiden Wahnvorstellungen möglicherweise vermuten«, erklärte sie ihm mit bemerkenswert gelassener Stimme, »wurden Sie einfach deshalb als Bewacher abgezogen, weil das genau Ihr Ziel gewesen ist, seit Ihr Revierleiter –«
»Stellvertretender Revierleiter«, verbesserte er fröhlich und handelte sich dadurch ein erbostes Zischen von ihr ein.
»– seit Ihr stellvertretender Revierleiter Ihnen diese Arbeit aufgetragen hat.« Sie starrte ihn ehrlich verwundert an. »Sie haben sich nicht die geringste Mühe gegeben, vor mir zu verbergen, dass Sie keinerlei Interesse an dieser Aufgabe hatten. Darf ich also fragen, wie es zu diesem plötzlichen Sinneswandel kommt?«
Er sah sie reglos an. »Die Bremsschläuche von meinem Wagen wurden vorsätzlich durchtrennt.«
»Was?« Schockiert und in dem instinktiven Verlangen, sich in größere Nähe ihres Beschützers zu begeben, beugte sie sich ein Stück vor.
»Jemand hat vorsätzlich die Bremsschläuche des Wagens durchgeschnitten, was heißt, dass ich im Irrtum war und dass du tatsächlich in Gefahr bist.« Es rührte eindeutig an seinem Stolz, dass er mit seiner Einschätzung der Lage falsch gelegen hatte, doch er tat diesen Gedanken mit einem Schulterzucken ab. »Ich werde die Gefahr, in der du dich befindest, nicht noch einmal unterschätzen. Von jetzt an wirst du rund um die Uhr von jemandem bewacht.«
»Nein«, protestierte sie mit schwacher Stimme.
»Doch.« Sein Ton duldete keinen Widerspruch. Er runzelte die Stirn, fuhr sich mit der Hand über sein sandpapierartiges Kinn, und das kratzende Geräusch hallte laut durch die ehrwürdige Stille des Büros. »Ich denke, ich könnte ganz einfach hier einziehen –«
»Nein!«
»– aber ich muss auch an meine kleine Schwester denken.« Sein Blick begann an ihr herabzuwandern, doch er zwang ihn zurück in Höhe ihrer Augen und erklärte: »Seit der Sache mit dem Höschen-Klauer lasse ich sie nachts nicht gern allein.«
»Das sollten Sie auch nicht«, stimmte ihm Juliet leidenschaftlich zu. »Ich komme sehr gut damit zurecht, wenn wir einfach so weitermachen wie bisher. Ohne Begleitung setze ich keinen Fuß vor die Tür dieses Hotels.«
»Das wirst du ganz bestimmt nicht. Ich stelle nämlich auch für nachts jemanden zu deiner Bewachung ab.«
»Meinetwegen.«
Wieder bedachte er sie mit seinem hinreißenden Lächeln. »Verdammt, ich liebe entgegenkommende Frauen.«
Zähneknirschend stand sie auf. »Sie jedoch werden, wie von mir erbeten, von dem Fall abgezogen werden«, erklärte sie in einem Ton, auf den ihre herrische Großmutter stolz gewesen wäre. »Ich möchte, dass Ihr Vorgesetzter mir jemand anderen schickt.«
Er kam hinter ihren Schreibtisch. »Du willst den besten Bewacher, den wir haben, Rosenknopse, und der bin nun einmal ich.«
»Mein Gott. Ihr Ego kennt keine Grenzen.« Als er dicht an sie. herantrat, behauptete sie ihre Position, und als er sein Gesicht kampflustig in Richtung ihres Gesichts schob, reckte sie stolz das Kinn. Beim Anblick des plötzlich in seinen dunklen Augen aufflackernden Zorns jedoch begann sie überrascht zu blinzeln.
»Nicht, wenn es um meine Arbeit geht, nein«, stimmte er ihr mit angespannter Stimme zu. »Eins sollten wir auf der Stelle klären. Ich lasse mich nicht nach Belieben herumkommandieren. Erst hat der Pingelpott darauf bestanden, mich von meinen richtigen Fällen abzuziehen – darunter der Fall, von dem auch meine Schwester betroffen ist –, um den Begleiter für das hochwohlgeborene kleine Dämchen abzugeben, und jetzt, wo endlich richtige Polizeiarbeit in diesem Fall geleistet werden kann, zieht mich niemand einfach wieder ab. Ich bin und bleibe hier.« Er tat das Unmögliche und schob sein Gesicht noch näher an sie heran. »Also siehst du besser zu, dass du dich, so schnell es geht, daran gewöhnst.«
Sie reckte ebenfalls den Kopf nach vorn. »Ich werde mich ganz sicher nicht daran gewöhnen. Ich werde Sie schneller als Bewacher abziehen lassen, als Sie die Südstaatenhymne pfeifen können.« Der Mund wurde ihr trocken davon, dass sie sich entgegen jeglicher Gewohnheit ihren Ärger einfach anmerken ließ, weshalb sie sich eilig mit der Zunge über die ausgedörrten Lippen fuhr.
Der Zorn verschwand aus seinem Blick genauso schnell, wie er gekommen war, und er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen, das ihren Pulsschlag schneller werden ließ. Der plötzliche Stimmungsumschwung ihres Gegenübers rief jedoch zugleich einen gewissen Argwohn in ihr wach.
»Ah, jetzt verstehe ich«, murmelte er leise. »Ich bin zwar vielleicht etwas langsam, aber du brauchst mir nur einmal gegen den Gong zu schlagen, damit ich kapiere. Es geht um das, was vorgestern Abend in meinem Auto passiert ist, oder?«
»Was?« Ihre Stimme wurde derart schrill, dass sämtliche Hunde in der näheren Umgebung hätten anfangen müssen zu heulen, doch das war ihr vollkommen egal. »Sie sind einfach unverbesserlich, Dupree – einfach unverbesserlich. Versuchen Sie wenigstens mal einen Augenblick logisch nachzudenken. Sie selber haben mir gesagt, dass ich Pfeffer bitten soll, Sie als Bewacher abzuziehen.«
»Das braucht dir nicht peinlich zu sein, Juliet Rose«, erklärte er mit einer Stimme, die sie elektrisierte und an das Verlangen denken ließ, das sie empfunden hatte, als sie in dem Wagen mit den beschlagenen Fenstern von ihm in seinen Schoß gezogen worden war. Jetzt streckte er auch noch eine seiner Hände aus und strich mit einer rauen Fingerspitze über ihre Wange. »Du brauchst dich nicht zu schämen, dass du mich hast abziehen lassen, weil wir wie zwei liebestolle Teenager in meinem Wagen rumgeknutscht haben.« Seine Finger wanderten über ihr Kinn und glitten langsam über ihren schlanken Hals. »Das war vollkommen natürlich, Schätzchen, aber ich kann mich zusammenreißen, wenn dir das auch gelingt. Oder vielleicht ist genau das das Problem?« Er pflanzte seine leicht gespreizten Beine links und rechts von ihrem Körper in den Boden und schob sich, ohne sie wirklich zu berühren, so dicht es ging an sie heran. »Vielleicht hast du Angst, dass du nicht die Finger von mir lassen kannst. Ist es das, was dir Sorgen bereitet, Süße? Wenn ja, lass mich dir versichern –«
Sie schlug auf die Finger, die langsam in ihren Ausschnitt fuhren, und versuchte einen Schritt zurück zu machen, wobei sie jedoch rücklings gegen die Schreibtischkante stieß. »Reden Sie keinen Unsinn«, krächzte sie und klammerte sich Hilfe suchend an der Platte ihres Tisches fest. »Und bilden Sie sich ja nichts ein. So unwiderstehlich sind Sie nämlich ganz sicher nicht.« Am liebsten hätte sie ihm ins Gesicht gelacht und seinem überdimensionalen Ego mit ein paar todbringenden Worten endgültig den Garaus gemacht. Doch ihr Herz schlug derart schnell, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte, als sie in die dunklen Tiefen seiner Augen blickte, während jeder seiner Atemzüge heiß auf ihre Lippen traf.
»Dann dürften wir ja keine Probleme haben«, hauchte er mit verführerischer Stimme.
Oh doch, sie hatten ein Problem. Nur konnte sie, während er ihr derart nah war, nicht richtig benennen, worin dieses Problem genau bestand. Sie legte eine Hand auf seine Brust, um zumindest einen minimalen Abstand zwischen ihnen zu bewahren, lehnte sich zurück und leckte sich nervös die Lippen. »Beauregard ...«
Sie spürte, dass er seine Muskeln straffte, und machte sich auf ... ja, sie hatte keine Ahnung, worauf genau ... gefasst. Er jedoch löste lediglich seinen Blick von ihren Lippen, sah ihr in die Augen und wollte von ihr wissen: »Oder vielleicht doch?«
Wie gebannt von seinem Blick schüttelte sie schwach den Kopf.
»Gut.« Endlich trat er einen Schritt zurück. »Dann überlasse ich dich jetzt wieder deiner Arbeit. Aber wenn du heute Nachmittag nicht irgendwelche festen Termine hast, erwarte ich, dass du um eins abfahrbereit in der Eingangshalle erscheinst. Dann fahren wir nämlich zusammen aufs Revier.«
Ehe sie auch nur annähernd die Fassung wiedererlangen konnte, war er bereits fort.
Wie Beau bereits vermutet hatte, war es Pfeffer vollkommen unmöglich, seine Bitte auszuschlagen, noch weitere Beamte für ihre Bewachung einzuteilen, da auch Juliet bei der Besprechung zugegen war. Das lag nicht alleine daran, dass sie die Tochter des angesehenen Thomas Lowell war, sondern auch an der Art, in der sie einen Menschen mit ihren kühlen grauen Augen ansah. Deswegen bereitete es Beau regelrechtes Vergnügen, seine Bitte zu formulieren und sich dann bequem auf seinem Stuhl zurückzulehnen, während sich der Pingelpott unbehaglich wand, als er auf die reglos in kerzengerader Haltung vor ihm sitzende hochwohlgeborene junge Dame sah. Auch wenn der Beamte, den Pfeffer schließlich auswählte, noch etwas feucht hinter den Ohren war, war sein Einsatz sicher besser, als wenn Juliet an den Abenden, an denen Beau sie nicht beschützen konnte, ganz alleine war. Beau war mit seinem bisherigen Tagwerk durch und durch zufrieden.
Nein, mehr als nur zufrieden. Als sie aus dem Büro des Captains traten, unterdrückte er ein Grinsen. Zweimal hatte er sich heute schon durchgesetzt, und einmal sogar gegenüber einer Frau. Das war wirklich überraschend – eine Art persönlicher Rekord.
»Aber hallo, du siehst wirklich selbstzufrieden aus«, drang die Stimme seiner Schwester durch die offene Tür ihres Büros, als sie in Richtung Ausgang gingen. »Was hast du gemacht, Beauregard, hast du eine Tube Sekundenkleber auf dem Schreibtischstuhl von unserem furchtlosen Anführer verteilt?«
Scheiße. Beau zuckte ungeduldig mit den Schultern. »He, Josie Lee«, grüßte er ohne große Begeisterung, als sie auf dem Flur erschien. »Was gibt’s?«
Er merkte, dass Juliet abrupt stehen blieb. »Sie sind Josie Lee?«, fragte sie, und ihre volle Unterlippe klappte ein wenig herunter, als sie seine Schwester mit großen Augen ansah. Schnell klappte sie den Mund entschieden wieder zu, reichte der jungen Frau die Hand und fing dann an zu lachen. »Tut mir Leid. Ich bin Juliet Astor Lowell. Ich wirke sicher wie eine völlige Idiotin, weil ich so überrascht frage, während Sie überhaupt nicht wissen, wer ich bin. Es ist nur ... mir war nicht klar, dass Sie erwachsen sind. Ich hatte Sie mir deutlich jünger vorgestellt.«
»Wie sind Sie bloß darauf gekommen?«, fragte Josie Lee sie trocken und schraubte ihre Stimme merklich tiefer, damit sie klang wie die von Beau. »Habe ich schon von meiner kleinen Schwester Josie Lee erzählt? Wissen Sie, sie ist die Jüngste. Tja, ich habe mich schon um sie gekümmert, bevor sie ihren ersten Büstenhalter brauchte.« Dann fuhr sie mit normaler Stimme fort. »Hat er Ihnen das Bild von mir gezeigt, das er in seiner Brieftasche mit sich herumschleppt? Es wurde aufgenommen, als ich bei den Pfadfinderinnen war!«
Juliet runzelte die Stirn. »Er hat sich um Sie gekümmert?« Verdammt. Weshalb hatte Josie ausgerechnet einen Job in diesem Haus? Bisher war dies der einzige Ort gewesen, an dem niemand jemals seine Kompetenz in Frage stellte, und er konnte es ganz sicher nicht gebrauchen, dass die Sprache auf ihn als großer Bruder käme, denn schließlich wurden seine Fähigkeiten auf diesem Gebiet regelmäßig von seinen drei Schwestern hinterfragt. »Tja, hör zu«, versuchte er Juliets Aufmerksamkeit abzulenken. »Wir müssen langsam weiter –«
»Hat Beau Ihnen das etwa nicht erzählt?«, fiel ihm seine Schwester gnadenlos ins Wort, während der Blick von ihren dunklen Augen auf seine rechte Hand fiel, die besitzergreifend auf dem Arm von seinem Schützling lag. Gemütlich schlenderte sie hinter ihnen her, während er Juliet erst in Richtung Fahrstuhl und dann, als dieser auf seinen ungeduldigen Knopfdruck hin nicht umgehend erschien, weiter Richtung Treppe zog. »Nach dem Tod unserer Eltern vor zehn Jahren hat er unsere Erziehung übernommen. Meine, Anabels und Camillas. Beauregard war für uns drei Mama, Papa und Bruder in einer Person.«
Beau, dessen Hand schon auf dem Türgriff lag, erstarrte. Verdammt. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr er Juliets Bild von sich als der unermüdlichen Sexmaschine genossen hatte, bevor die Worte seiner Schwester ihn wieder zu dem fürchterlichen Langweiler machten, der er in Wahrheit war.
Einer seiner Wangenmuskeln zuckte, und er biss die Zähne aufeinander. Noch ein paar Monate, dann setzte er seine jüngste Schwester vor die Tür und nichts hinderte ihn mehr daran, wirklich das Leben eines Sexprotzes zu führen. Alles Verpasste nachzuholen und sämtliche Fantasien von irgendwelchen Endlos-Orgien auszuleben, mit denen er sich oft getröstet hatte, während er von der Sorge um die richtige Methode der Erziehung dreier heranwachsender Mädchen erfüllt gewesen war. In der sicheren Erwartung, dass sie ihn von diesem Augenblick an völlig anders sähe, wandte er sich Juliet mit ausdrucksloser Miene zu.
Er musste entdecken, dass sie nicht ihn, sondern seine Schwester mit ernsten Augen ansah.
»Sie und Ihre Schwestern haben großes Glück gehabt«, erklärte sie mit leiser Stimme, und das leichte Lächeln, mit dem sie ihn bedachte, verriet keine Spur der Distanziertheit mehr, mit der sie ihm begegnet war, seit er sie gezwungen hatte, die Bitte um seine Abberufung zurückzuziehen. Verdammt, nie, nicht einmal, wenn er über hundert würde, würde er die Frauen verstehen. Frauen lebten einfach in einer völlig anderen Welt.
»Ja, ich weiß.« Josie Lee verzog den Mund zu einem Grinsen und knuffte ihren Bruder in die Schulter. »Auch wenn Beauregards Erziehungsstil ganz sicher einzigartig war.«
Juliet musste ein Lachen unterdrücken, als sie inbrünstig erklärte: »Das glaube ich gern.«
»Tja, hör zu, Juliet muss weiter ihre Hoteleröffnung vorbereiten, und ich muss noch zu Luke. Wir sehen uns dann später, Jose.« Er öffnete die Tür und zog Juliet mit sich ins Treppenhaus.
»Wartet, ich komme mit rauf.« Josie Lee folgte den beiden in die obere Etage. »Ich habe nämlich noch keine Mittagspause gemacht.«
Beau hielt den Atem an, als sie plötzlich verstummte, denn er wusste ohne hinzusehen, dass sie Juliet einer genauen Musterung unterzog.
Erleichtert atmete er wieder auf, als sie lediglich erklärte: »Ihr Lippenstift hat eine wirklich tolle Farbe.«
»Nicht wahr? Beau hat mich vorgestern mit der Queen des Make-ups bekannt gemacht, die ...«
Grinsend nahm er zwei Treppenstufen auf einmal und zog sie hinter sich her. Er würde ein Monatsgehalt darauf verwetten, dass ihr noch nicht einmal bewusst war, dass die Bezeichnung Queen nicht nur für Königin, sondern auch für Transvestiten galt. Für eine derart gebildete und weltgewandte Frau war sie in Bezug auf alle sexuellen Dinge unglaublich naiv.
Plötzlich sah er sie wieder vor sich, wie sie in seinem Wagen auf seinem Schoß gesessen hatte. Die Willigkeit, mit der sie sich seinem Mund und seinen Händen entgegengereckt hatte, hatte alles andere als naiv und unschuldig gewirkt. Wie bereits unzählige Male seit jenem schicksalhaften Abend verdrängte er das Bild. Schließlich hatte er sich in dem Augenblick nicht unbedingt professionell gezeigt.
In der zweiten Etage angekommen, öffnete er die Tür des Treppenhauses und zerrte, ohne auch noch seiner Schwester die Tür aufzuhalten, Juliet unsanft hinter sich her.
Gut, Luke saß hinter seinem Schreibtisch. Er brauchte wirklich ein kurzes Gespräch unter Kollegen als Gegenmittel zu dem Übermaß an Zeit, die er in Gesellschaft weiblicher Wesen zuzubringen gezwungen war.
»Hi«, grüßte er seinen Partner, sobald dieser den Kopf hob. »Und, gibt es irgendwelche netten Neuigkeiten?«
»Ja sicher«, murmelte Josie Lee in seinem Rücken. »Schließlich ist dein letzter Besuch hier inzwischen – wie lange? – ganze fünf Stunden her.« Sie war eindeutig sauer, weil ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen worden war.
Glücklicherweise war Luke, der Beaus Schwestern beinahe genauso gut kannte wie er selbst, so vernünftig, sie einfach zu ignorieren und stattdessen eilig zu verkünden: »McDoskey hat einen Mord am Jackson Square und Murphy ermittelt in einem Einbruch unten in der Chartres Street.«
»Und das ist nett?«, fragte Juliet mit ungläubiger Stimme.
Wie zwei Raubtiere, denen man frisches Fleisch zugeworfen hatte, fuhren beide Männer gleichzeitig zu ihr herum. Zufrieden dachte Beau, dass er seine Arbeit wirklich liebte.
Juliet sah ihn blinzelnd an und wandte sich dann fragend an seine kleine Schwester, die mit den Schultern zuckte und erklärte: »Mich dürfen Sie nicht fragen.«
»Okay.« Entschieden lenkte Juliet ihren Blick zurück auf ihn. »Dann frage ich ganz einfach etwas anderes, was mich schon eine ganze Weile beschäftigt. Was für Detectives sind Sie beide eigentlich genau?«
»Gute«, erwiderte Beau wie aus der Pistole geschossen und Luke nickte mit dem Kopf.
»Die besten.«
»Wie bescheiden Sie beide doch sind«, murmelte sie, bestand jedoch auf einer ordentlichen Antwort. »Nein, wirklich, Beau, Sie wurden zu meiner Bewachung abgestellt, also gehören Sie zu welcher Abteilung ... Einbruch?«
»Die Polizei von New Orleans wurde im Frühjahr ’96 dezentralisiert, Miss Lowell«, erläuterte an seiner Stelle Luke.
»Nennen Sie mich bitte Juliet«, bot sie ihm freundlich an. »Und was bedeutet ›dezentralisiert‹?«
»Es bedeutet, Rosenknospe, dass wir keine Einheiten mehr haben, wie du sie dir vorstellst. Wir sind hier nicht beim Fernsehen, hier in New Orleans gibt es kein Morddezernat, Drogendezernat und keine Sitte mehr. Hier in diesem Distrikt gibt es – wie viele? – dreiundzwanzig?« Luke nickte mit dem Kopf. »Dreiundzwanzig Detectives. Abgesehen von den Bereichen Jugendkriminalität und Sexualverbrechen, die beide hoch spezialisiert sind, deckt jeder Mann und jede Frau alles, was hereinkommt, in der Reihenfolge, in der es reinkommt, ab.« Er wandte sich erneut an seinen Partner. »Was weißt du über einen uniformierten Beamten namens Bostick?«
Luke dachte kurz nach und zuckte schließlich mit den Schultern. »Nichts. Warum?«
»Pfeffer hat ihn für die Abendschicht im Garden Crown eingeteilt. Ich habe den Verdacht, dass der Junge frisch von der Polizeischule kommt, aber ich hatte gehofft, der Pingelpott hätte ihn ausgewählt, weil er bereits irgendwie bewiesen hat, dass er etwas kann. Aber ich schätze, wenn du noch nichts von ihm gehört hast ...« Ohne den Satz zu beenden zuckte er wie zuvor Luke gleichmütig mit den Achseln.
»Ich kann mich ja mal umhören.«
»Danke, das wäre wirklich nett. Und jetzt lassen wir dich mit deiner Arbeit weitermachen. Sitzt du immer noch an dieser Drogengeschichte aus dem Park?«
»Ja. Außerdem kommt um drei ein Informant im Middlemyer-Fall.« Er verzog den Mund zu einem schmalen Lächeln. »Von dem ich mir allerdings nicht allzu viel verspreche.«
»Dann hast du in dem Fall also noch immer keine Fortschritte gemacht?« Auf Lukes resignierten Blick hin wandte sich Beau zum Gehen. »Tja, wie gesagt, wir lassen dich jetzt wieder in Ruhe. Bis später, Jose.« Er packte Juliet abermals am Handgelenk und zog sie mit sich Richtung Tür.
»Beau, warte!«, hielt die Stimme seiner Schwester ihn zurück. Er machte auf dem Absatz kehrt und sah sie fragend an.
»Heute Abend spielt der Staatsanwalt in Maxwell’s Kabarett, und ich hatte gehofft, du gingest vielleicht mit mir hin.«
»Heute Abend passt es schlecht, Jose.« Er sah an ihr vorbei auf seinen Partner. »Vielleicht könnte dich ja Luke begleiten.«
Ein Muskel zuckte in Lukes Wange und sofort erklärte Beau: »Tut mir Leid, Kumpel. Du hast wahrscheinlich schon etwas anderes vor, oder?« Er musste endlich aufhören zu erwarten, dass sein Freund ständig als Babysitter für ihn einsprang.
»Nein«, antwortete Luke ihm tonlos, warf nach kurzem Zögern seinen Kugelschreiber auf den Schreibtisch und erklärte: »Okay, Kleines, ich fahre mit dir hin.«
»Gut.« Beau nickte zufrieden, weil die Sache geklärt war. Seine Schwester könnte ausgehen, deshalb würde sie ihm nicht aus lauter Langeweile auf die Nerven gehen, sobald er nach der Arbeit durch die Haustür käme, er könnte sich entspannen und sich ganz auf seine Arbeit konzentrieren, weil sie bei seinem Freund in guten Händen war. Er grinste. »Also dann, bis später«, und zog die Tür des Treppenhauses auf.
Fast waren sie hindurch, als er spürte, dass Juliet stehen blieb. Sie sah über die Schulter zu seiner Schwester. »Hat mich gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Josie Lee.«
Josie Lee bedachte sie mit einem Lächeln. »Die Freude war ganz meinerseits«, antwortete sie. »Hoffentlich sehen wir uns mal wieder.«
Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, stiegen Beau und Juliet die Treppe hinunter. Sobald sie jedoch unten angekommen und aus der Eingangstür getreten waren, blieb Juliet auf dem weißen Marmor unter den dorischen Säulen stehen und kniff wegen des hellen Sonnenlichts die Augen zu.
Beau verfolgte, wie die Feuchtigkeit der Luft ihr Haar erwartungsgemäß aufquellen ließ, als sie ihn ansah und ihn fragte: »Der hiesige Staatsanwalt tritt in einem Kabarett auf?«
»Ja, unser Staatsanwalt ist nämlich Harry Connick senior.«,
»Wie in Harry Connick junior?«
»Er ist sein Vater. Er macht manchmal bei Jazz-Sessions im Maxwell’s mit. Der Typ ist wirklich gut.« Er verzog den Mund zu einem Lächeln. »Und was noch besser ist, er ist auch als Staatsanwalt ein wirklich anständiger Kerl.«
Er verfolgte, wie sie diese Informationen blinzelnd in sich aufnahm, bevor sie ebenfalls anfing zu lächeln und gut gelaunt erklärte: »Himmel. Dies ist wirklich eine interessante Stadt.«