Читать книгу Predictive Analytic und die Haftung für fehlerhafte Ergebnisse gegenüber betroffenen Einzelpersonen - Susanne Mentel - Страница 63

2. Marketing und Kundenbindung

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In den allermeisten Fällen werden im Marketingbereich jedoch auf Einzelpersonen bezogene Analysen verwendet, die voraussagen sollen, welche der bestehenden oder potenziellen Kunden besonders gut auf eine Marketingmaßnahme ansprechen werden. Je nach Ergebnis kann die Predictive Analytic dann z.B. zur Folge haben, dass eine Person besonders mit Werbung angesprochen wird. Dies kann in Form eines Newsletters oder durch ein auf die vermeintlichen Kundenwünsche gerichtetes persönliches Gespräch erfolgen. Das Ergebnis der Analyse kann aber auch dazu führen, dass ein Kunde eine Werbung nicht erhält oder ein bestimmtes Produkt nicht angeboten bekommt, weil er vermeintlich nicht daran interessiert ist. In der Folge werden dem Betroffenen Maßnahmen vorenthalten, die er bei einem anderslautenden Analyseergebnis möglicherweise erhalten hätte. Ebenfalls auf eine gezielte Ansprache des Kunden zielen Predictive Analytic zur Kundenbindung ab, allen voran die Anwendungen, die eine Vorhersage der Kündigungswahrscheinlichkeit bezwecken. So wollen beispielsweise Mobilfunkanbieter, deren Analysen ergeben, dass bei einem bestimmten Kunden eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieser demnächst kündigt und den Anbieter wechseln will, diesen gezielt ansprechen und so versuchen, seine Abwanderung zu verhindern. Als mögliche Gegenmaßnahmen kommen das Angebot eines günstigeren Tarifs, bessere Vertragsbedingungen oder Zusatzangebote in Form von Prämien in Betracht. Eine fehlerhafte Kündigungsvorhersage bestünde darin, dass eine hohe Kündigungswahrscheinlichkeit vorausgesagt wird, der Kunde aber tatsächlich nicht kündigen will (sog. falsch negativ Ergebnis).205 In der Folge wird der Kunde trotzdem mit besonderen Angeboten gelockt. Der ins Leere zielende Versuch, einen Kunden zu binden, der gar nicht an einem Wechsel interessiert war, ist haftungsrechtlich nicht relevant, da die betreffende Person in diesem Fall keinen Schaden erleidet. Umgekehrt könnte ein kündigungsbereiter Kunde aber fälschlicherweise als treu und zufrieden eingestuft werden (sog. falsch positiv Ergebnis). Der Mobilfunkanbieter würde in diesem Fall seine Kundenbindungsinstrumente entgegen der mit der Predictive Analytic verfolgten Zielsetzung nicht einsetzen. In dieser Situation stellt sich die Frage, ob die Vorenthaltung von Vergünstigungen einen rechtlich ersatzfähigen Schaden darstellt, wenn sie auf einer fehlerhaften Einschätzung durch Predictive Analytic beruht. Mit der generellen Ersatzfähigkeit möglicher Nachteile bei fehlerhaften Predictive Analytic-Ergebnissen beschäftigt sich das an diesen Abschnitt anschließende Kapitel näher.

Predictive Analytic und die Haftung für fehlerhafte Ergebnisse gegenüber betroffenen Einzelpersonen

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