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Sauna zum Mitsingen

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Was mir bei unserem geführten Hotelrundgang zu Beginn gleich aufgefallen ist: Das Sport- und Wellnessangebot hier ist riesig. Ich könnte von jetzt an bis zur Abreise durchgehend Sport machen und die Anlage mit gestähltem Körper verlassen. Da würden sogar die Metalldetektoren am Flughafen anschlagen. Aber man soll ja nix überstürzen, von null auf hundert ist sicher nicht gesund. Also beginne ich erst mal mit der genauen Analyse des Angebots, um das für mich Passende zu finden. Freundlicherweise haben sie im Fitnessraum eine kleine Entscheidungshilfe ausgehängt.

»Which kind of workout is the best for me?«

Und dann kann man auswählen, welcher Typ man eher ist. Der Muskeltyp, der Fatburning-Typ oder der Energy-Typ. Diese Art von Typanalysen kenne ich aus meiner 20-jährigen Berufslaufbahn schon gut. Ich habe schon Typanalyse mitverursacht. Welcher Zahnpastatyp bist du? (Abends Elmex, morgens Aronal – dann bist du fix Deutscher!) Welcher Rasierklingentyp bist du? (Sensible Haut oder eher der suizidale Ritschiratschityp?) Ich weiß auch schon, welcher Workout-Typ ich bin. Der Savasana-Workout-Typ. Einst absolvierte ich eine Schnupperstunde Yoga und das war die Position, wo du flach auf dem Boden liegst und ruhig atmest. Savasana, auf Deutsch Ruhehaltung oder Totenstellung, sonst nix. Das war schön.

Aber damit werde ich keinen Halbmarathon packen, also schau ich mich doch noch einmal im Sportangebot des Clubs um. Die Hälfte davon klingt so modern, dass ich es nicht verstehe. Zumba, Strong Zumba, Functional Workout, Core Abs, Pilates, Faszientraining. Faszien halte ich ja sowieso für den Marketinggag des Jahres. Wo bitte hat es in unserer Kindheit Faszien gegeben? Eben! Und heute braucht jeder gut sortierte Haushalt mindestens eine Faszienrolle. Der Gatte kam mal topmotiviert von einer dreiwöchigen Knie-Reha zurück. Mit einem Stundenplan für danach. So saß er dann jeden Abend mit einer betonharten Rolle auf dem Boden vor dem Fernseher und rollte. Nach vor, zurück, nach vor, zurück, nach vor, zurück, nach vor, zurück. Wäre wenigstens irgendein Putztuch draufgewesen, hätte man das Ganze mit sinnvoller Hausarbeit kombinieren können. Dann hätte er die ganze Wohnung abrollen können. Gerne. Darüber hinaus waren auch noch an diversen nicht beweglichen Möbelstücken bunte Bänder montiert. Grüne, rote, gelbe. Das waren die Therabänder in unterschiedlichen Stärken. Mit diesen vollzog er einbeinige Übungen. Mein persönliches Highlight: das gelbe Theraband vor dem Herd.

Dort stand er und rührte das Gulasch um, während sein linker Knöchel mit dem gelben Gummiband an die Fußleiste der Küche gebunden war. Das ist die wahre Emanzipation: Wenn Männer angeleint in der Küche stehen! Seine Zähne putzte er wochenlang ausschließlich in der Abfahrtshocke, um die Oberschenkelmuskulatur zu stärken. Da brauchst du dann auch nicht mehr lang fragen, welcher Zahnpastatyp das ist … Nach ein paar Wochen war der Spuk wieder vorbei, und der Stundenplan für daheim verschwand in einem Kastl in der Versenkung, wie das halt so ist mit den guten Sportvorsätzen. Kennen wir alle.

Auf jeden Fall zurück zum Sportprogramm im Club. Es gibt auch die Kategorie »Hot Iron«. Da frage ich mich schon wieder, was das sein soll. Sportliches Bügeln? Bügeln in Abfahrtshocke? Und was soll ich da bitte bügeln im Urlaub? Die Bettwäsche der Urlaubsgäste? In meinem ersten Ferialjob mit sechzehn hab ich einen Sommer lang im Keller eines Hotels Bettwäsche gebügelt. Es hatte 36 Grad Außentemperatur und ich war gemeinsam mit einer Bügelmaschine im Kellerraum gefangen. Mein einziges Highlight war ein Radio mit Doppelkassettendeck und der neuen Kassette mit dem Soundtrack der Rocky Horror Picture Show. Mein Bügelpensum ist für alle Ewigkeit erfüllt.

Schon besser gefällt mir die Kategorie »Relax«. Auch hier gibt es zahlreiche Angebote. Es gibt sogar eine Sauna, obwohl man hier draußen im Freien auch ziemlich gut schwitzen kann. Besonders vielversprechend klingt »Sauna-Aufguss & Live Singing – Aufguss in der finnischen Sauna mit 90 Grad, textilfrei mit Live-Gesang«. Das notiere ich mir gleich in meinen Stundenplan für auswärts, weil mit Saunasingen kennen wir uns aus. Vorletztes Jahr im Skiurlaub haben wir das quasi miterfunden!

Wir waren in den Kärntner Bergen in einem Familienskihotel. Jens aus Thüringen war dort nicht nur Chef der Skischule im Hotel, sondern auch ein exzellenter und hochinnovativer Saunameister. Seine Spezialität war die »ukrainische Sauna«. Mitten im Saunagang gingen wir alle im Gänsemarsch raus und wälzten uns nackt im Schnee. Dann wieder rein und weiter mit dem Aufguss. Keine Ahnung, was die Ukraine damit zu tun hat.

Letztes Jahr dann wieder eine super neue Erfindung: Sauna mit Musik! Jens hatte zu Weihnachten einen neuen Lautsprecher bekommen. Jahre zuvor war ein echter Saunaweltmeister im selben Skihotel gewesen, der Aufguss mit Musik gemacht hatte, hat uns Jens erzählt. Was ein Saunaweltmeister kann, kann der sympathische Jens schon lange. Allerdings hat er wohl nicht mit den Kristeks gerechnet, die das Konzept gleich interaktiv erweiterten.

Weil der Herr Kristek ist DJ und die Frau Kristek hat eine Lesebühne zum MITSINGEN. Also völlig klar, was folgen musste:

Beim ersten Lied (»Senza una donna«, Zucchero) haben alle brav geschunkelt. Das stellte sich aber schnell als wenig praktikabel heraus, denn niemand will auf dem Nachbarn kleben bleiben, wenn alle nackt sind und der Aufguss kurz bevorsteht.

Beim zweiten Lied (»Piano Man«, Billy Joel) motivierten der Gatte und ich schon alle zum Mitsingen. Eine Dame in der dritten Reihe gab alles bei der Textzeile »There is an old man, sitting next to me …« Sie lachte laut und haute ihrem überraschten Sitznachbarn schwungvoll und eins mit dem Takt der Musik auf den Oberschenkel.

Der Gatte wäre natürlich kein guter DJ, wenn er das Publikum nicht auch gut unterhalten würde. Dass das Publikum in der Sauna eigentlich nicht sein Publikum war, spielte für ihn keine so große Rolle. Auf sein Kommando »Und jetzt alle die Hände nach oben und im Takt der Musik links, rechts, links …« hin, kam dann auch Jens voll in Fahrt und wachelte mit seinem Handtuch links, rechts, links. Er freute sich sehr, dass seine Idee mit der Musik so gut ankam! Besonders stimmungsvoll war der Moment, als die volle Sauna »Sing us a song, you’re the Saunaman! Sing us a song tonight« anstimmte.

NUR DIE LIEGE ZÄHLT

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