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Krisenmanagement

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Krisenmanagement ist das systematische Bemühen um eine Lösung der Probleme und damit um die Bewältigung der Krise. Gerade bei einem harten Kriseneinschlag machen sich schnell Verschwörungstheorien und Fluchttendenzen bei Führungskräften und auch Mitarbeitern breit. Panik und Zerfall des Zusammenhalts sind genauso Gift für das Unternehmen wie gegenseitige Schuldzuweisungen. Angst und sonstige negative Gefühle sowie auch das Ausüben von Druck durch die Führungsmannschaft schaffen einen negativen Effekt, der schnell um sich greift. In Krisensituationen suchen Mitarbeiter Orientierung und Sicherheit. Alle schauen zum Unternehmer bzw. Management auf und diese Vorbildfunktion gilt es zu nutzen und die Verantwortung für den Prozess der Krisenbewältigung zu übernehmen.

Franz trägt Verantwortung


Während seine Mutter, die bislang tatkräftig im Betrieb mitgearbeitet hat, nur auf die Discounter schimpft und sich komplett in sich zurückzieht, wird sich Franz bewusst, dass er selbst die Verantwortung für die Zukunft seiner Bäckerei trägt. Es liegt an ihm, seine Mitarbeiter und seine Mutter nicht nur zu beruhigen, sondern vor allem die nun notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung des Betriebs einzuleiten.

Ein Erfolgsfaktor für gelungenes Krisenmanagement ist genau diese Übernahme der Verantwortung. Dabei geht es um die Entscheidung und Absichtserklärung, an seinem Platz den bestmöglichen Beitrag zu einem positiven Verlauf zu leisten. Der Startschuss kommt von oben, vom Management, von der Geschäftsleitung oder vom Inhaber der Firma. Das erfordert Mut und einen hohen Reifegrad, die eigenen Befindlichkeiten nicht so wichtig zu nehmen, sondern sich in den Dienst der Sache zu stellen. Den Fokus auf die zu bewältigende Aufgabe zu legen und trotz eigener Angst und Unsicherheit die Probleme in die Hand zu nehmen. Genau das ist die Herausforderung: die Initiative zu ergreifen, ohne genau zu wissen, ob und wie die Krise lösbar ist. Das heißt, das eigene Sicherheitsbedürfnis hintanzusetzen und sich dem Problem, die Krise zu lösen, zu stellen und zugleich Schuldzuweisungen, Vorwürfe und Lästerei an sich abprallen zu lassen. Ohne die Bereitschaft, die Verantwortung zu übernehmen, ist keine Krise lösbar. Erst wenn dies geschehen ist, können die nächsten methodischen Schritte geplant werden. Ganz konkret kann das zum Beispiel heißen, eine Krisensitzung einzuberufen.

Krisensitzung bei Carsten


Das Unternehmen von Carsten und seiner Familie gehört seit Jahren zu den führenden Unternehmen der Elektronikbranche, als Zulieferer für die Automobilindustrie profitierte es von dem Marktwachstum der letzten Jahre. Chinesische Wettbewerber drängen allerdings schon seit Jahren in den Markt, zuerst nur mit aggressiven Preisen, inzwischen auch mit Topqualitäten. Trotz des enormen Vertriebsaufwands hat nun einer der wichtigsten Unternehmenskunden einen dringend nötigen Folgeauftrag gekündigt. Gleich nach dem Verlust des Großauftrages beruft Carsten sein Managementteam zu einer Krisensitzung ein. Es geht um die möglichen Konsequenzen aus dem Umsatzverlust für das ganze Unternehmen, die Mitarbeiter und die Geschäftspartner. Gleichzeitig ruft Carsten sein Team zu Überlegungen auf, welche Schritte (kurzfristige Sofortmaßnahmen und mittelfristige Strategien) als Nächstes notwendig sind. Er will keine Zeit verlieren, damit keine Gerüchte und keine negativen Emotionen aufkommen.

Vor der systematischen Problemanalyse gilt es die Beteiligten für konstruktive Lösungen und Ideen in dieser schwierigen Zeit zu öffnen. Daher müssen destruktive Prozesse genauso wie der vorhandene persönliche Druck gestoppt werden. Menschen sind innerlich erst dann bereit, in Lösungen zu denken, wenn sie angestaute Ängste und Überdruck herauslassen konnten. Das geschieht am besten, wenn zu Beginn der Sitzung Raum für Ängste und zum Sich-mal-so-richtig „Auskotzen“ gegeben wird. Ziel ist es, danach die größten Probleme zu bearbeiten und dabei auch das in den Blick zu nehmen, was (noch) gut läuft.

Schleichende Krise bei Anna


Das Unternehmen von Anna gehört zu den DAX-30-Unternehmen und damit zu den größten und liquidesten Firmen am deutschen Aktienmarkt. Das Unternehmen produziert Konsumgüter für Privat- und Geschäftskunden, wobei der Vertrieb vorwiegend über Handelspartner (z.B. Supermärkte) stattfindet. Anna erlebt als Abteilungsleiterin für den deutschen Gesamtvertrieb eine schleichende Unternehmenskrise: Schon seit Langem beklagt sie den extremen Egoismus der einzelnen Unternehmensbereiche und Abteilungen. Keiner hilft dem anderen, jeder kämpft gegen jeden. Die Kunden, die am Ende allen Mitarbeitern die Gehälter bezahlen, werden bestenfalls vernachlässigt, wenn nicht sogar ignoriert. Doch irgendwann rächen sich die Kunden: Sie kaufen lieber beim Wettbewerber. Dort finden sie attraktivere Produkte zu vielleicht auch noch besseren Preisen. Annas Handelspartner sehen diesen Effekt direkt in ihren Umsatzlisten und werden immer härter in ihren Preisverhandlungen gegenüber Anna und ihren Vertriebskollegen.

Durch die Coronapandemie verschärfen sich die Probleme weiter.

Je nach Krise kann es sein, dass zu Beginn noch gar nicht klar ist, was getan werden kann und muss. Hier heißt Verantwortung zu übernehmen, einen konstruktiven Prozess der Krisenbewältigung in Gang zu setzen. Best-Case- und Worst-Case-Szenarien können hierbei helfen. Weiterhin geht es sowohl um die sachliche Problemanalyse und Lösung als auch darum, den menschlichen und sozialen Prozess zu gestalten. Wenn der soziale Prozess in die richtige Richtung läuft, gibt es eine Chance, das Sachproblem gut zu lösen. Der Mensch, der Mitarbeiter, die Teams müssen dafür gewonnen werden, nach vorne zu blicken, und dabei hilft die menschliche Krisenkurve in der Führung. Die Bewältigung einer Krise hängt zu einem erheblichen Maße von sozialen und menschlichen Faktoren ab. Hilflosigkeit und Ohnmacht wollen überwunden werden. Wenn die Stimmung gedreht ist, das Tal der Tränen durchquert ist, kann sich Zuversicht breitmachen.

Krisenmanager stehen deshalb vor der Herausforderung, den delikaten Spagat zwischen ihren eigenen Gefühlen und Unsicherheiten und der Verantwortung für die Krise mitsamt klaren Entscheidungen zu vollziehen. Fachkundiger Rat kann und sollte bei Bedarf eingeholt werden.

Ein paar wichtige Grundsätze sind:

1.Es gibt kein perfektes Krisenmanagement.

2.Besser handeln als nichts tun bzw. zu lange abwarten. Damit ist auch klar:

3.Fehler dürfen gemacht werden.

Fehler sind unvermeidbar, da sich Krisenmanager auf neuem, unwägbarem und unbekanntem Terrain befinden. Krisenmanager dürfen zu ihrer Unvollkommenheit stehen und trotzdem mutig vorangehen.

Es kann hilfreich sein, Szenarien und Konsequenzen durchzuspielen und gemeinsam diszipliniert die Informationen bis zur Verkündung von Entscheidungen geheim zu halten. Sprachregelungen sollten gefunden werden und schnelles Handeln ist von Vorteil. Wichtig ist, Entscheidungen gut vorzubereiten und klar an alle zu kommunizieren. Hierbei hilft auch ein Kommunikationsplan. Als Krisenmanagerin oder Krisenmanager solltest du Stärke beweisen und nicht auf Zustimmung der Betroffenen hoffen. Ihnen sollten in jedem Fall Ansprechpartner wie Führungskräfte, psychologischer Dienst etc. angeboten werden.

Die Krise kann uns mal!

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