Читать книгу Hals über Kopf ein Star - Susanne Fülscher - Страница 9
ОглавлениеDie Hose ist zu eng. Ich kann noch so sehr zurren und zerren, sie will einfach nicht zugehen.
»Man hat mir aber gesagt, du trägst Größe 36«, meckert die Stylistin, ein ausgemergeltes Ding, dem wahrscheinlich noch Größe 34 um die Beine schlackert.
»Ja, genau. 36«, erwidere ich grimmig.
»Ja, ja – und ich heiße Harry Potter!«
Gerade mal eine Viertelstunde bin ich hier und kann doch schon Gesines Unlust ein bisschen verstehen. Die Hose schillert in einem beißenden Türkiston, sie macht mich dick und geht oben nicht zu. Das ist Tatsache. Dabei passe ich normalerweise wirklich in Größe 36.
»Dann tauscht mal die Klamotten.« Die Stylistin stößt Gesine an, die bereits in einem rosafarbenen Minirock steckt. Auch nicht viel besser als diese ekelhafte Hose.
Gesine murrt. »Mir stehen Hosen aber nicht! Das war schon immer so.«
»Ist mir völlig schnuppe, was schon immer so war! Ich denke, ihr wollt Profis sein!«
Gesines Gesichtsausdruck nach zu urteilen, würde sie die Tante am liebsten killen, aber das wäre auch nicht von Vorteil, denn dann könnte sie ihre Karriere vermutlich begraben. Nur Carlos macht eine gute Figur. Er muss sich ja auch nicht in lächerliche Barbie-Klamotten werfen, sondern darf ganz normal Jeans und ein weißes Hemd tragen.
Folgsam pellt Gesine sich aus ihrem Mini und wackelt dabei übertrieben mit dem Hintern – bestimmt, um die Stylistin zu ärgern. Doch die schaut gar nicht hin, sondern hegt und pflegt Carlos, Schwarm aller Geschlechter.
Eine gute Dreiviertelstunde später sind wir startklar fürs Shooting. Der Knopf des Rockes kneift in der Taille, und wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich ein Fleisch gewordenes Bonbon. Ich dachte immer, Maskenbildnerin sei Maskenbildnerin, aber erst jetzt weiß ich, was ich an Anja habe. Meine Augen sind dramatisch mit schwarzem Kajal umrandet, passend zum Rock trage ich pinkfarbenen Lidschatten und Lippenstift. Im Grunde möchte ich nur noch weglaufen. Wer soll bitte schön für mich schwärmen, wenn ich mich auf so peinliche Art ablichten lasse?
Doch es bleibt keine Zeit zum Selbstmitleid. Die Fotografin scheucht uns zu einem Siegertreppchen, auf dem wir ein bisschen herumzappeln müssen. Mal lächelnd, mal grimassierend, mal strahlend. Outfitwechsel. Gesine und ich in langen Batikröcken und Spaghettiträgerhemden, Carlos in Bermudashorts und T-Shirt. Ursprünglich war Carlos oben ohne vorgesehen, aber angesichts seiner monströsen Brustbehaarung sieht die Fotografin dann doch davon ab.
Kurze Pause, danach werden wir im Partnerlook in Workerhosen und Jeansjacken auf dem Fußboden abgelichtet. Auch jetzt dürfen wir nicht einfach nur wie die Hühner auf der Stange dasitzen, sondern sollen uns kreativ verrenken. Eigentlich hatte ich angenommen, nach diesem Motiv sei Schluss, doch Fehlanzeige. Ich wäre noch fürs Fanposter vorgesehen.
Fanposter? Mein Herz fängt an zu stolpern. Kann es wirklich irgendeinen Menschen auf dieser Welt geben, der sich ein Poster mit meiner Boxernase an die Wand hängen möchte?
»Wir dachten, du würdest als Prinzessin gut rüberkommen«, meint die Redakteurin.
Gesine fängt lauthals an zu gackern, doch Carlos ist so nett und zieht sie mit vor die Tür. Keine drei Sekunden später kommt die Stylistin mit einem rosa gerüschten Etwas angelaufen.
»Falls es zu eng ist, lassen wir es hinten einfach offen.«
Rosa Rüschen! Zu allem Überfluss schleppt die Maskenbildnerin auch noch eine weißblonde Lockenperücke an.
»Wer soll das denn gut finden?«, wage ich einzuwenden.
»Die Zehn- bis Elfjährigen. Sie werden dich lieben! Du musst bedenken, dass sie gerade erst aus dem Teletubbies-Alter raus sind.«
Teletubbies. Na, super.
Die Krönung des Ganzen ist dann der verkitschte Thron aus Pappmaschee, auf dem ich schließlich in allen möglichen Posen fotografiert werde. Ab und zu werfen meine beiden Mitstreiter einen Blick ins Studio. Selbst Carlos kann sich jetzt vor Kichern nicht mehr halten.
»Weißt du nun, was ich meine?«, fragt Gesine mich später auf dem Rückweg. Einer unserer Fahrer kutschiert uns zurück zum Studiogelände.
Ich nicke nur und starre aus dem Fenster. Keine Lust auf große Diskussionen. Denn Prinzessinnen-Outfit hin oder her – dass es demnächst ein Poster von mir gibt, finde ich ziemlich cool.